Der Kaiser hat selbst in die Kämpfe nicht eingegriffen;
er begnügte sich mit der Absetzung Gottfrieds des Bärtigen und
ernannte an seiner Stelle einen Grafen Adalbert zum Herzog, den
Laurentius von Lüttich in der Verduner Bistumsgeschichte als Herren
von Longwy bezeichnet [160 Gesta epp. Virdun. cap. 2, MGH SS 10,
Seite 492: ... nobilissimus Albertum de Longui castro,
quem super se ille ducem statuerta, bello exemerit (scil.
Gottfried). Vgl. Steindorff, 2 Seite 24.]; durch die Forschungen von E.
Hlawitschka steht inzwischen fest, daß er der Bruder seines Nachfolgers
Gerhard gewesen ist, den dieselbe Quelle als Castiniensis
comes kennzeichnet, also mit dem Familienbesitz um die südlich
von Toul gelegene Burg Chatenois in Verbindung gebracht [161
ebd. Ducatus autem patris earum (= der beiden Töchter des
Herzogs Friedrich) ... datus est a rege Gerardo Castiniensi
comiti ...; bei Sigebert, Chronica MGH SS 6, Seite 359 wird dieser
Gerhard als "de Alsatia" bezeichnet. Vgl. dazu: Eduard Hlawitschka;
Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont (7.-13. Jh.), (Veröffentlichung
des Instituts für Landeskunde des Saarlandes 9, 1963) Seite 69ff.,
vor allem Anm. 243; ders., Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen.
Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches
im 9., 10. und 11. Jh., (Veröffentlichungen der Kommission für
saarländische Landesgeschichte und Volksforschung 4, 1969) Seite 79ff.,
99f. Vgl. aber auch: Michel Parisse, la Lorraine du IX au XI siecle, Annales
de l'Est 23 (1971) Seite114.]. Dem neuen Herzog hat HEINRICH
III. die Bekämpfung Gottfrieds
überlassen, aber Adalbert fand bereits um die Mitte des folgenden
Jahres in einem Gefecht mit dem Rebellen den Tod [162 Steindorff,
2 Seite 46; gegen Thuin als Ort des Gefechtes Dupreel, Seite 52.]; daß
die Ernennung seines Bruders Gerhard zu seinem Nachfolger eine endgültige
Klärung in der Frage der Besetzung des oberlothringischen Herzogtums
bedeuten und eine jahrhundertelange Herrschaft des Hauses CHATENOIS
(HABSBURG-LOTHRINGEN) begründen sollte, war im Jahre 1048 wahrlich
nicht vorauszusehen.
Es fällt auf, daß die beiden von HEINRICH
III. ernannten lothringischen Herzöge Gerhard und
Friedrich in den Auseinandersetzungen so gut wie gar nicht in Erscheinung
treten, wenn man einmal davon absieht, daß der LÜTZELBURGER
bei dem militärischen Unternehmen der BALDUINE und Gottfrieds des
Bärtigen von 1055 als Verteidiger von Antwerpen genannt wird. Der
Wandel, der sich hier gegenüber den Zeiten Gozelos vollzogen hat,
ist nicht zu verkennen: der Vater Gottfrieds des Bärtigen hat das
Herzogtum tatsächlich noch in seiner Person repräsentiert; Freund
und Feind galt er als der große Sieger in der Schlacht von Bar, der
nostre patriae dux, der nach der Darstellung des Verfassers der
Touler Vita Leonis IX zusammen mit dem Bischof Bruno von Toul nicht nur
Lothringen, sondern auch den angrenzenden Regionen den Frieden sicherte.
Und wenn der Triumphus sancti Remacli in antikisierender Terminologie
die Stellung des Herzogs - bezogen auf Gottfried den Bärtigen - als
magister militiae Lothringiae umschreibt, so hat das seine Berechtigung
vielleicht für diesen noch, bestimmt aber für seinen Vater Gozelo,
die beiden Gegenspieler Gottfrieds jedoch werden kaum mehr als Führer
des lothringischen Heerbannes Anerkennung gefunden haben. Die Fürstenliste
des D. H III. 372 ordnet Gottfried vor den Herzögen Gerhard
und Friedrich ein; wenn man die Bedenken als Produkt der königlichen
Kanzlei verwerten könnte, würde sie ein Beleg sein für die
Anerkennung des Vorranges des ehemaligen Herzogs gegenüber den beiden
amtierenden, einer Führungsrolle im lothringischen Adel, die
Gottfried dann in den Tagen des Üergangs der Herrschaft auf HEINRICHS
III. unmündigen Sohn tatsächlich gespielt hat. Auch
das also ist ein Ergebnis des langen Konflikts, daß die Herzogsgewalt
in beiden Lothringen beträchtlich an Ansehen und Führunsgfunktionen
eingebüßt hat; es fehlte die Machtbasis, die es den Herzögen
erlaubt hätte, den aufstrebenden Adel in Schranken zu halten, sich
über ihren unmittelbaren Herrschaftsbereich hinaus Gehör zu verschaffen.
Eine fortschreitende Zersplitterung war die Folge.
Unter den Adelsdynastien, auf deren Unterstützung
das salische Königshaus bei der
Durchsetzung seiner politischen Ziele im lothringischen Raume rechnen konnte,
standen LÜTZELBURGER und EZZONEN,
vielleicht auch bereits das Haus CHATENOIS [267 Dazu Michel
Parisse, Les ducs, Seiote 87 und ebd. Anm. 9. Freilich bleibt seine Erwägung,
der Graf Gerhard, der Vater der späteren Herzöge Adalert
und Gerhard, habe 1045 nach der Absetzung Gottfrieds des Bärtigen
für eine kurze Zeit die Herzogswürde innegehabt, wie er selbst
einräumt, hypothetisch und kann daher auf sich beruhen; vgl. auch
Hlawitschka, Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen, Seite 80 Anm.
2 sowie ders., Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont (wie Anm.
161) Seite 64 Anm. 214.] voran.