Mohr Walter: Band III Seite 17-19
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"Geschichte des Herzogtums Lothringen"

Nachfolger im Herzogtum wurde Gerhards Sohn Dietrich. Es gab aber offensichtlich bei der Nachfolge Schwierigkeiten, die von dem zweiten Herzogs-Sohn Gerhard ausgingen. Einzelheiten sind uns nicht überliefert, doch fanden anscheinend zwei Jahre lang Auseinandersetzungen zwischen den beiden statt. Wir erfahren etwas darüber durch eine Urkunde Dietrichs vom 14. April 1073, in der er von der Wiederherstellung des Friedens mit seinem Bruder spricht. In der gleichen Urkunde wird Gerhard als Graf von Vaudemont tituliert. Er hatte sich also gegenüber seinem Bruder so weit durchgesetzt, dass dieser ihm das Gebiet von Vaudemont als Grafschaft überließ.
In den innerdeutschen Streitigkeiten um HEINRICH IV. stand Herzog Dietrich auf dessen Seite. So hat er den König im Kampf gegen die Sachsen in der Schlacht bei Homburg im Juni 1075 mit einem Kontingent unterstützt. Auch auf dem Reichstage zu Tribur im Oktober 1076, auf dem HEINRICH IV. gegenüber seinem anfänglichen Vorgehen gegen Gregor VII. nachgeben mußte, scheint Herzog Dietrich eine, wenn auch nicht klar erkennbare Rolle gespielt zu haben. Diese Parteinahme für den König verstärkte sich noch im Laufe der Auseinandersetzungen mit dem Papst. Das zeigt sich besonders im Verhältnis zu Bischof Hermann von Metz, der sich zu Beginn des Jahres 1078 eindeutig zur päpstlichen Partei bekannte. Der König kam deshalb im April nach Lothringen. In seiner Begleitung befand sich Herzog Dietrich, mit dessen Unterstützung Metz genommen und Bischof Hermann aus der Stadt vertrieben wurde. HEINRICH IV. übertrug damals dem Herzog gewisse Vollmachten, die wir jedoch in den Einzelheiten nicht erkennen können. Vielleicht erhielt Dietrich richterliche Befugnisse im Sinne eines Vogtes. Er leistete sich dabei in der Folge Eingriffe in den Besitz der Metzer Kirche und wurde deshalb von Bischof Hermann exkommuniziert, was vom Papst zu Beginn 1079 bestätigt wurde.
Indes scheint Dietrichs Stellungsnahme doch nicht endgültig gewesen zu sein, denn Markgräfin Mathilde von der Toscana, gewiß eine eifrige Parteigängerin Gregors VII., meinte zum damaligen Zeitpunkt in einem Brief an den Papst vom 3. März 1079, man könne den Herzog zur Vermittlung im Gewaltenstreit einschalten. Der Papst hat das abgelehnt und wollte sich auch nicht zu dem von der Markgräfin mitgeteilten Eheprojekt zwischen Dietrich und einer Witwe eines sonst nicht bekannten Markgrafen Petronius äußern, weil er Dietrich zu wenig kenne. Mit diesem Argument war es ihm möglich, eine Stellungnahme zur Person des Herzogs zu vermeiden, wohl weil er sich nicht schroff gegen die Meinung der Markgräfin Mathilde stellen wollte. Im übrigen ist der Herzog weiterhin auf der Seite HEINRICHS IV. geblieben. Er hat indes nicht verhindern können, dass der vertriebene Bischof Hermann von Metz gegen Ende 1082 in sein Bistum zurückkehrte. Erst im Oktober 1084 konnte Metz wieder für den König gesichert werden, als dieser persönlich in Lothringen eingriff. Damals wurde Dietrich bei einem Güteraustausch zwischen den Stiften St. Kunibert in Köln und St. Arnulf in Metz vom Kaiser zum Vogt für die neu erworbenen Güter von St. Arnulf ernannt.
Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte, ob er sich weiterhin um die Verhältnisse in Metz bemüht hat. So taucht zum Beispiel sein Name nicht auf, als der Kaiser im Jahre 1085 dort weilte und den Abt Walo vom Kloster St. Arnulf zum neuen Bischof einsetzte. Dieser legte jedoch schon im folgenden Jahre sein Amt nieder, worauf Bruno von Calw zum Nachfolger ernannt wurde. Ob Herzog Dietrich den neu erhobenen Bischof in Metz eingeführt hat, läßt sich nicht erkennen. Bruno konnte sich übrigens in seiner Stadt nicht halten, die Metzer vertrieben ihn und riefen ihren früheren Bischof Hermann zurück. Dietrich scheint sich nicht mehr gegen ihn gewandt zu haben, es gibt sogar Anhaltspunkte, dass er ihn jetzt anerkannt hat. Wie er sich zu der nach dem Tode Hermanns wiederum in Metz ausbrechenden Kirchenspaltung gestellt hat, ist nicht eindeutig ersichtlich. Es gibt Hinweise auf einen Brief des gregorianisch gesinnten Bischofs Poppo, in dem er den Herzog zur Zurückgabe von Metzer Kirchengütern aufgefordert haben soll. Indes finden wir Dietrich im Jahre 1095 als Zeuge in einer Urkunde des gleichen Poppo erwähnt, was darauf deutet, dass er sich mit ihm als Bischof von Metz abgefunden hat, bleibt indes ungewiß. Jedoch ist er auf der Seite des Kaisers geblieben, auch nach dem Abfall von dessen Sohn HEINRICH. Der Kaiser bezeichnet ihn in einem Rundschreiben an die Fürsten vom August 1106 ausdrücklich als seinen Anhänger.
Unter Dietrichs Regierung taucht im Jahre 1114 zum ersten Mal ein Konflikt mit der Abtei Remiremont auf. Das lothringische Herzogshaus übte über sie die Vogtei aus, die bereits der Vater des ersten Herzogs Gerhard besessen hatte. Grafen von Remiremont sind die Herzöge allerdings damals nicht gewesen, dieser Anspruch taucht erst unter Simon II. im Jahre 1212 auf. Das Verhältnis zwischen der Abtei un ihren Vögten scheint zunächst nicht getrübt zu sein. Immerhin stammt die aus der Zeit Dietrichs regierenden Äbtissin Gisela aus dem lothringischen Herzogshause. Das änderte sich vermutlich schon in deren letzten Regierungsjahren. In diesem Zusammenhang wird zwar der Herzog nicht genannt, es ist aber die Rede von den Vögten, die die Abtei bedrängten. Die Äbtissin wandte sich hilfesuchend an Kaiser HEINRICH V., der ihr im Januar 1114 einen entsprechenden Schutzbrief ausstellte. Eine Beruhigung ist dadurch in der Lage anscheinend nicht eingetreten, denn als nach dem Tode der Äbtissin im Februar 1114 als Nachfolgerin die Äbtissin Judith erhoben wurde, die eine Tochter Herzog Dietrichs war, tauchten sofort wieder Schwierigkeiten auf. Der Herzog hatte in Arches-sur-Moselle eine Burg bauen lassen, durch die sich Judith in ihren dortigen Rechten beeinträchtigt fühlte. Die Streitsache wurde den Bischöfen von Metz und Toul, dem Primizerius von Toul und dem Grafen von Metz unterbreitet, die am 3. Januar 1115 in der Frage der Burg zugunsten des Herzogs entschieden, ihm aber bezüglich der Abgaben in diesem Raum gewisse Einschränkungen auferlegten.
Anscheinend hat aber die Äbtissin in dieser Sache nicht nachgegeben. Wir hören wesentlich später in einem Brief Papst Innocenz II. vom 18. Januar 1132 an sie, dass Herzog Simon eine auf dem Boden der Abtei liegende Burg geschleift habe. Die Art, in der der Papst dabei von Simon spricht, deutet darauf, dass nicht er diese Befestigung errichtete hatte, so dass es sich wohl um die Burg in Ar-ches-sur-Moselle gehandelt hat, über die vermutlich in direkten Verhandlungen zwischen Äbtissin und Herzog eine Einigung erreicht worden war. Sonst ist der Herzog in seinen letzten Lebensjahren in den politischen Ereignissen nicht in besonderem Sinne hervorgetreten. Über sein Verhältnis zu Kaiser HEINRICH V. ist weiter nichts bekannt geworden. Wir wissen lediglich noch, dass er im August 1111 an den Beisetzungsfeierlichkeiten für HEINRICH IV. teilnahm, die dessen Sohn damals in Speyer veranstaltete. Herzog Dietrich ist am 23. Januar 1115 gestorben.