Heidrich Ingrid: Seite 70-94
*************
"Die Absetzung Herzog Adalberos von Kärnten durch Kaiser Konrad II." in: Hjb 91 1971

Adalbero entstammt dem im Enns- und Mürztal begüterten Geschlecht der EPPENSTEINER Grafen und besitzt wie sein Vater Markward die Kärntner Mark und die Grafschaft Görz sowie die Schutzvogtei über das Patriarchat Aquileja. Verheiratet ist er mit Beatrix, die als Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben und damit Schwester der Mathilde, Witwe Herzog Konrads I. von Kärnten (+ 1011) und der Gisela, Gemahlin KONRADS II. gilt. Kaiser HEINRICH II. belehnt ihn nach dem Tod Herzog Konrads I. unter Umgehung von dessen unmündigen Söhnen Konrad und Bruno mit dem Herzogtum Kärnten, zu dem, wie Urkunden von 1013 und 1017 bestätigen, auch die Mark Verona gehört. 1019 wird er vom älteren Sohn seines Vorgängers, dem schon erwähnten Konrad dem Jüngeren, und dessen Vetter, dem älteren Konrad, dem späteren Kaiser, bei Ulm besiegt. Der Kreis der Beteiligten wie der Schlachtort legen es nahe, an Auseinandersetzungen um das Allodialerbe des 1015 verstorbenen Schwaben-Herzogs Ernst I. zu denken, auf das alle drei Beteiligten für ihre Mutter beziehungsweise Gattinnen, die erwähnten Mathilde, Beatrix und Gisela Ansprüche erheben konnten. Gisela war überdies die Witwe Ernsts I. und konnte Forderungen für ihren Sohn Ernst II. stellen, für den sein Onkel Poppo von Trier die Regentschaft führte. Für Adalbero hatte die Niederlage keine aufweisbaren Folgen, wohl aber für den älteren Konrad, dem die Fehde den Zorn Kaiser HEINRICHS II. eintrug. Bei der Königswahl KONRADS II. 1024 tritt Adalbero nicht hervor. Erst 1027/28 ist er mehrfach in der Umgebung des Kaisers nachweisbar; dann verschwindet er aus den Quellen und taucht erst 1035 im Zusammenhang mit seiner Absetzung dort wieder auf. Die Kärntner Mark erhält nach seiner Absetzung Arnold von Lambach, das Kärntner Herzogtum 1036 Konrad der Jüngere. Adalberos Versuch militärischer Auseinandersetzung bleibt ergebnislos. 1039 wohl nach dem Tod Konrads des Jüngeren und Kaiser KONRADS II. flieht Adalbero aus seinem unbekannten Exil zu seinen bayerischen Verwandten, den EBERSBERGERN, stirbt dort noch im gleichen Jahr und wird im Kloster Geisenfeld beigesetzt.
Vorsicht bei der Annahme, schon 1025 bestehe KONRADS Misstrauen gegen Adalbero, dürfte jedoch nicht zuletzt deswegen geboten sein, weil zugleich mit den Grafen Arnold und Wilhelm die matrona Beatrix, nach wohl gesicherter Annahme der Literatur Adalberos Gemahlin, Landschenkungen aus Königsgut erhält. Dem unvoreingenommenen Beobachter stellen sich die drei gleichzeitigen Schenkungen an Arnold, Wilhelm und Beatrix nicht als Begünstigung, sondern als Versuch dar, starke Adelsgeschlechter durch gleichzeitige Güterverteilung zum Ruhehalten zu bewegen. Dabei ist zu beachten, dass Beatrix die bei weitem größte Schenkung, 100 Hufen erhält; Arnold erhält 50, Wilhelm 30.
Weder für den Zug nach Rom noch für die Kaiserkrönung ist die Anwesenheit Adalberos im Hofgefolge bezeugt, was keinesfalls auffällig ist. Erst bei dem zugunsten Poppos von Aquileia endenden Gerichtsverfahren im Mai 1027 ist ein Zusammentreffen KONRADS und Adalberos nachweisbar. Dass auch dieser Urkunde nicht als Zeugnis kaiserlicher Ungnade Adalbero in der Umgebung des Kaisers bezeugt, und zwar als Schwertträger auf dem Frankfurter Konzil. Ob er ihn auf dem Rückzug von Italien begleitet und dabei der Einsetzung des Thronfolgers HEINRICH im Juni des Jahres zum Bayern-Herzog beigewohnt hat oder erst später wieder zu KONRAD gestoßen ist, muss offen bleiben. Unwahrscheinlich ist die erste Möglichkeit nicht, findet Adalbero sich doch ein Jahr später auch zur Königskrönung des jungen HEINRICH ein. Die Bedeutung der Funktion des Schwertträgers, in der Adalbero im September 1027 auftritt, ist in der Literatur umstritten. Vom April bis September 1028 ist Adalbero im Gefolge KONRADS. Zur Königskrönung HEINRICHS III. fand er sich Ostern 1028 in Aachen ein und zog dann mit KONRAD über Sachsen nach Bayern. Zweimal ist er als Intervenient, einmal als Verhandlungszeuge urkundlich nachweisbar. Diese urkundlichen Erwähnungen heben Adalbero deutlich aus dem Kreis der anderen Herzöge heraus. Die Nennung Adalberos als Verhandlungszeuge in der Magdeburger Urkunde schließlich ist von ganz erheblicher Bedeutung, denn hier wird eine rein sächsische Angelegenheit verhandelt, wie denn alle anderen identifizierbaren Verhandlungszeugen Sachsen oder Mitglieder des Königshauses sind - Verwandter des Königshauses ist ja Adalbero auch. Es ist wohl kein Zufall, dass Adalberos Name unmittelbar nach dem des Herzogs Bernhard von Sachsen und von denen der Stiefsöhne des Kaisers, Herzog Ernst und Graf Liudolf, steht. Dies sind Zeugnisse genug für die ehrenvolle Stellung, die Adalbero derzeit am Hof genoss, und sie bestätigen das zum Frankfurter Konzil gesagte. Man kann sich fragen, warum gerade Adalbero auf dem Frankfurter Konzil so hervorgehoben wurde.
Vom September 1027 bis zum September 1028 scheint Adalbero sich der vollen Gunst des Kaisers erfreut und eine Art Vorrangstellung unter den Herzögen eingenommen zu haben. Dann verschwindet er plötzlich und vollständig aus den Quellen, und sein Name begegnet erst im Zusammenhang mit seiner Absetzung wieder. Die einzige indirekte Nachricht, die wir aus diesem toten Intervall September 1028 bis Juli 1035 haben, ist die über den "Vertrag" mit dem jungen König HEINRICH, den Egilbert von Freising zwischen 1029 und 1033 vermittelt hat; wir kommen darauf zurück.
Eines aber ist bewiesen: derselbe Adalbero, der 1027/28 eine die anderen Herzöge überragende Vertrauensstellung am Hof gewonnen hat, beginnt wenig später seine Stellung in Kärnten selbständig und ohne Wissen des Kaisers abzusichern. Er knüpft Beziehungen zum jungen König HEINRICH und seinem Erzieher Egilbert, lässt sie Verpflichtungen eingehen, die sie an ihn binden und die sie dem Kaiser geheim halten. Auch zu den Kroaten hat er Beziehungen unterhalten und zu den "Mirmidonen". Dieser Adalbero war einer der mächtigsten Fürsten des Reiches, und er spielte ein selbständiges, gewagtes Spiel.
Ist es nach all dem wirklich nur Hypothese zu sagen, hier in Bamberg wurde 1035 jemand spät zur Rechenschaft gezogen, der 1030/31 die Ungarn-Politik des Kaisers missbilligt hatte? Über die Reaktion KONRADS auf den ohne sein Wissen 1031 geschlossenen Frieden erfahren wir nirgendwo etwas. Es scheint, als läge in dem Absetzungsverfahren von 1035 eine späte Reaktion gegen einen der Hauptbeteiligten der Unbotmäßigkeit von 1031 vor, als wäre in der Verstimmung KONRADS von 1031 der "alte Hass" des Kaisers zu suchen. Wie schwer es dem Kaiser gewesen ist, Adalbero zu fassen, zeigt der Briefbericht über die Bamberger Handlung. Adalbero hatte sich geschickt angesichert, sich den Thronfolger verpflichtet. Die Vasallen HEINRICHS, unter ihnen Markgraf Adalbert, wagen nicht, ohne des Königs Rückendeckung vorzugehen, und HEINRICH selbst weicht erst härtestem Druck. Der hier fiel, war ein Mann mit weitreichenden Verbindungen und politischem Geschick. Es ist wohl verständlich, dass der Kaiser ihn für gefährlich hielt.
Die angeführten erzählenden Quellen berichten, dass Adalbero das Herzogtum aberkannt wurde, der Brief, dass er Herzogtum und Mark Kärnten verlor. Über die Veroneser Mark fehlen uns alle Nachrichten. Breßlaus Annahme, dass ihm zumindest auch ein Teil seiner Eigengüter aberkannt wurde, findet in den Quellen keine Stütze. Der im Brief der älteren Wormser Briefsammlung referierte Eid König HEINRICHS scheint mit eine Konfiskation des Eigengutes sogar auszuschließen. Zwar berichtet Wipo, übrigens als einzige Quelle, dass Adalbero mit seinen Söhnen ins Exil ging, aber nach dem Tod des Vaters und KONRADS II. sind diese in ihrem Eigenbesitz offenbar nicht angefochten worden.