Buch VII
Kapitel 20
Das nächste Palmenfest beging der Kaiser bei dem
ehrwürdigen Bischofe Heinrich zu Würzburg, und kam am Mittwoch
nach Bavanberg, wo er den Gründonnerstag, den Charfreitag und das
dreitägige Osterfest nebst dem österlichen Jubel des Herrn in
Ehren feierte. Und weil der König Rothulf
von Burgund, sein Oheim, dorthin nicht, wie er eingeladen war,
gehen konnte, so bat er, daß sein geliebter Neffe ihm entgegen kommen
möchte. So fand in der Stadt Straßburg ihr Zusammentreffen statt,
und ihre beiderseitigen Begleiter erfreuten sich reicher Liebesbeweise
von Seiten beider Herrscher. Dort war auch die erlauchte Gemahlin König
Rothulfs, die eine Beförderin dieses Freundschaftsbundes,
ihre beiden Söhne, ihres gegenwärtigen Eheherrn Stiefsöhne,
dem Kaiser anempfahl. Der Kaiser gab nun diese seinen geliebten Vasallen
alles das zu Lehen, was ihm damals von seinem Oheim bewilligt war, und
was bis dahin Graf Willehelm von Poitiers durch
die königliche Gnade besessen hatte. Der Kaiser wollte nämlich
in weiser Absicht vermittelst derselben sich dasjenige fester unterordnen,
was ihm bereits früher der König eidlich im Falle seines Absterbens
versprochen hatte. Denn er hatte von seinem Oheim die ganze Mannschaft
des burgundischen Landes zur Huldigung überwiesen erhalten, und die
feste Zusicherung, daß wichtige Maßregeln ohne seinen Rath
nicht genommen werden sollten. Das Bisthum in diesem Lande gab er einem
Manne von Adel, der jedoch nachher kaum mit heiler Haut davon kam. Graf
Willehelm [von Poitiers] nämlich, ein gar mächtiger
Mann in dieser Gegend, ließ, als er das alles erfuhr, den Bischof
verfolgen und den zuletzt ganz allein fliehenden mit Hunden aufspüren.
Als der schon ganz ermattete Bischof diese bellen hörte, bezeichnete
er - das war das
einzige Schutzmittel, das er noch hatte - seine Fußtapfen
hinter sich mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und lag dann wie todt
da und war eine preisgegebene Beute; aber siehe da! die reißenden
Hunde kehrten, so bald sie von fern die bekreuzigten Stellen rochen, wie
von einem gewaltigen Wirbelwinde zurückgetrieben um, und so kam jener
wahre Diener Gottes auf verborgenen Waldpfaden auf befreundetes Gebiet.
Der Kaiser aber spendete dem Könige und seiner Gemahlin und allen
ihren Großen eine unermeßliche Menge Geldes und entließ
sie in ihre Heimat, nachdem die alte Uebertragung wieder bestätigt
war, worauf er selbst mit dem versammelten Heere nach Basula [Basel] hin
aufbrach. Als er aber hörte, daß dort Graf
Willehelm ihm in befestigten Städten widerstand und ihn
am Einzuge verhindern wollte, so zog er, der geringen Anzahl seiner Truppen
mißtrauend, von allen Seiten befreundete Schaaren an sich, und verheerte
die sich des Aufstandes erfrechenden Landschaften, indem er weithin alles
in Flammen aufgehen ließ, ohne jedoch selbst in Gefahr zu kommen.
Da er aber für gewiß wußte, daß er von jenen festen
Städten keine werde erobern können, so kehrte er voll Unmutes
heim; denn er hatte weder hier, noch in den Ostlanden seinen Feinden einen
nachhaltig wirkenden Schaden zugefügt.
Kapitel 21
Währenddeß sorgte die Kaiserin, in unseren
Landschaften weilend, mit unseren Fürsten für die Vertheidigung
des Vaterlandes. Unser Feind Bolizlav
aber that derweilen unserem Reiche keinen Schaden, sondern er befestigte
nur das seine, und ward, als er den Ausgang der kaiserlichen Unternehmung
erfuhr, gar fröhlich und sehr übermüthig. Und manche, denen
die Verhältnisse bekannt waren, behaupteten zuversichtlich, daß
der Kaiser damals, wenn er mit ganzer Heeresmacht vor ihm erschienen wäre,
vermittelst der Furcht alles, was von unseren Landen unter der Herrschaft
des Bolizlav stand, hätte wieder
gewinnen und ihn ohne weitere Einräumung, als nur des Friedens, zur
Unterthänigkeit bereit und willig finden können.
Allein der König von Burgund, ein unzuverlässiger weibischer
Mann, wollte die Verleihung der Güter, die er seinem Neffen versprochen
hatte, wieder
hintertreiben, und zwar auf den Antrieb derer, welche
wie jenes unglückliche Kalb, wenn der Zügel der Gerechtigkeit
nachgelassen ist, Lust hatten, frei in die Weite zu laufen. Als aber der
König dann wieder bei seinem Vorhaben bleiben wollte, vermochte er
es doch nicht auf die Dauer ihrem boshaften Drängen gegenüber.
Denn es giebt, wie ich höre, keinen König, der so regierte, wie
dieser; er hat nichts, als den Titel und die Krone; die Bisthümer
giebt er denen, welche seine Großen erwählen; zu seinem eigenen
Bedarf hat er nur so geringe Einkünfte, daß er auf Kosten der
Bischöfe lebt, denen er jedoch, so wenig wie andern, wenn sie irgendwie
von außen bedrängt werden, beistehen kann. Daher gehorchen
diese mit gebundenen Händen jeglichem Großen ebenso wie dem
Könige, und leben nur so in Frieden. Darum nur regiert sie ein solcher
Herrscher, daß die Wuth der Bösewichter desto freier ihr vernichtendes
Spiel treibe, und daß nicht eine neue Verfassung von einem anderen
Könige ausgehe, welche die eingewurzelte Gewohnheit gewaltsam
aushebe. Graf Willehelm, der ebenerwähnte,
ist dem Namen nach des Königs Vasall, der That nach aber Herr im Lande.
Auch heißt dort niemand Graf, als wer den Rang eines Herzogs hat,
und damit seine Macht in diesem Reiche nicht irgendwie vermindert
werde, so kämpft man, wie gesagt, gegen die kaiserliche Oberheit mit
Worten und Werken an.