Tugumir                                           Fürst der Heveller
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    25.5. nach 940
 

Sohn des Heveller-Fürsten Bacqlabic (= Vaclav)
 

Lexikon des Mittelalters: Band VIII Seite 1090
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Tugumir, Fürst der Heveller
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Wurde nach der Eroberung der Brandenburg durch HEINRICH I. (Winter 928/29) zusammen mit seiner Schwester (Mutter des späteren Erzbischofs Wilhelm von Mainz) in sächsischen Gewahrsam genommen. Er kehrte 940 in die Brandenburg zurück, beseitigte seinen inzwischen dort residierenden Neffen und unterstellte die Burg OTTO I., dem so die Tributherrschaft über die slavischen Stämme "bis zur Oder" (Widukind) zufiel. Tugumirs Todestag (25. Mai), nicht aber das Jahr, ist im Nekrolog des Nonnenklosters Möllenbeck (nahe Corvey an der Weser) verzeichnet, wo wahrscheinlich seine Schwester lebte. Ob Tugumir 948 bei der Gründung des Bistums Brandenburg noch am Leben wahr, ist unsicher (OTTO I. schenkte damals dem Bischof aus seinem eigenen Besitz die Hälfte der Burg). Spätere Nachrichten belegen, dass Tugumirs Nachkommen, die mit den Grafen von Haldensleben und den PIASTEN verschwägert waren, gewisse Herrschaftsrechte wahren konnten.

Quellen:
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Widukind, II,20 - Das Nekrolog des Kl. Möllenbeck, ed L. Schrader, Wigands Archiv 5, 1832, 355.

Literatur:
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H. Ludat, An Elbe und Oder um das Jahr 1000, 1971, 11f. - Ch. Lübke, Regesten zur Geschichte der Slaven an Elbe und Oder, T. II, 1985, Nr. 25, 66,68.


Widukind von Corvey: Seite 135
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Die Sachsengeschichte."

21. Es war aber noch von König Heinrich her ein Slawe namens Tugumir in Haft, der nach dem Gesetz seines Stammes die väterliche Nachfolge als Herrscher über die sogenannten Heveller antreten sollte. Dieser wurde mit einer großen Geldsumme gewonnen und durch noch größere Versprechungen überredet, daß er versprach, sein Gebiet zu verraten. Daher kam er, als wäre er heimlich entflohen, in die Burg, die Brandenburg heißt, wurde vom Volk anerkannt und als Herr aufgenommen; in Kürze erfüllte er sein Versprechen. Er lud nämlich seinen Neffen, der von allen Fürsten des Stammes noch übrig war, zu sich ein, tötete ihn, nachdem er ihn hinterlistig gefangengenommen hatte, und unterstellte die Burg mit dem ganzen Gebiet der Botmäßigkeit des Königs. Infolgedessen unterwarfen sich alle barbarischen Völkerschaften bis zur Oder auf ähnliche Weise dem König und leisteten Tribut.


Ludat, Herbert: Seite 10-13
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"An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa."

Ein Slave Tugumir, Nachkomme und Erbe des letzten Heveller-Fürsten, den HEINRICH bei der Eroberung Brandenburgs 928/29 nach Sachsen entführt und in Gewahrsam genommen hatte, ließ sich "durch viel Geld und noch größere Versprechen" dazu herbei, zu seinem Volk unter dem Vorwand, er sei geflohen, zurückzukehren, um bald darauf als Herrscher freudig aufgenommen - nach der Ermordung seines Neffen, des letzten noch lebenden Rivalen - die Burg mit dem ganzen Lande dem deutschen König auszuliefern. Durch diese Tat - so schließt Widukind - "unterwarfen sich alle Barbarenstämme ... bis zur Oder".
Dieser in vieler Hinsicht interessante und aufschlußreiche Bericht macht nun die Annahme in hohem Grade wahrscheinlich, daß die HEVELLER-Dynastie damals die Landschaften bis zur Oder kontrolliert und wohl auch unmittelbar beherrscht hat. Der ausdrückliche Hinweis Widukinds, dass von allen Fürsten dieses Geschlechts nur jener Neffe übriggeblieben war, läßt jedenfalls mit Sicherheit darauf schließen, daß es offenbar zumindest mehrere principes dieser Dynastie gegeben hatte, deren Herrschaft wohl kaum nur auf das kleine Havelland beschränkt gewesen sein dürfte.
Die Machtergreifung Tugumirs in Brandenburg erweist sich danach als ein Akt von großer politischer Bedeutung: Wenn es schon wenige Jahre nach seiner Unterstellung unter die deutsche Oberhoheit möglich war, hier im Slavenland Bistümer zu errichten, und wenn in den Landschaften der Brandenburger Diözese - anders als in den nördlich benachbarten - bis zum Liutizenaufstand von 983 offenbar völlige Ruhe geherrscht hat, sieht man einmal von zwei späteren Unternehmungen gegen die Grenzstämme im äußersten Norden und Süden ab, dann wird man hierfür gewiß auch in einem hohen Grade die aktive Mitwirkung Tugumirs und das Ansehen seiner Dynastie in Rechnung stellen müssen.
Tugumir ist zweifellos Christ gewesen; das legt nicht nur sein Aufenthalt in Sachsen und sein enges Verhältnis zu den Deutschen nahe. Als 948 die erste Kathedralkirche auf der Heveller-Burg errichtet wurde, gab es bereits eine Kirche, die entweder Tugumir oder schon einer seiner Vorgänger gebaut haben dürfte. Zudem ist sein Sterbetag im Nekrolog des Nonnenstiftes Möllenbeck, unweit von Corvey an der Weser, unter dem 25. Mai eingetragen, was alle Zweifel widerlegt. Das Jahr seines Todes ist zwar nicht überliefert; aber die Behauptung, Tugumir sei der Errichtung des Bistums Brandenburg nicht mehr am Leben gewesen, weil das Gründungsprivileg ihn nicht erwähnt, bleibt bloße Vermutung ebenso wie die Vorstellung, er habe damals als Verbannter in Sachsen gelebt. Daß sein Geschlecht sich fortgesetzt und Tugumir wahrscheinlich sogar mehrere Söhne gehabt hat, wird noch darzulegen sein.
Tugumirs politischer Entschluß und sein Erfolg lassen sich aber überhaupt nur verstehen und begreifen, wenn man voraussetzt, daß sein Haus sich in diesem Macht- und Einflußbereich bereits vor längerer Zeit etabliert, hier unbestritten geherrscht und in hohem Ansehen gestanden haben muß. Denn ein Dezennium nach der Katastrophe von 928/29 waren der Einfluß dieser Dynastie und die Wirkung ihrer politischen Leistung noch nicht geschwunden. Das läßt sich wohl aber kaum anders erklären, als durch die Annahme, daß bereits vor 929 dieses Herrschaftsgebilde in dem unter Tugumir sichtbar werdenden Umfang existiert und somit bereits über eine Tradition verfügt haben muß.
HEINRICH hat demnach den in Brandenburg residierenden Fürsten, vielleicht jenen im Bericht al Masudis aufgeführten Bacqlabic, wahrscheinlich den Vater Tugumirs, nach seiner Unterwerfung als Vasallen in seiner bisherigen Stellung belassen und sich darauf beschränkt, nur einige Angehörige der Dynastie nach Sachsen zu entführen, so mit Sicherheit Tugumir und höchstwahrscheinlich auch dessen Schwester, mit der sich der knapp 17-jährige Thronfolger OTTO verband.
 
 
 
 

vor 940
  oo N.N. (Sächsin)
              
 
 
 
 

Kinder:

  Bolilut
       

  Pribivoj
      

  Pribilslaus
       28.12. 993

  Ludolf clericus
         

  Dobromir
       
 
 
 
 

Literatur:
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Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar Köln Wien 1995, Seite 10-13,16,33-35,39,41;2,18,21,27,30,33,35,39,52,111,255,257,265,297,299,301,308Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 1981 Seite 135 -