STAMMTAFEL im Anhang Band IX des Lexikons des Mittelalters
EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE BAND I.1 Tafel 12
Stammtafel: "Im
Reich der Salier" Seite 284 - "Die Salier und
das Reich" Band I Seite 16
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1300
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Salier
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Mittelrheinisches Adels-Geschlecht, deutsches Königs-
und Kaiser-Haus
[1] Herkunft und Anfänge:
Ahnherr des im
rheinfränkischen Raum begüterten
Adels-Geschlechts ist ein Graf
Werner, der Ende des
9. Jh. im Worms-, Nahe- und Speyergau bezeugt ist.
Verwandtschaftliche Beziehungen zu den im Moselraum ansässigen WIDONEN-LAMBERTINERN weisen
es als Zweig einer der führenden fränkischen Adels-Familien
des 7./8. Jh. aus, deren
italienischen Linie
mit WIDO II. VON SPOLETO
zeitweilig sogar die Kaiserwürde
errang.
Der keineswegs geradlinig verlaufende Aufstieg der Familie
vollzog sich, wie deren Leitnamen erkennen lassen, in enger Anlehnung
an die königliche Zentralgewalt. War Graf Werner mit einer KONRADINERIN, vermutlich einer
Schwester KONRADS I.,
vermählt, so heiratete dessen Sohn Konrad der
Rote († 955), mit dem die salische Dynastie historisch faßbar
wird,
Liutgard, eine Tochter OTTOS DES GROSSEN. Die
Verleihung des Herzogmtums
Lothringen (944) eröffnete ihm den Zugang zur
Reichspolitik.
Infolge seiner Beteiligung am Liudolfingischen
Aufstand wurde ihm zwar das
Herzogtum wieder entzogen, doch vermochte er die Dukatstellung um Worms zu
behaupten.
Durch eine zielstrebig betriebene, sich auf Grafschaften und
Kirchenvogteien stützende Territorialpolitik konnte unter Konrads
Sohn Otto »von
Worms« († 1004)
die salische Stellung am
Mittelrhein weiter ausgebaut werden. Zwar mußte im Zuge des
Ausgleichs mit Heinrich dem
Zänker (31. H.) das von OTTO II.
verliehene Herzogtum Kärnten
wieder abgegeben werden, doch wurde dieser
Verzicht mit rhein. Besitzungen entschädigt. Obgleich Otto
»von Worms« als Enkel OTTOS DES GROSSEN selbst
berechtigte
Ansprüche auf den Thron hatte, verzichtete er zugunsten HEINRICHS
II., der daraufhin Kärnten zurückgab.
Nach dem Tode seines
ältesten Sohnes Heinrich
»von Worms« wurde die
Hauptmasse des salischen
Besitzes auf dessen Bruder
Konrad »von
Kärnten« († 1011) übertragen.
Heinrichs Sohn Konrad
der Ältere, der am Hofe Bischof
Burchards I. von Worms
erzogen wurde, war
somit vom Erbe weitgehend ausgeschlossen.
Literatur:
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H. Bresslau; JDG K. II. Bd. 2, 1884, 519f. - H.
Schreibmüller,
Die Ahnen Ks. Konrads II. und Bf. Brunos von Würzburg (Herbipolis
jubilans [= Würzburger Diözesangesch. sbll. 14715, 1952/53]),
173-233 - O. Engels, Der Dom zu Speyer im Spiegel des sal. und stauf.
Selbstverständnisses,
Archiv für mittelrhein. Kirchengesch. 32, 1980, 27-40 - W. Metz,
Das
älteste Nekrolog des Speyerer Domstifts und die Todesdaten sal.
Kgs.kinder,
ADipl 29, 1983, 193-208 - K. Schmid, Die Sorge der S. um ihre Memoria
(Memoria,
hg. Ders. - J. Wollasch, 1984), 666-726 - E. Boshoff, Die S., 1978
[Lit.]
- Die S. und das Reich, 3 Bde, hg. St. Weinfurter, 1991.
Trillmich Werner: Seite 124
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit"
Urahnen der SALIER
gehörten zum fränkischen Reichsadel, der im Auftrage der KAROLINGER
während
des 8. Jahrhunderts von Mosel und Saar nach dem Osten bis an die
Grenzen
Schwabens, Bayerns und Thüringens mit Krongut ausgestattet wurde,
um neu gewonnene Landstriche durch Kolonisation und Christianisierung
dem
wachsenden Reiche fest und dauerhaft einzugliedern. Sie entstammten
also
zur Herrschaft befähigten Geschlechtern, die mit ihrem
Königs-Hause,
dem sie sich ebenbürtig fühlten, Eheverbindungen einzugehen
pflegten.
Aufschlußreich für die Herkunft aus dieser
Führungsschicht
ist ein Blick auf die jahrhundertelang recht gleichbleibenden
Besitzverhältnisse
am Mittelrhein. Allerdings müssen wir uns mit
Zufallserwähnungen
begnügen, denn urkundlich werden Rechtstitel leider fast nur bei
ihrer
Veräußerung an Kirchen und Klöster überliefert.
Im 10. Jahrhundert lagen die aus Reichsgut
hervorgegangenen
Allodien der SALIER vornehmlich
im Worms-, Speyer-, Nahe- und Bliesgau. Kloster Hornbach bei
Zweibrücken
war eins der Eigenklöster. In den Gauen am Rhein verfügten
sie
über Grafschaftsrechte, als Vögte der Reichsabteien
Weißenburg
und Lorsch über bedeutende Kirchenlehen. In Worms und Speyer
gehörten
ihnen befestigte Herrenhöfe in der Nähe der
bischöflichen
Pfalzen. Auch verfügten sie dort über Vogteirechte. Durch
Rodungen
erschlossen sie Waldgebiete der Haardt, des Pfälzer Berglandes und
des Heiligen Forsts im nördlichen Elsaß. An den Hängen
westlich der rheinischen Tiefebene wurden während der Bedrohung
durch
Normannen und Ungarn Befestigungen errichtet, darunter Burg Stauf bei
Kirchheimbolanden.
Auch die Limburg an der Haardt setzte man damals instand. Dazu kamen
rechts
des Rheins Ländereien im Kraichgau, in Hessen und an der Lahn. Die
Zahl ritterlicher Vasallen, aus deren Mitte die SALIER
besonders tüchtige Männer als Vizegrafen zu
Verwaltungsaufgaben
heranzogen, muß beträchtlich gewesen sein. Wie sie diese
ausgedehnten
Allodien und Lehen auf sich vereinigten, ist nicht nachweisbar, doch
kann
wenigstens gesagt werden, welche Familienverbindungen dazu beigetragen
haben müssen.
Seit Karl
Martell spielten am Mittelrhein die robertinischen
Vorfahren der KAPETINGER, denen Lorsch
seine Gründung verdankt, eine führende Rolle, bis es ihnen
während
der Kämpfe zwischen LUDWIG DEM FROMMEN und
seinen Söhnen um 836 ratsam erschien, eine neue Machtgrundlage in
West-Europa aufzubauen. Kriegskundige Männer aus der ihnen in
Rhein-Franken
eng verbundenen Familie der WIDONEN-LAMBERTINER
betätigten sich zur selben Zeit in der Bretonen-Mark und in
Italien.
Dort verstarb LAMBERT, der letzte dieser
Abenteurer, im Jahre 898 als Träger
der Kaiserkrone. Die in den
heimatlichen
Grundherrschaften zurückgebliebenen Verwandten verloren unter Ludwig
dem Deutschen allen politischen Einfluß, behaupteten aber
durch Heiraten untereinander ihre stattlichen Vermögen fast
ungeschmälert.
Als Erbe beider Sippen erscheint nach 900 Werner, der Graf im
Worms-, Speyer- und Nahegau und Nachfahre gleichnamiger Grafen
im Oberrhein- und Ladengau, deren Lebenszeit nicht eindeutig bestimmbar
ist. Sein Sohn Konrad der Rote
sollte den Aufstieg des salischen
Hauses
einleiten. Die Namen Werner und Konrad sind Leitnamen der KONRADINER,
die vornehmlich Grafschaften an der Lahn, in Hessen und der Wetterau
innehatten.
Trotz mancher Rückschläge hatten sich SALIER
in Kirche, Kampf, Politik und Verwaltung rühmlich hervorgetan. Sie
besaßen Selbstbewußtsein, Machtwillen und Ehrgeiz, standen
dem Throne der LIUDOLFINGER nahe, waren
ihnen, sowie den königlichen
Häusern Frankreichs
und Burgunds
verwandtschaftlich verbunden. Wichtige Aufgaben in Deutschland
und
Italien
hatten ihr stattliches Vermögen gemehrt.
Überdurchschnittliche
Bildung zeichnete die geistlichen Familien-Mitglieder aus. Wie andere
Adelssippen
verfolgten sie rücksichtslos, heißblütig, kampfesfroh
den
eigenen Vorteil und scheuten niemals davor zurück, ihr Eigenrecht
zu verteidigen, notfalls sogar gegen den König. Unbeugsam, aber
stets
um Gerechtigkeit bemüht, vernachlässigten sie doch zuweilen
die
Kunst des versöhnlichen Ausgleichs. Der Geist frommer
Kirchlichkeit
fehlte ihnen gewiß nicht.
Weinfurther Stefan:
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"Herrschaft und Reich der Salier" 1992
1. Kapitel
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HERKUNFT, HAUS UND ADELSHERRSCHAFT DER SALIER
Am 4. September 1024 wurde in Kamba - einem heute
nicht
mehr existierenden, gegenüber Oppenheim gelegenen
rechtsrheinischen
Ort - ein neuer König gewählt: KONRAD
II. aus dem Geschlecht, das man später SALIER
nannte.
Wer waren die SALIER?
Der Name reges salici selbst bringt hier zunächst wenig
Aufschluß,
denn er ist uns erst aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts
überliefert
und scheint kaum weiter zurückzureichen. Wie der Name zustandekam,
ist nicht unumstritten. Möglich wäre eine Ableitung von sal =
Herrschaft, was sich auf die bei den SALIERN
deutlich hervortretende - schon von den Zeitgenossen empfundene -
Tendenz
zur "Befehlsherrschaft" bezeichnen könnte. Wahrscheinlicher aber
ist
der Bezug auf den vornehmsten Volksstamm der Franken, der diesen Namen
trug. Die lex Salica, das Volksrecht des Stammes, hat das
Bewußtsein
davon über die Jahrhunderte erhalten. Die salischen
Herrscher
waren (Rhein-) Franken, und da Wipo, der Biograph
KONRADS
II., dessen Herkunft mütterlicherseits auf die
fränkischen
Königs-Häuser
zurückführte, könnte es sein,
dass
man den Namen SALIER deshalb auf das
Geschlecht KONRADS II. übertrug.
Streng genommen dürften wir also nur die Kaiserreihe von ihm bis
zu
HEINRICH
V. als "SALIER"
bezeichnen, aber die Geschichtswissenschaft hat diesen Namen
längst
auf die Vorfahren im 10. Jahrhundert ausgedehnt, und so wird auch in
unserer
Darstellung verfahren.
Wipo spricht
in seiner um 1044/45 entstandenen
Biographie
also noch nicht von "SALIERN".
Bei ihm heißt es über diese Familie: "Es waren zwei
Männer
namens Konrad" - und
damit meint er die beiden Verwandten, die in Kamba
1024 in die engste Wahl gekommen waren -, "deren einen man wegen seines
höheren Alters den älteren Konrad
nannte; der andere hieß Konrad
der Jüngere. Beide waren
hochedle Herren aus dem rheinfränkischen Gebiet, und sie waren die
Söhne von zwei Brüdern. Ihre Väter hießen Heinrich
und Konrad. Diese beiden
Väter wiederum waren Söhne des
Herzogs
Otto von Franken,
der noch zwei weitere Söhne hatte:
Bruno
und
Wilhelm.
Bruno wurde Papst und hieß dann Gregor
V. Wilhelm hat
als Bischof [1029-1046] die Straßburger
Kirche nachhaltig gefördert. Nun waren aber die beiden Konrade
nicht nur von Vaters Seite her von so hohem Adel, wie erwähnt;
nicht
weniger erlaucht waren sie auch von der Seite der Mütter her.
Konrads
des Jüngeren Mutter Mathilde
stammte nämlich von einer
Tochter König
Konrads von Burgund
ab. Die Mutter Konrads des Älteren
hieß
Adelheid und entstammte
einem sehr vornehmen Geschlecht
Ober-Lothringens. Sie war die Schwester der Grafen Gerhard und
Adalbert,
die ständig mit Königen und Herzögen den Kampf aufnahmen
und schließlich selbst in der Zeit ihres Verwandten,
König
KONRADS [II.], nur schwer Ruhe gaben. Ihre Ahnen sollen dem
alten Haus der Könige von Troja entstammen, die unter dem heiligen
Bekenner Remigius ihren
Nacken unter das Joch des Glaubens beugten."
Auf berühmte Herkunft aus Königs-Häusern
wird also verwiesen, und über seine Mutter Adelheid, so besagt
diese Stelle, könne sich KONRAD II.
auf das Geschlecht der
MEROWINGER,
des fränkischen
Königs-Hauses, das man von Troja herleitete,
zurückführen.
Der MEROWINGER-König
Chlodwig
war es, der 496 von Bischof Remigius von Reims (ca 462-533) die
Taufe
empfangen
hatte. Auffällig an dieser im Umkreis des salischen
Hofes entstandenen genealogischen Einordnung ist der Verzicht darauf,
die
Verwandtschaft mit den "OTTONEN", dem
vorangegangenen Königs-Geschlecht, zu erwähnen, obwohl doch
die
Ur-Großmutter des ersten salischen Königs,
Liudgard,
eine Tochter OTTOS DES GROSSEN (936-973) war.
Auffällig ist auch, dass die väterliche Herkunft
überhaupt
nur bis zu Herzog Otto "von Franken"
zurückverfolgt wird, nicht
aber noch bis zu dessen berühmten Vater, Herzog Konrad dem Roten,
den Schwieger-Sohn OTTOS DES GROSSEN,
der im ottonischen Familienverbund
aufgestiegen
war. Dass man über die bis zu ihm reichenden genealogischen
Zusammenhänge
zweifellos zur Zeit Wipos
Bescheid wußte, belegt schon die
Tatsache,
dass Konrad der Rote wie
seine Nachkommen in der Hausgrablege im
Wormser Dom bestattet war und sein Andenken also gepflegt wurde. Diese
Beobachtungen deuten an, dass im Bewußtsein des früh-salische
Königs-Hauses eine eher
distanzierte Haltung zum ottonischen
Königtum bestanden hat und dass die Machtstellung
väterlicherseits
eher in ihrer adlig-herzoglichen Begründung gesehen wurde. Auf
diese
Überlegungen werden wir im Zusammenhang mit der Wahl KONRADS
II. nochmals zurückkommen.
Mit dieser bei Wipo
nur kurz zurückreichenden
genealogischen
Herleitung der väterlichen Linie hat sich die Forschung
natürlich
nicht zufriedengegeben. Verschiedene Studien (Hermann
Schreibmüller,
Heinrich Büttner, Wolfgang Metz) haben ergeben, dass die salischen
Vorfahren mit aller
Wahrscheinlichkeit in der Adels-Sippe
der WIDONEN
zu suchen sind. Diese WIDONEN, abgeleitet
von dem in dieser Sippe auftretenden Leitnamen
Wido, sind schon im 7.
Jahrhundert
als wichtige Helfer der KAROLINGER
bezeugt. Sie hatten hohe Verwaltungsämter inne und besetzten
zeitweise
den Bischofsstuhl von Trier.
In Mettlach an der Saar
gründeten
sie früh ein Hauskloster; ein zweites Hauskloster, Hornbach im
Bliesgau, entstand kurz vor der Mitte des 8. Jahrhunderts (742 oder
kurz vorher) und wurde dem großen
irofränkischen Missionar
Pirmin,
dem Gründer berühmter Klöster wie auf der Reichenau oder
in Murbach, übertragen. Der Herrschafts-Schwerpunkt der WIDONEN
lag ungefähr im Gebiet zwischen Metz, Trier, Idar-Oberstein
und Pirmasens ("Ort des Pirmin").
Mit der Gründung Hornbachs und
dem im Wormsgau liegenden königlichen Schenkungen an dieses
Kloster
war überdies ein erster Zugriff von Westen her über den
Waldgürtel
in das alte Siedelland in der Rheinebene vollzogen. Um 760 kam noch das
kleine Kloster St. Philipp zu Zell, westlich von Worms an der Pfrimm,
hinzu,
das dem Kloster Hornbach und damit den WIDONEN
als Eigenklosterherren untergeordnet war.
Die WIDONEN-Sippe
teilte sich seit dem Ende des 8. Jahrhunderts in verschiedene "Zweige",
die sich im bretonischen Raum, im Gebiet der unteren Loire und vor
allem
im Herzogtum von Spoleto beachtliche Machtstellungen schufen. Herzog
Wido von Spoleto entwickelte besonders hochfliegende
Pläne,
strebte 888 nach der Königswürde
von Burgund und erreichte
schließlich
im Jahre 891 sogar die Kaiserkrone.
Nach ihrem Leitnamen Lambrecht
nennt
man diese Linie LAMBERTINER.
Ein Teil der widonischen
Sippe ist im
Ursprungsgebiet geblieben und hat im Laufe des 9.
Jahrhunderts
vom Bliesgau aus mit dem Hauskloster Hornbach (Mettlach ging an den
Bischof
von Trier verloren) die Herrschaft an der Saar und im Worms- und
Speyergau
ausgebreitet. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts treffen wir einen Grafen
Werner im Speyergau an, von dem an die Linie der salischen
Vorfahren endlich ohne
Unterbrechung weiter verfolgt werden kann. Die
Verbindung
dieses Werner zu den WIDONEN
läßt sich genealogisch freilich nicht zwingend belegen, aber
die Besitz- und Amtsnachfolge und dasselbe Hauskloster Hornbach
sprechen
für einen verwandtschaftlichen Zusammenhang.
Dieser Graf Werner konnte eine Frau aus
dem
königlichen
Haus der KONRADINER heiraten,
wahrscheinlich
die Schwester König
KONRADS I. (911-918).
Durch diese Heirat gelangte der Leitname
Konrad in seine Familie.
Aber
noch mehr:
Als die KONRADINER in den
Kämpfen gegen OTTO DEN GROSSEN
unterlagen, verloren sie auch ihre Vormachtstellung am Mittelrhein.
Diese
ging, zweifellos mit Zustimmung des Königs, nun zum großen
Teil
auf die Familie des Grafen Werner über,
nämlich auf dessen
Sohn Konrad, der neben
seinen sonstigen Vorzügen offenbar auch
ein verwandtschaftliches Anrecht geltend machen konnte.
941 erscheint dieser Konrad, der den Beinamen
"der
Rote" erhielt, im Besitz der Grafschaften
seines Vaters im Nahegau,
Wormsgau und Speyergau und
außerdem im Niddagau nördlich
von
Frankfurt. Seine Bindung zum ottonischen
Königs-Haus
wurde 947 durch die Heirat mit einer Tochter
OTTOS
DES GROSSEN, Liudgard, gefestigt,
nachdem ihn schon vorher, 944 (oder 945), die Herzogswürde von
Lothringen
übertragen worden war. Diese Vorgänge machen recht deutlich,
wie eng die Interessengemeinschaft von König und Konrad dem Roten
geknüpft war: Die Machtstellung des SALIERS
am
Mittelrhein wurde intensiv gefördert, der dafür die Aufgabe
zu
übernehmen hatte, das politisch unzuverlässige Lothringen,
das
sich vom Elsaß bis an die Rheinmündung erstreckende Gebiet
ungefähr
zwischen Maas und Rhein, an das Reich zu binden und für den
König
zu kontrollieren.
Für OTTO DEN GROSSEN
war es ein herber Schlag, als sich der SALIER
953 einer für den König höchst gefährlichen
Aufstandsbewegung
anschloß. OTTO beklagte sich
nach dem Bericht des Geschichtsschreibers
Widukind (III, 32) bitter
über
diesen Undank: "Der, den ich am meisten geliebt habe, den ich aus einer
recht mittelmäßigen Position zur höchsten Würde,
zu
einer überragenden Macht- und Amtsstellung befördert habe, er
hat meinen einzigen Sohn [damit meinte er seinem ebenfalls
aufständischen
Sohn Liudolf] gegen mich auf seiner
Seite." Die Erhebung wurde niedergeschlagen und Konrad der Rote verlor
953/54 das Herzogtum Lothringen. Er unterwarf sich aber dem König
und zog mit ihm 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen die Ungarn in
den
Kampf. Wieder berichtete uns Widukind
darüber (III, 47): "Dem
Herzog
Konrad, der tapfer
kämpfte, wurde durch die Hitze des Gefechts
und durch die Sonnenglut, die an diesem Tag heftig brannte, gewaltig
heiß,
und als er die Bänder des Panzers löste und Luft
schöpfte,
fiel er, von einem Pfeil durch die Kehle getroffen. Sein Leichnam wurde
auf Befehl des Königs ehrenvoll aufgehoben und nach Worms
gebracht.
Dort wurde dieser Mann, groß und ruhmvoll durch jegliche Tugend
der
Seele wie des Körpers, unter Tränen und Klagen aller Franken
bestattet."
Man erkennt an diesem Bericht, dass Konrad der Rote
nach dem damaligen Urteil eine eindrucksvolle Persönlichkeit war,
dass er jedenfalls alle Vorzüge des tapferen Kriegers aufwies und
dass ihm der König nach der Unterwerfung erneut besondere Gunst
entgegenbrachte.
Auf königliche Anordnung hin erhielt er schließlich nach
seinem
Schlachtentod ein ungewöhnlich ruhmvolles Begräbnis in Worms,
wie wir wissen im dortigen Dom, in dessen Krypta er noch heute ruht.
Diese
Begräbnisstätte ist überaus bemerkenswert, denn die
Bestattung
in einem Bischofsdom billigte man zu dieser Zeit bestenfalls
Bischöfen
und Königen zu, geweihten Personen also. Den sterblichen
Überresten
gewöhnlicher Laien, auch mächtiger Fürsten, war dieser
heiligste
Ort des Gottesdienstes in der Regel verschlossen. Das salische
Adels-Haus wurde mit einer
derart ehrenvollen und herausragenden
Auszeichnung
in seinem Selbstverständnis ohne Zweifel weit emporgehoben und hat
an ihm festgehalten.
Damit verstärkte sich auch der Charakter von Worms
als Mittelpunkt der salischen Fürsten-Herrschaft.
Dort befand sich an der Stelle des späteren St. Pauls-Stifts die salische
Grafenburg - wohl identisch mit der alten karolingischen
Königspfalz
(Peter Classen) -, und dort hatten Werner und Konrad der Rote
einen umfangreichen Besitz- und Machtkomplex aus
Eigengütern und
vor allem Reichsgütern zusammengetragen. Worms war das salische
Machtzentrum geworden.
Mit dem Tod Konrads
des Roten war der glänzende
Aufstieg des salischen
Hauses keineswegs
unterbrochen. König
OTTO I. hat
seine Zuwendung und Förderung sogleich auf Konrads kleinen
Sohn, also seinen Enkel, gerichtet. Dieser trug, wie sein
königlicher
Großvater, den Namen Otto. Obzwar noch
unmündig, erscheint
er 956 bereits als Graf im Nahegau,
und in der Folgezeit vereinigte er
mit dem Wormsgau, dem Speyergau, dem Niddagau und weiteren Grafschaften
zwischen Neckar und Rhein (Elsenzgau, Kraichgau, Enzgau, Pfinzgau,
vielleicht
Uffgau) einen fast geschlossenen Großgrafschaftskomplex
um den
Mittel-
und Oberrhein in seiner Hand. Diese außerordentliche
Machtstellung
versuchte sein Onkel, König
OTTO II.
(973-983),
offenbar zu schwächen, indem er ihm 978 mit der Herzogswürde
von Kärnten in weitentfernte Gebiete abzog. Ein Jahr
später
setzte
er durch, dass der SALIER
seine Bann-
und Zolleinkünfte innerhalb der Stadt Worms und bestimmte
Gerichtsrechte
an den Bischof von Worms abtreten mußte (D O II. 199). Diese
Einbußen
nahm der SALIER
aber erst hin, als
er von der Vormundschafts-Regierung OTTOS III.
985 den für einen weiteren Herrschaftsausbau nach Westen
höchst
bedeutsamen Wasgauforst und
den wichtigen Königshof Lautern
(Kaiserslautern)
als Ersatz übertragen bekam. Der gleichzeitige Verzicht auf die
Herzogswürde
scheint überdies vom Hof mit der Übertragung von Besitz und
Rechten
des mächtigen Reichsklosters Weißenburg im
Elsaß an
den
SALIER vergütet
worden zu sein.
Besonders aufschlußreich für die
Herrschaftsbildung
Ottos
"von Worms“, wie dieser SALIER
zur Unterscheidung von anderen Personen desselben Namens genannt
werden
soll, sind eine Stifts- und eine Klostergründung, die auf ihn
zurückgehen.
Auf seinen Befehl hin (iussu) hat
der Abt Adalbert von Hornbach 975/76
das inzwischen verfallenen Kloster des heiligen Philipp zu Zell,
westlich
von Worms, von dem bereits die Rede war, zu erneuern begonnen. Nun
sollte
hier ein Stift mit Klerikern entstehen, womit eine stärkere
seelsorgerische
Erfassung der Umgebung neben der erneuten Konzentration der Güter
und der Intensivierung der Bewirtschaftung verbunden war. Die Vogtei
befand
sich ohne Zweifel bei den SALIERN oder
einem Beauftragten, so dass sich an diesem Beispiel das Bild einer
Herrschaftsverdichtung
im Wormser Umfeld abzeichnet.
Noch wichtiger dürfte aber die mit ziemlicher
Sicherheit
987 (und nicht 977) erfolgte Gründung des Klosters St. Lambrecht
am
Speyerbach, oberhalb von Neustadt (an der Weinstraße)
gewesen
sein.
Eine recht interessante "Gründungs-Urkunde", offenbar nach
Gründungs-Aufzeichnungen
nachträglich (11. Jahrhundert?) angefertigt, betont, dass "Kaiser"
OTTO III. der Gründung zugestimmt habe. Dies deutet darauf
hin, dass man seine Zustimmung auch benötigte, und dies wiederum
war
dann der Fall, wenn Reichsgut bei der Gründung mitbetroffen war.
In
der Urkunde wird ein umfangreicher Besitzkomplex des Klosters exakt
umschrieben,
der offenbar - zumindest zum Teil - aus Reichsgut gebildet wurde. Auch
verschiedene weitere Rechte, die noch genannt werden, dürften zum
Teil auf Reichsrechte zurückgegangen sein. Die Vogtei, also die
Gesamtheit
der Herrschaftsrechte über das neue Kloster, so die Urkunde
weiter,
sollte immer das älteste Mitglied des Hauses in agnatischer Folge
innehaben. Weder ein König (!) noch sonst ein Fürst oder eine
weltliche Gewalt dürften künftig irgendwelche Gebietsrechte
beanspruchen
(Stauber, Beilage 1).
Diese Formulierungen deuten darauf hin, dass SALIER-
und Reichsgut durch die Übertragung an das Kloster nunmehr
gebündelt
wurde, dass es herrschaftsmäßig in der Vogtei
vereinheitlicht
wurde und dass die damit entstehende, prinzipiell nicht teilbare
Vogtei-Herrschaft
an das SALIER-Haus gebunden werden
sollte. Mit dem "Senioratsprinzip", der Bevorzugung des Ältesten,
war eine weitere Herrschaftskonzentration und - stabilisierung
angestrebt.
Das Frömmigkeitsmotiv, die "Investition" für das Seelenheil,
darf bei diesen Vorgängen natürlich keineswegs übersehen
werden; für das Denken des mittelalterlichen Menschen stand es an
erster Stelle. Aber die rechtlichen und herrschaftsorientierten
Vorteile
wurden ganz offensichtlich gezielt damit verknüpft und umgesetzt.
Dieser Vorgang, den man als "Patrimonialisierung" von Besitz und
Rechten
bezeichnet, ist typisch für den Aufbau der "modernen"
Adelsherrschaft
im 11. und dann besonders im 12. Jahrhundert. Die
SALIER aber haben,
wie sich damit abzeichnet, diese Art der
Herrschaftsbildung und - politik schon viel früher, gegen Ende des
10. Jahrhunderts, angewandt. Dieser Gesichtspunkt ist für die
Beurteilung
des salischen
Hausverständnisses
wichtig, denn er macht uns darauf aufmerksam, dass mit Otto "von Worms"
ein stärkerer Zug zu einer "eigenständigen", vom König
oder
seinem Auftrag unabhängigen Herrschaftsstellung im SALIER-Haus
einsetzte. Dieses Bewußtsein von der aus eigener Wurzel
und aus
eigenem
Recht erwachsenen Bedeutung muß im "SALIER-Haus"
eine zunehmende Rolle gespielt haben, denn genau bis an diesen Punkt
hat
Wipo, wie geschildert, die
Genealogie der SALIER
in der männlichen Linie zurückgeführt.
Die neue Macht- und Herrschaftsposition des Otto "von
Worms" wurde schon in seiner Zeit berücksichtigt und
führte
dazu, dass er den Titel "Herzog"
(dux) vom Königshof auch für
die Zeit zugebilligt bekam, in der er gar kein Herzogtum besaß.
Wie
die Forschung längst herausgestellt hat (Hans Werle), beruhte
dieses
"Titular-Herzogtum", das früheste in der deutschen Geschichte, auf
der immer mächtiger werdenden Adels- und
Großgrafen-Herrschaft
mit dem Herrschaftsmittelpunkt Worms. Die Bezeichnung Wormatiensis
dux
Francorum umschreibt diesen Sachverhalt recht gut, denn es gab zu
dieser
Zeit kein Herzogtum der Franken mehr, so dass wir also übersetzen
müßten: "fränkischer Herzog von Worms". Worms war
gewissermaßen
Geschlechtsbezeichnung geworden. Dux gibt den Rang der Familie im
Reichsgefüge
an. Francorum könnte
zwar als Reminiszens an das ehemalige
Herzogtum
Franken zu verstehen sein, hat aber sicherlich eher die
Stammes-Zugehörigkeit
der SALIER
gemeint, denn ihr "Herzogtum"
bezog sich um die Jahrtausendwende allein auf den - in neuartiger Weise
zusammengefügten - salischen Herrschaftsbereich.
Es war ein Herzogsrang gleichsam "aus eigener Kraft" entstanden, den
auch
das Königtum schließlich anerkennen mußte. Auch im
Inneren
seiner Herrschaft setzte Otto
"von Worms" diese Stellung um, denn
ganz offensichtlich hat er - wie der Herzog von Bayern zu dieser Zeit -
in seinen mittelrheinischen Grafschaften Grafen, unter anderem
EMICHONEN,
die späteren Grafen von
Leiningen, eingesetzt. Diese sollte man
nicht,
wie in der Geschichtsforschung mitunter zu finden ist, als
"Untergrafen"
bezeichnen, denn sie waren durchaus einem "Herzog" zugeordnet und
standen
in lehnrechtlichem Verhältnis zu ihm.
Diese besondere Ausprägung der salischen
Adels- und "Herzogs"-Herrschaft und des salischen
Herrschaftsbewußtseins
muß man auch für die weitere Entwicklung dieses Hauses und
ebenso
für die spätere salisch-königliche
Herrschaftsführung im Auge behalten. Es wird kaum ohne Bedeutung
für
das Selbstverständnis Konrads des
Älteren,
des ersten salischen
Königs also,
gewesen sein, dass sein Vater, Heinrich,
der älteste Sohn des
Otto "von Worms" war. Heinrich "von Worms"
hätte die
Führung des Hauses zu übernehmen gehabt, und seine Ehe mit
Adelheid,
deren Ahnen nach Wipo dem merowingischen
Königs-Haus entstammten,
entsprach dieser Rolle. Aber Heinrich
starb vor seinem Vater, wahrscheinlich 990/91, jedenfalls vor dem Jahr
1000, so dass das "Seniorat" an seinen jüngeren Bruder Konrad
überging.
Im salischen Haus zu Worms hat das
zu Beginn des 11. Jahrhunderts offenbar zu erheblichen Spannungen
geführt,
weil der junge, heranwachsende Sohn Heinrichs, ebenfalls mit dem
Namen Konrad - also der spätere
KONRAD II. -, gegen diese
Zurückstufung
seiner Linie aufbegehrte. Für den Wormser Bischof Burchard
(1000-1025)
ergab sich daraus jedenfalls die Gelegenheit, den kleinen, etwa 11- bis
12-jährigen Konrad unter seinen
Schutz zu ziehen und die Einheit des salischen
Hauses
etwas aufzubrechen.
In dieser Situation griff der neue König
HEINRICH II. (1002-1024) ein, der vom ersten Tag seines
Königtums
an das Programm einer ungewöhnlich intensiven und auch das gesamte
Reich erfassende Herrschaftsführung umzusetzen begann. Politisch
wie
auch "ideologisch" strebte er kraftvoll nach Monopolisierung der
Königsgewalt
und nach möglichst vollständiger Durchdringung des Reiches
mit
dem königlichen Hoheitsanspruch. Die christliche Herrscheridee,
die
ihn als vicarius und als typus Christ erscheinen ließ, hat er mit
besonderem Nachdruck und aus vollster Überzeugung heraus als
Legitimationsgrundlage
für seine Handlungsweise eingesetzt. Er beanspruchte die
ungeteilte
und ungeschmälerte Königsgewalt im ganzen Reich (sine aliqua
divisione, D H II. 34). Das gedanklich schon unter OTTO
DEM GROSSEN entwickelte - und in der Mainzer
Krönungsliturgie
von ca. 960 auch schon voll ausformulierte - Programm des
göttlichen
Auftrags und des göttlichen Willens für die königliche
Amtsführung
suchte er erstmals konsequent im gesamten Reich und gegenüber
allen
geistlichen und weltlichen Machtträgern durchzusetzen. Dies
bedeutete
in der Geschichte des "deutschen" Königtums erstmals einen
stärkeren
Zug zu einer auf die Königsgewalt zulaufenden Hierarchisierung in
der Reichsverfassung. Dabei hat eine "Verfassung" zu dieser Zeit
natürlich
noch nicht im modernen Sinne existiert und war auch nicht schriftlich
festgelegt,
sondern ist als "Regelsystem" im Zusammenwirken - oder
Gegeneinanderwirken
- verschiedener Kräfte im Machtgefüge des Reiches zu
verstehen.
Es kann nicht überraschen, dass sich dieser - im
12. Jahrhundert heiliggesprochene - Herrscher mit einem derartigen
Herrschaftsanspruch
sofort gegen die Ansätze der eigenständigen
Machtbegründung,
wie sei in besonderer Weise und ungewöhnlich früh im salischen
Adels-Haus
hervortreten, vehemet zur Wehr setzte. Dem Adels-Haus der SALIER
sollte vor allem der Herrschaftsmittelpunkt, gewissermaßen das
"Kraftzentrum"
unabhängiger Herrschaft - gemeint ist Worms -, genommen werden.
Dass
sich der König auf den dortigen Bischof
Burchard als
Verbündeten
stützen konnte, ist selbstverständlich, aber dass er Otto
"von Worms" tatsächlich dazu bewegen konnte, im Oktober
1002 auf
die salische
Besitzungen und auf die
SALIER-Burg
in Worms zu verzichten, ist doch überraschend. Über die
Gründe
kann man nur spekulieren; es wäre denkbar, dass der zwei Jahre
darauf
gestorbene Otto einfach
nicht mehr genügend Widerstandskraft
aufbrachte. Aber es ist auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass
der
SALIER
als Ersatz vom König den bedeutenden Königshof Bruchsal mit
seinen
außerordentlich umfangreichen Besitzungen und den
Königsforst
Lußhardt bekam. Vom materiellen Wert her gesehen, war dies
sicher
ein Vielfaches von dem, was man in Worms abgab, so dass der weitgehende
Verlust des alten Herrschaftsmittelpunktes als erträglich
erscheinen
mochte. Vielleicht wurde Otto
"von Worms"
sogar in Bruchsal bestattet,
was den Versuch einer neuen Mittelpunktsbildung andeuten würde.
Trotz dieses Erfolges HEINRICHS
II. blieben die SALIER dessen
ganze Herrschaftszeit hindurch im Grunde Gegner seiner
Herrschaftskonzeption.
Sie fügten sich nicht und richteten ihre Politik nach den
Interessen
ihres Hauses aus. Ständige Auseinandersetzungen und
größtes
Mißtrauen von seiten des Königs waren die Folge. Diese Zeit,
in der Konrad der Ältere nach
dem frühen Tod seines Onkels, Herzog
Konrads von Kärnten
(1011), die Sorge für dessen kleinen Sohn, Konrad den
Jüngeren,
und für das salische
Gesamt-Haus
übernahm, hat sich im salischen
Verständnis
als Zeit der Demütigung, gleichsam als Prüfung durch Gott
niedergeschlagen.
So jedenfalls wird sie in den von Wipo
verfaßten "Taten Kaiser
Konrads
II." interpretiert. Diese Beobachtung ist nicht unwichtig, denn sie
bestätigt
erneut, dass das hohe Selbstbewußtsein und das bemerkenswerte
Haus-
und Herrschaftsverständnis, wie wir es für
Konrad den Älteren bis zum Zeitpunkt seiner Königswahl
nunmehr umschrieben und von den Voraussetzungen her skizziert haben,
nicht
im geringsten auf eine Verbindung mit dem Königtum seines
Vorgängers
ausgerichtet war. Das erklärt auch, weshalb in der salischen
Königs-Dynastie
dann die aus dem ottonischen
Königs-Haus
übernommenen Namen, Otto
und Brun, wieder
völlig getilgt
wurden.
Der neue Leitname Heinrich wurde dagegen schon
als salischer
Name empfunden und vom Vater des ersten
salischen
Königs,
Heinrich "von Worms",
abgeleitet.
Von erheblicher Bedeutung für das
Selbstverständnis
Konrads des Älteren dürfte
demgegenüber seine Heirat
mit
Gisela
im Jahre 1016 gewesen sein.
Sie war die Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben, der
1002 als
ernsthafter
Gegner HEINRICHS II. aufgetreten war.
Man muß sogar davon ausgehen, dass Hermann bei einer
"regulären
Wahl" möglicherweise die besseren Chancen gehabt hätte, aber
dem unbeugsamen Durchsetzungswillen HEINRICHS
II. war er nicht gewachsen. Dennoch durfte er sich für
eine gewisse Zeit, zumindest bis zu seiner Unterwerfung, als König
betrachten, so dass in seinem Haus das Bewußtsein
königlichen
Ranges entwickelt werden konnte. Giselas
Mutter aber war Gerberga, die Tochter
König
Konrads von Burgund (937-993),
dessen Ahnen, wie Wipo
nicht zu Unrecht vermerkte, "aus dem Geschlecht
KARLS
DES GROSSEN hervorgegangen sind".
Konrad der Ältere war also
gewissermaßen mit einer
Königs-Tochter
verheiratet, die ihm nicht nur wichtige konradinische Besitzungen in
Schwaben
einbrachte, sondern auch die Bedeutung des eigenen Ranges erhöhen
konnte. Welcher Einfluß von Gisela
in diesem Sinne auf Konrad den Älteren
ausgegangen
ist, ist kaum näher zu bestimmen, aber wenn man die wichtige Rolle
Giselas
in der Königszeit
KONRADS bedenkt,
wird man ihn nicht zu gering veranschlagen dürfen.