Winkelmann Eduard: Band I Seite 380,381
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"Kaiser Friedrich II."

Nach der Heimkehr jedoch erwuchsen ihm Schwierigkeiten ungeahnter Art. Seine Schwester Jutta hatte schon im Frühling, während Ludwigs letztem Aufenthalts in Meißen, deutlich erkennen lassen, daß ihr sein Regiment unbequem wurde, und um es abzuschütteln, schien ihr und ihren Freunden eine zweite Heirat das geeignetste Mittel. Als Gatten erwählte sie sich Ludwigs bisherigen Freund, den im Jahr 1220 verwitweten Grafen Poppo von Henneberg, welcher heimlich herbeigerufen wurde und in den ersten Tagen des Jahres 1223 in der Thomaskirche zu Leipzig ihr Ehegelöbnis empfing. Bald kam es zu offenen Feindseligkeiten. Ohne Wissen Ludwigs legte Jutta eine Besatzung in die Leipziger Frohnfeste; Ludwig aber erzwang auf den Hilferuf der Bürger ihre Übergabe und zerstörte die Feste. Wie hier, so hielten auch sonst die Bürgerschaften des meißnischen Landes an dem Landgrafen als ihrem rechtmäßigen Regenten fest, während Jutta und ihr Gemahl mehr unter dem Adel und den Dienstleuten Anhänger fanden, mit deren Hilfe sie eine Anzahl fester Plätze besetzen konnten. Doch einer nach dem anderen wurde vom Landgrafen, der wiederholt mit Heeresmacht von Thüringen heranrückte, eingenommen und als im Juli auch Groitzsch und Rochlitz fielen, war er wieder Herr im Lande, aus welchem Poppo und Jutta als Flüchtlinge entwichen waren. Ihren Sohn brachte sie in Sicherheit nach Österreich, an dessen Herzog sie gleichzeitig ihr Witwengut in Meißen um 12.000 Mark Silbers verkaufte. Es sollte zur Ausstattung seiner eigenen Tochter Konstanze dienen, mit welcher Heinrich trotz seiner jungen Jahre verlobt wurde oder schon verlobt war [Obwohl Juttas Flucht und ihr Abkommen mit Leopold von Österreich nur in Ann. Pegav. p. 270 berichtet werden, sehe ich keinen Grund, sie zu bezweifeln.].
Wollte Jutta durch dieses Geschäft Mittel gewinnen zur Wiederaufnahme des Kampfes, so ist solche doch unterblieben. Am 20. Juli erschien nämlich Herzog Otto von Meran beim Landgrafen in Neuenburg (oder Freiburg): er war zugleich Oheim der Landgräfin und Vetter des HENNEBERGERS, also ein vorzüglich geeigneter Vermittler. Seinem Zureden gelang es, die Zwietracht zu stillen; aber davon konnte keine Rede sein, daß Ludwig die siegreich behauptete vormundschaftliche Regierung und mit dieser die Möglichkeit seiner eigenen Nachfolge in Meißen wieder aus der Hand gab.