NITRA
Lexikon des Mittelalters:
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Nitra (Nitrahwa, Nitrava, Nitria, Neutra)
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Stadt in der Slowakei.
Älteste slavische Siedlungen und Gräberfelder stammen vom
Ende des 5. und aus dem 6. Jh. (Keramik des Prager Typs). Ein
Körpergräberfeld in Horné Krskany und Funde aus dem
Stadtzentrum belegen Besiedlung im 8. Jh.; ein Burgwall stand Ende
des 8. Jh. auf dem Martinsberg. Anfang des 9. Jh. entwickelte
sich Nitra zum Zentrum eines Fürstentums. Fürst Privina ließ in
Nitra 828 eine erste christliche Kirche durch Erzbischof Adalram von Salzburg weihen, bevor er von dem großmährischen Fürsten Mojmír I. vertrieben wurde. Zur Zeit Fürst Svatopluks und Erzbischof Methods (Konstantin und Method) wurde Nitra Bischofssitz
(Wiching), 899 Diözesansitz. Der Burgwall auf dem Martinsberg
umfaßte 20 ha, befestigt mit Palisade, Wall und Graben. An der
Stelle einer in das 9. Jh. datierten Steinkirche wurde im
11. Jh. eine kleine romanische Kirche errichtet. Durch die
unbefestigte Vorburg (60 ha) führte ein Steinweg, an dem
gassenartig Werkstätten angeordnet waren (Marktsiedlung); daneben
gab es Verhüttungseinrichtungen und eine bäuerliche Siedlung.
Im heutigen Stadtzentrum entstand im 9. Jh. ein zweiter zentraler
Burgwall (13 ha - im Burgareal Siedlungsspuren und
Körpergräber mit Waffen und vergoldetem Schmuck). Am
Fuß von drei weiteren Burgwällen (Zobor, Lupka, Borina), die
militärische Bedeutung hatten und als Zufluchtsstätten
dienten, lagen Töpferöfen und Glashütten (sowie am
Zoborhang ein mit den sog. Zoborurkk. [1111,1113] verbundenes
Benediktinerkloster). Slavische Siedlungen und Gräberfelder aus
dem 9. Jh. konnten im Gebiet von Nitra an mehr als 50
verschiedenen Fundstellen nachgewiesen werden. In
großmährischer Zeit entstand also hier eine städtische
Siedlungsagglomeration mit ausgeprägter nichtagrarischer
Produktion und bäuerlichem Hinterland: ein politisches und
kulturelles Zentrum des östlichen Großmährens. Nach
dessen Untergang lag Nitra im Spannungsfeld zwischen PREMYSLIDEN, PIASTEN und ARPADEN,
wurde Anfang des 11. Jh. Sitz des ungarischen Grenzherzogtums,
Ende des 11. Jh. Königssitz, seit dem 13. Jh. Zentrum
eines Komitats. Mittelpunkt von Herrschaft und Administration wurde die
obere Stadt mit einer romanisch/gotischen Burg. Zahlreiche Siedlungen
und Gräberfelder um fünf romanische Kirchen bezeugen die
Entfaltung des mittelalterlichen Nitra, einem Kreuzungspunkt mehrerer
Handelsstraßen, in dem Handwerk und Weinbau dominierten. Béla IV. verlieh
1248 die Privilegien einer freien königlichen Stadt; doch schenkte Ladislaus IV.
1288 Burg und Stadt dem Bischof von Nitra.
B. Chropovský