Begraben: Reichenau
Ältester Sohn des hochedlen fränkischen Grafen
Gerold und der Imma, Tochter des alemannischen Herzogs Hnabi
(Nebi); Bruder der Königin Hildegard und
des Herzogs Udalrich
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1350
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Gerold I. fränkischer Graf, Präfekt in Bayern
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+ 1. September 799
Begraben: Reichenau
Schwager KARLS DES GROSSEN, entstammte väterlicherseits einer bedeutenden mittelrheinischen Reichsaristokratenfamilie (GEROLDINGER), in der offenbar der AGILOLFINGER-Name Gerold (= Garibald) ein Leitname war. Gerold war spätestens seit 786 Graf in der alamannischen Bertoldsbaar; große Schenkungen Gerolds an das Kloster Reichenau belegen beachtlichen Besitz an oberer Donau und Neckar. Er beteiligte sich maßgeblich an zahlreichen Feldzügen KARLS DES GROSSEN (gegen Sachsen, Slaven und Avaren, sehr wahrscheinlich auch am Zug KARLS gegen die Langobarden, 773-774). Wegen seiner militärischen Fähigkeiten und Tapferkeit wurde er als signifer (Fahnenträger) KARLS bezeichnet. Nach der Absetzung Tassilos III. (788) erhielt Gerold spätestens 791 das Amt des Präfekten in Bayern, das heißt des königlichen Statthalters über das der Reichsgewalt zugeführte bisher agilolfingische Herzogtum. Dabei dürfte auch seine zumindest weitläufige Verwandtschaft mit den AGILOLFINGERN eine Rolle gespielt haben. Da die Quellen über bayerische Unruhen schweigen (abgesehen von einem Aufstand des Königssohnes Pippin 792), gewinnt man den Eindruck, dass Gerold die schwierige Aufgabe, zu der auch die wiederholte Durchführung von Feldzügen gegen die Avaren gehörte, gut gemeistert hat. 798 fungierte er in Karantanien, als er mit Erzbischof Arn von Salzburg den (Missions-)Bischof Deoderich in seinen Sprengel nördlich der Drau einführte. Gerold fiel im Kampf gegen die Avaren schon vor der Entscheidungsschlacht. Im Kloster Reichenau blieb sein Andenken - märtyrerhaft gesteigert - besonders lebendig.
Literatur:
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NDB VI, 315 - M. Mitterauer, Karolingische Mgf.en im SO, 1963, 8ff.
- W. Störmer, Früher Adel, 1973, 218ff.
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Bosl`s Bayerische Biographie Seite 253
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Gerold, Graf, Präfekt in Bayern
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+ 1.9.799
in Pannonien
Begraben: Kloster Reichenau
Wahrscheinlich aus einem Geschlecht aus dem westlichen Raum des Frankenreiches stammend, das auch besonders im oberen Neckar-Donau-Gebiet begütert war. Verwandt sowohl mit den KAROLINGERN als auch mit den AGILOLFINGERN (der alemannischen Linie), wurde er nach dem Sturz Tassilos III. von KARL DEM GROSSEN als Präfekt (Statthalter) in Bayern eingesetzt. Gefallen im Kampf gegen die Awaren.
Literatur:
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NDB 6; Mitterauer, Karolingische Markgrafen im Südosten in: Arch.
F. österr. Gesch. 123, 1963.
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Geschickte Heiratspolitik ließ Gerolds
Vater, der fränkischer Herkunft war, beträchtliche Machtpositionen
im Raume zwischen Worms und Oppenheim, Heidelberg und Bruchsal, also in
Rheinnähe, aber besonders auch in Alemannien ausbauen. Seine Gemahlin,
die Mutter des Präfekten, entstammte dem alemannischen Herzogshaus,
womit auch agilolfingische Verwandtschaft gegeben war und damit eine gewisse
Legitimierung Gerolds in Bayern vorhanden
war.
Gerold, mit den AGILOLFINGERN verwandt,
fungierte 791 als königlicher Missus bei einer für die bayerische
Adelsgeschichte sehr wichtigen Gerichtsverhandlung. Er wurde 796 von seinem
Schwager KARL DEM GROSSEN mit der Verwaltung
des Nordteiles des Awarenreiches betraut. Er hatte im Traungau mindestens
feste Stützpunkte, wenn nicht auch größeren Besitz und
Amtsgut. Er ließ sich 799 von Bischof Waltrich, der offenbar ebenfalls
karolingische Beziehungen hatte, die
capella St. Martin in der Burg zu Linz als Lehen gegen einen jährlichen
Zins übergeben. Vielleich hat damals Wels seine führende Rolle
im Traungau an Linz verloren. Gerold waltete
auch im 3. Zentrum des Traungaugebietes seines Amtes, nämlich in Lorsch
an der Enns.
Graf Gerold begleitete KARL
DEN GROSSEN auf zahlreichen Feldzügen gegen Sachsen, Slawen
und Awaren, wahrscheinlich auch gegen die Sarazenen. Er wurde in den Quellen
wiederholt als signifer, das heißt Fahnenträger KARLS,
bezeichnet und zählte gleichzeitig zu den tüchtigsten Feldherren
und Ratgebern des Kaisers und wurde von den Zeitgenossen als hervorragende
Persönlichkeit gewertet. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass Gerold
ein Vorfahre der mächtigen ARIBONEN-Sippe ist.
Nach Gerolds Schlachtentod gegen
die Awaren, der noch einmal das gesamtbayerische Herrschaftsgebiet, also
auch den Osten fest in seiner Hand hatte, wurde das Markgrafengebiet von
der Verwaltung Bayerns getrennt, das heißt also unmittelbar der Krone
unterstellt.
Seine Familie trat unter Ludwig dem Deutschen
völlig zurück.
Rudolf Schieffer:
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"Die Karolinger"
Nach der Absetzung Tassilos III. von Bayern nahm KARL bereits im Herbst 788 die agilolfingische Hauptresidenz Regensburg in Besitz und übertrug die weitere Integration des bayrischen Stammesgebiets, das als rechtliche und kirchliche Einheit erhalten blieb, seinem Schwager Gerold, dem Bruder der verstorbenen Königin Hildegard, der durch seine Abkunft vom alten alemannischen Herzogshaus und dessen Versippung mit den AGILOLFINGERN selbst in kennzeichnender Weise den neuen Reichsadel repräsentierte.
Michael Mitterauer: Seite 8-13
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"Karolingische Markgrafen im Südosten"
Gerold, Präfekt von Bayern,
Bruder der Königin Hildegard,
war einer der mächtigsten Paladine KARLS
DES GROSSEN. Er überragte an persönlichem Format und
trotz seiner kurzen Amtstätigkeit auch an Nachhaltigkeit seines Wirkens
seine Nachfolger bei weitem.
Schon 786 war Gerold als Graf in
der Westbaar nachzuweisen. 790 ist er hier neuerlich bezeugt. Aus seinen
großen Schenkungen an die Klöster Reichenau und St. Gallen läßt
sich sein reicher Besitz in Schwaben rekonstruieren. Er konzentrierte sich
vor allem im altbesiedelten Gebiet an der oberen Donau und am Neckar und
erstreckte sich von Tuttlingen über Signaringen in die Westbaar, nach
Norden bis über das Neckarknie bei Horb und griff auch teilweise in
das Gebiet westlich des Neckar um die Königshöfe Rottweil und
Oberndorf über.
Gerolds Stellung in Alemannien
dürfte weitgehend aus seiner Verwandtschaft mit König
KARL zu erklären sein, wie überhaupt die Heirat seiner
Schwester Hildegard für den Aufstieg
der Familie von entscheidender Bedeutung war. Seit Hildegards
Heirat dürfte sich Gerold häufig
in der Umgebung des Königs aufgehalten haben. Ziemlich sicher ist
es, dass er sich am Italienzug der Jahre 773/74 beteiligte, der zur Unterwerfung
des Langobardenreiches führte. Wahrscheinlich war er unter jenen Großen,
die zu Ostern 774 mit dem König in Rom weilten.
Nach dem langobardischen Krieg begleitete Gerold
seinen Herrn noch auf zahlreichen anderen Feldzügen. Es wird berichtet,
dass er für ihn gegen Sachsen, Slawen und Avaren gekämpft habe.
Dass er auch die Heerfahrt nach Spanien mitmachte, wird zwar nicht ausdrücklich
berichtet, ist jedoch sehr wahrscheinlich, da er damals noch nicht durch
eine Amtstätigkeit gebunden war. Die Grafschaft in der Westbaar übernahm
er wohl erst nach dem 2. Sachsenkrieg. Ob er die ihm zugeschriebene Gründung
der Marienkapelle in Paderborn damals vollzog oder erst zur Zeit des 3.
Sachsenkrieges, läßt sich nicht entscheiden. Auf einem dieser
Feldzüge machte KARL seinen Schwager
wegen seiner außerordentlichen Tapferkeit zum Fahnenträger.
Gerold wird in den Quellen wiederholt
als signifer bezeichnet. Die Nachricht von seinen Kämpfen gegen die
Slawen bezieht sich wohl auf die Unterwerfung der Wilzen im Jahre 789.
Spätestens 791 wurde Gerold die
Oberleitung über das wieder unter die Reichsgewalt zurückgeführte
Bayern übertragen. In seiner neuen Funktion führte er den Titel
eines Praefectus Baioariae. Dass ihm zugleich auch das den Avaren abgenommene
Land unterstellt wurde, beweist seine Amtstätigkeit in Lorch. Beim
1. Feldzug gegen die Avaren ist allerdings Gerolds
Teilnahme nicht nachweisbar. Für den 2. von 796 wird sie
zwar auch nicht ausdrücklich berichtet, doch steht sie zu diesem Zeitpunkt
ganz außer Zweifel. 797 führte Gerold
zusammen mit Erzbischof Arn den neugeweihten Bischof Deoderich
in seinen ihm zugewiesenen Sprengel nördlich der Drau ein. 2 Jahre
später erbat er sich vom Passauer Bischof eine Kapelle zu Lehen. Gegen
Zahlung von Zins verlieh ihm Bischof Waltrich auf Lebenszeit die berühmte
Martinskirche in der Burg von Linz, die älteste heute noch aufrecht
stehende Kirche im österreichischen Raum. Noch im gleichen Jahr fiel
Gerold auf einem neuerlichen Feldzug
gegen die Avaren. Vor Beginn der entscheidenden Schlacht wurde er mit 2
seiner Begleiter getötet. Der Tod des Schwagers traf KARL
schwer. Gerold war ihm ja nicht nur
verwandtschaftlich verbunden, sondern zählte auch zu seinen tüchtigsten
Feldherren und Ratgebern. Das übereinstimmende Urteil der Zeitgenossen
läßt Gerold als eine in
Charakter und Leistung hervorragende Persönlichkeit erscheinen. Wegen
seiner Kämpfe gegen heidnische Völker wurde er als Verteidiger
der Kirche gefeiert, sein Tod im Avarenkrieg verlieh ihm den Ruhm des Märtyrers.
Auch im Volke muß er sehr bekannt gewesen sein, so dass seine Gestalt
sogar in der Sage Eingang fand.
Seine letzte Ruhestätte fand Gerold in
dem von ihm geförderten Kloster Reichenau. Hier war sein Andenken
besonders lebendig. Ihm und seiner königlichen Schwester hatten es
die Mönche ja in erster Linie zu danken, dass ihnen Immunität
und freie Abtswahl zugestanden worden war.
Michael Borgolte
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"Die Grafen Alemanniens"
GEROLD (II)
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belegt als Graf 785/86/88/89 IV 11,
Bereich der Bertoldsbaar 786 V 3, ?790 I 24,
belegt als Verstorbener + 799 IX 1
Belege mit comes-Titel:
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DD KdGr Nrn. 231f., W I Nrn. 108 (= ChLA I Nr. 107),124 (= ChLA 11
Nr. 109), Heitonis Visio Wettini 268,274, Visio Wettini Walahfridi 329f.,
Necrologium Augiae Divitis 279 ad 1.9. mit Note g), Necrologium monasterii
sancti Galli 480 ad 1.9. (= St. Galler Todtenbuch 51), D KdGr Nr.281, Ratperti
casus s. Galli 15 c.8 (= MGH SS II 64 c.3), ? W I Nr. 107 (= ChLA II Nr.
112), ? Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau 114D1
Belege ohne comes-Titel:
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Chronik des Gallus Öhem I8 (mit dem Titel graff oder hertzog),
39 (mit dem Titel grav), 44 (mit dem Titel graff), D HIV Nr. 153, Poetae
latini II 426 Nr. 3, Poetae latini I 114 Nr. 10, Necrologium monasterii
sancti Galli 480 ad 1.9. (= St. Galler Todtenbuch 26), St. Galler Gedenkbuch
pag. 8 (= PIPER, Libri Confrat. 20 col. 32, 3), ? CL II Nr. 1974
Literatur:
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STÄLIN, Geschichte I 246f.,329,393 A. 3 - MEYER VON KNONAU, Die
angeseheneren Urheber 229f. - BAUMANN, Gaugrafschaften 5,12,14 f.,136f.
- ABEL-SIMSON, Jb. Karl der Große I 105,442,643, II 100,139,189-194
- WELLER, Die Besiedlung 348 mit A. 3 - MANSER-BEYERLE, Aus dem liturgischen
Leben der Reichenau 331f. - BEYER-LE, F., Grundherrschaft 459,465,471-476
- BEYFRLE, K., Von der Gründung 62,67-69,134 f. - DERS., Verbrüderungsbuch
1115 - BAUER, Gau und Grafschaft 58-6o,94 - TELLENBACH, Königtum und
Stämme 51 Nr. 28a - BADER, Zum Problem 430f. - ROSS, Two Negtecced
Paladins - JÄHNICHEN, Baar und Huntari 96-107, Tafel: " Die Grafen
der Baaren" im Anhang - DIENEMANN-DIETRICH, Der fränkische Adel 182-192
- SCHMID, Familie, Sippe und Geschlecht 10f. - SPRANDEL, Kloster St. Gallen
41-43 - MITTERAUER, Markgrafen 2,7-16,19,57,82,98 - UFFELMANN, Regnum Baiern
15,17,76 - DEER, Untergang des Awarenreiches 725 - GANSHOF, Charlemagne
et les institutions 375f. - WERNER, Adelsfamilien 111f. - FLECKENSTEIN,
Karl der Große und sein Hof 34 - REINDEL, Bayern im Karolingerreich
226,228, 230,234 - BOSL, Franken 138f. - REINDEL, Handbuch der bayerischen
Geschichte I 251,254 - PRINZ, Handbuch der bayerischen Geschichte I 365
- STRÖMER, Früher Adel I 218, 220f.,225, II 338f. - DERS., Adelsgruppen
54f. - SCHULZE, Grafschaftsverfassung 80f.,116,162,204 A. 194 - MAYR, Studien
30-34 - BERGES, "Gründung der Hildesheimer Kirche" 88,93 - CZARNETZKI,
Skelettreste 567 - SCHMID, Zur historischen Bestimmung 513 - WENSKUS, Sächsischer
Stammesadel 474 - RAPPMANN, Studien 46-48 - BALZER, Paderborn 48-50 - WOLFRAM,
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 109f. - BORGOLTE, Geschichte der
Grafschaften Alemanniens, Kap. V.3 - RAPPMANN, Die älteren necrologischen
Aufzeichnungen
Am 3. Mai 786 übertrug Graf Gerold an
St. Gallen in pago, qui uocatur Perihtilinpara, Güter, die sich zwischen
Seedorf im Westen, Betra im Norden, Hechingen im Osten und Deilingen im
Süden erstreckten (W I Nr. 108; vgl. die Karte bei BORGOLTE, Das Königtum
am oberen Neckar). Während er sich zu einem jährlichen Zins von
20 solidi verpflichtete und das Recht zum Rückkauf mit 3 Wergeldern
vorbehielt, sollten die Güter nach seinem Tod endgültig an das
Kloster fallen; weder seinem Kind noch seinem Bruder noch einem seiner
Erben oder Nacherben räumte er das Recht ein, die Tradita wie er gegen
Zins zu behalten oder wiederzuerwerben. Die in Nagold ausgestellte Urkunde
ist außer von Gerold selbst von
Bischof Egino, Imma genetrix, also der Mutter des Tradenten, dem Grafen
PIRIHTILO und dem iudex Arnolt unterzeichnet. Die carta schließt
mit der Wendung sub ipso Gerolto comite; der Eschatokollvermerk steht wohl
auf Rasur, doch wurde er anscheinend vom Schreiber der Urkunde gleichzeitig
mit dem Kontext eingetragen (s. ChLA I 134 Note h und Facsimile ebd. 135).
Wenige Jahre darauf, vielleicht am 24. Januar 790, wurde Geraldus comes
in einer weiteren St. Galler Urkunde als Zeuge und in der Grafenformel
genannt, als Cozbertus in Perathtoltipara schenkte (W I Nr. 124); der Güterort
Priorberg lag etwas westlich von Betra. Unsicher ist, ob schon Gerold
oder noch sein Vater GEROLD
(I) in einer Lorscher Traditionsnotiz von 779/783 gemeint war (CL
III Nr. 3637). Nach der Urkunde lagen Glatten (Karte bei BORGOLTE, Kommentar:
17) und Dornstetten (16) in Waltgouue in comitatu Geroldi
(zum Beleg s. Art. GEROLD I).
BAUMANN hat den Gerold-Beleg von
786 nicht auf die Tradita, sondern auf den Actumort Nagold bezogen und
Gerold deshalb als Graf im Nagoldgau gekennzeichnet; als zuständigen
Grafen im Bereich der Güter Gerolds
sah er den als Zeugen genannten Pirihtilo an (Gaugrafschaften 12,14,136f.;
danach WELLER, JÄNICHEN). Diese Auffassung, die im Zusammenhang mit
BAUMANNS Versuch entstanden ist, die Identität von Baar und Grafschaft
zu erweisen (s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 136),
ist nicht akzeptabel. Es gibt methodisch keine Rechtfertigung für
die Annahme, dass im Falle der St. Galler Urkunde 108 der Grafenvermerk
abweichend von der allgemeinen Praxis auf den Actumort, und nicht auf die
Güterorte bezogen werden müßte (vgl. BAUER 58, SCHULZE
80f.). Der Nagoldgau läßt sich auch nicht als eigene Grafschaft
erweisen (vgl. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap.
V.3). Gerold muß vielmehr für
Mai 786 als Graf über zahlreiche Orte mit eigenem Besitz im Norden
der Bertoldsbaar angesehen werden. Seine Grafenstellung stützte sich
neben dem Allodialgut, das über seinen Vater wohl auf herzogliche
Besitzungen zurückgehen dürfte, zweifellos auf die Gunst KARLS
DES GROSSEN, der sein Schwager war. Im Bereich seiner Güter
konkurrierte Gerold allerdings offenbar mit PIRIHTILO, nach dem die Pirihtilinsbaar
benannt war. Pirihtilo stand wahrscheinlich in Verbindung mit WARIN und
RUTHARD, den Repräsentanten einer "harten" Alemannienpolitik, und
gründete seine Grafengewalt auf konfisziertes Königsgut.
Abgesehen von der St. Galler Urkunde von 786 erscheint ein Graf
Gerold noch in 2 weiteren Quellen neben dem Grafen Pirihtilo;
mit ihm war jeweils eher der jüngere als der ältere Gerold gemeint.
Eine in St. Gallen ausgestellte Schenkungsurkunde vom 11.4.785,786,788
oder 789 über Güter in Seitingen in pago Bertoldesbara haben
die Grafen Chrodharius, Geroldus, Birtilo
und Bertoldus signiert (W I Nr. 107). Der 2., 3. und 4. Grafenname erscheint
auch in einem Anlageeintrag der NOMINA DEFUNCTORUM QUI PRESENS COENOBIUM
SUA LARGITATE FUNDAUERUNT im Reichenauer Verbrüderungsbuch (114D1).
Offensichtlich sind Gerold, Birtilo
und Bertold in beiden Quellen identisch gewesen. Das Ausstellungsdatum
der St. Galler Urkunde und die Namen der Grafen RUACHAR (I, II) und BERTOLD
(II) deuten, wenn auch nicht sehr entschieden, eher auf Gerold hin. Wichtiger
ist, dass im Verbrüderungsbucheintrag auf Cerolt als weiterer Name
Odalrich comis folgt, da Gerold einen
gräflichen Bruder UDALRICH (I) hatte.
Neben St. Gallen hat Gerold auch
die Abtei Reichenau materiell gefördert (vgl. noch D HIV Nr. 153 von
?1065 V 31). Gallus Öhem überliefert in seiner Chronik (18),
dass Geroldus, graff oder hertzog,
dem Inselkloster Güter in 25 Orten der Baar vermacht habe. Es handelt
sich um Tuttlingen (Karte bei BORGOLTE, Kommentar: L 12), Nendingen (L
12), Stetten (M 11, so JÄHNICHEN 102f., dagegen BRANDI in der Edition,
danach BEYERLE, Grundherrschaft 473 - Stetten a. k. Markt, N 10), Mühlheim
a. d. Donau (M 11), Irrendorf (M 11), Trossingen (K 11), Dietfurt (nach
BEYERLE 475 und JÄNICHEN 103 abgeg. auf der Gemeinde Isenburg bei
Horb: im Planquadrat K 7, nach BRADI Dietfurth bei Sigmaringen: O 11),
Nordstetten (K 7), Buchhof (im Planquadrat K 7, so nach BRANDI auch BEYERLE
475 und JÄNICHEN 103), Dettensee (K 7, nach BRANDI auch BEYERLE 475
und JÄNICHEN 103), Wiesenstetten (L 7, nach JÄNICHEN 103f., nach
BEYERLE 475f. dagegen Oberhaugstett: K 4), Bickelsberg (K 8), Endingen
(L 9, so JÄNICHEN 103f., dagegen nach BRANDI Eigeltingen: M 13), Zillhausen
(M 9), Weilheim, Waldstetten (= Weilstetten: LM 9), Burchingen oder Burladingen
uff der Schär (Buriadingen gilt als Deutung Öhems; JÄNICHEN
103 - abgeg. bei Ringingen, N 8), Mahlstetten (L 11, so BRANDI und BEYERLE
473, dagegen JÄNICHEN 103 f.), Giteringen (vgl. JÄNICHEN 103f.),
Ringingen (N 8), Wangen (P 12, so BRANDI und BEYERLE 459, anders JÄNICHEN
103f.), Azenweiler (im Planquadrat O 14, so BRANDI mit ?, anders JÄNICHEN
103f.), Fischingen (K 7), Bildechingen (K 6-7, so nach BRANDI BEYERLE 475
und JÄNICHEN 103) und Ahldorf (L 7).
Des großzügigen Mehrers des Klostergutes haben die Reichenauer,
aber auch Ratpert von St. Gallen, mehrfach gedacht. Bei Ratpert (15 c.
8) und Walahfrid Strabo (Visio Wettini 329 Z. 813f.) wird Gerold
dabei als Bruder der Königin Hildegart bezeichnet.
Das paßt zum signum der Imma genetrix in Gerolds
St. Galler Tradition von 786, da bei Thegan (Vita Hludowoci 590f. c. 2)
eine Imma als Mutter Hildegarts genannt
wird.
Ein Diplom KARLS DES GROSSEN für
Reichenau, in dem von Bertoldus comes de Bussen, filius Geroldi,
und von den Tradita Geroldi comitis
in Unlingen, Grüningen und Altheim (alle auf der Karte bei BORGOLTE,
Kommentar: Q 10) die Rede ist (D KdGr Nr. 281, danach Chronik des Gallus
Öhem 44), nimmt offenkundig auf Gerold Bezug.
Die Urkundenkritik hat das Schriftstück aber als Fälschung des
12. Jahrhunderts ohne echte Vorlage erkannt (BRANDI, Die Reichenauer Urkundenfälschungen
45, LECHNER, Urkundenfälschungen 40f., s. a. Art BERTOLD II), so dass
es als Quelle für Gerolds Leben
nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt für 2 andere für Reichenau
angefertigte Falsifikate (D DKdGr Nrn. 231f., danach Chronik des Gallus
Öhem 39; dazu: BRANDI 24,42,124-127; LECHNER 77,83ff.; RAPPMANN, Studien
47f.), in denen Gerold neben seiner Schwester Hildegart
als Intervenient genannt wird.
Ohne ausreichende Argumente hat man Gerold
als Geschäftspartner und Wohltäter auch der mittelrheinischen
Abtei Lorsch betrachtet; DIENEMANN-DIETRICH (187f., dagegen GOCKEL, Königshöfe
293 A. 719, vgl. MAYR 58f.) identifizierte ihn vermutungsweise mit einem
vir illuster Heroldus, der im Oktober 785 Besitz in der Mark von Münsingen
(Karte bei BORGOLTE, Kommentar: Q 7) gegen Klostergüter in Hayingen
(Q 9) eintauschte (CL III Nr. 3225). GLÖCKNER (CL III 157 Nr. 3614
A. 1) und neuerdings wieder SEILER, (Nördliches Württemberg 628)
hielten den Grafen auch für jenen ohne Titel genannten Geroldus,
der 794 in ducatu Francorum in Ditzingen Besitz verschenkte.
Neben Imma als Mutter, Gerold
(I) als Vater und die Königin Hildegart
als Schwester glaubt man, noch weitere Verwandte Gerolds
zu kennen. Zu Gerolds Geschwistern
zählte demnach UDALRICH (I) und Voto. Ein weiterer Bruder könnte
Megingoz/Meingoz gewesen
sein; ein Grundherr dieses Namens schenkte 784/95 aus dem Erbgut seines
Vaters Gerold
an Lorsch und gab 801, quidquid in basilica s. Lantberti germanus meus
Gerholt michi
dereliquit (CL II Nr. 1974; s. a. Art. GEROLD I).
Nichts Sicheres ist von der Nachkommenschaft Gerolds
bekannt (vgl. SCHMID, Familie, Sippe und Geschlecht 10f.). Walahfrid begründet
die ungewöhnlichen Gunsterweise des Grafen für die Augia Dives
mit der Feststellung: Defuerat soboles, pariterque et defult heres (Visio
Wettini 329 Z. 816). Sie läßt sich mit der Urkunde von 786 durchaus
vereinbaren, da der hier ohne Namen genannte infans später verstorben
sein kann. Allerdings wissen wir von Kindern UDALRICHs (I). Ein Adrianus
filius Geroldi, der 793 im
Wormsgau pro anima Erbionis germani mei Güter schenkte (CL II Nr.
936), kann kaum als Sohn Gerolds gelten
(so MITTERAUER 11,13), wenn Erbio,
wie man gleichzeitig vermutet (MITTFRAUER 13f., GOCKEL, Königshöfe
245f.), Gerold überlebt hat (s.a.
Art. GEROLD I).
Wie im Reichenauer Verbrüderungsbuch, in dem er an der Spitze
der Grafen steht (vgl. BEYERLE, Verbrüderungsbuch 1115), wurde Gerold
wohl auch im ältesten Eintrag des St. Galler Gedenkbuches neben seinem
Bruder UDALRICH (I) vermerkt (St. Galler Gedenkbuch pag. 8; vgl. SCHMID,
Zur historischen Bestimmung 507,513f.). Die Namenreihe beginnt hier mit
RODBERTUS, Odalricus, Kerolt, von denen
der 1. auf Immas Bruder RUADBERT (I) bezogen werden kann.
Nach dem Sturz des Herzogs Tassilo (788), wurde Gerold,
dem Schwager KARLS DES GROSSEN, die
Statthalterschaft in Bayern übertragen (vgl. MITTERAUER bes. 7-16,
danach REINDEL, PRINZ, UFFELMANN, GANSHOF). Urkundlich läßt
er sich hier zuerst im September 791, also nach dem letzten alemannischen
Grafenbeleg, fassen (BITTERAUF I Nr. 142, vgl. Nr. 143b; danach Nr. 166a,
vgl. BOSL; STÖRMER, Adelsgruppen 54f.; DERS., Früher Adel II
338f.; Conversio Bagoariorum et Carantanorum 48 c.8; HEUWIESER Nr. 46).
Die Einsetzung Gerolds als 1. Präfekt
in Bayern gilt in der bayerischen Landesgeschichte als besonders geschickte
Maßnahme KARLS DES GROSSEN (REINDEL,
Handbuch 251; DERS., Bayern im Karolingerreich 226; PRINZ; STÖRMER,
Früher Adel I 225; auch WERNER, Adelsfamilien 112; WENSKUS 474). Gerold
wird nämlich wie Tassilo dem Geschlecht der AGILOLFINGER zugerechnet;
einerseits soll er diesem Geschlecht durch die Abkunft seiner Mutter von
den altalemannischen Herzögen angehört haben (CHAUME, Bourgogne
I 113 A. 2; ZÖLLNER, Otakare 15 mit A. 64; DERS., Agilulfinger 125-134;
zuletzt PRINZ, Frühes Mönchtum in Südwestdeutschland 55f.;
LACHER, Die Anfänge der Reichenau 106f.; s. Art. NEBI), andererseits
werden die GEROLDE, das heißt
das Geschlecht von Gerolds Vater GEROLD
(I), aufgrund ihres Namens und mittelrheinischen Besitzes ebenfalls
als AGILOLFINGER betrachtet (WERNER, Adelsfamilien 111f.; WESKUS 425-427).
Von Bayern aus unternahm Gerold
799 einen Kriegszug gegen die Awaren, in dem er fiel (Annales Regni Francorum
108, vgl. Annales q.d. Einhardi 109; Einhardi Vita Karoli Magni 16; LENDI
172f.; weitere Quellen bei ABEL-SIMSON II 189f. A. 5; zur Sache DEER 725,
771f.; ROSS bes. 225f., REINDEL, Handbuch 254). In Walahfrids metrischer
Bearbeitung der Visio Wettini wird das Lob des Reichenauer Wohltäters
mit dem Preis des Kämpfers gegen die Ungläubigkeit verbunden,
der in einem Krieg KARLS mit den "Hunnen"
sein Leben gelassen habe (Visio Wettini Walahfridi 329f., vgl. Heitonis
Visio Wettini 274). Wie Walahfrid weiter berichtet, wurde die Leiche Gerolds
von Getreuen tam longa per avia nach der Reichenau gebracht und bei dem
Marienaltar bestattet (Visio Wettini Walahfridi 330 Z. 825, vgl. CZARNETZKI);
den Altar hatte Gerold selbst gestiftet
(Poetae latini II 426 Nr. 3; vgl. MANSER 332). Das abschriftlich erhaltene
Epitaph Gerolds, das wohl nicht von
Walahfrid stammt (DÜMMLER, Poetae latini I 101), nennt als Todestag
ergänzend den l. September und identifiziert als einen der
Gefolgsleute Saxo (Poetae latini I 114 Nr. 10). Der transitus bzw. obitus
Kerolti (comitis) wird durch die St.
Galler und Reichenauer Necrologien bestätigt (Necrologium monasterii
sancti Galli 480; Necrologium Augiae Divitis 279; vgl. RAPPMANN, Die älteren
necrologischen Aufzeichnungen).
Gerolds Kriegstaten fanden noch
das Interesse späterer Geschichtsschreiber. Notker Balbulus beruft
sich im 2. Buch seines Karlswerkes auf die Erzählungen Adalberts,
der cum domino suo Keroldo den Krieg
gegen die Hunnen, die Sachsen und die Slawen mitgemacht habe (Notkeri Balbuli
Gesta Karoli Magni 48 cap. I. 34). Gleich am Beginn erzählt er eine
Anekdote mit KARL und Gerold
aus dem Sachsenkrieg (51 cap. II. 2). Auch wenn nicht bekannt ist, auf
welchen Kriegszug Notker bzw. Adalbert sich dabei bezogen (vgl. MITTERAUER
11), erscheint das Zeugnis doch glaubwürdig. Man darf daran erinnern,
dass es ein Saxo gewesen sein soll, der Gerolds
Leiche nach der Reichenau geschafft hat (vgl. ABEL-SIMSON II 190 mit A.
2; vgl. ALTHOFF, Über die von Erzbischof Liutbert auf die Reichenau
übersandten Namen 231f.). Einen anderen Beleg für Aktivitäten
Gerolds im sächsischen Gebiet
bietet die Vita Meinwerci (82 cap. 155). Gerold
soll demnach in Paderborn eine der heiligen Jungfrau Maria geweihte
Kapelle errichtet haben (vgl. BALZER, BERGES, ABEL-SIMSON II 192 mit A.
3).
Bei Hermann dem Lahmen (Chronicon 101 ad a. 799), dem Verfasser der
Vita Meinwerci, 126 GEROLD (II) und anderen Autoren (vgl. ABEL-SIMSON II
192 A. 6) wird Gerold zum Fahnenträger
(signifer) KARLS DES GROSSEN. Diese
Charakterisierung ist ein Ergebnis der intensiven Beschäftigung mit
Gerold in der Nachwelt, die zur Sagen-
und Legendenbildung führte (vgl. STÄLIN I 247 mit A. 8, 383 mit
A. 3; BEYERLE, Von der Gründung 69; ABEL-SIMSON II1 192 f.).
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oo Gisela, Tochter des Königs Pippins I.
757- 810
Kinder:
Adrian
- nach 793
Erbio
- nach 808
Literatur:
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Karl Schmid: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter.
Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983,
Seite 192,227,401,494 -