Mathilde                                                   Palzgräfin von Lothringen
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Sommer 978-4.11.1025
                   Esch an der Sauer

Begraben: Brauweiler
 

3. Tochter des Kaisers OTTO II. DER ROTE und der Theophanu von Byzanz, Tochter von Konstantin Skleros
 

Lexikon des Mittelalters: Band VI Seite 392
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Mathilde
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* 978, + 4. November 1025
            Esch

Begraben: Brauweiler

Tochter OTTOS II. und der Kaiserin Theophanu

  oo Pfalzgraf Ezzo

10 Kinder

Der Heiratstermin ist umstritten; fraglich ist, ob er noch in die Zeit der Vormundschaftsregierung der Theophanu fallen kann, die nach der Brauweiler Fundatio ihr Einverständnis zu der Ehe mit einem Adligen des Reiches gegeben haben soll. Die gleiche Quelle überliefert die Anektode, Pfalzgraf Ezzo habe die Königstochter von OTTO III. zugesagt bekommen, nachdem ihm dieser für ein gewonnenes Schachspiel einen Wunsch freigestellt hatte. Die Heirat erregte nach Thietmar von Merseburg das Mißfallen vieler. Von den sieben Töchtern wurde lediglich eine (Riche[n]za) an Mieszko II. von Polen verheiratet, die anderen wurden Äbtissinnen bedeutender Klöster. Über die politische Bedeutung Ezzos ist wenig bekannt, diskutiert wird eine mögliche Anwartschaft Ezzos oder seiner Söhne auf die Königsnachfolge 1002, für die es in der zeitgenössischen Überlieferung jedoch keinen Rückhalt gibt.

Literatur:
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E. Kimpen, Ezzonen und Hezeliniden in der rhein. Pfgft., MIÖG Ergbd. 12, 1933, 1-91 - U. Lewald, Die Ezzonen, RhVjbll 43, 1979, 120-168 - W. Glocker, Die Verwandten der Ottonen ...., 1989, 211ff.


 991
  oo Ezzo Pfalzgraf von Lothringen
      ca 954-21.5.1034
 
 
 
 

Kinder:

  Hermann II. Erzbischof von Köln (1036-1056)
  ca 995-11.2.1056

  Liudolf Vogt von Brauweiler
  ca 995-11.4.1031

  Otto II. Herzog von Schwaben (1045-1047)
  ca 995-7.9.1047

  Richeza
  ca 995-21.3.1063

 1013
  oo Mieszko II. Herzog von Polen
      990-10.5.1034

  Adelheid Äbtissin des Klosters St. Gertrudis zu Nivellis
        -20.6.vor 1011

  Ida Äbtissin des Klosters St. Maria zu Köln
        - ca 1060

  Mathilde Äbtissin von Vilich
        -

  Theophanu Äbtissin von St. Cosmos zu Essen
       -5.3.1056

  Heilwig Äbtissin des Stiftes St. Maria zu Neuß
       -21.9.1076

  Sophia Äbtissin von St. Maria zu Gandersheim
        -   1031/38
 
 
 

Literatur:
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Bresslau, Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II. 3 Bände Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1879  Band 1, Seite 112, Anm. 1- Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 15 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 211-220,295 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 77,80,87,143,150 - Kimpen, Emil: Der letzte Ezzone, in: Eifelkalender für das Jahr 1952 Seite 61-66 - Kimpen, Emil: Ezzonen und Hezeliniden in der rheinischen Pfalzgrafschaft, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, XII. Ergänzungsband, Innsbruck 1933 Seite 5-7 - Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar Köln Wien 1995, Seite 82,106,478 - Schaab Meinrad: Geschichte der Kurpfalz. Verlag W. Kohlhammer 1988 Seite 20,220 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 Seite 186 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 37,62,197 - Wolfram Herwig: Kaiser Konrad II. Kaiser dreier Reiche. Verlag C.H. Beck München 2000 Seite 110,282,343 -


Glocker Winfrid: VI, 8; Seite 295
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"Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

Mathilde
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* 978 Sommer, + 1025 XI 4

c 993
oo Ezzo Graf im Bonn-, Auel- und (?) Ruhrgau, lothringischer Pfalzgraf
   * c 954, + 1034 V 21/22
 

Mathilde ist uns als Schwester OTTOS III. bezeugt bei Thietmar IV c. 60, S. 200, und in den Brunwilarensis monasterii fundatorum actus c. 5, SS XIV 127. Der oben gegebene Termin für Mathildes Geburt stützt sich auf die beiden Nachrichten bei Richer III c. 68, S. 84, der bezeugt, dass Theophanu im Sommer 978 schwanger war und beim Annalisto Saxo a. 991, woMathilde als "tercia" bezeichnet ist.
Die Quellenbelege zu Mathildes Heirat mit Pfalzgraf Ezzo sind von BU. 1081a zusammengestellt.
Zur Stellung Ezzos als Graf vgl. Nonn, Pagus S. 177 und 185.
Zu Todestag und -jahr Mathildes vergleiche Bresslau, Jbb. Konrads II. Bd. 1, S. 112, Anm. 1, zum Tode des Pfalzgrafen Ezzo ebenda Bd. 2, S. 127.
Nach der Angabe der Brunwilarensis monasterii fundatorum actus c. 21, SS XIV 136, wurde Ezzo ungefähr 80 Jahre alt, womit sich das Geburtjahr c 954 ergibt. Im übrigen vgl. zu Pfalzgraf Ezzo und dessen Familie Lewald, Ezzonen passim.
Die Hypothesen von Faußner, Kuno S. 103-108, über eine frühere Ehe des Pfalzgrafen vor dessen Vermählung mit Mathilde, aus der fünf von den bekannten 10 Kindern hervorgegangen sein sollen, sind abwegig, wie Hlawitschka, Richeza S. 237-240, nachgewiesen hat.


Mathilde wurde im Nonnenkloster Essen bei ihrer klugen und gebildeten Cousine Mathilde von Schwaben, der Tochter des Herzogs Liudolf, erzogen. Die Ehe wurde von der Mehrzahl der Großen als nicht ebenbürtig angesehen und deshalb abgelehnt. Dass OTTO III. seine  Schwester beim Brettspiel an den Pfalzgrafen Ezzo verloren haben soll, wie sie die Gründungsgeschichte des Klosters Brauweiler berichtet, halte ich für eine fabelhafte Ausschmückung. Auf jeden Fall ist die Vermählung Mathildes mit dem Pfalzgrafen Ezzo nicht auf gewöhnliche Weise zustandegekommen. Der König hat seiner Schwester, um ihre Stellung zu erhöhen, eine reiche Ausstattung mitgegeben, zu der wahrscheinlich auch Saalfeld gehörte.

Trillmich Werner: Seite 186
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

Als Vermittler der Lothringier bei Hofe diente ihnen Pfalzgraf Ezzo, dessen Gemahlin Mathilde, OTTOS II. Tochter, am 4. November 1025 in Esch an der Sauer verstarb, während man in Aachen miteinander verhandelte. Feierlich holten die versammelten Herren die Leiche der Fürstin ein, um sie ins Familienkloster Brauweiler zu geleiten, wo Erzbischof Pilgrim am 7.11. die Beisetzung vornahm.

Lewald Ursula: Seite 139
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"Die Ezzonen. Das Schicksal eines rheinischen Fürstengeschlechtes"

Kaum ein Jahr nach dem Eintreffen der ersten Mönche starb unerwartet 1025 die Pfalzgräfin Mathilde. Weil die Kirche, die ja als Grablege des Geschlechtes dienen sollte, noch nicht fertig war, mußte sie unter einem Zelt bestattet werden. Wie Adelheid von Villich fand sie ihr Grab im Kreuzgang. Erst drei Jahre später konnte Erzbischof Pilgrim das inzwischen vollendete Gotteshaus einweihen. Die Nachricht vom Tode seiner Frau erreichte Ezzo, als er gerade in Aachen mit dem Großen totius Lotharingiae ein Colloqium abhielt.

Kimpen Dr. Emil: Seite 5-7
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"Ezzonen und Hezeliniden in der rheinischen Pfalzgrafschaft"

Aber sämtliche vorstehenden Besitzungen, die zum größten Teil längst bekannt sind und keiner näheren Erörterung bedürfen, können bei weitem nicht alles gewesen sein, was durch Ezzos Ehe an die EZZONEN gelangte. Halten wir uns doch einmal die bisher viel zu wenig gewürdigte Tatsache vor Augen, dass Ezzos Gattin und Kinder unter allen Umständen zu den Allodialerben desjenigen Zweiges der LIUDOLFINGERgehörten, welcher im Jahre 1002 mit dem Tod des kaiserlichen Romantikers, OTTOS III., sein Ende fand. Da 2 von den drei Schwestern OTTOS III., Adelheid und Sophie, Äbtissinnen geworden waren, OTTO auch in jungen Jahren und ledig starb, kann keinem Zweifel unterliegen, dass Mathilde früher oder später den allerwesentlichsten Teil des Erbes OTTOS III.erhalten mußte, wann es nach Recht und Billigkeit zuging. Allerdings kam es über dies Erbe sofort nach OTTOSTod zu einem schweren Kampf, dadurch veranlaßt, dass OTTOS Nachfolger HEINRICH II. in Ezzos Besitzungen einfiel und Güter wegnahm, die Ezzo "ex hereditate nobilissimae suae coniugis" besaß. Offenbar beanspruchte HEINRICH II. entweder als Agnat OTTOSoder mit der Behauptung, es sei Reichsbesitz, manches davon. Aber nach jahrelanger Fehde hielt er es endlich doch für besser, sich mit Ezzo zu versöhnen. Über den Inhalt der in der Erbschaftsfrage geschlossenen Einigung sind wir nicht ausdrücklich unterrichtet. Wenn aber gesagt wird, dass HEINRICH II. Ezzo die schon genannten Höfe Kaiserswerth, Duisburg und Saalfeld zu etwaigem Eigentum gab, "ut non minore apud se quam a majoribus suis familiaritatis vel honoris emeriti gratia potiatur", so kann nur angenommen werden, dass der Kaiser damals die Allode Mathildes im Rahmen ihrer berechtigten Ansprüche Ezzo überließ oder wenigstens zusicherte und ihm, vielleicht als Ersatz für erlittenen Schaden oder als sonstigen Ausgleich, obendrein die genannten Schenkungen machte. Auf alle Fälle wurden zum mindesten Mathildes Nachkommen letzten Endes die einzigen Erben Kaiser OTTOS III. und seiner Geschwister. Ezzos Geschlecht mußte also namentlich in Sachsen und Thüringen eine ganz ungeheure Macht gewinnen. Diese mag sogar noch eine weitere, freilich viel kleinere Vermehrungen erfahren haben, weil die Abkömmlinge der Tochter Kaiser OTTOS II. infolge des kinderlosen Absterbens von HEINRICH II. und seinen sämtlichen Geschwistern immerhin ja auch zu deren Erben gehört haben könnten.
Zum Jahre 1025 wird berichtet, dass Ezzos Gattin Mathilde bei einem Besuch des Grafen Hezelin auf dessen Gut Aeccheze, was für Esch gehalten wird, gestorben sei.

Glocker Winfrid: Seite 211-220
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"Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

Während die beiden älteren Töchter Kaiser OTTOS II. und der Theophanu, Sophie und Adelheid, - wie wir gesehen haben - die Äbtissinnenwürde in den ottonischen Hausklöstern Quedlinburg und Gandersheim übernehmen sollten und daher auch schon in sehr jungen Jahren auf diese Aufgabe vorbereitet wurden, heiratete die jüngste der Schwestern Kaiser OTTOS III., die nach der Mutter OTTOS DES GROSSEN den Namen Mathildeerhielt, den rheinischen Pfalzgrafen Ezzo.

1. Die Heirat mit dem Pfalzgrafen Ezzo
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Thietmar von Merseburg berichtet uns, die Heirat zwischen Mathildeund Ezzo, dem rheinischen Pfalzgrafen, hätte vielen mißfallen. Noch deutlicher illustriert dieses Unbehagen der zweiten uns überlieferte Quellenbericht über diese Vermählung, den wir in der Geschichte der Gründer des rheinischen Klosters Brauweiler nachlesen können.
Erklärend müssen hier einige Worte zu dieser Quelle eingeschoben werden. Brauweiler bei Köln wurde gegen Ende der Regierungszeit Kaiser HEINRICHS II. als Hauskloster der EZZONEN-Familie eingerichtet. Über die Klostergründung und noch mehr über die Familie der Gründer selbst sind wir durch einen Quellentext unterrichtet, der von den verschiedenen Herausgebern den Titel "Fundatio monastrerii Brunwilarensis" oder auch "Brunwilarensis monasterii fundatorum actus" erhalten hat; dieses Werk ist der hausgebundenen Adelsliteratur zuzurechnen. Der Autor war ein Brauweiler Mönch und erzählt uns zur Hochzeit der Kaiser-Schwester Mathilde, Pfalzgraf Ezzo habe seine Braut beim Würfelspiel mit Kaiser OTTO III. gewonnen. Auch eine solche Nachricht läßt sich als eine gewisse Verstimmung über die Vermählung lesen. Die Forschung hat diese Hinweise mit der Annahme zu erklären versucht, Ezzo sei kein ebenbürtiger Ehemann für eine Kaisertochter und Kaiser-Schwester gewesen. Man dachte weiter noch daran, die Eheschließung werde eben zur Zeit der vormundschaftlichen Regierung erfolgt sein, also unter einem schwächeren weiblichen Regiment.
Um diese Frage mit Sicherheit beantworten zu können, müssen wir das genaue Jahr der Eheschließung kennen. Die Quellen haben es uns aber nicht überliefert, und auch das Geburtsjahr Mathildes, das uns zu einer ungefähren Bestimmung weiterhelfen würde, ist nicht genau bekannt. Der einzige verwertbare Hinweis findet sich in der Brauweiler Gründungsgeschichte, nach der die Mutter der Braut, die Kaiserin Theophanu, ihre Zustimmung zur Eheschließung ihrer Tochter gegeben habe. Weil Mathilde aber wahrscheinlich erst 978 geboren ist, wäre sie bei einer Eheschließung zu Lebzeiten ihrer Mutter maximal 13 Jahre alt gewesen. So nehmen wir mit Mathilde Uhlirz besser an, die Ehe sei 993, als Mathilde 15 Jahre alt war, geschlossen worden, und die Kaiserin Theophanu habe somit nur eine Eheabsprache oder einer Verlobung zugestimmt.
Auch die Machtstellung des Pfalzgrafen Ezzo zur Zeit seiner Verehelichung ist nur schwer abzuschätzen. Ezzo scheint die Stellung eines Großgrafen innegehabt zu haben: sein Vater ist als Graf im Eifelgau, Ruhr, Gellep- und Zülpichgau bezeugt, und Ezzo erbte nach dem Tod des Vaters die Mehrzahl der Grafschaften und die Pfalzgrafenwürde. Die Brauweiler Gründergeschichte versteigt sich sogar zu der Behauptung, Ezzo habe zu der Kaiserin Theophanu in einem derart vertrauten Verhältnis gestanden, dass er "preter regium nomen secundus in regno" gewesen sei. Mit dieser Sicht der Dinge steht der Brauweiler Mönch allerdings allein: wir finden in keiner anderen Quelle auch nur eine Andeutung, dass Pfalzgraf Ezzo wenigstens zum äußeren Kreis der Berater der Kaiserin Theophanu gehört habe.
Freilich scheinen die Vorfahren des Pfalzgrafen bereits zum karolingischen Reichsadel gehört zu haben. So braucht man nicht unbedingt an einen gesellschaftlichen Abstieg der Kaisertochter zu denken, wenn man die Eheschließung in ihrem Rang in der Adelshierarchie bewertet, und wir können uns gut vorstellen, dass die Kaiserin Theophanu die Zustimmung zur Heirat Ezzos mit ihrer Tochter Mathilde erteilt haben wird.
Der rheinische Pfalzgraf holte seine Braut angeblich aus dem Stift Essen, das in der späteren OTTONEN-Zeit in enger Beziehung zur Herrscherdynastie stand, und wo die ältere Cousine der Kaiser-Tochter Mathilde, die ebenfalls den Namen Mathilde trug (sie war eine Tochter des aufständischen Schwaben-Herzogs Liudolf), ihren Schützling nur sehr unwillig herausgab. Als Morgengabe erhielt die nunmehrige Gemahlin des Pfalzgrafen Ezzo das Gut Brauweiler.

2. Pfalzgraf Ezzo und der Thronwechsel 1002
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Die Ehe der Kaiser-Tochter Mathildeund Ezzos war mit drei Söhnen und sieben Töchtern sehr kinderreich. Die Söhne der Mathilde waren nach dem Tod Kaiser OTTOS III.die nächsten männlichen Verwandten des verstorbenen Herrschers. Von einer möglichen Thronkandidatur der Söhne des Pfalzgrafenpaares, die Hermann, Liudolf und Otto hießen, hören wir aber in keiner Quelle etwas, nicht einmal in der Brauweiler Gründergeschichte. Der Brauweiler Mönch schildert allerdings Kaiser HEINRICH II. als einen machtgierigen, schon lange nach der Herrschaft lechzenden "regni invasor", dem auch erst nach Überwindung vieler Schwierigkeiten der Gewinn der Macht gelang. Doch es gibt noch einen weiteren Hinweis auf eine mögliche Beteiligung des Pfalzgrafen Ezzo an den Vorgängen beim Thronwechsel 1002, eine Interpolation aus einer nicht erhaltenen Fassung der Brauweiler Gründergeschichte, die deren letzter Benutzer, der Bollandist Gamans, in den "Acta Sanctorum" tradiert hat, allerdings nur in der stark paraphrasierenden Wendung: "narratur, quod Otto 3 Heriberto Coloninsi commiserit insignia Imperii, ad sororis Maritum Erenfridum deferenda". Zu dieser Nachricht fügt sich ein angeblicher Partikel der Heiligen Lanze, der noch heute in der Abtei Brauweiler aufbewahrt wird: gerade die Heilige Lanze hatte in den letzten Regierungsjahren OTTOS III. eine besondere Bedeutung unter den Reichsinsignien erlangt. Wie wir aus Thietmars Chronik wissen, hatte Erzbischof Heribert von Köln auch tatsächlich die Heilige Lanze vorausgesandt, bevor es bei Polling zu der folgenschweren Begegnung des Leichenzuges mit Herzog Heinrich IV. von Bayern kam. Unter der Zusammenschau all dieser Hinweise - Interpolation, angeblicher Lanzenpartikel und Voraussendung der Heiligen Lanze - kommt ein Teil der Forschung zu der Schlußfolgerung, Pfalzgraf Ezzo müsse von Kaiser auf dem Sterbebett zum Nachfolger designiert worden sein, während andere die Ansicht vertreten, der Pfalzgraf sei als sehr naher Verwandter des verstorbenen Herrschers nur in besonderer Weise dazu legitimiert gewesen, die Insignien bis zu einer Entscheidung über die Thronfolge zu verwahren, ähnlich wie diese auch die Kaiserin Kunigunde nach dem kinderlosen Tod HEINRICHS II. war und tat.
Aus dem tradierten Quellenmaterial wird man die Frage einer möglichen Thronkandidatur Ezzos mit voller Sicherheit nicht entscheiden können. Einerseits ist zu bedenken, dass gerade die neuesten Arbeiten zum Thronwechsel 1002 herausgearbeitet haben, wie stark damals der Gesichtspunkt des Geblütsrechts in die Diskussion um die Thronkandidaten eingetreten ist. Somit wäre es erstaunlich, wenn Thronbewerber wie Markgraf Ekkehard I. von Meißen und Herzog Hermann II. von Schwaben ihren Anspruch angemeldet hätten, deren Verwandtschaft mit dem verstorbenen Kaiser bis auf Herzog Otto den Erlauchten zurückgeführt werden mußte, und dann aber die Nächstverwandten in keiner Weise als mögliche Bewerber mit in der Diskussion gewesen wären. Andererseits - um diesen Gedanken gleich wieder einzuschränken - müssen wir mitbedenken, dass die Ezzo-Söhne damals höchstens 7-8 Jahre alt gewesen sein können: somit hätte für sie nur der ungeliebte Vater agieren können.
Es scheint gegen HEINRICH II. dann doch in Zusammenhang mit der Moselfehde, bei der der König gegen die luxemburgischen Brüder seiner Gemahlin kämpfen mußte, zu einem Eingreifen des Pfalzgrafen Ezzo gekommen zu sein: dies berichtet die Brauweiler Gründergeschichte. Die Forschung vermutet, soweit sie diese Nachricht nicht wie die ganze "Fundatio" als wertlos einschätzt, es könne sich hinter einer Beteiligung Ezzos auf der Seite der Königsgegner der Konflikt um das Erbe Kaiser OTTOS III. verbergen: die Kinder von Ezzos Gemahlin Mathildehatten ja als nächste Verwandte des verstorbenen Kaisers wesentlich bessere Erbansprüche vorzuweisen als König HEINRICH II. Die Auseinandersetzung zwischen Pfalzgraf und König eskalierte nun mehr und mehr; doch da lenkte HEINRICH II. plötzlich ein und entschädigte Ezzo mit Reichsgut. Dieser plötzliche Sinneswandel des Herrschers wurde von der Forschung teilweise mit Erstaunen konstatiert, teilweise, wie es die Brauweiler Gründergeschichte schon vorgedacht hatte, mit der Einsicht des "heiligen Königs" erklärt. Die überzeugendste Motivierung des Handelns HEINRICHS II. ließe sich aber in der Vermutung sehen, der Ausgleich zwischen Ezzo und dem König sei im Zusammenhang mit der Vermählung der Ezzo-Tochter Richeza mit Mieszko II., dem Sohn des Polen-Herzogs Boleslaw Chrobry, erfolgt. Die Heirat ist in den Zusammenhang der Entspannung zwischen dem Reich und Polen zu stellen, und somit hatte HEINRICH II. guten Grund, sich mit dem Brautvater gut zu stellen, sofern er nicht sogar selbst eine tragende Rolle bei dieser Eheschließung übernommen haben sollte.

3. Die Kinder der Kaisertochter Mathilde und des Pfalzgrafen
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Von den insgesamt 10 Kindern des Pfalzgrafen Ezzo erhielten nur zwei einen Namen, der dem väterlichen Namensgut zuzuordnen ist. Alle übrigen 8 Kinder erhielten ottonische Namen. Hierin zeigt sich die hohe Wertschätzung, die der mütterlichen Herkunft zugemessen wurde, die sich ebenso deutlich in der Grabinschrift einer der Töchter, der Äbtissin Theophanu von Essen, ablesen läßt: die Inschrift nennt allein die mütterliche Abstammung der Theophanu von der Tochter Kaiser OTTOS II., während der Vater, Pfalzgraf Ezzo, nicht nur einmal andeutungsweise einer Erwähnung für wert befunden wurde.
Eine besondere Rolle unter den Kindern des Pfalzgrafenpaares war Richeza zugedacht, der ältesten Tochter Mathildes. Sie wurde im Jahr 1013 im Zusammenhang mit den Bemühungen um einen deutsch-polnischen Interessenausgleich im Friedensvertrag von Bautzen mit Mieszko, dem Sohn des damaligen Polen-Herzogs Boleslaw I. Chrobry, verheiratet: also eine ausgesprochen politische Hochzeit, bei dem die friedensstiftende Kraft einer Ehe deutlich zu spüren ist. Nach dem Tode Kaiser HEINRICHS II. ließ sich Boleslaw Chrobry zum König proklamieren, ebenso wie dies sein Sohn, Mieszko II., bei der bald darauf folgenden Thronfolge tat, und Richeza trat in die Würde einer "regina Poloniorum" ein. Die Kaiser-Enkelin vermittelte über ihre Kinder ottonische Blutsanteile an die wichtigsten Herrscherfamilien des Ostens, an die PIASTEN, ARPADEN und RURIKIDEN.
Von den weiteren Kindern des Pfalzgrafenpaares folgten zwei Söhne, Liudolf und Otto, in den Amts- und Besitzbereich ihres Vaters nach, während die übrigen 7 in kirchliche Dienste traten. Der dritte Sohn, Hermann, wurde als Hermann II. Erzbischof von Köln, die Töchter standen als Äbtissinnen bedeutenden Stiften und Klöstern vor: in dieser wichtigen Stellung in der Reichskirche dokumentierte sich die Bedeutung der EZZONEN-Familie im Diesseits und sorgte darüber hinaus auch für die notwendige Fürbitte für die Familie im Jenseits.

4. Zusammenfassende Würdigung der Kaisertochter Mathilde
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Bei der Heirat der Kaiser-Tochter Mathilde mit dem rheinischen Pfalzgrafen haben wir den ersten und auch einzigen Fall der Verehelichung einer Königs- oder Kaisertochter seit der Verheiratung der Luitgard mit Herzog Konrad dem Roten von Lothringen. Die Töchter der OTTONEN-Dynastie seit Liutgard hatten eher Aufgaben im Bereich der Fürsorge für das Seelenheil der Familie übernommen. Bei dieser Wertung ist freilich mit zu bedenken, dass OTTO III. und HEINRICH II. kinderlos verstarben und somit auch keine Töchter für eine eventuelle Eheschließung zur Verfügung standen. Möglicherweise war diese Kinderlosigkeit Kaiser HEINRICHS II. mit ein Grund für den Ausgleich des Königs mit dem rheinischen Pfalzgrafen nach dessen Eingreifen in die Moselfehde: wenn nämlich der Friede von Merseburg 1013 durch ein Ehebündnis bekräftigt werden sollte, so boten sich, da der König ja keine Kinder hatte, die Töchter Mathildes und Ezzos als die königsnähsten Damen und möglichen Bräute an, und dies mag dann HEINRICH II.zu einem Vergleich mit Ezzo bewogen haben.
Nicht mit letzter Sicherheit zu beurteilen ist eine mögliche Kandidatur Ezzos bzw. eines seiner Söhne beim Thronwechsel 1002. In der Forschung besteht keine Einigkeit in der Antwort auf diese Frage, wiewohl neueste Stellungnahmen ein klares "Nein" ausschließen dürften.
 
 
 
 
 
 


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