Die Vermutung liegt nahe, daß in Boleslaws
Vorgehen, das auffälligerweise die Eheschließung seiner Tochter
Reglindis
mit Hermann, dem ältesten Sohn des Markgrafen Ekkehard,
einleitete. Ansprüche auf die östlichen Teile des südlichen
Markengebietes, die Lausitzen, eine wichtige Rolle zu spielen schienen.
Denn ihr Besitz muß für ihn offenbar eine derartig zentrale
Bedeutung gehabt haben, daß er fast die Hälfte seiner Regierungszeit
für die Erreichung dieses Zieles Krieg geführt hat, dessen siegreichen
Abschluß im Frieden von Bautzen 1018 dann seine eigene vierte Ehe
mit Oda
krönte, der jüngsten
Tochter Ekkehards, also der Schwester seines Schwiegersohnes Hermann
von Meißen.
Von den drei Töchtern, die Emnildis
geboren hat, ist zwar nur die älteste, Reglindis,
mit ihrem Namen bekannt [Anm. 124 Von den fünf Kindern der
Emnildis
(vgl. O. Balzer, Genealogia Piastow, Seite 4, Tafel II) ist Reglindis
wahrscheinlich das erste (oder zweite: Tochter N.N., die Nonne wurde) gewesen,
geboren um 989, vermählt 1002 mit Hermann von Meißen,
dem ältesten Sohn Ekkehards von Meißen, gestorben 21.3.
nach 1014 (Relingis fundatrix,
Regelyndis
marchionissa), wie Nekrolog und Anniversarium des Naumburger
Stifts auswiesen (vgl. Hirsch, Jbb. Heinrichs II., Band 1, 1864; Seite
254, n. 5; vgl. Anm. 229)]. Aber die beiden Namen
Emnildis
(Erminildis) und Reglindis
beweisen bereits, daß Dobrimir seine Frau aus einem deutschen Grafengeschlecht
genommen hat. Da nun der Name Emnildis
in sächsischen Familieen dieser Zeit belegt ist, diese Grafengeschlechter
aber weithin miteinander nahe versippt gewesen sind und viele in enger
verwandtschaftlicher Beziehung zum Königshaus und durch sie und über
die EKBERTINER auch zu den KAROLINGERN
gestanden
haben, wo ebenfalls der Name Reglindis
auftaucht
[Anm. 130 Zum Namen vgl. W. Schlaug, aaO, 1962, Seite 144 ff. mit Belegen
(Ableitung von as. regin "Schicksal"). Der Name ist geradezu
Leitname bei den IMMEDINGERN, der Familie der Königin
Mathilde, deren Mutter Reinhilda und deren Oheim Reginbern hießen;
dazu aus dem 9. Jh. der fränkische comes Reginhild (Abkömmling
der KAROLINGER), von dem die Walecker
Grafen sich herleiten (vgl. R. Schölkopf, aaO, Seite 76 und 89f.;
dazu die Einleitung R. Holtzmanns zur Thietmar-Chronik, Seite VII ff.).
- Beachtenswert in diesem Zusammenhang der Name des Kolbergers Bischof
Reinbern! ], liegt es nahe, zunächst an ihren Kreis zu denken, aus
dem Dobrimirs Gemahlin gestammt haben dürfte.
Thietmars Bericht schweigt, was wiederum nur als Einverständnis
Hermanns
gedeutet werden kann und was auch durch die kurz darauf erfolgte Heirat
mit Reglindis bestätigt wird [Anm.
209 Über den Zeitpunkt der Heirat und zur Haltung
Hermanns
vgl. unten PIASTEN und OTTONEN,
Anmerkung 462. In Ergänzung hierzu nur der Hinweis, daß zwischen
Hermann und Gunzelin
meines Erachtens damals noch keine Rivalität
bestanden haben kann und daß die besonders aktive Rolle Gunzelins
im Kampf um Meißen durch seine Stellung als Gemahl der Tochter Dobromirs
leicht erklärlich ist (vgl. oben Anmerkung 207). Hinzu kommt aber
noch, daß Hermann die Ehe mit Reglindis
auch in der Absicht eingegangen ist, nicht nur die Stellung des Hauses
der EKKEHARDINER und seine eigene nach der Ermordung des Vaters
zu festigen, sondern darüber hinaus auch durch die direkte Bindung
an die PIASTEN-Dynastie über die
Ehe mit einer Enkelin des Dobromir sich der künftigen Anwartschaft
auf diese Landschaften bei Boleslaws
zu versichern, was vielleicht auch erst nach Boleslaws
Abzug
aus Merseburg in der zweiten Hälfte des Jahres 1002 geschehen sein
kann, wobei die Schenkung der eminent wichtigen Burg Strehla (vgl.
Thietmar V, 18 und 36; VI, 58; VII, 21 und 23) am Elbübergang als
Morgengabe an Reglindis sowohl für
Boleslaw als auch für
Hermann
eine große Bedeutung für das wechselseitige Verhältnis
gehabt haben dürfte.].
Seit Gunzelin nach dem Verlust seines Amtes von
der politischen Bühne abgetreten und Reglindis,
die Tochter Boleslaws und Gemahlin
Hermanns,
vermutlich kurz nach 1015 gestorben war, erforderte die Beilegung
des Konflikts, in dem es um den Besitz der Erblande des senior Dobromir
gegangen war, dringend die Erneuerung einer blutmäßigen Verbindung
zwischen den beiden Dynastien.
Der rasche Erfolg Boleslaws
in
diesem Markengebiet, die aktive Unterstützung, die er von Gunzelin
erfuhr, die invitatio an ihn, das heißt seine Wahl
durch die Bevölkerung Meißens selbst, sowie die gerade in dieser
Zeit erfolgte Heirat seiner Tochter Reglindis
mit
Hermann von Meißen, Ekkehards ältestem Sohn, zwingen
vielmehr zu dem Schluß, daß Boleslaw
nicht ohne Einverständnis der EKKEHARDINER, sondern vielmehr
in ihrem Auftrag zur Wahrung ihrer Interessen gehandelt hat und in dieser
Stellung auch von HEINRICH voll anerkannt
worden ist.
[Anm. 224 Das gilt ganz besonderem Maße
für Markgraf Hermann von Meißen, der mit Bolwslaws
Tochter Reglindis verheiratet war und
der auch nach ihrem Tode (nach 1015) dem PIASTEN-Herrscher
nah verbunden blieb; er schloß den Frieden von Bautzen und stiftete
die neue Ehe Boleslaws mit seiner jüngsten
Schwester Oda, die er an den polnischen
Hof begleitete.]
[Anm. 229 Zu Hermann I. von Meißen
und seiner Stellung zu seinem Schwiegervater Boleslaw
vgl. oben Anmerkung 224; die Hoffnungen, die Hermann sich vielleicht
schon bei der Eheschließung mit Reglindis
gemacht hatte (vgl. oben Anmerkung 209) und die er während der Auseinandersetzungen
zwischen HEINRICH II. und Boleslaw
sicherlich
nicht aufgegeben hatte, besonders nach der Absetzung
Gunzelins 1009,
mögen damals bereits durch den Tod seiner Gemahlin zunichte geworden
sein. as genaue Todesjahr Reglindis'
ist nicht überliefert; auffällig ist, daß Hermann
bis Ostern 1015 von Thietmar häufig als socer Boleslaws
genannt
wird, danach nicht mehr. Vielleicht ist darum Reglindis,
deren Name und Todestag (21. März) die Totenverzeichnisse des
Naumburger Hochstifts überliefert haben (vgl. O. Balzer, Genealogia
Piastow, Seite 64 f.; W. Schlesinger, Meißener Dom und Naumburger
Westchor, 1952; Seite 47, n. 164, und Seite 64, besonders n. 230) 1016
oder in einem der nächsten Jahre gestorben.]
[Anm. 462 Zu dieser Heirat vgl. oben Seite 29
und Anmerkung 209. Die Heirat ist wahrscheinlicherst nach der Ermordung
Ekkehards erfolgt, obwohl man das nur aus der Zerstörung Strehlas
durch Boleslaw beim Rückzug aus
Merseburg erschlossen hat, da dieser Ort als Morgengabe der Reglindis
überliefert ist (Thietmar V, 36; vgl. M. Uhlirz, Jbb. Ottos III.,
Seite 254). Möglich ist aber auch, daß die Ehe schon bestand,
als Hermann nach Meißen (etwa Ende Mai) eilte, bevor der Angriff
Boleslaws begann.]