I. Einleitung
Seite 9-11
II. Die Marken
Seite 11-27
III. Die Herkunft der Ekkehardiner
Seite 27-42
siehe Datei Ekkehard
IV. Die Ekkehardiner
1. Gunther
Seite 43-49
2. Ekkehard I.
Seite 50-94
3. Gunzelin
Seite 95-107
4. Hermann
Seite 107-141
5. Ekkehard II.
Seite 141-156
V. Die Beziehungen der Ekkehardiner zum Reich
1. Die Stellung der Markgrafen im Reichsgefüge
Der Markgraf fungierte als Stellvertreter des Königs.
Diese Stellung rührte daher, dass es OTTO
I. im Unterschied zu seinem Vater, der als Exponent der Machtinteressen
des Adels erscheint, nach 936 gelungen war, die Eroberungen im Osten in
eigener Regie durchzuführen, das heißt den alten Feudalaldel
des Gebietes westlich der Elbe/Saale nur militärisch daran zu beteiligen,
ihn aber nicht zu eigenständigen Herrschaftspositionen kommen zu lassen.
Vom König wurde der Markgraf eingesetzt, von ihm
konnte er seines Amtes enthoben werden. Der Markgraf hatte also ursprünglich
eine beamtenähnliche Stellung, sein Amt war nicht von vornherein erblich.
Bei der Wahl des Nachfolgers eines Markgrafen wurden jedoch oft Brüder
und Söhne berücksichtigt. Insofern trat eine gewisse Erblichkeit
im Sinne eines Anspruchs oder eines Gewohnheitsrechts einer markgräflichen
Familie ein, auch wenn der amtsrechtliche Charakter der markgräflichen
Stellung strenger gewahrt blieb als in den Grafschaften auf altem Reichsboden.
So setzte sich auch bei Markgrafengeschlechtern der Gedanke der Erblichkeit
langsam durch, und damit wurde die Verfügungsgewalt des Königs
eingeschränkt.
Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die
Entwicklung der Grafschaften. Denn schon in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts
hatte sich die Erblichkeit des Grafenamtes durchgesetzt und blieb in erweiterter
Form im 10. Jahrhundert bestehen. Praktisch sah das so aus, dass die Grafschaften
in Händen weniger Adelssippen lagen, denen aufgrund ihrer Macht das
einmal übertragene Amt nicht mehr entzogen werden konnte. Mit der
Erblichkeit der übertragenen Funktion änderte sich auch die Stellung
und das Verhalten der Grafen gegenüber dem Herrscher. Aufgrund der
eigenen Machtposition traten sie viel selbständiger und selbstbewußter
auf.
In übertragener Form verhielt es sich ebenso mit
den Markgrafschaften. Während der Amtszeit eines Markgrafen war das
Lehnsgut zusammen mit den Allodien der markgräflichen Familie und
anderen Lehen verwaltet worden. Es aus diesen gewaltsamen Strukturen herauszulösen,
war nicht ratsam, da man zumeist über die genauen Grenzen und Gegebenheiten
nicht informiert war. Schon aus praktischen Gründen wird man deshalb
die meisten Ämter und Lehen innerhalb einer Familie weiter vergeben
haben, ohne dass damit eine prinzipielle Erblichkeit eingetreten wäre.
Insofern entzog sich das Markgrafenamt aber allmählich dem unmittelbaren
Besetzungsrecht des Königs, und es wurde immer schwieriger, im Einzelfall
von dieser gebräuchlichen Praxis abzuweichen. Die Erblichkeit setzte
sich faktisch bereits unter den OTTONEN durch.
Zwar nahm das Königtum noch die Absetzung vor, aber nur dann, wenn
das Verschulden des Markgrafen offensichtlich war, so dass der Herrscher
ihm mit rechtlicher Handhabe seine Stellung entziehen konnte. Oft wurde
dieses Amt jedoch dann einem anderen Familienmitglied übergeben.
Das Königtum hat diese Entwicklung selbst in Gang
gesetzt, wenn nicht sogar forciert, indem es bedeutende Ländereien
als Lehen, aber auch als Allod an Markgrafen vergab. Die Schenkungen erstrecken
sich - so weit sie sich anhand von Diplomen nachweisen lassen - vorwiegend
auf den Umkreis des markgräflichen Amtsgebietes. Bei den Landvergabungen
wurde also auf die räumliche Geschlossenheit des zugetanen Besitzes
geachtet. Das ist insofern verständlich, als in dem gefährdeten
Grenzraum die Kräfte zusammengefaßt werden mußten, um
die Reichsgrenze optimal vor feindlichen Übergriffen schützen
zu können.
Das hatte wiederum zur Folge, dass die Markgrafen stärker
in ihr Amtsgebiet hinein wuchsen, sich das Schwergewicht ihrer Herrschaft
allmählich ganz in die Mark verlagerte und sich dort der Schwerpunkt
ihres Allods herauskristallisierte, wodurch sie in ihrem ursprünglichen
Kerngebiet immer mehr und mehr entwurzelten. Durch diese Verlagerung des
Interessengebietes der markgräflichen Familie entstand in ihrem ursprünglichen
Herrschaftsbereich eine Kräftevakuum, das in der Folgezeit andere
Familien ausfüllten.
Besonders deutlich wird dieser Vorgang bei den EKKEHARDINER,
die vormals das mächtigste Geschlecht in Thüringen waren, aber
durch die Umorientierung auf den meißnischen Raum ihren beherrschten
Einfluß im Altraum verloren hatten und in deren Stellung in der Folgezeit
das Haus WEIMAR eingetreten war.
Eine Besonderheit der drei sorbischen Marken bestand
darin, dass sie direkt dem Herrscher unterstellt waren. Sie waren vom Herzog
von Sachsen vollkommen unabhängig. Dieser Sonderfall hat sich ergeben,
da das sächsische Herzogtum der LIUDOLFINGER
durch die Königswahl HEINRICHS I. mit
der deutschen Krongewalt vereint wurde, dem jüngeren Herzogtum Sachsen
war keine rechtliche Vorrangstellung eingeräumt worden.
"Keinem Stammesherzogtum untergeordnet, in der Regel
mit der Gewalt über mehrere Grafschaftsbezirke betraut, unmittelbar
unter dem König eingesetzt in einem Land, wo kein Volksrecht das Recht
des Königs und seiner Beamten einschränkte, übten die Markgrafen
Befugnisse erhöhter Regierungsgewalt aus. Die Stellung der Markgrafen
wurde auch als "übergräfliche" beschrieben. Diese dem Herzögen
gleich- oder sogar überordnete Stellung zeigt sich auch darin, dass
sich die Markgrafen unter den Wählenden des sächsischen Stammes
befanden, und das selbst dann, wenn von solchen eine besondere Wahlhandlung
oder Anerkennung des Königs vorgenommen wurde.
2. Das Verhältnis der Ekkehardiner zu den deutschen Herrschern
Wie bereits angeführt, war der Markgraf mit besonderen Befugnissen, Rechten und Zuwendungen ausgestattet, die ihm die Möglichkeit gaben, andere Reichsvertreter an Bedeutung zu übertreffen. Dass vom Ende des 10. Jahrhunderts bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts im heutigen deutsch-polnischen und deutsch-böhmischen Grenzgebiet vor allem das Geschlecht der EKKEHARDINER tonangebend gewesen ist, liegt jedoch nicht nur an der großen Machtfülle, die dieser Familie von den jeweiligen Herrschern übergeben worden ist. Das hat seinen Grund vor allem in den einzelnen Vertretern der EKKEHARDINERN selbst, die es verstanden haben, ihren Besitz zu mehren, das heißt ihre Stellung im Reich zu festigen, sich den Herrschern unter außenpolitischen Aspekten unentbehrlich zu machen und, von dieser Basis ausgehend, eigenen Politik zu betreiben. Wie wichtig dieses "persönliche" Moment gewesen ist, haben bereits Patze und Schlesinger herausgestellt.
2.1. Gunther
Herausragend waren die EKKEHARDINER von vornherein
ob ihrer militärischen Unternehmungen; war doch die wichtigste Aufgabe
des Markgrafen im Grenzgebiet die Verteidigung des Markgebiets nach außen.
Leider läßt sich dieses Element nicht weit genug zurückführen,
doch ist anzunehmen, dass Gunther wegen seiner Leistungen in den
verschiedenen Kriegen, die OTTO
I. geführt hat, die Mark Merseburg übergeben worden
ist.
Dass Gunther bereits zuvor zu den Beratern des
Kaisers gehört hat, ist möglich, läßt sich aber nicht
nachweisen.
Auch nach seiner Absetzung führte höchstwahrscheinlich
sein tapferes Eintreten für den deutschen Herrscher im Ausland zu
seiner Rehabilitation. Bei Gunther ist noch kein eigenständiges
Handeln erkennbar. Das hätte auch der Politik
OTTOS I. widersprochen. Versuchte er doch, die königlichen
Machtgrundlagen wieder zu verstärken und - unter anderem mittels seiner
Reichskirchenpolitik - ein Gegengewicht zu den weltlichen Großen
zu schaffen. Das spiegelte sich auch in den Marken wieder. Mächtige
Abteien und Bischofssitze mit wehrhaftem Charakter wie Merseburg, Meißen,
Quedlinburg und Nordhausen entstanden als geistliche, ökonomische
und militärische Zentren.
Ein ähnliches Ergebnis bringt die Untersuchung der
Interventionen in den Urkunden OTTOS I.
Zum Anfang seiner Regierungszeit finden noch die Stammesherzöge in
Angelegenheit ihrer Amtsbezirke Berücksichtigung, doch die lokalen
Gewalten rücken immer weiter in den Hintergrund, wogegen die Bischöfe
und die Angehörigen des kaiserlichen Hauses hervortreten. Unter OTTO
I. hat das Königtum seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit
von den ständischen Gewalten im Reich erlangt wie nie zuvor; insofern
war eine eigene Politik von einzelnen Fürsten nicht möglich,
da dafür kein Spielraum bestand. Unter OTTO
I. behielt die Markgrafschaft ihren rein amtsrechtlichen Charakter.
Auch Gunthers Parteinahme für den Bayern-Herzog
nach dem Tod OTTOS I. kann nicht als
eigenständiges Handeln in diesem Sinne gewertet werden. Interessant
dabei ist jedoch, dass von den sächsischen Anhängern Heinrichs
des Zänkers nur drei namentlich erwähnt werden: Gunther
von Merseburg, der Wettiner Dedi und der BILLUNGER Ekbert. Dies zeigt
zum einen die herausragende Stellung, die Gunther eingeräumt
wurde, zum anderen verdeutlicht dieser Vorgang eine Haltung, die alle EKKEHARDINER
an den Tag legten: eine eindeutige Stellungnahme und die Bereitschaft,
für ihre Überzeugung auch kämpferisch einzutreten. Das heißt,
die EKKEHARDINER haben immer versucht, auch am innenpolitischen
Geschehen teilzunehmen, sei es, um ihre Stellung im Markengebiet zu festigen,
sei es, sich als Ratgeber zu empfehlen.
2.2. Ekkehard I.
Auch die Belehnung Ekkehards, des Sohnes Gunthers,
mit der Mark Meißen wird mit dessen Fähigkeiten als Kämpfer
in engem Zusammenhang stehen. Er galt als kriegserfahren, und der desolate
Zustand im Markengebiet erforderte einen klugen und tüchtigen Statthalter.
Die gesamte Ostgrenze war durch den Slawenaufstand im Jahr 983 ins Wanken
geraten. Meißen selbst befand sich in den Händen des Böhmen-Herzogs
Boleslaw. Außerdem hatte sich Ekkehard
schon zuvor als loyaler
Parteigänger des jungen OTTO III. erwiesen,
so dass die Vormundschaftsregierung ihm vertrauen konnte.
Eine Rolle dürfte auch die Verbindung Ekkehards
mit
der BILLUNGERIN Swanhilde gespielt haben. Wie wichtig Ekkehard
eingeschätzt
worden ist, zeigt auch, dass der Sohn des verstorbenen Meißener Markgrafen,
Karl, bei der Neubesetzung einfach übergangen wurde.
Das militärische Vorgehen Ekkehards
in seiner Funktion als Markgraf stand zunächst im Vordergrund. Und
es stellte sich schnell heraus, dass ihm die Vormundschaftsregierung sehr
viele Freiheiten im Umgang mit den östlichen Nachbarn ließ.
So wird berichtet, dass er zusammen mit dem Erzbischof Gisiler von Magdeburg
ein Bündnis mit dem Böhmen-Herzog ausgehandelt hat. Auch lag
es anscheinend in ihrer Entscheidung, den Kampf an der Seite Mieszkos nicht
auszutragen, sondern schon vorher mit dem Böhmen zu einem Konsens
zu kommen. Beiden wurde also von der Vormundschaftsregierung ein großer
Handlungsspielraum eingeräumt.
In dieser Zeit tauchen wieder vermehrt weltliche Große
in den Urkunden auf. Zwar wäre es übertrieben, von einem aristokratischen
Mitregiment der Fürsten zu sprechen, doch stützten sich die Kaiserinnen
Theophanu und später Adelheid
wieder
mehr auf die lokalen Gewalten. Als Grund dafür kann sicher die angespannte
Lage im Reich angesehen werden. Zwar konnte OTTO
III. als Nachfolger seines Vaters gegen seinen Onkel durchgesetzt
werden, doch wären weitere Auseinandersetzungen im Inneren wegen der
außenpolitischen Situation gefährlich gewesen. Man war deshalb
vor allem auf die Fürsten angewiesen, die die Sicherheit der Grenzen
gewährleisteten. Anzumerken ist jedoch, dass sich das Auftreten weltlicher
Großen in Urkunden auf ihre eigene Interessensphäre beschränkte.
Ekkehard
intervenierte
nur in Urkunden, die sich auf Vorgänge in seinem Machtbereich
bezogen. Er wurde zu Rate gezogen, wenn es zum Beispiel um Vergabungen
im Markengebiet ging, ansonsten jedoch nicht.
Das änderte sich, als OTTO
III. die Regierung übernahm. Der junge Kaiser scheint den
Meißener Markgrafen schon seit seiner Kindheit gekannt zu haben,
da er als Sechsjähriger auf einen Zug Ekkehards mitgeschickt worden
war. Und auch er brachte dem EKKEHARDINER grenzenloses Vertrauen
entgegen. Dafür spricht einerseits EkkehardsUmgang
mit den östlichen Nachbarn - Herzog Boleslaw
von Polen macht er zu seinem Freund, den Böhmer-Herzog
zu seinem Vasallen -, andererseits seine Stellung im Markengebiet
selbst; berichtet doch Thietmar, Ekkehard sei
zum Herzog von Thüringen gewählt worden.
Der Kaiser muß seinerseits sämtliche Handlungen
Ekkehards
gebilligt
haben, sonst wäre er dagegen eingeschritten. Von einem Zerwürfnis
ist jedoch nichts bekannt. Vielmehr hat der Markgraf
OTTO
III. nach Italien begleitet und sich auch dorrt als verläßliche
Hilfe erwiesen. Ekkehards Interventionen
zeigen ihn ebenfalls unter den bevorzugten Ratgebern des Kaisers. Taucht
sein Name zu Zeiten der Vormundschaftsregierung nur in Urkunden auf, die
seinen Herrschaftsbereich betreffen, so findet man seine Intervention nun
auch bei Angelegenheiten, die mit seinem Gebiet nicht in Zusammenhang standen.
OTTOS positive Haltung
Ekkehard
gegenüber
muß sicher in engem Zusammenhang mit dessen Vorstellungen von einem
Universalreich unter der Devise "Renovatio imperii Romaorum" und der damit
einhergehenden neuen Richtung der Ostpolitik gesehen werden. Der junge
Kaiser wollte unter Einbindung der inzwischen christianisierten Völker
im Osten ein neues christliches Weltreich unter der Führung des Kaisers
als weltlichem Oberhaupt der Christenheit über nationale und lokale
Königtümer wiedererstehen lassen. Dabei sollte Polen der erste
Platz innerhalb der Sclavinia zukommen.
OTTO begünstigte
zielbewußt die Konsolidierung und Machtausweitung der PIASTEN
gegenüber den PREMYSLIDEN, die
mit ihren traditionellen Bindungen an die heidnischen Liutizen und ihrer
Feindschaft gegenüber den SLAVNIKIDEN, deren berühmtestes Familienmitglied
- der Märtyrer Adalbert - dem Kaiser offenbar sehr nahe gestanden
hatte, mit den Interessen des Reiches weit weniger in Einklang standen.
Ihren Höhepunkt fand OTTOS
die PIASTEN favorisierende Ostpolitik
in dem Akt von Gnesen, in welchem Polen ein eigenes, von Magdeburg unabhängiges
Erzbistum und somit die kirchliche Selbständigkeit zugestanden, der
Polen-Herzog
Boleslaw zum "frater und cooperator imperii" erhoben und damit
an die Spitze der gesamten Sclavinia gestellt wurde.
Das ist sicher eine sehr komprimierte und vereinfachte
Darstellung der Ideen und der daraus resultierenden Politik OTTOS
III., doch ist es nicht Ziel und Zweck dieser Arbeit, aufzuzeigen,
wie sich die Vorstellungen OTTOS III.
entwickelt haben, wie er sie umsetzen und verwirklichen wollte, oder zu
beurteilen, wie realistisch seine Gedanken waren.
In diesem Zusammenhang ist nur die Feststellung wichtig,
dass die Ostpolitik des Kaisers von dem Meißener Markgrafen mitgetragen
worden ist. Wenn sie auch eine Änderung gegenüber der Ostpolitik
der Vormundschaftsregierung darstellte, die ein Gleichgewicht der östlichen
Nachbarn untereinander angestrebt hatte, so entsprach sie doch der "Familienpolitik"
der EKKEHARDINER. Dieses Geschlecht hatte nämlich schon früh
verwandtschaftliche Verbindungen zu den PIASTEN
geknüpft;
auch Thietmar stellt das Verhältnis Ekkehards
zu
Boleslaw
Chrobry als ein gleichberechtigt-freundschaftliches dar, wenn
erBoleslaw als den "amicus" Ekkehards
bezeichnet.
Es war also völlig im Sinne des Markgrafen, wenn nun auch staatlicherseits
die PIASTEN gefördert werden sollten.
Insofern ist es denkbar, dass OTTO
III., dessen Pläne es mit sich brachten, dass er sich oft
in Italien aufhielt, in Ekkehardeinen
tatkräftigen Vertreter der Reichsinteressen im Markengebiet gesehen
hat. Vielleicht wurde Ekkehard auch
zu Mittlerdiensten zwischen dem Kaiser und dem Polen-Herzog herangezogen,
was quellenmäßig jedoch nicht belegt ist. Ekkehard handelte
also in vollem Einvernehmen mit dem Kaiser, wenn nicht sogar auf dessen
Geheiß. Er hat eine herausragende Stellung unter den Ratgebern und
Helfern des Kaisers eingenommen.
Darin mag auch ein Grund für die große Zustimmung
zu Ekkehards Thronkandidatur gesehen werden. Er galt als Garant
für die Fortführung der von OTTO III.
initiierten Ostpolitik. Und die Familie der EKKEHARDINERstellte
mit ihren verwandtschaftlich-freundschaftlichen Verbindungen zu den östlichen
Nachbarn keinen Einzelfall dar. Sehr viele Geschlechter waren in diesem
Grenzraum mit den PIASTEN oder anderen
polnischen Familien verbunden und befürworteten die neue Stellung,
die das PIASTEN-Reich einnehmen sollte.
Diese Haltung der Sachsen verdeutlicht auch ihr schleppendes Engagement
in den Polenkriegen HEINRICHS II. Dass
es daneben auch strikte Ablehnung den Polen gegenüber gab, verdeutlicht
Thietmar von Merseburg mit seiner Chronik.
2.3. Gunzelin
Schon die Nachfolge Gunzelins in der Markgrafschaft
Meißen nach dem Tod Ekkehards I. stand unter einem schlechten
Stern bezüglich seiner Verbindungen zu HEINRICH
II. Wahrscheinlich hätte ohne Eingreifen Boleslaws
Chrobrys im Markengebiet Ekkehards I. Sohn
Hermann
die
Nachfolge angetreten - schließlich war er schon mit seiner Mutter
nach Meißen gezogen, um das Erbe zu übernehmen. Da aber der
Polen-Herzog nach der Ermordung Ekkehards I. Meißen unter
der Mithilfe Gunzelins kurzerhand besetzt hatte, mußte die
Entscheidung über die Neuvergabe auf einem Hoftag fallen.
Boleslaw verlangte
zwar die Mark Meißen für sich selbst, erhielt jedoch nur die
Lausitzen zu Lehen. In die Mark Meißen wurde
Gunzelin, der
Bruder Ekkehards I., eingesetzt. Warum die Wahl auf ihn fiel und
nicht auf den Sohn Ekkehards I., ist nicht ganz klar. Sicher hatte
der neue König HEINRICH II. keinen
vollkommenen freien Entscheidungsrahmen angesichts der Tatsache, dass Boleslawdie
Mark besetzt hielt. Er wird sich deshalb genötigt gesehen haben, dorthin
einen Markgrafen zu berufen, der auch das Gefallen Boleslaws
fand, ein Mitglied der ekkehardinischen
Familie, mit der der Pole verwandtschaftlich verbunden war und seit vielen
Jahren im freundschaftlichen Kontakt stand.
Die Belehnung Gunzelins zeigt meines Erachtens
jedoch sehr deutlich, dass HEINRICH II. nicht
einmal eine Wahl innerhalb der Familienvertreter gehabt haben kann. Vielmehr
wird man von einem Vorschlag Boleslaws
ausgehen müssen, der es für das Beste hielt, dass wenigstens
seine Schwager Gunzelin die Mark Meißen bekam, wenn
er sie schon nicht selbst erlangen konnte. Gunzelin war also von
vornherein ein "diktierter" Reichsvertreter, der - bedenkt man die neue
Richtung des Ostpolitik unter HEINRICH II.
- nicht die Zustimmung des Königs haben konnte.
HEINRICHhatte es
nämlich nach dem überraschenden Tod OTTOS
III. unternommen, von der Machtgrundlage des deutschen Königtums
aus die Verhältnisse im Osten neu zu ordnen. HatteOTTO
III. seine Beziehungen zu den östlichen
Ländern in direktem Zusammenhang mit seiner römisch-imperialen
Politik zu regeln versucht und als Kaiser die Oberherrschaft über
die Gebiete beansprucht, so betrieb sein Nachfolger die "Renovation regni
Francorum" und griff wieder auf lehnsrechtliche Formen im Umgang mit den
Nachbarstaaten zurück.
Dass HEINRICH II.
Polen keine Vorrangstellung innerhalb der Sclavinia einräumen wollte,
hängt vielleicht auch mit den verwandtschaftlichen Beziehungen des
neuen Königs zusammen. War doch einerseits die bayerische Linie des
OTTONEN-Hauses
über Hemma, die Ehefrau Boleslaws
II., mit den PREMYSLIDEN verwandt;
andererseits hatte im Jahr 994 HEINRICHSSchwester
den künftigen König von Ungarn, Stephan,
geheiratet. Die polnische Expansion bedrohte aber auch die Nordgrenze der
ungarischen Herrschaftsgebiete.
Schon bald nach seinem Regierungsantritt geriet HEINRICH
II. deshalb in Konflikt mit dem Polen-Herzog
Boleslaw Chrobry, dessen Folge die Polenkriege bis zum Jahr
1018 waren, in welchen sich HEINRICH II. mit
den heidnischen Liutizen gegen den christlichen Polen-Herzog verbündet
hatte. Eine Verbindung, die unter ausdrücklichem Missionsverzicht
zustande gekommen war und damit der bisherigen, entscheidend vom sächsischen
Stamm mit getragenen Ostpolitik den Boden entzog.
Gunzelin konnte also
als Verwandter Boleslaw Chrobrys nicht
das Vertrauen HEINRICHS II. besitzen,
obwohl er sich während seiner Amtszeit nie reichsfeindlich verhalten
hat. Er unterstützte weder aktiv noch passiv seinen Schwager, sondern
nahm an den Feldzügen gegen den PIASTEN
teil und weigerte sich auch, Meißen im Jahr 1003 an den Polen-Herzog
zu übergeben. Trotzdem suchte HEINRICH II.
nur nach einem Vorwand, ihn seines Amtes zu entheben, den er auch im Jahr
1009 in der FehdeGunzelins mit seinen beiden Neffen Hermann
und Ekkehard II. endlich gefunden hatte.
Das zeigt aber auch sehr deutlich, welch gefestigte Position
Gunzelin
innerhalb des Markengebietes eingenommen hatte. HEINRICH
II. war es offenbar nicht möglich gewesen, Gunzelin
einfach abzusetzen, wobei dessen Verbindungen zu den
PIASTEN
nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürften, da ja Krieg
herrschte. Vielmehr ist festzustellen, dass bei dem Prozeß gegen
Gunzelinviele
Fürsten auf Seiten des Angeklagten gestanden haben; sie appellierten
an HEINRICH II., Gnade walten zu lassen.
Das Eintreten für Gunzelin hat sicher mit
einem gewissen Verständnis seiner Situation zu tun. In Sachsen wurde
die neue Reichspolitik unter HEINRICH II.
nämlich von vielen mit Ablehnung quittiert. Der Krieg gegen den christlichen
Polen-Herzog, zu dem man gute, teilweise sogar verwandtschaftliche Beziehungen
und mit dem man wiederholt zusammen gekämpft hatte, erschien wenig
wünschenswert. Hinzu kam, dass einen Großteil der Kriegslast
die Ostsachsen zu tragen hatten. Darüber hinaus hatten sie keine lohnende
Beute mehr zu erwarten, da der König die heidnischen Liutizen zu seinen
Bundesgenossen gemacht und so deren Gebiete den gewaltsamen Zugriffen der
Sachsen entzogen hatte.
Diese Haltung äußerte sich darin, dass die
vom König angeordneten Feldzüge gegen Boleslaw
nur sehr nachlässig geführt wurden, wie Thietmar dokumentiert,
und viele Fürsten sogar offen mit ihm kollaborierten. Thietmar bezeichnet
zwar die Mehrzahl der Fürsten als bestochen, was teilweise auch stimmen
mag, doch täuscht dies nicht darüber hinweg, dass die Sachsen
aus Überzeugung HEINRICHS Politik
gegen den Polen-Herzog mißbilligten.
Bei dem Prozeß gegen Gunzelin setzte sich
HEINRICH
II. letztendlich durch. Der Meißener Markgraf wurde abgesetzt
und inhaftiert.
2.4. Hermann
Hermann konnte zunächst seinem Vater in der
Markgrafschaft nicht nachfolgen, da auf Betreiben des Polen-Herzogs seinem
Onkel Gunzelin die Mark zugesprochen worden war. Vielleicht fand
zu diesem Zeitpunkt eine Annäherung zwischen HEINRICH
II. und dem EKKEHARDINER statt. Dies würde erklären,
warum Hermann um 1004 die Schutzherrschaft über das Milzenerland
übergeben wurde und das, obwohl Hermann
kurz zuvor eine Tochter
Boleslaw
Chrobrys geheiratet hatte.
HEINRICH
II. muß
Hermann jedoch für einen loyalen Parteigänger
gehalten haben., da er ihm sonst nicht dieses umstrittene Gebiet anvertraut
hätte.
Was die genauen Gründe waren, läßt sich
heute nicht mehr eruieren, vielleicht führte sogar gerade HermannsVerwandtschaft
mit dem Polen-Herzog zu der Berufung. HEINRICH
II. mag gehofft haben, dass das Milzenerland nun geschont werden
würde - ähnlich wie Strehla. Auch bot sich Hermann als
idealer Vermittler zwischen dem König und dem Polen an; oft genug
taucht er später in dieser Funktion auf.
Es ist ebenso möglich, dass HEINRICH,
wohl wissend um das Zerwürfnis zwischen Hermann und seinem
Onkel Gunzelin, dem er enge Kontakte zu Boleslaw
unterstellte,
Hermann gleichsam als einen Puffer in dieses Gebiet
eingesetzt hat in der Gewißheit, dass Hermannseinem Onkel
nicht nachgeben würde, wenn dieser zum Beispiel das Milzenerland übernehmen
oder ausliefern wollte.
Bei der Einsetzung Hermanns in die Mark Meißen
scheint HEINRICH trotzdem gezögert
zu haben; erst auf die Intervention der Königin, des Erzbischofs Tagino
von Magdeburg und auf Rat und Lob der Fürsten hin übergab er
ihm die Mark. Dass von einem anderen Bewerber nichts überliefert ist
und
die Fürsten für die Einsetzung Hermanns plädieren,
zeigt die EKKEHARDINER in der Mark Meißen bereits fest verankert
waren; die faktische Erblichkeit des Amtes war somit bereits eingetreten.
Hermannbestätigte das Vertrauen, das in ihn
gesetzt wurde, indem er an sämtlichen Feldzügen teilnahm und
Meißen und Meißen gegen Boleslaw
verteidigte. Trotzdem scheint er zu HEINRICH II.
kein engeres Verhältnis aufgebaut zu haben. Hermann erscheint nur
einmal als Intervenient in den Urkunden HEINRICHS
II. und tritt auch sonst nicht in der Nähe des Königs
auf, so etwa in einem der Gedenkeinträge HEINRICHS
II. Das hängt aber sicher auch damit zusammen, dass HEINRICH
II. die sächsischen Markgrafen und Grafen fast völlig
ausgeschaltet hatte und statt dessen den Episkopat bevorzugte.
Man kann also nicht von einer prinzipiellen Ausgrenzung
der ekkehardinischen Familie während
der Regierungszeit HEINRICHS II. sprechen,
zumal Hermanns Bruder Gunther seit 1009 als Kanzler in der
Hofkapelle HEINRICHS
nachweisbar ist,
1023 zum Bischof von Salzburg nominiert wurde, und Eilward,
ein anderer Bruder Hermanns, zum Bischof von Meißen
erhoben wurde. Insofern kann man ausschließen,
HEINRICH
habe den EKKEHARDINERN die Auseinandersetzung mit Ekkehard I.
während
der Königskandidatur im Jahr 1002 nachgetragen.
Nach dem Ende der Polenkriege mit
Boleslaw Chrobry im Jahre 1018 trat Ruhe ein. Im Markengebiet
herrschte nun für einige Zeit Frieden, Sachsen und die Grenzmarken
verloren an Gewicht; sie standen nicht mehr im Vordergrund der Reichspolitik.
Wollten die EKKEHARDINER nicht als ein unbedeutendes Grenzgrafengeschlecht
in Vergessenheit geraten, mußten sie das Schwergewicht ihrer Politik
verlagern. Nicht mehr der Kriegsherr war gefragt, sondern der kompetente
Ratgeber.
Schon von Beginn der Regierung KONRADS
II.
an findet man Hermannund seinen Bruder Ekkehard
oft
in dessen Nähe: Sie sind die einzigen weltlichen deutschen Fürsten,
die an der Kaiserkrönung in Rom teilgenommen haben, und tauchen öfters
als Intervenienten in Urkunden auf als alle anderen Großen des Reiches.
Als der Konflikt mit Mieszko
II., dem Sohn Boleslaw Chrobrys,
ausbrach, nahm Hermann zwar an sämtlichen Kriegszügen
des Herrschers an exponierter Stellung teil, jedoch allein in seiner Funktion
als Markgraf, das heißt, er verfolgte keine eigenen Interessen mehr
wie zum Beispiel sein Vater
Ekkehard I.
Als überragendes Zeichen der Gunst Kaiser
KONRADS II. gegenüber dem Haus der EKKEHARDINER
ist die Verlegung des Bistumssitzes von Zeitz nach Naumburg zu sehen, ein
für die damalige Zeit einmaliger Akt.
Es scheint, als habe sich ihre Stellung von der eines
hervorragenden Feldherrn, dessen vorrangige Aufgabe in der Sicherung des
Grenzgebietes bestand, zu der eines Reichsfürsten gewandelt, der als
bevorzugter Ratgeber in allen Belangen des Reiches auftritt. Dabei bewiesen
sie sich dem Herrscher als absolut reichstreu und ergeben, was ihnen wiederum
mit einzigartigen Gunstbezeigungen belohnt wurde.
Was brachte nun aber KONRAD
dazu, die EKKEHARDINER so eng an seiner Regierung zu beteiligen?
Von persönlichen Beweggründen abgesehen, entsprach dies seiner
Politik. KONRAD stärkte die geistlichen
Fürsten und niederen Gewalten im Reich - auch indem er für die
Erblichkeit des Markgrafenamtes eintrat -, um die Macht der herzoglichen
Gewalten zu unterhöhlen [Das läßt sich auch an der Zusammensetzung
der Intervenienten in seinen Urkunden ablesen. Hatte HEINRICH
II. die sächsischen Markgrafen und Grafen fast völlig
ausgeschlossen, so zog KONRAD II. einzelne
dieser sächsischen Großen wieder heran. Herzöge spielten
keine Rolle, auch die Macht des Episkopats wurde wieder begrenzt.].
Auf einem Fürstentag in Bamberg im Jahr 1035 ist
die von KONRAD II. den Herzögen
gegenüber befolgte Politik charakteristisch dargestellt. Von den weltlichen
Großen sind nur die Markgrafen Ekkehard II. von Meißen und
Adalbert von Österreich namentlich genannt. Dies wirft einerseits
ein Licht auf die bevorzugte Stellung, welche sie einnehmen, andererseits
ist es von Bedeutung, dass gerade die Markgrafen an der Spitze der Reichsgerichts
stehen, als es darum geht, den Herzog Adalbero von Kärnten abzusetzen.
2.5. Ekkehard II.
Die Position der EKKEHARDINER und ihre Zugehörigkeit
zur Mark war anscheinend so gesichert, dass über eine Einsetzung Ekkehards
II. in Meißen überhaupt nichts mehr berichtet wird. Auch
zeigt sich, dass die Familie offenbar für das ganze Grenzgebiet als
zuständig erachtet wurde, da Ekkehard
noch zu Lebzeiten seines
Bruders Hermanns die Ostmark übertragen worden ist.
Zwar sind aus Ekkehards Jugend oppositionelle
Kontakte mit dem Polen-Herzog überliefert, doch sind diese im Zusammenhang
der Haltung der Sachsen gegenüber den Polenkriegen HEINRICHS
II. zu sehen.
Ebenso wie sein Bruder nimmt als Heerführer an den
Feldzügen
HEINRICHS III. gegen
Böhmen teil, doch wurde er auch vermehrt als Ratgeber in Reichsangelegenheiten
herangezogen. Sein Verhältnis zu KONRAD II.
und
später zu HEINRICH III. gestaltete
sich sehr eng, was die Zahl seiner Interventionen in den Kaiserurkunden
und die Titel, die ihm in den Urkunden gewährt werden, zeigen.
3. Begründung und Erhalt der ekkehardinischen Machtstellung
Die Macht der EKKEHARDINER war zunächst auf
nichts anderes gestellt als auf die Machtmittel der Familie und die persönliche
Tüchtigkeit ihrer Vertreter. Die wichtigste Seite der markgräflichen
Stellung war in der Anfangszeit die militärische: Verteidigung des
Markengebiets nach außen, Friedenswahrung nach innen. Darin lag zunächst
auch ein Hauptfaktor für den Aufstieg der
EKKEHARDINER. Ekkehard
I. war es gelungen, sich durch seine Erfolge im Umgang mit den östlichen
Nachbarn annähernd unentbehrlich zu machen: im Vergleich zu ihm traten
alle anderen Großen, die mit der Sicherung der Grenzen beauftragt
waren, in den Hintergrund.
Hinzu kam natürlich, dass sich seine eigenen Interessen
mit den reichspolitischen OTTOS III. deckten.
Doch die Macht und der Stellenwert, den dieEKKEHARDINER auch in
späteren Zeiten im Reichsgefüge einnahmen, basierte nicht nur
auf ihrem Ruf als erfahrene Kriegsmänner, vor allem, wenn man die
wechselnde Richtung der Ostpolitik der deutschen Herrscher bedenkt. Mit
den kriegerischen Erfolgen und dem Dienst für das Reich konnten sich
die EKKEHARDINER eine Plattform schaffen, von welcher aus sie die
Machtgrundlage ihrer Familie sicherten und erweiterten.
Es soll nun darauf eingegangen werden, was die Macht
der EKKEHARDINER bedingt hat und mit welchen Mitteln sie ihre Stellung
konsolidieren und stärken konnten.
3.1. Besitz
Den Ausgangspunkt der ekkehardinischenMachtstellung
bildete der Eigenbesitz, der sich um Kleinjena auf dem nördlichen
Ufer der Unstrut kurz vor deren Eintritt in die Saale erstreckte [Groß-
und Kleinjena werden als Erbgut der EKKEHARDINER
bezeichnet.]. Und
schon hier sind Elemente zu finden, die Ansätze zu einer unabhängigen
Herrschaftsbildung zeigen. Denn bereits zu dieser Zeit spielten Burgen
eine Rolle als Herrschaftsgerüst. Und von den
EKKEHARDINERN
wurden in bedeutendem Umfang Burgen erbaut, auch wenn nicht immer sicher
festzustellen ist, welche Burgen als Dynastiesitze und welche im Interesse
des reiches angelegt worden sind.
Die älteste der ekkehardinischen
Burgen
liegt auf dem Kapellenberg über Kleinjena. Auf dem rechten
Saaleufer gegenüber der Unstrutmündung erbaute spätestens
Ekkehard
I. die Altenburg, und saaleaufwärts lag eine dritte Befestigung,
die vielleicht mit der Rudelsburg identische
"Steinburg". Ihre Aufgabe
war vermutlich der Grenzschutz, doch kann sie ebenso zum Schutz eines rechts
der Saale entlang laufenden Höhenwegs angelegt worden sein.
Den wichtigsten Punkt des ekkehardinischenBurgendreiecks
bildete aber die Naumburg, die wahrscheinlich noch
Ekkehard I.
am
rechten Saaleufer erbaut hat. Ihre Aufgabe war es wohl, den Durchzug der
Hohen Straße von Erfurt durch den Herrschaftsbereich der EKKEHARDINER
über die Saale an die Mulde zu decken.
Als ekkehardinische
Burg ist auch die Eckartsburg zu betrachten, eine der mächtigsten
thüringischen Burgen. Sie ist in erster Linie als Festung des Reichsgutsbezirks
Finne und Aufnahmepunkt der Hohen Straße zu betrachten. Bedenkt man
jedoch, dass die EKKEHARDINER um die Jahrtausendwende mit den WEIMARERN
um die Vormachtstellung in Thüringen kämpften, dann leuchtet
ihre ideale Lage - geradezu als ekkehardinischeGrenzburg
- für die Verfechtung rein dynastischer Interessen ein.
Mit Sicherheit hatten auch Rochlitz, Leisnig und Strehla
zumindest befestigte Höfe. Bei diesen Burgen spielten dynastische
Interessen eine mehr oder minder starke Rolle.
Die zweite Stütze der ekkehardinischenMacht
stellte der ihnen zu Lehen überwiesene Amtsbereich als Grafen und
Markgrafen dar. Doch schon Ekkehard I. war bemüht gewesen,
seine Lehen zu allodialisieren, was ihm auch geglückt ist, wie Thietmar
bestätigt: "apud dominicum beneficii maximam partem acquisivit in
proprietatem". Und dass sich bei den EKKEHARDINERN die Auffassung,
die Mark Meißen als ihr Eigen zu betrachten, schon bald durchgesetzt
hat, zeigen die Vorgänge nach dem Tod Ekkehards I.
Thietmar berichtet, dass Ekkehards Witwe Swanhilde
mit
ihrem Sohn Hermannnach Ablauf von 30 Tagen nach Meißen gezogen
sei, um zusammen mit ihrem Sohn das väterliche Erbe in Empfang zu
nehmen. Die Mark ging jedoch an seinen Onkel Gunzelin;
Hermann
übernahm nur die ekkehardinischenEigengüter.
Dass Strehla bereits zur Zeit Ekkehards I. als
Allod angesehen werden muß, wird deutlich, da sein Sohn Hermann
Strehla
seiner Frau Reglindis als Morgengabe
übertragen hat. Ebenso als Eigengüter dürfen Rochlitz und
die Altenburg bei Naumburg gelten, die in den Auseinandersetzungen zwischen
dem Markgrafen Gunzelinund seinem Neffen Hermann und Ekkehard
II.
hart umkämpft waren. Eine stattliche Kette von Eigengütern
hatten die EKKEHARDINER im Gebiet des Zusammenflusses beider Mulden
in ihre Hand gebracht. Sie liegen zwar diesseits der Elbe, aber gerade
dort, wo man noch relativ, wenn auch nicht völlig, ungehindert
Macht akkumulieren konnte. EkkehardinischesEigengut
ist neben Rochlitz in den Burgwarden Leisnig, Grobig, Bolechma, Colditz
und Groitzsch bezeugt.
Dass der Besitzerwerb der EKKEHARDINERnicht immer
mit legalen Mitteln vonstatten gegangen ist, zeigte sich nach dem Tod Ekkehards
II. So hatte er Güter in Lißdorf als sein Eigen beansprucht,
die das Kloster Hersfeld der Familie nur als erbliche Lehen übergeben
hatte.
Außerhalb des Markengebiets sind in der ErbmasseEkkehards
II. Eigengüter in 8 Dörfern am Harz belegt. Unter dem Orten,
von denen nur Hasselfeld identifiziert werden kann, befinden sich ein Ecgihartingerod
und ein Duobonrod. In diesem Gebiet - im Harz, im Südthüringgau
und im Eichsfeld - befanden sich offenbar die Stammbesitzungen der EKKEHARDINER,
bevor ihre Ausdehnung nach Südosten begann [Patze, Die Entstehung
der Landesherrschaft in Thüringen, S. 115, ist der Meinung, dass diese
Orte "wohl durch seine Gemahlin Schwanhilde" an den letzten EKKEHARDINER
gelangt seien. Doch spricht der Name der Rodung Ecgihartingerod gegen die
Herkunft aus der Familie von Swanhilde.].
Wie sehr die EKKEHARDINER darauf bedacht waren,
einen geschlossenen Herrschaftsbereich zu bilden, zeigen die Auseinandersetzungen
um den Forst, der sich von Zwenkau in großem Bogen bis nach Rochlitz
erstreckte. OTTO II. hatte diesen Wald
dem Bistum Merseburg geschenkt. Bei Aufhebung des Bistums konnte Erzbischof
Gisiler den Wald offenbar für Magdeburg beanspruchen.
Ekkehard
I. besaß seinerseits den Forst Sömmering bei Magdeburg.
Diesen gab OTTO III. an Magdeburg und
entschädigte
Ekkehard mit dem Zwenkauer Forst, ein Tausch,
der ganz in dessen Interesse lag und, wie seine Intervention mit Erzbischof
Gisiler zeigt, von ihm betrieben wurde. HEINRICH
II. hingegen erstattete den Forst an das wieder errichtete Bistum
Merseburg zurück. Zwölf Jahre danach versuchten dann die ekkehardinischenBrüder
Hermann
und
Ekkehard
II. ihn gegen 60 Hufen zurück zu tauschen. Doch Bischof Thietmar
ließ sich nicht drauf ein. Daraufhin versuchten die EKKEHARDINER,
ihn als Zubehör ihrer allodialen Burgwarde Rochlitz und Teitzig auszuweisen.
Doch Thietmar wies den Hofgericht in Magdeburg eine - wenn auch, wie wir
heute wissen gefälschte - ältere Bestätigungsurkunde vor,
worauf HEINRICH II.den Forst als Eigentum
des Bistums anerkannte. In der Folgezeit versuchten nun die EKKEHARDINER,
ihre Rechte an diesem Forst praktisch durchzusetzen. Sie stellten Fallen
und Fangnetze auf, die der Bischof wiederum zerstören ließ.
Die vehemente Reaktion Thietmars läßt sich insofern erklären,
als mit der Ausübung der Jagd die EKKEHARDINER
nicht nur einen
Eigentumsanspruch an diesen Wald begründeten, sondern darüber
hinaus auch das Recht, andere wegen Jagdfrevels zu bestrafen, also einen
Teil der Landeshoheit auszuüben. Außerdem konnte man, wenn der
Wald gerodet werden sollte, "Herrschaft über Land und Leute" gewinnen.
Wir finden bei den EKKEHARDINERN noch ein weiteres
Element, das Bindung an den Boden schaffen sollte. Schon
Ekkehard I.
hatte auf seinem Eigengut Kleinjena eine Abtei gegründet, in der er
bestattet wurde. Dieses Kloster wurde von seinen Söhnen nach Naumburg
übertragen; es ist das spätere Georgenkloster. In Naumburg entstand
unter Hermanneine weitere geistliche Stiftung, die im Jahr 1028
zum Sitz des Bistums Zeitz bestimmt wurde. Wie bereits dargelegt, fand
die Verlegung im Interesse der EKKEHARDINER statt, die hier eine
Familiengedenkstätte errichten wollten.
In welchem Maß es den EKKEHARDINERN gelungen
ist, Lehen in Eigengüter umzuwandeln, wird durch die Tatsache deutlich,
dass Ekkehard II. Kaiser HEINRICH III. als
seinen Erben eingesetzt hat. Dass der Markgraf Gebiete der Mark dem König
erblich vermachte, und sich der uneingeschränkte Heimfall der Mark
nach dem Tod des kinderlosen Ekkehards II. gemäß dem
Lehnsrecht nicht von selbst verstand, zeigt, dass hier durch die autochthone
Herrschaftsbildung am Beginn des 11. Jahrhunderts die Verhältnisse
auf den Kopf gestellt worden sind.
Dass man trotz allem noch nicht von einer völligen
Territorialisierung der Mark sprechen kann, dokumentieren die Eingriffe
der Herrscher bei Vergabungen innerhalb der Mark. Trotzdem seien "entscheidende
Anzeichen zur Bildung der Landeshoheit" nicht zu verkennen, wie Patze schreibt.
Den EKKEHARDINERN ist
es gelungen, einen großen Herrschaftskomplex im thüringisch-meißnischen
Grenzgebiet, bestehend aus Eigengütern, Lehen, Vogteien und Burgen,
unter Hilfe von Gefolgsleuten zu bilden. Im Gegensatz zu anderen Geschlechtern
blieben die EKKEHARDINER jedoch nicht nur im Altland verhaftet,
sondern griffen auch ins Neuland hinaus. "Es scheint die EKKEHARDINER
von den BILLUNGERN und auch von den Markgrafen auf dem Nordgau zu unterscheiden,
dass sie ihre Position stärker im slawischen Siedelgebiet und unter
Mitwirkung von Slawen aufgebaut haben.
3.2. Verwandtschaftliche Verbindungen
Ein weiteres wichtiges Element für Machtausbau und
- Konsolidierung waren Heiratsverbindungen. Sie stellten nicht nur einen
realen Besitzgewinn durch das Hinzukommen von Heiratsgut dar, man konnte
sich mittels einer Heirat innen- und außenpolitisch absichern. Eheschließungen
hatten somit einen friedens- und bündnisstiftenden Charakter. Wurde
doch der Kampf um die Landesherrschaft nicht nur nach oben hin geführt,
als Kampf um die Emanzipation von der königlichen Gewalt, sondern
auch auf der eigenen Ebene gegen Mitbewerber.
Die Ehefrauen der frühen EKKEHARDINER sind
nicht bekannt, erst die Gemahlin Ekkehards I. ist überliefert:
die BILLUNGERIN Swanhilde. Mit der Einheirat in die sächsische
Herzogsfamilie gelang den EKKEHARDINERN
nicht nur ein sozialer Aufstieg,
sondern sie fanden in den BILLUNGERN auch loyale Unterstützer ihrer
Politik. So favorisierte Herzog Bernhard von Sachsen seinen Schwager Ekkehard
I. von Meißen als Nachfolger OTTOS III.
Die
Ehen Gunzelins und Hermanns sind ebenso unter politischen
Gesichtspunkten geschlossen worden. Mit beiden wurden Verbindungen mit
dem Herzog von Polen eingegangen, der als der direkte Nachbar der Mark
Meißen anzusehen ist. Wie wichtig diese Bindung den beiden Geschlechtern
erschien, zeigt, dass Boleslaw Chrobry den
Frieden von Bautzen im Jahr 1018 mit der Heirat mit einer Schwester Hermanns
bekräftigte.
Ekkehard
II. heiratete hingegen wieder "innersächsisch", nämlich
Uta
von Ballenstedt.
Wie wichtig die "richtige" Verheiratung der Töchter
war, zeigen die Vorgänge um die Verehelichung von Liudgard,
einer Tochter Ekkehards I. Hatte der Markgraf zuerst einer Eheschließung
mit dem Sohn des Markgrafen Liuthar von der Ostmark zugestimmt, verweigerte
er diese später, vielleicht, weil er eine vorteilhaftere Verbindung
im Auge hatte. Auch die anderen Töchter heirateten in ersten Familien
des östlichen Grenzgebietes ein. Odawurde
zur Bekräftigung des Bautzener Friedens im Jahre 1018 mit dem
Polen-Herzog Boleslaw Chrobry vermählt, Mathilde dem
WETTINER Dietrich zur Frau gegeben.
Man kann also bei den EKKEHARDINERN von einer
zielbewußten Heiratspolitik sprechen. Sie haben versucht, sowohl
in Familien sächsischer Herrschaftsträger, als auch in auswärtige
Adelshäuser einzuheiraten. Es haben also mehrere Komponenten zum Aufstieg
der EKKEHARDINER beigetragen. Keine davon ist monikausal zu betrachten.
Der Einfluß der Familie in der Reichspolitik begann
damit, dass sie zu kriegerischen Unternehmungen herangezogen wurde. Aufgrund
ihrer Erfolge kamen die EKKEHARDINER als Amtsvertreter des Herrschers
in den östlichen Grenzgebieten zu Macht und Einfluß, eine Stellung,
die sie durch günstige Heiratsverbindungen und Nähe zum Herrscher
abzusichern wußten. So gelang es den EKKEHARDINERN, eine "frühe
Landesherrschaft" in dem Grenzraum zwischen Alt- und Neusiedelgebiete aufzubauen.
Unterstützend kam hinzu, dass in den Ostgebieten die Territorialisierung
- bedingt durch die Berührung und Auseinandersetzung mit den Herschaftsbildungen
der Westslawen - wesentlich früher und kräftiger stattfand als
im Westen.
VI. EKKEHARDINER und PIASTEN
Die erste belegte verwandtschaftliche Bindung zwischen
EKKEHARDINERN
und PIASTEN wurde zur Zeit Ekkehards
I. geschlossen. Das geht aus der Bezeichnung Gunzelins als "frater"
von Boleslaw Chrobry bei Thietmar hervor,
wenngleich in der Forschung verschiedenste Deutungen über das Zustandekommen
dieses Bruderverhältnisses zu finden sind. Über die Beweggründe
der beiden Familien, ihre Verbindung auch familiär abzusichern, wurden
hingegen in der älteren Literatur keine Überlegungen angestellt.
Und so wurde auch Gunzelins Hilfe bei der Einnahme Meißens
durch den Polen-Herzog Boleslaw Chrobry
nach dem Tod Ekkehards I. im Jahr 1002 als staatsverräterischer
Akt gesehen.
Erst Herbert Ludat hat versucht, die Motive, die hinter
diesem Ereignis stehen, näher zu beleuchten, und er ist zu dem Schluß
gekommen, dass der Einfall Boleslaw Chrobrys
im Jahr 1002 nicht als ein Anschlag auf das Reich zur Ausweitung seiner
Machtpläne zu deuten sei, sondern "dass Boleslaw
nur im vollem Einverständnis mit den EKKEHARDINERN gehandelt
haben kann, dass er, in seiner Stellung als Herr der Sclavinia und Glied
des Imperiums anerkannt, bei dem Wahlakt in Merseburg Ende August 1002
wie ein Fürst des Reiches aufgetreten ist und die gemeinsamen Interessen
erfolgreich durchgeführt hat.
1. Mögliche Gründe für ein Bündnis zwischen EKKEHARDINERN und PIASTEN
Zu der Zeit, als Ekkehard I. zum Markgrafen von
Meißen berufen wurde, hatten sich im Markengebiet, vor allem in der
Landschaft zwischen Saale, Elbe und Oder, einschneidende Veränderungen
vollzogen. Durch den Liutizenaufstand war im Norden die deutsche Herrschaft
beseitigt worden, und im Süden war nach dem Tod OTTOS
II. die wichtige Burg Meißen infolge der erneuten
Thronansprüche Heinrichs des Zänkers
an die PREMYSLIDEN verloren gegangen.
Ekkehards
erstes Ziel mußte deshalb die Rückeroberung der Burg Meißen
sein.
Für die PIASTEN bedeutete
die böhmische Inbesitznahme Meißens das Ende ihres politisch-verwandtschaftlichen
Bündnisses mit dem vormaligen Markgrafengeschlecht von Meißen,
dem Haus RIKDAGS. Außerdem mußte die Errichtung der böhmischen
Herrschaft in Meißen zu einem Konflikt zwischen PREMYSLIDEN
und PIASTEN
führen, da sich die
Polen durch das expansive Vorgehen der Böhmen im Elbe-Oder-Raum bedroht
fühlen mußten. So ist es nur logisch, dass sich die
PIASTEN
in der Folgezeit näher an die Vormundschaftsregierung unter Theophanu
und damit an den neuen Meißener Markgrafen anschlossen. Auch für
sie war es wichtig, dass die Burg Meißen den PREMYSLIDEN
entrissen wurde und wieder in die Hände eines Reichsvertreters gelangte.
Hinzu kommt, dass sich die PIASTENschon
zuvor mit benachbarten Markgrafengeschlechtern verwandtschaftlich verbunden
hatten. Eine der Ehefrauen Mieszkos I.
war Oda von Haldensleben gewesen, die
Tochter des Markgrafen Dietrich von der Nordmark, und Boleslaw
war seine erste Ehe mit der Tochter des damaligen Meißener Markgrafen
Rikdag eingegangen. Insofern stellten verwandtschaftliche Bindungen zwischen
deutschen Markgrafengeschlechtern und auswärtigen Familien nichts
Neues dar.
Herbert Ludat ist jedoch der Meinung, dass bei der Verbindung
zwischen
Boleslaw Chrobry und den EKKEHARDINERN
neben
rein nachbarlich-freundschaftlichen Überlegungen noch andere Vorstellungen
eine Rolle gespielt haben. Nach seinem Dafürhalten beanspruchten nämlich
PIASTEN
wie EKKEHARDINER gewisse Anrechte auf die beiden Lausitzen. Das
gehe einerseits aus Boleslaws Aktion
im Jahr 1002 hervor [Für Boleslaw
muß
der Besitz der Lausitzen eine zentrale Bedeutung besessen haben, da er
fast die Hälfte seiner Regierungszeit darauf verwandt und Krieg geführt
hat, um in ihren Besitz zu gelangen.], andererseits sei der Frieden von
Bautzen und damit die Übereignung einer Lausitz an Polen durch die
Eheschließung des Polen-Herzogs mit Oda,
einer Tochter Markgraf Ekkehards I. von Meißen, besiegelt
worden. Diese erneute verwandtschaftliche Bindung sei gleichsam als Garant
für die getroffene Übereinkunft erachtet worden. Doch weder für
Boleslaw
Chrobry noch für die
EKKEHARDINER ließen sich
diese Ansprüche quellenmäßig belegen.
Den Schlüssel zur Klärung etwaiger Anrechte
der PIASTEN und EKKEHARDINER auf
die Lausitzen glaubte Herbert Ludat in der ersten Verbindung dieser beiden
Häuser zu finden. Bei seinen Untersuchungen kam er zu dem Schluß,
dass Gunzelin und Boleslaw miteinander
verschwägert seien, weil sie Schwestern geheiratet hätten. Die
Ehefrau Boleslaws ist bei Thietmar
überliefert: "Tercia fuit Emnildis,
edita a venerabili seniore Dobremiro, quae Christo fidelis ad omne bonum
instabilem coniugis sui mentem declinavit et immensa elemosinarum largitate
et abstinentiaa utriusque maculas abluere non desistit." Gunzelin
wäre
demnach mit einer anderen, unbekannten Tochter dieses Dobremir verheiratet
gewesen. Und über Dobremir sollen sich die Ansprüche auf die
Lausitzen hergeleitet haben, führt Ludat aus.
Er ist der Meinung, dass Dobremir [Nach Ludat (An Elbe
und Oder, S. 34/35) ist Dobremir ein Angehöriger der TUGUMIR-Dynastie
in Brandenburg. Dafür sprächen die politische und kirchliche
Zugehörigkeit der Lausitz zu Brandenburg und der Name Dobremir, dessen
zweiter Bestandteil in den Namen Drahomir und Tugumir begegne.] im Gebiet
zwischen Elbe und Oder die Landschaften beherrscht hat, die im Jahre 963
von Gero unterworfen worden waren. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Abschnitt
zwischen Elbe und Neiße bis zur Oder hin eine Zone, in der sich die
politischen Interessen der sächsischen Markgrafen, der PIASTEN
und PREMYSLIDEN getroffen haben. Als
Grund für die Annahme, Dobremir habe in diesem Bereich der sächsischen
Grafengeschlechter eine politische Rolle gespielt, verweist Ludat auf die
Namen von Dobremirs Tochter und Enkelin. Emnildis
und Regelindis [Der Name ist geradezu
der Leitname der IMMEDINGER, der Familie der Königin
Mathilde, deren Mutter Reinhilda und deren Onkel Reginbern hießen;
dazu aus dem 9. Jahrhundert der fränkische "comes" Reginhild, ein
Abkömmling der KAROLINGER, von
dem sich die Walbecker Grafen herleiten.] würden nämlich darauf
hindeuten, dass Dobremirs Frau eine Angehörige der Familie des Markgrafen
Gero oder der sogenannten Harzgrafen, zu denen die Sippe des Markgrafen
Rikdag gehört hat, gewesen sei, da in beiden Familien zu dieser Zeit
der Name Emnildisüberliefert sei
[Vgl. die "Emnildis"-Belege bei Schlaug (W.: Studien zu den altsächsichen
Personalnamen des 11. und 12. Jahrhunderts, Lund/Kopenhagen 1955, S. 117).
Demnach tritt der Name in der RIKDAG-Sippe, im Geschlecht der QUERFURTER
und in der Familie des Erzbischofs Gero von Magdeburg auf. Interessant
ist, dass im Reichenauer Gedenkbuch (Cod. aug. col. 263b; Schmid, K. Neue
Quellen zum Verständnis des Adels im 10. Jahrhundert, in: ZGO 108,
N.F. 69, 1960, S. 213) unmittelbar hinter Kero (Gero) eine Eininhilt erwähnt
wird. Auch die in den Quedlinburger Annalen zum Jahr 991 (Ann. Quedl. a
991, SS 3, S. 68) genannte Emnild sowie die im Merseburger Nekrolog unter
dem 20. September genannte Äbtissin und die ebenda am 13. April als
"sanctamonialis" verzeichnete Emnild sind sicher Angehörige des sächsischen
Adels gewesen. So Ludat, An Elbe und Oder um das Jahr 1000, S. 22f. mit
Anm. 126.].
War Dobremir tatsächlich in dem Gebiet zwischen
Elbe und Oder beheimatet, so ist das Interesse der beiden Dynastien an
der Beherrschung dieser Landschaften sehr verständlich. Besaß
es doch eine wichtige strategische und politische Bedeutung, da hier die
alten Verbindungswege vom Westen in den Osten führten. Setzt man nun
voraus, dass Dobremir keinen Sohn hatte, dem er sein Herrschaftsgebiet
vererben konnte, so ist es durchaus möglich, dass die PIASTEN
wie
die EKKEHARDINER durch die Heirat der Töchter Dobremirs Anrechte
auf das Gebiet ihres Schwiegervaters zu erreichen suchten. Wie wichtig
den PIASTEN diese Verbindung war, zeigt,
dass Boleslaw die erst kurz zuvor geschlossene
Ehe mit einer Ungarin löste.
So schlüssig die Interpretation von Ludat auch erscheinen
mag, so können seine Ausführungen nicht darüber hinwegtäuschen,
dass es für seine Sicht der Abläufe keine Beweise gibt. Weder
ließ sich bisher der genaue Herrschaftsbereich Dobremirs nachweisen
noch das Vorhandensein einer weiteren Tochter, die Gunzelin geheiratet
haben soll. Insofern muß Ludats Erklärung eine - wenn auch durchaus
schlüssige - Hypothese bleiben.
Es stellt sich nun noch die Frage, was sich die beiden
Dynastien von diesem Bündnis versprachen. "Dieser Pakt muß nun,
wie sich aus den politischen Vorgängen der Folgezeit ergibt, Ekkehard
die Oberhand über Meißen und das östliche Vorland zugestanden
haben. Verbunden war damit anscheinend auch eine militärische Zusammenarbeit
vor allem gegen die PREMYSLIDEN. Schon
im Jahr 985 kämpften Mieszko und
Boleslaw
auf
der Seite OTTOS III. bei der Rückgewinnung
Meißens und gegen die Elbslawen, auf der anderen Seite unterstützten
die Reichsregierung und ihre markgräflichen Gewalten Mieszko
im Kampf gegen die
PREMYSLIDEN. Die
PIASTEN
entgingen
durch das Bündnis mit den EKKEHARDINERN
somit der Gefahr, von
zwei Seiten von den
PREMYSLIDEN
umschlossen
zu werden.
Wie positiv sich der Pakt für die PIASTEN
auswirkte, zeigte, dass der PIASTEN-Staat
unter OTTO III. zur ersten Macht der
Sclavinia und zum Glied des Imperiums aufstieg. Darüber hinaus ist
anzunehmen, dass beide Häuser auf diese Art Ansprüche auf das
Gebiet Dobremirs erwarben, das Gebiet zwischen Elbe und Oder. In diesen
Zusammenhang gehört wahrscheinlich die Nachricht Thietmars, Ekkehard
I. hätte die Milzener unterworfen.
2. Die Vorgänge des Jahres 1002
Nimmt man die Überlegungen eines Bündnisses
zwischen den EKKEHARDINERN und den PIASTEN,
das einerseits beider Machtgebiete und darüber hinaus beiden Häusern
Ansprüche auf das Gebiet zwischen Elbe und Oder beheimateten Dobremir
sichern sollte, als gegeben an, so erscheinen die Vorgänge des Jahres
1002 in einem anderen Licht. Die Todesfälle OTTOS
III. und Ekkehards I. stürzten nicht nur das Reich
in eine Krise, sondern stellten auch die bis zu diesem Zeitpunkt herrschenden
Zustände im südlichen Markengebiet und die Grundlagen der piastischen
und
ekkehardinischenPolitik in Frage.
Schon der Anspruch Herzog HEINRICHS
barg die Gefahr in sich, dass die polnische Machtstellung erneut durch
die traditionellen bayerisch-premyslidischen Interessen gefährdet
wird. Hinzu kam, dass Boleslaw Chrobry
durch den Tod Ekkehards I. einen wichtigen Verbündeten verloren
hatte.
Ludat faßt das folgendermaßen zusammen: "Angesichts
der Ungewißheit über die Nachfolge im Reich und angesichts der
einflußreichen Gegner Ekkehards im thüringisch-sächsischen
Adel lag die Ausschaltung der EKKEHARDINER
und die Übertragung
der Markgrafschaft an ein anderes Geschlecht geradezu in der Luft."
Nach Ludat gab es deshalb nichts Näherliegendes,
als dass der Polen-Herzog einer derartigen Gefahr für seine eigene
Stellung und die der EKKEHARDINER durch einen Einfall in das Markengebiet
entgegentrat. "Was sich in der einseitigen Schilderung Thietmars als ein
räuberischer Gewaltakt Boleslaws gegen
das Reich ausnimmt, erwies sich - wie mir scheint - unter Berücksichtigung
der politischen und dynastischen Gegebenheiten als eine gemeinsame Aktion
zweier nah versippter Dynastien mit dem Ziel, die bestehende und für
beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft unter allen Umständen zu erhalten
und allen Möglichkeiten personeller und organisatorischer Veränderungen
im Markengebiet zuvorzukommen. Sie haben sich dabei in diesen Landschaften,
die bisher unabhängig gewesen und erst seit kurzem dem Markengebiet
in loser Form angegliedert worden waren, fraglos als Erben Dobremirs betrachtet
und sie als ihre alleinige Interessensphäre angesehen. Und an anderer
Stelle: "Angesichts dieser bedrohlichen Lage und ungewissen Zukunft der
EKKEHARDINER
mutet das Vorgehen
Boleslaws wie ein
diplomatisches Meisterstück an, um die Ansprüche dieses Hauses
zu sichern."
Schon die Besetzung der Lausitz durch Boleslaw verlief
ohne jegliche Gegenwehr - auf jeden Fall berichtet Thietmar nichts davon
-, was nur auf eine Einverständnis zwischen dem mit diesem Gebiet
betrauten Markgrafen Gero, dem Stiefsohn Ekkehards I., und Boleslaw
zurückzuführen ist [Gero II. hat dem PIASTEN-Fürsten
zweifelsfrei nahegestanden. Er gehört zu OTTOS
III. Vertrauten (so Lüpke, Die Markgrafen der sächsischen
Ostmarken, S. 21, mit Hinweisen auf DD O III, 118 vom 17. April 993 und
359 vom 1. Mai 1000, in welchen Gero zusammen mitEkkehard I. als
Intervenient für Magdeburg und Niemburg genannt wird), war ein Anhänger
von OTTOS Renovatio-Politik und damit
ein Befürworter des Aktes von Gnesen. Falls Emnildis über ihre
Mutter selbst aus dem GERO-Geschlecht stammte, bestanden sogar verwandtschaftliche
Beziehungen zwischen Gero und Boleslaw.
Die hohe Achtung, die Boleslaw und
seine Mannen Gero und den mit ihm Gefallenen entgegengebracht haben, läßt
auch der Bericht Thietmars (VII, 22, SS rer. Germ. N.S.9, S. 422/24) erkennen.
Auffällig ist, dass Gero in den Polenkriegen kaum hervorgetreten ist.
Es ist nichts bekannt darüber, dass Gero versucht hätte, die
Lausitzen von Boleslaw zurückzuerobern.
Vielmehr schreibt Thietmar, HEINRICH
sei nicht dagegen eingeschritten, als das sächsische Aufgebot im Jahr
1010 die markgräflichen Besitzungen um Belgern verwüstete (Thietmar
VI, 56, SS rer. Germ. N.S. 9, S. 344); Gero wurde für den Verluste
auch nicht entschädigt. Seitdem fand Gero keine Erwähnung mehr
in den Kaiserurkunden. Noch auffälliger ist das, was Thietmar (VII,
16, SS rer. Germ. N.S. 9, S. 416) über die Vorgänge beim Aufmarsch
des Heeres unter der persönlichen Führung des Kaisers im Juli
1015 berichtet: Die Mark Geros wurde links der Elbe um Sclaucisvordi (nach
Holtzmann in seiner Thietmar-Ausgabe, S. 417, Anm. 17, handelt es sich
hier um eine unbekannte Wüstung links der Elbe zwischen Riesa und
Wittenberg) verwüstet und gebrandschatzt. Ludat sieht darin eine "zielbewußt
durchgeführte Strafaktion des Kaisers", um Gero zur Teilnahme an dem
bevorstehenden Feldzug zu zwingen. Vgl. Lüpke, Die Markgrafen der
sächsischen Ostmarken, S. 19ff.; Ludat, an Elbe und Oder um das Jahr
1000, S. 28 mit den Anm. 202 und 203.]. Bei der Übernahme der Burg
Meißen hat Gunzelin aktiv mitgeholfen, doch leistete die
deutsche Burgbesatzung den polnischen Truppen Widerstand.
Unsicher ist das Verhalten von Ekkehards I. ältestem
Sohn Hermann. Er befand sich mit seiner Mutter Swanhilde
innerhalb der Burgmauern. Ludat interpretiert das Schweigen der Quellen
über Hermanns Reaktion auf den Übernahmeversuch des Polen-Herzogs
als sein Einverständnis mit dieser Aktion, was durch die kurz darauf
erfolgte Heirat mit Regelindis, der
Tochter Boleslaws, bestätigt werde.
Dieser Deutung der Vorgänge widerspricht meines
Erachtens jedoch, dass sich Hermann offensichtlich doch nach Meißen
begeben hatte, um seinem Vater im Amt nachzufolgen. Für ihn scheint
nichts gegen eine "normale" Nachfolgeregelung gesprochen zu haben. Das
zeigt auch die Bemerkung Thietmars, die gewaltsame Übernahme Meißens
würde "zum Verderben des Sohnes" Ekkehards I. geschehen. In
dem Tumult wurde sogar ein namhafter Gefolgsmann Hermanns getötet.
Das alles spricht gegen das Einverständnis Hermanns. Wenn also
von einem gemeinsamen Vorgehen der EKKEHARDINER und PIASTEN
ausgegangen wird, so kann sich das nur auf einzelne Vertreter der ekkehardinischen
Familie beziehen, nämlich auf Gunzelin.
Probleme bei Ludats Deutung von einem paritätischen
Bündnis zwischen PIASTEN und EKKEHARDINERN
ergibt auch das Verhalten Boleslaw Chrobrys
auf dem Hoftag in Merseburg im Jahr 1002. Nachdem der Polen-Herzog dem
neuen König HEINRICH II. gehuldigt
hatte, forderte er für sich die Herrschaft über die Lausitz,
das Milzenerland und Meißen. Von Seiten der
piastischen
Politik versteht sich Boleslaws angestrebte
Herrschaft über Meißen: Erst der Besitz dieser Mark mit den
strategisch so wichtigen Elbübergängen garantierte die volle
Sicherheit für die östlichen Vorlande. Doch verloren die
EKKEHARDINER
auf diese Weise ihre Position als Markgrafen von Meißen, was nicht
im Sinne der unter
Ekkehard I. getroffenen Übereinkunft gewesen
sein kann. Und falls die Absprache auch BoleslawsHerrschaft
über Meißen vorgesehen hatte, so stellt sich die Frage, welche
"neue" Stellung und welcher Machtbereich für die EKKEHARDINER
vorgesehen
war.
Ludat versucht diesen Widerspruch wenig überzeugend
aufzulösen, indem er ausführt, dass durch die Ehe Hermanns
mit Regelindis die beiden Dynastien
erneut verbunden worden wären und sich Gunzelins Interessen
bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich auf seine Grafschaften im
westlichen Altland bezogen hätten.
HEINRICH II. verweigerte
Boleslaw
die Mark Meißen und setzte - sicher auf Drängen des Polen-Herzogs
- Gunzelin als neuen Markgrafen ein, womit ein Kompromiß erreicht
wird. Die Mark Meißen kam also nicht an den Sohn Ekkehards I.,
Hermann,
sondern an dessen Bruder Gunzelin, der sich an der Seite Boleslaws
bei der Übernahme Meißens bewährt hatte. Dass man nicht
von einer allgemeinen Interessenvertretung der EKKEHARDINER durch
Boleslaw
sprechen kann, beweist auch die Niederbrennung Strehlas, eines Eigengutes
von Hermann, durch den Polen-Herzog auf dessen Rückweg von Merseburg
nach Polen. Diese Brandlegung diente bisher immer als Beweis dafür,
dass Hermann zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Schwiegersohn
Boleslaw Chrobrys
anzusehen war und daher Strehla noch nicht
- wie ein Jahr später - als Morgengabe für dessen Tochter Regelindis
geschont
wurde. Darüber hinaus zeigt dieser Vorfall jedoch ganz klar, dass
es für den PIASTEN keinen Grund
gab, das Gut
Hermanns zu schützen. Das Bündnis mit der
ekkehardinischen
Familie kann sich deshalb nicht auf alle Mitglieder dieses Hauses bezogen
haben.
In diesen Zusammenhang möchte ich auch Hermanns
Eheschließung mit Regelindis,
der Tochter Boleslaw Chrobrys, stellen.
Nachdem Hermann auf dem Hoftag von Merseburg von der Nachfolge in
Meißen durch das Einwirken des Polen-Herzogs ausgeschlossen worden
war, muß er es für angelegen gehalten haben, sich ebenso wie
sein Onkel Gunzelin mit dem Polen-Herzog verwandtschaftlich zu verbinden,
um seine Stellung wahren zu können. Und erst diese Verbindung, die
im Winter 1002/03 geschlossen wurde, führte dann zu dem von Ludat
bereits in das Frühjahr 1002 gelegte Zustand einer
PIASTISCHEN Verbindung mit allen Mitgliedern der EKKEHARDINER-Sippe.
3. Das Verhältnis der EKKEHARDINER zu den PIASTEN während der Polenkriege
Dass Boleslaw Chrobry
noch nicht aufgegeben hatte, in den Besitz der Mark Meißen zu kommen,
zeigen die Vorgänge im Jahr 1003. Inzwischen war Krieg zwischen HEINRICH
II. und dem Polen-Herzog wegen dessen Eingreifen in Böhmen
und seiner Verbindungen zu dem abtrünnigen Markgrafen Heinrich von
Schweinfurt ausgebrochen. Im Lauf dieser Auseinandersetzungen ließ
Boleslaw
den
Markgrafen
Gunzelindurch einen Boten auffordern, an sein Versprechen zu denken
und ihm Meißen zu übergeben, womit er die alte Freundschaft
("pristina amicitia") erneuern könnte. Gunzelin weigerte sich jedoch,
Meißen zu übergeben, mit dem Hinweis, dass sich Vasallen HEINRICHS
II. bei ihm befänden, die gegen ein solches Unternehmen
einschreiten würden, und er befürchte, dadurch die königliche
Gunst, seinen Besitz und seine Leben zu verlieren.
Gunzelin ging also nicht auf den Wunsch
Boleslaws ein, sondern vertröstete ihn auf einem günstigeren
Zeitpunkt. Allein die Anwesenheit von Vasallen HEINRICHS
II. kann jedoch nicht der Grund für die Absage gewesen
sein. Vielleicht war sich Gunzelin darüber im klaren, dass er im fall
einer Übergabe Meißens die Mark für immer verlieren würde,
und das auch, wenn die Mark in den Händen Boleslaws
bliebe. Es ist aber auch möglich, dass - wie Althoff mutmaßt
- "in dieser Zeit das Bewußtsein, dass der Lehnsbildung die Priorität
zukäme, offensichtlich erheblich gestiegen war.
Die Reaktion Gunzelins zeigt auf jeden Fall, dass
das Bündnis zwischen EKKEHARDINERN und
PIASTEN offensichtlich nicht mehr über alle anderen Überlegungen
gesetzt wurde. Die EKKEHARDINER pflegten zwar weiterhin durchaus
freundschaftliche Kontakte zu Boleslaw Chrobry,
doch sie vergaßen darüber nicht ihre eigenen Interessen, auch
gibt es einige Hinweise, die die Mutmaßung zulassen, dass die Loyalität
der EKKEHARDINER, auch die Gunzelins, beim deutschen Herrscher
lag.
Sowohl die Verurteilung Gunzelins als auch die
Ekkehards
II. sind eher im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten zu sehen, die
HEINRICH
II. mit der Einstellung der Sachsen zu den Polenkriegen hatte,
als dass sie eine Reaktion des Herrschers auf eine eigenmächtige Politik
der EKKEHARDINER gewesen wäre, die sie im Bund mit den PIASTEN
geführt haben. Vielmehr nutzte HEINRICH II.
während der Polenkriege das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen
diesen beiden Häusern, indem er Hermann
des öfteren als
Vermittler einsetzte. Doch zeigt HermannsVermittlertätigkeit,
dass er sich in erster Linie dem deutschen Herrscher verpflichtet fühlte.
Das Bündnis zwischen den Familien war während
der Polenkriege offensichtlich auf beiden Seiten in den Hintergrund gedrängt
worden. Boleslaw
Chrobry nahm im Voranschreiten der Auseinandersetzungen bald
keine Rücksicht mehr auf seine Verwandten. Hermann wurde mehrmals
von Boleslaw belagert, so in Bautzen
im Jahr 1007, und im Herbst des Jahres 1015 griff der Sohn des Polen-Herzogs,
Mieszko
II., die Festung Meißen an und hätte sie auch eingenommen,
wenn ihn die vehemente Gegenwehr
Hermanns und das Ansteigen der
Elbe nicht daran gehindert hätten.
Interessant ist, dass der Polen-Herzog sogar versucht
hat, durch sein schnelles Eingreifen Hermann an der Übernahme
der Mark Meißen zu hindern. Folgt man der Interpretation Ludats,
so hätte es Boleslaw doch angelegen
sein müssen, dass nach der Absetzung Gunzelins wieder ein Verwandter,
diesmal sein Schwiegersohn, mit der meißnischen Markgrafschaft belehnt
wurde.
Auch dieser Vorfall zeigt meines Erachtens deutlich,
dass nach Ausbruch der Auseinandersetzungen zwischen HEINRICH
II.
und Boleslaw Chrobry
das ehemals geschlossene Bündnis in den Hintergrund getreten war.
Boleslaw
Chrobry nahm keine Rücksicht auf die Belange seiner sächsischen
Verwandten, die ihrerseits eindeutig Partei für ihren Herrscher ergriffen
hatten.
4. Der Friede von Bautzen im Jahr 1018
Am 30. Januar 1018 wurde in Bautzen "auf Herzog
Boleslaws ständiges Ersuchen", wie Thietmar berichtet,
Friede geschlossen. Erzbischof Gero, Bischof Arnulf, Markgraf Hermann
und andere traten als Unterhändler auf. Aber die Bedingungen, die
sie erlangten, waren nicht "wie es sich ziemt, sondern so wie es damals
geschehen konnte". Ein Ergebnis war, dass die beiden Lausitzen nun endgültig
an Boleslaw Chrobry übergingen.
Zur Besiegelung des Friedens fand kurz darauf die Hochzeit von Hermanns
Schwester Oda mit dem Polen-Herzog
statt.
Ließe sich nun diese erneute verwandtschaftliche
Verbindung der
PIASTEN mit den EKKEHARDINERN
als
zusätzliche Sicherung des eben vereinbarten Friedens erklären,
also als eine Verbindung zwischen zwei benachbarten Geschlechtern, so geht
Ludat wieder einen Schritt weiter. "Seit Gunzelin nach dem Verlust
seines Amtes von der politischen Bühne abgetreten und Regelindis,
die Tochter Boleslaws und Gemahlin
Hermanns,
vermutlich kurz nach 1015 gestorben war, erforderte die Beilegung des Konflikts,
in dem es um den Besitz der Erblande des senior Dobremir gegangen war,
dringend die Erneuerung einer blutsmäßigen Verbindung zwischen
den beiden Dynastien, auf deren Absprache die politische Ordnung in diesen
Landschaften lange Zeit beruht hatte und durch deren Friedenssicherung
sie allein gewährleistet werden konnte.
Für Ludat besitzen schon die Örtlichkeiten
des Friedensschlusses und der Hochzeitsfeierlichkeiten eine herausragende
Bedeutung, da Bautzen der Hauptort des Milzenerlandes sei und Cziczani
im Zentrum der Lausitz liege. Ludat kommt zu dem Schluß, dass Boleslaw
mit der Hochzeit "die demonstrative Bekundung seiner unbeschränkten
Herrschaft über Milsenerland und Lausitz darstellte.
Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass die Heirat
eine Bekräftigung des Bautzener Friedens darstellt, doch geht ihre
Bedeutung nicht über "nachbarliche" Erwägungen hinaus, denn welche
Garantien hätten die EKKEHARDINER erteilen können? Sie
mögen damit klargelegt haben, dass sie ihrerseits - falls solche überhaupt
vorhanden waren - keine weiteren Ansprüche auf dieses Gebiet stellen
würden, doch eine Garantie dieser Landschaften als Besitz Boleslaws
konnte nur von HEINRICH II.ausgehen.
5. Das Verhältnis zu den PIASTEN bis zum Aussterben der EKKEHARDINER (1018-1046)
Nach dem Friedensschluß von Bautzen hat sich das
Verhältnis zwischen Ekkehardund den PIASTEN
offensichtlich abgekühlt. Im April des Jahres 1018 besuchte zwar Hermann
noch Schwester und Schwager in Polen, doch das ist die letzte belegte Zusammenkunft
zwischen einem Mitglied der ekkehardinischen
Familie und den PIASTEN.
Diese Entwicklung war sicher eine Folge der veränderten
piastischenPolitik.
Nach dem Friedensschluß von Bautzen richtete der Polenherzog seine
Aufmerksamkeit immer mehr Richtung Osten. Das Expansionsstreben gipfelte
in der Einnahme Kiews, und auch das spätere Pommern wurde von ihm
erobert. Weiter zeigen sich zum Ende der Regierungszeit Boleslaw
Chrobrys hin Selbständigkeitsbestrebungen, wie die eigenmächtige
Krönung
Boleslaws kurz vor seinem
Tod im Jahr 1025 beweist.
Mit seinem Tod riß die letzte verwandtschaftliche
Bindung zwischen den beiden Häusern ab. Boleslaws
Sohn
Mieszko
II. beanspruchte in der Folgezeit auch für sich die Königswürde
und stellte damit Polen in eine Reihe mit den anderen Mächten im Nordosten
Europas.
Unter KONRAD II.
kam es erneut zu Kämpfen, als Mieszko II.
die Oberherrschaft des Reiches nicht länger anerkannte. Er fiel 1028
und 1030 in Sachsen ein und verheerte das Grenzgebiet. Erst der deutsche
Gegenzug des Jahres 1031 brachte den gewünschten Erfolg. Mieszkomußte
die Lausitzen mit den zuvor eroberten Burgen und die in Sachsen gemachte
Beute zurückgeben und wurde zu einem eidlich bekräftigten Frieden
gezwungen.
Die EKKEHARDINER sind bei diesen Kämpfen
immer an der Seite KONRADS II. nachgewiesen.
Von einer wie auch immer gearteten Vermittlertätigkeit ist nichts
bekannt.
In den nächsten Jahren versank das polnische Reich
in innenpolitischen Streitigkeiten [Noch im Jahr 1031 vertrieb Otto
Bezprim seinen Bruder Mieszko II. aus
Polen und sandte die königlichen Insignien als eine Geste dafür,
dass er die Oberherrschaft des Deutschen Reichs anerkannte, an KONRAD
II. (Ann. Hild. a. 1031, SS 3, S. 98; Wipo: Gesta Chuonradi
II. imperatoris 29, SS rer. Germ. 61, S. 48). Doch schon ein Jahr später
wurde Otto erschlagen, und
Mieszko II. kehrte zurück. 1033 mußte er aber auf
einem Hoftag in Merseburg seinerseits Verzicht auf die Königswürde
leisten und einer Dreiteilung zustimmen (Ann. Hild. a. 1032, SS 3, S. 98;
Wipo: Gesta Chuonradi II. imperatoris 29, SS rer. Germ. 61, S. 48 und 49).
Sein Bruder Otto und ihr Vetter Dietrich
bekamen selbständige Herrschaftsbereiche übertragen; nach dem
Hildesheimer Annalen gelang es Mieszko
jedoch noch einmal, die Alleinherrschaft zu gewinnen (Ann. Hild. a. 1032,
SS 3, S. 98). Nach dem Tod Mieszkos II.
im Jahr 1034 setzte sich der Auflösungsprozeß fort. Polen war
von allen Seiten bedroht, und Richeza,
die für ihren unmündigen Sohn Kasimir
die Regierungsgeschäfte leitete, wurde Opfer einer heidnischen Reaktion
und noch im Jahr 1034 aus dem Land vertrieben. So zerbrach der polnische
Staat in autonome Herrschaftsgebilde, in denen sich mehrere Familien die
Macht teilten. Vgl. Stasiewski, Deutschland und Polen im Mittelalter, S.
302; Jäger, Rechtliche Abhängigkeitsverhältnisse der östlichen
vom fränkisch-deutschen Reich, S. 49ff.; Higounet, Die deutsche Ostsiedlung
im Mittelalter, S. 58; Hoensch, J.: Geschichte Polens, Stuttgart 1990,
S. 24.], so dass jegliche außenpolitischen Interessen und somit auch
Verbindungen zu landfremden Familien in den Hintergrund traten.
Es scheint, als habe das Bündnis zwischen EKKEHARDINERN
und
PIASTEN seine unwiderrufliches Ende mit dem Friedensschluß
von 1018 in Bautzen gefunden. Doch haben meines Erachtens die Vorgänge
in Bautzen nur noch einen symbolischen Charakter getragen für ein
Bündnis, das sich schon Jahre zuvor überlebt hatte, denn schon
während der Polenkriege war davon nichts mehr zu bemerken. Ich denke,
man kann deshalb nur für die Zeit
Ekkehards I. von einer gemeinsamen
Politik dieser beiden Dynastien sprechen. Und in diesem Zeitabschnitt war
dieses Bündnis auch für beide Seiten von Nutzen. Zusammen konnten
sie die PREMYSLIDEN zurückdrängen
und so ihre eigene Stellung konsolidieren. Nach dem Tod Ekkehards
traten jedoch bei Boleslaw
die eigenen
Interessen in den Vordergrund, wie sein Verhalten in Merseburg hinreichend
beweist.
VII. Schlußbetrachtung
Von thüringischen Grafen stiegen die EKKEHARDINER
zu
höchster Macht auf. Ihr Aufstieg begann mit der Ernennung
Gunthers
zum Markgrafen von Merseburg. Über seine Tätigkeit ist nicht
viel bekannt, doch ist anzunehmen, dass OTTO I.
ihn aufgrund seiner kämpferischen Fähigkeiten und wohl auch nach
der Erkenntnis, dass man Verwandte nicht völlig von der Mitbeteiligung
an der Macht ausschließen darf, in dieses Amt berufen hat. Seine
Stellung war nicht immer eindeutig; wegen seiner Parteinahme für Heinrich
den Zänker wurde er seines Amtes entsetzt, doch noch vor
seinem Tod wieder mit der Markgrafschaft belehnt.
Drei Jahre nach seinem Tod wurde sein Sohn Ekkehard
I. ebenfalls zum Markgrafen berufen. Er verwaltete jetzt jedoch ein
wesentlich größeres Gebiet als sein Vater, nämlich die
mit den thüringischen Marken Merseburg und Zeitz vereinigte Mark Meißen.
Auch bei ihm hat in erster Linie sein Ruf als Kriegsmann zur Einsetzung
geführt.
Durch kriegerische Erfolge und kluge Verhandlungen mit
den östlichen Nachbarn gelang es ihm, in den engsten Kreis der RatgeberOTTOS
III. aufzusteigen. Er war ein Befürworter von OTTOS
Renovatiopolitik und ist zeitweise von dem jungen Herrscher gleichsam als
Statthalter in diesem ostsächsischen Raum angesehen worden.
Nach dem Tod OTTOS III. findet
man Ekkehard I. unter den Thronprätendenten. Seine Kandidatur
begründete sich jedoch nicht nur auf der Stellung, die er als Markgraf
gewonnen hatte, und auf seinen zahlreichen Anhängern, sondern
sie war wie bei den anderen Bewerbern um die Königskrone durch Geblütsrecht
legitimiert. Auch wenn bis jetzt noch nicht vollkommen geklärt werden
konnte, von welchem Zweig der Nachkommen Herzog Ottos des Erlauchten die
EKKEHARDINER
abstammen, so ist doch ihre Verwandtschaft mit den
LIUDOLFINGERN
hinreichend bewiesen.
Ekkehards I. Aussichten auf die Nachfolge auf
den Thron lassen sich nicht mehr nachvollziehen, da er während der
Auseinandersetzungen um die Königswürde ermordet wurde.
Nachfolger im Markgrafenamt wurde sein Bruder Gunzelin.
Seine Berufung ist jedoch nicht auf eine Entscheidung seitens des neuen
Königs
HEINRICH II. zurückzuführen, sondern wurde vom Polen-Herzog
Boleslaw Chrobry - einem Verwandten Gunzelins - mehr
oder weniger erzwungen.
Die Umstände seiner Einsetzung, seine Verwandtschaft
zu dem PIASTEN und nicht zuletzt die
veränderte Ostpolitik unter
HEINRICH II.erschwerten
Gunzelins
Position als Markgraf von Meißen. Das zeigt auch sein weiterer Lebensweg:
Obwohl er sich dem deutschen Herrscher und den Reichsbelangen gegenüber
immer loyal erwiesen hat, suchte
HEINRICH II.
nur nach einem Vorwand, den unliebsamen Markgrafen seines Amtes
zu entheben. Diesen fand der König schließlich in der Fehde
zwischen Gunzelin und seinen beiden Neffen Hermann und
Ekkehard II.
Die Markgrafschaft Meißen gelangte darauf an Hermann.
Sein Verhältnis zu HEINRICH II.
war jedoch eher kühl. Deshalb sehe ich in seiner Belehnung ein Indiz
für die bereits zu diesem Zeitpunkt feste Verwurzelung der EKKEHARDINERin
der Mark Meißen und dem östlichen Grenzgebiet.
Das Verhältnis der EKKEHARDINER zum deutschen
Herrscherhaus verbesserte sich unter HEINRICHS
II. Nachfolgern, KONRAD
II. und HEINRICH III. Auch
die Verlegung des Bistumssitzes von Zeitz nach Naumburg kann als
deutlicher Gunstbeweis gegenüber den EKKEHARDINERS gelten.
Unter den beiden letzten EKKEHARDINERN,
Hermann
und
Ekkehard
II., vollzog sich eine Veränderung der Stellung zum Herrscherhaus.
Während bei Gunther und Ekkehard I. vor allem deren
kämpferisches Eintreten ausschlaggebend für ihre Heranziehung
zu Ämtern und Ehren war, traten Hermann und vor allem Ekkehard
II. in erster Linie als Ratgeber des Herrschers in allen Reichsangelegenheiten
auf.
Der Aufstieg der EKKEHARDINERwurde durch mehrere
Komponenten begünstigt: Da war die äußere Gefährdung
der deutschen Grenze, die eine entsprechende Ausstattung der Markgrafen
erforderte, so dass sich in ihren Händen von vornherein eine größere
Macht entfaltete als in denen der Geschlechter des Altsiedellandes. Zum
zweiten begannen die Familien als Auswirkung von deutschen Thronstreitigkeiten
und der damit einhergehenden Schwächung der Macht des deutschen Königtums
in verstärktem Maß, ihren Eigeninteressen nachzugehen. Neben
diesen äußeren Umständen war darüber hinaus das geschickte
Taktieren der Einzelnen ausschlaggebend, damit eine Familie zu einer solchen
Machtbasis gelangen konnte wie die der EKKEHARDINER. Dieses Geschlecht
hat es verstanden, die ihnen ehemals vom Herrscher übergebenen Instrumente
zur Herrschaftsausübung für ihren eigenen Aufstieg zu nutzen.
Man kann zwar noch nicht von einer völligen Territorialisierung der
Mark sprechen, doch sind entscheidende Anzeichen zur Bildung einer Landeshoheit
nicht zu verkennen. So gelang es den EKKEHARDINERN mit Hilfe von
Gefolgsleuten, aus Allodien, Lehen, Vogteien und Burgen einen großen
Herrschaftskomplex in ihrer Hand zu vereinen. Der Umstand, dass die EKKEHARDINER
ihre Position stärker im slawischen Siedelgebiet aufgebaut haben,
unterschied sie dabei von anderen Grafengeschlechtern.
Hinzu kam eine gezielte Heiratspolitik: Die EKKEHARDINER
verbanden sich nicht nur mit einheimischen Grafenfamilien [Die EKKEHARDINER
waren mit den BILLUNGERN, den WALBECKERN, den BALLENSTEDTERN und den WETTINERN
versippt, die nach dem Aussterben der EKKEHARDINER ihre reiche Erbschaft
antraten.], sondern auch mehrmals mit der piastischen
Dynastie.
Die erste Verbindung mit den PIASTEN
stammt aus der Zeit Ekkehards I. Sein Bruder Gunzelin wird
in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg als "frater" des
Polen-Herzogs Boleslaw Chrobry bezeichnet. Die Gründe für
das Eingehen einer Verwandtschaftsbeziehung mit den PIASTEN
sind in der Nachbarschaft der beiden Geschlechter und dem gemeinsamen Gegner
- den PREMYSLIDEN - zu suchen. Ludat
macht darüber hinaus noch die Aufteilung des Machtbereichs des "senior"
Dobremir - die Lausitzen - als Anlaß für diese Verbindung geltend
und spricht dabei von einem Bündnis zwischen beiden Familien. Diese
Annahme Ludats mag bis zur Jahrtausendwende durchaus ihre Berechtigung
besitzen. Doch für die folgende Zeit - ebenfalls bedingt durch den
Konzeptionswandel der Ostpolitik unter HEINRICH
II. - ist ein Bündnis zwischen PIASTENund
der ganzen Familie der EKKEHARDINER zu negieren. Dagegen spricht
auch nicht, dass Hermann eine piastischePrinzessin
geheiratet hat. Diese Verbindung ist eher so zu verstehen, dass Hermann
auf
diese Weise versuchte, seine Stellung der seines Onkels anzugleichen, um
so seine Ansprüche auf die Mark Meißen zu wahren.
VIII. Exkurs
1. Die Familie Ekkehards I.
1.1. Swanhilde
Seite
195-196
1.2. Gunther
Seite 196-197
1.3. Eilward
Seite
198-200
1.4. Liudgard
Seite
201
1.5. Oda
Seite
201-202
1.6. Mathilde
Seite
202-203
2. Mögliche Familienangehörige der Ekkehardiner
2.1. Brun
Seite
203-204
2.2. Albi
Seite
205-206
2.3. Brun von Querfurt
Seite
206-207
2.4. Gunther der Eremit
Seite
207-209
2.5. Ekkehard von Nienburg
Seite
209-210
IX. Anhang
1. Memorialbücher als Quellen
Die Struktur der mittelalterlichen Gesellschaft basierte
zum großen Teil auf einem dichten Netz von persönlichen und
"staatlichen" Verpflichtungen, die die Beziehungen der Individuen untereinander
schufen und regelten. Die sogenannte vertikale Bindung an den Herrscher
entstand zum Beispiel durch den Gefolgschaftseid, den Untertaneneid, den
vasallitischen Eid oder den Diensteid der Ministerialen. Daneben existierten
jedoch auch paritätische Bindungen, das heißt soziale Bindungen
einzelner Personen oder Familien untereinander.
Bis vor einiger Zeit war es nur möglich, die Beziehungen
zwischen zwei Familien anhand der Eheverbindungen festzustellen. Doch fanden
sich nur wenige Hinweise auf die konkreten politischen Auswirkungen solcher
Eheschleißungen. Auch war nicht zu erkennen, wie lange diese Verbindungen
Bestand hatten, ob sie sich nur auf die Zeitspanne bezogen, in der das
Paar ehelich verbunden war, oder ob sich auch darüber hinaus eine
Beziehung zwischen den Familien entwickelte.
Die Memorialtradition, sei es in Nekrologen oder in Gedenkbüchern,
bietet nun die Möglichkeit, zu überprüfen, wie eng und dauerhaft
die eingegangenen Verbindungen mit anderen Adelsfamilien waren. Die Zahl
der Verwandten, für deren "memoria" man sorgte, läßt exakte
Rückschlüsse auf den Bestand der geschlossenen Verbindungen zu,
woraus sich ein Bild von den Personenkreisen ergibt, mit deren Unterstützung
die jeweilige Familie rechnen konnte.
Dabei hat sich herausgestellt, dass Eheschließungen
einen besonders friedens- und bündnisstiftenden Charakter besaßen.
Potentielle Rivalen konnten auf diesem Weg zu Bundesgenossen gewonnen werden.
Dieser Befund zeichnet sich auch im Lüneburger Nekrolog ab, das von
den BILLUNGERN geführt wurde. Seit der Verbindung zwischen Swanhilde
und
Ekkehard
I. von Meißenwurde auch das Gedenken der EKKEHARDINER
im Lüneburger Nekrolog gepflegt. Verzeichnet sind der Vater Ekkehards
I., Gunther, beide Ehepartner, ebenso ihre Kinder Ekkehard
II., Gunther, der Salzburger Erzbischof, Eilward, der
Bischof von Meißen, sowie Liudgard mit ihrem Gemahl Werner,
dem Markgrafen der sächsischen Nordmark.
Dass diese enge Verbindung zwischen den beiden Familien,
die das Totengedenken deutlich macht, auch ihren Niederschlag im politischen
Bereich fand, zeigen in diesem Fall die Ereignisse nach dem Tod OTTOS
III. Der BILLUNGER Herzog Bernhard I. trat als Parteigänger
Ekkehardsbei
dessen Versuch, die Nachfolge OTTOS III.
anzutreten, auf.
Daraus läßt sich ersehen, dass adelige Familien
die von ihnen ins Leben gerufenen Eigenklöster oder -stifter als Zentren
der Memoria für ihre Angehörigen, Verwandten und Freunde konzipierten.
Sie sorgten für die Kontunität des Einflusses ihrer Familie,
indem sie die Leitung der geistlichen Gemeinschaft Mitgliedern der eigenen
Sippe vorbehielten, und sie machten umfangreiche Stiftungen, um den Konventen,
befreit von materiellen Sorgen, die Einlösung der Memoriaverpflichtungen
zu ermöglichen. Dieses Verhalten dokumentiert auch die Verlegung des
Bistumssitzes von Zeitz nach Naumburg.
Weiteren Aufschluß über Verwandtschaft und
eingegangene Beziehungen bieten Einträge in Memorialbüchern.
Hier wurde einerseits das Gedenken einer Familie bewahrt, und andererseits
wurden eingegangene Verbindungen einer Gruppe manifestiert. Man verpflichtete
sich gegenseitig zu Schutz und Hilfe bekräftigte dies unter Umständen
sogar mit einem Eid und sorgte schließlich für gegenseitiges
Gedenken im Gebet.
Einträge in Memorialbüchern dokumentieren also
neben Verwandtschaft darüber hinausgehende Bindungen wie Freundschaft
oder Genossenschaft. Gerade in der Regierungszeit HEINRICHS
I. war dies häufig der Fall, da sich der König um
den Ausgleich von Gegensätzen durch Freundschaftsbündnisse bemühte.
In Europa sind 7 "libri Memoriales" aus dem Mittelalter
überliefert: der älteste "liber vitae" von St. Peter in Salzburg,
der von Durham in Nordengland, die "libri confraternitatum" von Reichenau
und St. Gallen, das Evangeliar von Pfäfers mit seinen beträchtlichen
Gedenkbuchteilen, das "memoriale" von Remiremont und der "liber vitae"
von S. Giulia in Brescia.
Für die Untersuchung sind jedoch nur die Verbrüderungsbücher
von St. Gallen und Reichenau relevant.
Im Folgenden sollen nun die Gedenkbucheinträge,
die weiteren Aufschluß über die Familie der EKKEHARDINER
geben, behandelt werden. Anhand der Auswahl möchte ich sowohl die
Verwandtschaft der EKKEHARDINER mit den LIUDOLFINGERN
aufzeigen (Unterpunkte 2. und 3.), wie auch ihre Stellung innerhalb des
Adels dieser Zeit (Unterpunkte 4. und 5.)
2. Einträge in Gedenkbücher
2.1. Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 63, D 1-5
Heinricus rex, Mathilda regina, Otto rex, Heinricus, Prun, Kisilpret, Kerprig, Hadauui, Sigifrid, Kotechind, Ekkihart, Dancmar, Sigipret, Meginuuarch, Egino, Ekkihart, Prun, Theoto, Uuitolz, Kozmar, Uuitpret, Kerlind, Liuza, Theotirih, Uuitechind, Reginhilt, Perehtheid, Pia, Friderun, Amalrat, Sigipret, Ekkipret, Piso, Ello - et omnes debitores eorum.
Niedergelegt worden ist dieser Eintrag im Reichenauer
Verbrüderungsbuch wahrscheinlich in der 2. Hälfte des Jahres
929, vor der Vermählung
OTTOS I. mit
Editha.
Karl Schmid hat diesen Eintrag in zwei Aufsätzen
als einen Familieneintrag des Königshauses identifiziert und Eduard
Hlawitschka hat diesen Eindruck weiter vertieft. Zwischen den engsten Familienangehörigen
des Königs und der Königin sind einige Personen eingeschoben;
es erscheinen unter anderem HEINRICHS
Sohn aus der Verbindung mit Hatheburg, Thankmar, Siegfried, der "gener
regis", und zwei Ekkeharde (11 und 16), die, da es sich um einen Familieneintrag
handelt, folglich zur Verwandtschaft der LIUDOLFINGER
gehören.
Althoff sieht diesen Eintrag dagegen eine Kombination
von Familienangehörigen und Gefolgsleuten, da es für eine Reihe
der Namen keine Hinweise auf eine Verwandtschaft mit HEINRICH
I. gebe. "Man wird gerade nach dem Gesamtbefund dieser Dokumentation
in den Personen vielmehr 'dem König Nahestehende' sehen müssen,
die im Zuge der Einungen und Bündnisse der Zeit gemeinsam mit der
engeren Königsfamilie dem Gebetsgedenken anvertraut wurden.
Diese Interpretation hätte jedoch eine Herabsetzung
der Familie
Mathildes, die am Ende
des Eintrages genannt wird, zur Folge. Außerdem lassen sich für
die 15 Namen, die zwischen der engeren Familie HEINRICHS
und der Familie Mathildes stehen, durchaus
Königsverwandte der Seite HEINRICHS I.
zur Identifizierung vorschlagen. Auch erscheint die Annahme, Kerlind und
Liuza, also Frauen, als Helfer oder Gefolgsleute zu bezeichnen, abwegig.
Des weiteren finden sich in den Urkunden dieser Zeit, in denen man wohl
die engsten Helfer HEINRICHS I. finden
sollte, niemals die Namen Theoto, Uuitold, Kozmar und Uuitpert.
Für die Einreihung des 1. Ekkehard (11) in
den engsten Familienkreis der OTTONEN
spricht auch, dass er vor dem Königssohn Thankmar (12) genannt wird.
Identifizierung der Personen:
(1) Heinricus rex
HEINRICH I.
(2) Mathilde regina
Königin Mathilde
(3) Otto rex
Sohn OTTO (I.)
(4) Heinricus
Sohn Heinrich
(5) Prun
Sohn Brun
(6) Kisilpret
Herzog Giselbert von Lothringen; Schwiegersohn HEINRICHS I.
(7) Kerprig
Gerberga, Tochter HEINRICHS I. und Gemahlin Herzog
Giselberts von Lothringen
(8) Hadauui
Hadwig, Tochter HEINRICHS I.
(9) Sigifrid
Siegfried, "gener regis"
(10) Kotechind
Gemahlin Siegfrieds, Guthie, deren Namen offenbar mehrfach mißverstanden
worden ist, wie die
überlieferten Formen Guthiu, Ceuuidiu, Kotechind und Cuotchind
deutlich machen.
Nach Borawska eine Nichte HEINRICHS I., über die die Verwandtschaft
Siegfrieds zum
Herrscherhaus zustande kam, womit aber eine echte Schwägerschaft
(„gener“) nicht zustande kommt.
(11) Ekkihart
Von Hlawitschka als derjenige Neffe HEINRICHS I. (Sohn seines früh
verstorbenen Bruders Liudolf)
namens Ekkehard vermutet, der 936 wegen Zurücksetzung bei der
Ämtervergabe in den Tod ging.
(12) Dancmar
Thankmar, Sohn HEINRICHS I. aus der Verbindung mit Hatheburg, der über
seine Mutter auch mit
Siegfried verwandt war.
(13) Sigipret
Hier läßt sich auf Sizzo/Sigebert, einem Verwandten von Gunther
dem Eremiten verweisen.
(14) Meginuuarch
Meginwarc, thüringisch-sächsischer Graf.
Er scheint ein Vorfahre des Bischofs Meinwerc von Paderborn gewesen zu
sein, der seinerseits als
"nepos" HEINRICHS II. bezeugt ist und dessen Vita von einer „propinquitas
carnis“ zu HEINRICH II.
spricht, ihn "regia stirpe genitus" nennt.
(15) Egino
Vielleicht der "unzertrennliche Gefährte auf allen Zügen" Adalberts
"von Babenberg", des Verwandten
HEINRICHS I., der Adalbert aber 906 untreu wurde; eine Verwandtschaft mit
den BABENBERGN
und damit sicher auch mit HEINRICH I. liegt nahe, läßt sich
aber nicht beweisen.
(16) Ekkihart
Von Hlawitschka als Vater von Markgraf Gunther vermutet.
(17) Prun
(18) Theoto
Zugehörig zur Meginwarc-Sippe
(19) Uuitolt
Zugehörig zur Meginwarc-Sippe
(20) Kozmar
Zugehörig zur Meginwarc-Sippe
(21) Uuitpret
Zugehörig zur Meginwarc-Sippe
(22) Kerlind
Zugehörig zur Meginwarc-Sippe
(23) Liuza
Wahrscheinlich auch der Meginwarc-Sippe zugehörig.
(24) Theotirih
Dietrich, Vater der Königin Mathilde
(25) Uuitechind
Widukind, vielleicht der Onkel der Königin väterlicheseits, dessen
Name an ihren berühmten Vorfahren,
den "dux" Widukind erinnert.
(26) Reginhild
Reginhild, Mutter der Königin Mathilde.
(27) Perehtheid Wahrscheinlich
eine bislang nicht bekannte Schwester der Königin Mathilde, jedenfalls
aber eine nahe
Verwandte der Königin.
(28) Pia
Bia, Schwester der Königin Mathilde.
(29) Friderun
Friderun, Schwester der Königin Mathilde.
(30) Amalrat
Amalrada, Schwester der Königin Mathilde.
(31) Sigipret
Vgl. (13).
(32) Ekkipret
(33) Piso
Seltener Name, den ein 909 verstorbener
Paderborner Bischof trug.
(34) Ello
2.2. Ein heute verschollener Eintrag im St. Galler Verbrüderungsbuch
Heinricus rex, Mathilt Regina, Otto, Heinricus, Haduuuich, Herminburch, Sigofrid comes, Cuotchind, Rekero, Vuolfhere, Thiethere, Pernsuid, Iudith, Reginhart Episc., Adaldek, Adalburch, Adalbert, Kerburch, Liutker F., Suanehilt F., Meginburch, Vnen, Hildisuuid, Maht, Rienhild, Hildisuuid, Adaldech, Pernsuid, Eburhelm, Kerburch, Vnen, Heinrich, Pilihilt, Fridorich, Abbi, Meginuuarch, Otuuar, Folchmar preb., Heinrich, Chunigund C., Christan, Poppo, Helderich P, Martinus P., Marcus P., Ekkehart L., Liuthar, Folcmar, Vuilpurch, Kerbirch, Vuendilgart, Xpina, Hemme, Auu, Perhthilt, Simad, Milburch, Thietpurch, Attu, Ipo, Redpurch, Osui, Siuui, Heinric, Vuigman, Egino, Heriman, Punico, Piso, Sigofrid B., Sigofrid, Hilibert.
Der Eintrag stammt sicherlich aus der Regierungszeit HEINRICHS
I., da HEINRICH und Mathilde
an
erster Stelle mit ihren Titeln ("rex" und "regina") genannt werden. Da
der Name von OTTOS Ehefrau
Editha
nicht auftaucht, wurde der Eintrag wohl vor 929/30 abgefaßt. Warum
die Kinder des Herrscherpaares nur unvollständig aufgeführt sind
- es fehlen Brun und Gerberga -, muß
dahingestellt bleiben. Die Identifizierung der Personen ergibt, dass es
sich sowohl um Lebende wie um Verstorbene handelt. Das legt auch das fünfmalige
Auftauchen des Namens Heinrich nahe.
Neben der Familie HEINRICHS
I. tauchen vor allem sächsische Adelssippen auf: so Mitglieder
der GERO-Sippe, der IMMEDINGER, der Verwandtenkreise um Erzbischof Adaldag
und um die BILLUNGER sowie wahrscheinlich auch Mitglieder babenbergischer
Verwandter.
Es handelt sich also um keinen reinen Familieneintrag
der Königsfamilie. Vielmehr taucht hier die Familie des Königs
mit den einflußreichsten Familien Sachsens auf. In dem Eintrag findet
sich auch einmal der Name Ekkehart (46).
Kann dieser Eintrag auch nicht einwandfreies Indiz für die Verwandtschaft
der EKKEHARDINERNmit den LIUDOLFINGERN
gewertet werden, so zeigt er doch ein Mitglied der Familie unter dem König
Nahestehenden und politisch maßgebenden Familien Sachsens.
Identifizierung der Personen:
(1) Heinricus rex
König HEINRICH
(2) Mathilde Regina
Königin Mathilde
(3) Otto
OTTO (I.), Sohn HEINRICHS I.
(4) Heinricus
Heinrich, Sohn HEINRICHS I.
(5) Haduuuich
Hadwig, Tochter HEINRICHS I.
(6) Herminburch
Zugehörig zu Siegfried.
(7) Sigofrid comes
Siegfried, "gener regis".
(8) Cuotchind
Guthie, die Ehefrau von Siegfried.
(9) Rekero
Markgraf Gero.
(10) Vuolfhere
(11) Thiethere
(12) Pernsuid
(13) Iudith
Judith, die Gemahlin Markgraf Geros.
(14) Reginhart Episc. Erzbischof Reginwart
von Hamburg-Bremen, der im Jahr 918 verstarb.
(15) Adaldek
Adaldag, Kapellan HEINRICHS I., der 936 Erzbischof von Hamburg-Bremen
wurde
(16) Adalburch
(17) Adelbert
Person aus dem Umfeld der BABENBERGER.
(18) Kerburch
Gerberga, möglicherweise eine Tochter oder auch Schwester HEINRICHS
I.
(19) Liutker F.
(20) Suanehilt F.
(21) Meginburch
(22) Vnen
Bischof Unni von Hamburg-Bremen (+ 936), der zum Verwandtenkreis des Hamburger
Erzbischofs Adaldags gehört.
(23) Hildisuuid
(24) Maht
(25) Rienhild
(26) Hildisuuid
(27) Adaldech
Vgl. (15).
(28) Pernsuid
Vgl. (12).
(29) Eburhelm
(30) Kerburch
Vgl. (18).
(31) Vnen
Unni (22); den seltenen Namen Unwan, der hier gemeint ist, trug auch der
zur gleichen Zeit regierende
Bischof von Paderborn (+ 935); sein Name gehört in den Zusammenhang
der og. IMMEDINGER.
(32) Heinrich
(33) Pilihilt
(34) Fridorich
(35) Abbi
(36) Meginuuarch
Dieser Name ist auch aus dem immedingischen Umkreis bekannt; er erinnert
an den thüringischen
Grafen dieses amens (+ 937)
(37) Otuuar
(38) Folchmar presb.
(39) Heinrich
(40) Chunigund C.
Person aus dem Umfeld der BABENBERGER.
(41) Christan
(42) Poppo
Person aus dem Umfeld der BABENBERGER.
(43) Helderich P.
(44) Martinus P.
(45) Marcus P.
(46) Ekkehart L.
(47) Liuthar
(48) Folcmar
(49) Vuilpurch
(50) Kerbirch
(51) Vuendilgart
Verwandte HEINRICHS I.
(52) Xpina
(53) Hemme
(54) Auu
(55) Perhthilt
(56) Simad
(57) Milburch
(58) Thietpurch
(59) Attu
(60) Ipo
Seltener Name, dem gleichfalls ein bisher nicht identifizierter Graf des
Lüneburger Nekrologs zugeordnet
werden könnte, vielleicht der BILLUNGER-Sippe zugehörig.
(61) Redpurch
(62) Osui
(63) Siuui
(64) Heinric
(65) Vuigman
Der BILLUNGER Wichmann.
(66) Egino
Ebenso im Eintrag der Königsfamilie auf pag. 63 des Reichenauer Verbrüderungsbuches.
(67) Heriman
Der BILLUNGER Hermann.
(68) Punico
Ein bisher nicht identifizierter Graf des Lüneburger Nekrologs; wahrscheinlich
der BILLUNGER-Sippe
zugehörig.
(69) Piso
Diesen Namen trug ein 909 verstorbener Paderborner Bischof.
(70) Sigifrid B.
(71) Sigofrid
(72) Hiltibert
2.3. Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 59, C 3-4
Sigifrid, Ceuuidiu, Irminbirc, Ekehart, Prun, Keo, Liuthere, Iudith, Liuthere, Parto, Hunon, Himilker, Meginuuart, Friderihc, Reginhere
Als Terminus ante für die Niederlegung dieses Eintrags
ist der Tod Siegfrieds im Jahr 937 zu sehen, da am Beginn einer Eintragung
erfahrungsgemäß lebende Initiatoren der Einschreibung erscheinen.
In dem hier behandelten Eintrag sind hohe sächsische
Würdenträger vertreten. Wegen des zweimal vorkommenden Namens
Liuthere hielt es Althoff für naheliegend, "an die 'Stammväter'
der STADER und WALBECKER Grafenfamilie zu denken, die beide im Jahr 929
in der Schlacht bei Lenzen fielen. Demnach wäre dieser Eintrag von
sächsischen Großen initiiert worden. Interessant ist jedoch,
dass einige Namen aus dem Königseintrag wiederkehren: Sigifrid, Ekehart,
Prun, Kero und Judith. Nach Metz spricht dies für mehr als eine rein
gefolgschaftliche Bindung, sondern auch für Verwandtschaft oder Freundschaft.
Auf jeden Fall erscheint auch in diesem Eintrag ein Mitglied
der ekkehardinischen Familie im Kreis
des sächsischen "Hochadels".
Identifizierung der Personen:
(1) Sigifrid
Siegfried, "gener regis"
(2) Ceuuidiu
Seine Gemahlin Guthie
(3) Irmiburc
(4) Ekehart
(5) Prun
(6) Kero
Wahrscheinlich Markgraf Gero.
(7) Liuthere
(8) Iudith
Judith, Gemahlin des Markgrafen Gero; jedoch wegen (7) nicht zu sichern.
(9) Liuthere
(10) Parto
Seltener Name, der durch die sächsische delssippe der "BARDONEN" in
der Forschung bekannt ist.
(11) Hunon
(12) Himilker
(13) Meginuuart
Vielleicht der thüringische Graf Meginwarc.
(14) Friderihc
(15) Reginhere
2.4. Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 66
Sigimundus, Hodo, Thiadmar, Thiauui, Rothinc, Thiadgrimus, Aldbrin, Brunhilt, Gundred, Liudgar, Adallog, Uuinidin, Helmbert, Irmingart, Asculf, Hildgar, Thiadric, Hildebertus, Thiadsuuit, Reginheri, Christan, Liudbirc, Uno, Gazlind, Lansind, Henrichus, Ruodpret, Carolus, Hildiburg, Enno, Berhthilt, Martinus, Ecgihard, Adalrad, Liutbirc, Adaluuard, Godesscalc, Redberht, Uuendilsuth, Liudgard, Reinuui, Adalred, Redsuuith, Haburh, Thiadmer.
Althoff setzt den Tod Erzbischof Hildeberts im Jahr 937
als den terminus post für die Abfassung dieses Eintrags. Auch mutmaßt
er, dass die Nekrologabschrift nicht lange danach angefertigt worden sein
wird, da zum Beispiel der noch im Jahr 937 verstorbene Legat Siegfried
im Gedenken fehlt.
Die Untersuchung des Namensgutes ergibt, dass es sich
hauptsächlich um Sachsen handelt. Da Christian (21) durch das Lüneburger
Nekrolog als ein Graf ausgewiesen wird, scheinen die Namen unter anderem
die Vorfahren des Markgrafen Christian zu nennen, über die bisher
nichts bekannt ist. Die Nähe zum Gedenken der Familie HEINRICHS
I. wird durch zahlreiche Überschneidungen mit einer Nekrologabschrift
aus Gandersheim und mit dem Merseburger Nekrolog evident. Wie die verschiedenen
Bischöfe deutlich machen, scheint der in das Gedenken aufgenommene
Personenkreis nicht allein aus Verwandten zu bestehen.
Identifizierung der Personen:
(1) Sigimundus
Halberstädter Bischof (+ 924)
(2) Hodo
Vielleicht Markgraf Hodo.
(3) Thiadmar
Wahrscheinlich der Vater von Markgraf Gero (+ 932).
(4) Thiauui
(5) Rothinc
(6) Thiadgrimus
Halberstädter Bischof (+ 840)
(7) Aldbrain
(8) Brunhilt
(9) Gundred
(10) Liudgar
(11) Adallog
(12) Uuinidin
(13) Helmbert
(14) Irmingart
(15) Asculf
(16) Hildgar
(17) Thiadric
(18) Hildebertus
Erzbischof von Mainz (+ 937)
(19) Thiadsuuit
(20) Reginher
(21) Christan
Durch das Lüneburger Nekrolog als ein Graf ausgewiesen.
(22) Liudbirc
(23) Uno
(24) Gazlind
(25) Lansind
(26) Henrichus
König HEINRICH I. (+ 936)
(27) Ruodpret
(28) Carolus
(29) Hildiburg
(30) Enno
(31) Berhthilt
(32) Martinus
(33) Ecgihard
(34) Adalrad
(35) Liutbirc
(36) Adaluuard
Bischof von Verden (+ 933)
(37) Godesscalc
(38) Redberht
(39) Uuendilsuth
(40) Liudgard
Gemahlin Ludwigs des Jüngeren (+ 885), doch verhindert in diesem Fall
der häufig belegte Name eine
sichere Identifizierung.
(41) Reinuui
(42) Adalred
(43) Redsuuith
(44) Haburh
(45) Thiadmer
2.5. Weitere Einträge in Gedenkbüchern
Weitere Einträge in Memorialbüchern, die Aufschluß über die EKKEHARDINER hätten geben können, sei es über ihre verwandtschaftliche Einordnung oder ihre Verbindungen zu den anderen Personenkreisen, konnte nicht gefunden werden.
2.6 Resümee
Die angeführten Memorialbucheinträge machen
zweierlei deutlich. Zum einen stützen sie die Annahme einer Verwandtschaft
zwischen EKKEHARDINERN und LIUDOLFINGERN,
zum anderen zeigen sie die EKKEHARDINER im Kreis der führenden
Gruppen in Sachsen. Daraus läßt sich schließen, dass die
EKKEHARDINER
schon vor ihrem Auftreten in den erzählenden Quellen seit Ende des
10. Jahrhunderts ein bedeutendes Geschlecht in diesem Raum waren.
3. Auszüge aus Naumburger Mortuologien
3.1. Extrakt aus dem Calendario Numburgensis Ecclesie
Februar. 8. obiit Adelheidis Coitissa et dantur canonico
presenti et absenti 7 pf. de Kroppen facit 17 gr. n. 1 pf. ministrat. praepositns.
Mart. 2. obiit D. Wilmarus (Wilhelmus) Comes fundator,
qui sepultus est ante Altare St. Crucis
Mart. 21. obiit. Relegundis Fundatrix et dantr. canon:
praesenti et absenti 12 pf. Ministris 12 pf. Eccles. 5 pf. facit. 31 gr.
2 pf. Cellarius ministrat.
Septbr. 18. Memoria Adelheidis fundatricis et dantur
canon. 1 pf. ad. offer. de fabrica
(eod.) obiit Bertha Comitissa plenum officium cum elemosyna.
Praepositus dat.
3.2. Extrakt eines alten Mortuologii (A.) s.r. Ministrationes, quae praeposito majoris Ecclesiae Numburgensis secundum Mortuologium Numburgense sunt praestandae
IX. Januari. obiit Eckardus Marchio et ponetur candela
de Talento cere quam dat prepositus.
Pridie Idus Februarij. obiit Adelheydis Comitissa et
dantur vj. den. Canonico oresenti et absenti de Molendino in Kruppen.
XVI. Kal. Februarij. obijt Conradus Comes et ponetur
candela de Talento.
IV. Non. Marcii. obijt Gelba comitissa et ponetur candela
de Talento.
Non. Marcii. obijt Wilhelmus Comes et ponetur candela
de Talento.
VII. Idus Marcii. obijt Thimo de Kisteritz. et ponetur
candela de Talento.
IV. Idus Marcii obijt Lutolffus de Deynstete et datur
canonico presenti in choro in vigilis vj. denarii. vicario III. den: Capellano
II. denar: et tantum in missa Animarum. Item dant; V. Modii ad Eleemosynam
candela ponetur de Talento Item Ecclesiasticis IV denarii de molendino
in Kruppen.
VIII. Idus Marcij. obijt Iohannes Sacerdos et dantur
canonico presenti VI. denar. et ponetur candela.
Kal. Aprilis obijt Gunths Episcopus et ponetur candela.
Prid. non Aprilis obijt Vto. Episccopus, et dant; canonico presenti et
absenti X. denar. Ecclesiasticis iiijor et candela.
II. Non. Maij. obijt Ludwicus. Comes et dantur canonico
presenti et absenti VI. denarij Ecclesiast. IV. denar. et candela de Molendino
in Kruppen.
Non Maij. obijt Otto Imperator Magnus et dantur canonico
presenti et absenti X. denar. Ecclesiasticis IV. denar. et ponetur candela
de Molendino in Kruppen.
III. Kal. Julij obijt Dytmarus Comes et ponetur candela.
V. Kal. Augusti obiit Heinricus de Indagine et datur canonico presenti
solidus denar. Vicario iiij. den. Capellano ij. denar. Ecclesiastiis IV.
denar. et ponetur cereus de Talento ad stipam iij. Solid. de Manso in Buttitz.
XV. Kal. Octobr. obijt Berchta. Comitissa, et ponetur
candela.
II. Kal. Octobr. obijt Hinricus de strassburgk et dantur
VI. denarij canonico presenti, vicario V. solid. et candela. Item iiij.
Modii pro Eleemosyna de parochia in civitate.
III. Non. Octobr. obiit Hinricus Imperator tercius, et
ponetur candela.
II. Idus Octobr. obiit Theodericus Comes fundator et
ponetur candela.
XII. Kal. Novembris obiit Gerburgis Comitissa et ponetur
candela.
X. Kal. Novembr. obiit Vtha Marchionissa et ponetur candela.
3.3. Extrakt aus einem anderen alten Mortuologia (B)
Hechardus Marchio ob. d. Timothei 9. Cal. Febr. sepult9
in monasterio.
Cunradas Comes fund. ob. 16. Cal. Martii et sepult9 in
monasterio.
Gepa Comitissa fundatrix sepulta ante Altare S. Crucus.
Thimo de Kisteriz q. 9tulit. Ecclae. Kisterit et alias
villas multas sepult9 ante alt. S. Stephani
Regelindis fundatrix.
Ditmarus Comes fundator sepult. ante Alt. S. Joh. Evang.
Herrmannus Marchio fundator.
Theodericus Comes fundator sepult9 ante Altare S. Crucis
Gerburch Comitissa fundatrix, sepult. ante Alt. S. Crucis.
Utha Marchionissa fundatrix.
3.4. Extrakt aus einem weiteren alten Mortuologio
Aus dem in e. hochw. Domcapituls zu Naumburg archivo orginaliter
befindlichen und auf Pergamen allenthalben geschriebenen mortuologio:
3. Febr. obiit Adelheidis comitissa
1. Martii ob. dominus Wilhelmus comes fundator, qui sepultus
est ante altare s. crucis.
21. Martii ob. Religundis fundatrix
2. April. ob. Hermannus comes et canonicus
7. Maii ob. Ludowicus comes it Otto imperator magnus
18. Sept. Memoria Adilheidis fundatricis obiit et eodem
die Bertha comitissa
13. Dec. ob. Agnes imperatrix.