Lexikon des Miottelalters: Band I Spalte 1692
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Bautzen,
Stadt in der Oberlausitz. Auf dem rechten Spreeufer im
Schnittpunkt alter Fernhandelsstraßen gelegen, war B. seit Beginn
der slav. Besiedlung polit. und administrativer Hauptort des Stammesgebietes
der Milcanen (Milsener), deren Burg an der Stelle des ma. Schlosses auf
dem Ortenberg in B. zu suchen ist. Die Brückenfunktion dieser Landschaft
zw. Elbe und Oder ließ sie seit dem frühen 10. Jh. zu einem
begehrten Expansionsziel ihrer Nachbarmächte werden. Nach einer erstmaligen
Unterwerfung durch Kg. Heinrich I.
(932) kreuzten sich hier sächs., premyslid.
und seit den 960er Jahren auch piast. Interessen.
Der Ausgleich, der zw. den mächtigsten Rivalen, den Ekkehardinern
und den Piasten, 986/987 zustande kam
und der durch Ehebündnisse mit den Töchtern (Emnilda,
Boleslaw Chrobry, Gunzelin)
des Seniors Dobromir, wohl des letzten einheimischen Fs.en im Land
B., sowie durch Erbverträge besiegelt wurde, brachte diese Region
zunächst unter die Obhut des Mgf.en Ekkehard, nach dessen Ermordung
Boleslaw Chrobry sie sofort für
sich beanspruchte und ihren Besitz in seinen Kriegen mit Kg.
Heinrich II. behauptete. Aus der Schilderung dieser Kämpfe
durch Thietmar v. Merseburg, der B. erstmals namentl. erwähnt (V,
9; VI, 14, 15, 34, 55; VIII, 1; civitas, urbs Budusin; im 15. Jh.
Bawdissin, 1511 Bawtzen; abgeleitet von einem altsorb. Personennamen Budych,
Budys), geht die strateg. und polit. Bedeutung B.s (Bautzen, Frieden v.,
1018) klar hervor, das Kg. Konrad II.
1031 endgültig dem Imperium zurückgewinnen konnte. Unter Kg.
Heinrich IV. kam mit der Mark Meißen 1081 auch das Land
B. als Reichslehen an Vratislav II., Hzg. v. Böhmen,
der es zusammen mit Nisane seinem Schwiegersohn, Gf. Wiprecht v. Groitzsch,
übertrug; bis zum Tod seines Sohnes Heinrich (1135) blieb B.
mit kurzer Unterbrechung (1113-15) bei diesem Haus, fiel dann zurück
an die Premysliden und unterstand zwischen
1143-56 dem Mgf.en Konrad v. Meißen, danach regierten von
1158-1253 die böhm. Kg.e das Reichslehen B. als ein Nebenland der
Krone. Durch die Ehe Mgf. Ottos III. v. Brandenburg mit Beatrix
v. Böhmen gelangten die Askanier in den Pfandbesitz
von B. (wahrscheinl. 1262), das unter Mgf. Otto dem Langen 1283
in ein direktes Reichslehen verwandelt wurde, aber 1319 beim Aussterben
der Askanier wieder an die böhm. Krone fiel, bei der es mit
Ausnahme der Regierungszeit des Kg.s Matthias
Corvinus (1469-90; Corvinusturm) bis 1635 blieb und mit den
Ländern Görlitz und Zittau seit dem 15. Jh. zur »Oberlausitz«
Der Ort B. hat dank seiner Lage als polit., wirtschaftl. und kirchl. Zentrum
spätestens im 11. Jh. unter Wiprecht mit Burg, Hofhaltung, Suburbium
und Marktsiedlung stadtartigen Rang erreicht, aus dem sich in der Folgezeit
unter böhm. Verwaltung durch mehrere planmäßige Stadterweiterungen
und Stadtrechtsverleihungen (nach der Mitte des 12. Jh. und 1213),
die Errichtung eines Kollegiatstiftes St. Petri für die provincia
Budissin an der Stelle der ältesten Kirche (vor 1000) St. Johannes
und die Gründung eines Franziskanerkl. (1240) sowie durch zahlreiche
Wehranlagen und den Schloßbau mit Wasserkunst ein eindrucksvolles
ma. Stadtgebilde entwickelte. Fernhandel und Gewerbe (schon im 13. Jh.
Tuchmacherei und Leinenweberei) bildeten die Grundlage für die wirtschaftl.
Blüte der Städte, die sich unter Führung B.s 1346 zum Bund
der Lausitzer Sechsstädte zusammenschlossen, den Kg.
Karl IV. privilegierte. Die Herrschaft der Stände (neben
Herren, Rittern und Prälaten auch die Bürger der Städte)
ohne äußere Eingriffe im 14. Jh. begünstigte die Erhaltung
des sorb. Elements (um 1400 in B. von 5300 Einw. 2040 Sorben). Ein Handwerkeraufstand
(1405) gegen den Rat wurde durch Eingreifen Kg.
Wenzels (1408) niedergeschlagen. Durch die Hussitenkriege hatten
nur die Vorstädte B.s 1429 und 1431 zu leiden.
H. Ludat