Diwald Hellmut: Seite 126-144,230-232,
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"Heinrich der Erste"

HEINRICH wurde um 876 geboren. Er war der dritte Sohn Herzog Ottos von Sachsen. Seine beiden älteren Brüder Thankmar und Liudolf starben bereits früh, noch vor dem Tod ihrer Mutter Haduwich, die am Weihnachtsabend des Jahres 903 verschied. HEINRICH ist noch keine vier Jahre alt, als sein Vater das Herzogsamt übernimmt und sein angestammtes Gebiet Thüringen verläßt. HEINRICH wächst in Sachsen auf. Von seiner Jugend wissen wir kaum etwas, und die wenigen Nachrichten, die sich erhalten haben, sind fast durchweg gefärbt von der späteren Verehrung. Dass der Sohn eines Herzogs, dem die Sorge für die geistlichen Stiftungen seines Landes besonders am Herzen lag, durch Geistliche und gelehrte Mönche eine solide Bildung erhielt, ist nicht unbedingt als etwas Ungewöhnliches oder als eine Besonderheit einzuschätzen. Weniger selbstverständlich ist HEINRICHS leichte, rasche Auffassungsgabe, seine ausgeprägte Wißbegierde, die sich keineswegs mit dem Mindestmaß der erforderlichen Grundkenntnisse zufriedengab. Er lernt, wie fast alle Sachsen, sehr früh reiten, er wird auf die Jagd mitgenommen und übt den Lanzenwurf bis zur Meisterschaft, er wird in sämtlichen Sparten des Waffenhandwerks geschult. Sein bester Lehrer und später unverbrüchlicher Freund des erwachsenen Mannes war Graf Thietmar.
Versucht man die Summe zu ziehen, dann hatte man es bei dem Herzogssohn mit einem hochangesehenen jungen Mann zu tun, der das Schwert ebenso geschickt wie kraftvoll führte, der von früh auf die Handhabung des Spießes bei der Eberjagd gelernt hatte, der den Speer zielsicher über weite Strecken und voller Wucht zu werfen verstand, der sich auf dem Rücken der Pferde genauso zu Hause fühlte, als wäre er der Fürstensohn eines Reitervolkes. In HEINRICHS Haltung, der Ausgeglichenheit und beherrschten Lässigkeit seiner Bewegungen, in der verhaltenen Kraft und Energie seines Körpers drückte sich für jeden sichtbar sowohl Wesentliches von seinem Charakter als auch die Schulung durch die besten Waffenmeister und erfahrensten Kämpen aus, die am sächsischen Hof lebten.

DER ERSTE KRIEGSZUG

Herzog Otto beauftragte gegen Ende des Jahres 905 seinen Sohn, mit einem starken Heer gegen die heidnischen Oststämme, die zwischen der Elbe und der oberen Freiberger Mulde siedelten, zu ziehen. Dieses Gebiet im Elbabschnitt um Meißen wurde un jener Zeit Daleminzien genannt; die Bezeichnung ist möglicherweise von dem deutschen Personennamen Dalamund abgeleitet. Der Auftrag, den Herzog Otto seinem Sohn gegeben hatte, war eindeutig und klar. Nicht ganz so klar sind die Gründe für diesen Kriegszug, denn in keiner einzigen Quelle findet sich ein Hinweis darauf oder auch nur eine Andeutung dafür, daß die Daleminzier im Jahr 905 besonderen Anlaß zu einem militärischen Vergeltungsschlag der Sachsen gegeben hätten, sieht man von der latenten Gefahr ab, die sie seit vielen Jahren bildeten. Wahrscheinlicher ist dagegen, daß die internen Zwiste im Ostfränkischen Reich Herzog Otto dazu bewogen haben mochten, seinen Sohn HEINRICH auf einen Kriegszug außer Landes zu schicken, damit sein Interesse abgelenkt wurde.
HEINRICH verfolgte mit leidenschaftlicher Anteilnahme die Entwicklung der Gegensätze zwischen der von der Kirche gestützten königlichen Zerntralgewalt und den Stammesherzogtümern im Ostfrankenreich. Sachsen stand auf der Seite der BABENBERGER. Das schloß die Opposition gegen die von der Kirche bestimmte Reichsgewalt ein, nicht freilich den Willen, auch mit dem Schwert Partei zu ergreifen, also ebenfalls Hochverrat zu begehen. Gerade davon aber schien sich HEINRICH nur mit Mühe abbringen zu lassen. Deswegen dürfte es plausibel sein, dass sich Herzog Otto dazu entschloß, seinen Sohn gegen die Daleminzier zuschicken. Zweifellos hat auch Verwandtschaft eine gewisse Rolle gespielt; welcher Art diese Bindung war, ist schwer zu klären. Zum einen behauptet Widukind von Corvey, HEINRICH sei mit Adalbert von Babenberg, einem der drei Söhne des Markgrafen Heinrich I. von Babenberg, verwandt gewesen; um welches Verwandtschaftsverhältnis es sich handelte, bleibt unklar. In einer gesonderten Fassung von Widukinds Sachsengeschichte heißt es dagegen etwas genauer, HEINRICH sei ein Vetter Adalberts von Babenberg gewesen, des im Jahr 906 hingerichteten Führers der BABENBERGER. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass HEINRICHS Mutter Haduwich unmittelbar von den BABENBERGERN abstammte. Aus einigen Hinweisen in verschiedenen Klosterbüchern läßt sich mutmaßen, daß sie eine Tochter von Markgraf Heinrich I. von Babenberg und der Gräfin Engeltrud, einer Enkelin Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN, gewesen sein könnte. Damit hätte eine unmittelbare Verwandtschaft HEINRICHS VON SACHSEN und des späteren Königshauses der OTTONEN mit den KAROLINGERN bestanden; freilich bleibt dies eine Mutmaßung. Sie läßt sich weder sicher bestätigen noch ebenso gewiß widerlegen.
Von dem Kriegszug des sächsischen Heeres unter HEINRICH gegen die Daleminzier berichtet der Chronist, daß die Truppen das sorbische Land schwer verwüstet und gebrandschatzt hätten und dann erfolgreich zurückgekehrt seien. Das Unternehmen fand im Mai des Jahres 906 statt. Die Sorben waren dem Aufgebot der Sachsen in keiner Weise gewachsen und riefen deshalb in ihrer Not die Ungarn zu Hilfe, die sich auch nicht lange bitten ließen.

LIEBESHEIRAT MIT HATHEBURG

Das Jahr 906 brachte auch in HEINRICHS persönliches Leben eine Zäsur. Während Widukind HEINRICHS erste Ehe mit keinem Wort erwähnt, berichtet Thietmar von Merseburg: "HEINRICH erhielt Kunde von einer Dame namens Hatheburg, entbrannte mit dem ganzen Feuer der Jugend in Liebe zu ihr und war bemüht, sich mit ihr zu verbinden. Sie war eine Tochter des älteren Grafen Erwin im Hassegau, der den größten Teil der Merseburger Altenburg besaß. Da er keinen Sohn hatte, fiel bei seinem Tod das Erbe an seine beiden Töchter. HEINRICH sandte wegen der Schönheit Hatheburgs und wegen des reichen Erbes eilig seine Werber zu ihr, versprach ihr Treue und bat um ihre Hand, obgleich er wußte, dass sie Witwe war und den Schleier genommen hatte. Schließlich ließ sie sich nach vielen Bitten und Ratschlägen zum Nachgeben bewegen, folgte den Boten HEINRICHS, wurde ehrenvoll empfangen und von HEINRICHS Angehörigen, wie es sich ziemte, voller Liebe aufgenommen. Nachdem die Vermählung dem Brauch gemäß stattgefunden hatte, begab sich der Gatte mit seiner Gemahlin nach Merseburg. Da er ein Mann von hohem Rang war, lud HEINRICH sämtliche Herren der Umgebung zu sich und nahm sie durch sein gewinnendes Wesen so für sich ein, daß sie ihn als Freund liebten und als Herren verehrten."
Abgesehen von der Leidenschaft, die HEINRICH erfaßt und die den Ausschlag für seine Werbung gegeben hatte, war die Heirat auch eine hochpolitische Angelegenheit. Hatheburgs reiche Erbschaft, die "Alte Burg" samt den dazugehörigen Merseburger Territorien im Saalebogen, wäre der Kirche als Besitz zugefallen, wenn Hatheburg ihren Entschluß, ins Kloster zu gehen, nicht revidiert hätte. Ob dieser Entschluß tatsächlich feststand, wissen wir nicht. Es ist also nicht zu klären, ob Hatheburg schon die Klostergelübde abgelegt hatte oder ob dies noch nicht der Fall war. Die Vermutung spricht dafür, denn sie, die junge Frau, war verwitwet und trug den Nonnenschleier; dieser Schleier war das äußerste Zeichen dafür, daß die Trägerin ihr weiteres Leben in Ehelosigkeit zuzubringen gedachte und sich auch ausdrücklich dazu verpflichtet hatte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit allerdings war die Kirche selbst kräftig tätig gewesen, um die junge Witwe zu überreden, den Schleier zu nehmen. Thüringen, und damit Merseburg, gehörten zu der Diözese Mainz.

KONFLIKT MIT DER KIRCHE

Die machtpolitischen Verhältnisse bestimmten Herzog Otto dazu, sich mit der Heirat HEINRICHS und Hatheburgs einverstanden zu erklären, ja, sie mit Genugtuung zu billigen. Ein militärischer Kampf um Merseburg wäre nicht möglich gewesen. Herzog Otto waren als Hüter des Landfriedens die Hände gebunden. Im gleichen Jahr 906 waren auch die BABENBERGER den KONRADINERN beim Kampf um die Macht in Franken endgültig unterlegen. So hingen also davon, ob Hatheburg dem Werben HEINRICHS folgte oder an ihrem Entschluß festhielt, Nonne zu werden, erhebliche politische Gewichtsveränderungen ab.
Ob diese Rücksichten bei dem Jawort Hatheburgs eine Rolle spielten, wissen wir nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Im Vordergrund steht zum einen, daß HEINRICH sehr stürmisch und drängend um die schöne Witwe geworben hat. Es schien ihm auf jeden Tag angekommen zu sein. Das war ungewöhnlich, und dieser Eindruck wird noch bestätigt durch die Schnelligkeit, mit der die Hochzeit begangen wurde. Daß eine vornehme, begüterte Dame ihren Entschluß korrigierte und dem Kloster den Rücken kehrte, war in der damaligen Zeit ein spektäkulärer Schritt. Ob sie bereits alle Nonnengelübde abgelegt hatte oder nicht, spielt dabei keine Rolle; allein durch die Tatsache, dass sie den Schleier trug, hatte sie ja auf das Recht verzichtet, sich ein zweites Mal zu verheiraten. Maßgebend für das Jawort, das sie HEINRICH gab, dürfte zum einen gewesen sein, daß sie nicht aus völlig freiem Entschluß, nur von sich aus, den Schleier genommen hatte; zum anderen dürfte die Wirkung den Ausschlag gegeben haben, den die Persönlichkeit HEINRICHS auf sie machte. HEINRICHS Eifer, mit dem er auf die Hochzeit drang, ist schließlich auch deshalb bemerkenswert, weil er wußte, daß er und seine Braut gegen Vorschriften der Kirche verstießen. Hatheburg hätte vor ihrer Eheschließung einen kirchlichen Dispens erwirken müssen. Ob dies ohne Schwierigkeiten zu erreichen war oder nicht: Jedenfalls wäre trotz der hohen Stellung HEINRICHS bis zur Ausstellung einer solchen Genehmigung erhebliche Zeit vergangen. Offensichtlich dachte HEINRICHaber nicht daran, unnütze Zeit zu verlieren. Ob sich darin eine gewisse Überheblichkeit gegenüber dem Klerus ausdrückte, ist schwer zu entscheiden. Immerhin war in diesen Jahren nicht daran zu zweifeln, dass HEINRICH der Nachfolger seines Vaters und damit Sachsen-Herzog werden würde, und in dieser Stellung wäre es zumindest mehr als unklug gewesen, sich ohne Not über die  Bestimmungen der Kirche hinwegzusetzen.
HEINRICH war zu klug, als daß ihn Leichtfertigkeit dazu verführt haben könnte, Hatheburg ohne Rücksicht auf die Meinung der hohen Geistlichkeit zu heiraten, sein Drängen hatte unstreitig absolut persönliche Motive. Sie allein waren für ihn maßgebend. Wenn er dabei den Unmut der Kirche, ja selbst einen schweren Konflikt mit ihr in Kauf nahm, dann entsprang das weder seiner Leichtfertigkeit noch einer ignotanten Überheblichkeit, sondern es handelte sich um eine bewußte Herausforderung, ja geradezu um eine herrische Anmaßung. HEINRICH konnte sich dabei der Unterstützung seines Vaters sicher sein.
So war die unbeirrbare Eigensinnigkeit, mit der HEINRICH die Ehe mit Hatheburg erzwang, keineswegs nur der Ausdruck eines rein privaten Willens. Er wußte, welche Gegner er damit herausforderte.
HEINRICHS erste Ehe steht im Zeichen eines Widersacherverhältnisses mit der Kirche, das viele Jahre die Herrschaft des Sachsen-Fürsten und ersten deutschen Königs prägt, das auch seiner Krönung einen besonderen Aspekt verleihen wird, und das sich erst verhältnismäßig spät merklich entspannt und in eine ausgeglichene Beziehung verwandelt.

DIE TRENNUNG

Wie stark die kirchlichen Interessen durch diese Ehe getroffen waren, zeigte sich bei dem Nachspiel. Von den Reaktionen Erzbischof Hattos ist nichts aktenkundig. Wohl aber erhob der für Ostsachsen zuständige Bischof Siegmund von Halberstadt, der dem Mainzer Erzbischof unterstellt war, scharfen Protest - unstreitig mit Wissen des Erzbischofs, wenn nicht in seinem Auftrag. Bischof Siegmund wies darauf hin, daß die Ehe rechtswidrig vollzogen worden sei, weil die Kirche weder darum gebeten wurde, die verpflichtenden Bindungen Hatheburgs zu lösen, noch den Dispens erteilt hatte. Da sie also entsprechend dem Kirchenrecht noch immer bestünden, untersagte der Bischof kraft seiner Banngewalt apostolischer Bevollmächtigung HEINRICH und Hatheburg strikt die eheliche Gemeinschaft, drohte bei Widersetzlichkeit, also bei Fortführung des verwerflichen Konkubinats, mit dem Kirchenbann und zitierte die beiden Sünder vor eine Synode, die er einberief, um sie dort vor ein kirchliches Gericht zu stellen und sie aburteilen zulassen.
Da ein ernsthafter Zwist mit dem Haus und der Familie des Herzogs bei der prekären inneren Lage Ostfrankens nicht im Sinne der Kirche und ihrer Pläne sein konnte, blieb es offensichtlich nur bei der bloßen Androhung Bischof Siegmunds. Erzbischof Hatto und Herzog Otto von Sachsen legten die Angelegenheit auf friedliche Weise bei. Am 5. Oktober 908 wurde in Trebur eine Urkunde ausgestellt, in der dem Kloster Hersfeld - es lag in einer Grafschaft Herzog Konrads, Herzog Otto stand ihm aber als Laienabt vor - nach dem Tod Ottos von Sachsen oder, falls der Herzog "früher willens sei, auf die Würde des Abtes zu resignieren", die freie Abtswahl zugesichert und jeder Einspruch von seiten der LIUDOLFINGER untersagt wird. Veranlaßt wurde diese Urkunde durch Otto von Sachsen - ein Entgegenkommen, das sich in keiner Weise mit dem gewohnten Bild der entschlossenen Expansionspolitik verträgt, die Otto von Sachsen so erfolgreich vertrieben hatte. Unstreitig handelt es sich bei der Urkunde des Jahres 908 um eine Kompensation dafür, daß die Geistlichkeit die Legitimität der Ehe HEINRICHS mit Hatheburgnicht mehr bestritt. Die Kirche verzichtete damit auch auf alle ihre Ansprüche auf das Erbe des Markgrafen Erwin vom Hassegau.
Hatheburg bringt einen Sohn zur Welt, er wird auf den Namen Thankmar getauft, also nach dem ältesten Bruder HEINRICHS benannt; als Kind wird er Tanno gerufen. Thankmar ist ein vollberechtigtes Mitglied des sächsischen Fürstenhauses; das ist schon daran zu erkennen, daß er einen liudolfingischen Familiennamen erhält. Zwei Jahre später beschließen die Ehegatten, sich zu trennen. Hatheburg geht endgültig ins Kloster. Thankmar wächst am Hof seines Vaters auf, wird dort erzogen, gerät im Jahr 938 mit seinem Halbbruder OTTO, dem Nachfolger HEINRICHS I. als König, in heftige Auseinandersetzungen wegen der von ihm geltend gemachten Ansprüche und wird ohne Schuld OTTOS I. am 28. Juli 938 getötet.
Die Umstände der Heirat HEINRICHS und Hatheburgs waren höchst ungewöhnlich. Um so auffälliger ist, daß von den Gründen der Trennung kein Wort aktenkundig ist. Am meisten spricht dafür, dass HEINRICH zu der Trennung gezwungen wurde, dass er darunter litt und man ihn zu seiner zweiten, fast hektisch rasch geschlossenen Ehe mit Mathilde nötigen mußte. Seine Fürsorglichkeit, mit der er noch viele Jahre später Merseburg betreute, hängt nicht unwesentlich mit seiner Erinnerung an Hatheburg zusammen.

MERSEBURG

Sieht man von Thietmar ab, so hatte die Heirat mit Hatheburg als bleibende Folge, daß unbeschadet der späteren Trennung der Ehegatten das Erbe Hatheburgs in HEINRICHS Besitz verblieb: das Merseburger Gebiet mit den reichen Gütern im Hassegau (Hochssegau) und dem Zentrum der Hochseeburg an den Mansfelder Seen und im Friesenland zwischen Harz, Saale und Unstrut. Mit diesen Ländereien am unteren Ende der versumpften Elsterniederung, die besonders lange unwegsam war, hatte sich die Hausmacht der LIUDOLFINGER bis zur Ostgrenze Sachsens vorgeschoben, und zwar in einer Zone, die seit Menschengedenken unruhig und besonders gefährdet war. Um den Kern der "Alten Burg", die auf einem langgestreckten Felsrücken lag, der von Nord nach Süd verläuft, ließ HEINRICH später die Stadt Merseburg anlegen.

IM VORFELD DER ZWEITEN EHE

HEINRICH soll, wie Thietmar berichtet, den Rat seiner Eltern befolgt haben und nach Herford gereist sein. Seine Werbung um Mathilde muß um das Jahr 908 fallen, mit ziemlicher Sicherheit in die 2. Hälfte des Jahres, denn die Heirat findet 909 statt. Da wir das genaue Datum nicht kennen, an dem die Trennung HEINRICHS und Hatheburgs beschlossen wurde, muß es auch offenbleiben, ob die Verbindung zwischen ihnen noch bestand, als HEINRICH sich um Mathilde bemühte. Wir müssen voraussetzen, daß die Trennung von Hatheburg entweder beschlossene Sache oder schon vollzogen war. Erst dann bemühten sich die Eltern um eine neue Verbindung. Als HEINRICH dann nach Herford kam, fand er die Berichte, die seine Eltern erhalten hatten, bestätigt. Er willigte ein und warb um Mathilde. Mathilde entstammte einem hochadligen Sachsengeschlecht. Sie und HEINRICH schlossen im Jahr 909 die Ehe, ihr erstes Kind kam am 23. November 912 zur Welt, eine Woche vor dem Ableben Herzog Ottos von Sachsen.

DIE HEILIGE

In der Lebensbeschreibung Mathildes wird als Abgesandter und Werber Herzog Ottos von Sachsen der ehemalige Lehrer des jungen HEINRICH genannt, Graf Thietmar. Er kommt von Herford mit der Nachricht zurück, "daß sie wohl würdig der Ehe seines Herrn und der Völker dereinstige Hoffnung sein werde." Daraufhin unternimmt HEINRICH persönlich mit derselben Abordnung die Reise nach Herford, er und einige seiner Gefährten verkleiden sich, um nicht aufzufallen, gehen ins Kloster und betrachten in der Kapelle "das sittsam und stattlich geartete Mädchen". Herzog Otto hatte sich zweifellos schon vorher mit den Eltern Mathildes in Verbindung gesetzt und ihre Zustimmung eingeholt. Eine Weigerung HEINRICHS nach seinem Besuch in Herford hätte einen Eklat bedeutet.
Nach der Verlobung zogen HEINRICH und Mathilde mit dem Gefolge nach Sachsen zurück, die Hochzeit wurde in Wallhausen an der Helme im Harz, in der sogenannten Goldenen Aue nordöstlich des Kyffhäuser, gefeiert. Mathilde erhielt Wallhausen als Morgengabe, der Ort entwickelte sich zu einer der bedeutenderen Pfalzen. In Wallhausen brachte Mathilde ihren ersten Sohn OTTO zur Welt, von hier führte in den folgenden Jahren der Königsweg über Allstedt nach Merseburg. Zum Dank für die beiden glücklichen Geburten in Nordhausen gründete Mathilde später das dortige Kloster zu Ehren Marias.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Ehe zwischen HEINRICH und Mathilde zu einer außerordentliche intensiven, ja ungewöhnlich harmonischen Verbindung, denn Mathilde, die als Klosterschülerin kaum viel mehr war als das Objekt einer planmäßig vorbereiteten und durchgeführten ehelichen Koalition, entwickelte ein Format, das selbst durch die hochgespannten und häufig von den lateinischen Dichtern der früheren Zeit entliehenen Lobpreisungen ihrer Biographien nicht zu beeinträchtigen ist. Ihre von den Chronisten einhellig bestätigte Schönheit fand sich in ihren Kindern wieder - abgesehen von ihrem Erstgeborenen OTTO, einem  kleinwüchsigen Mann von kaum ansprechendem Äußeren. Sie beeindruckte nicht zuletzt durch einen ungewöhnlich natürlichen Stolz, dem höfischen Prunk war sie  keineswegs abgeneigt, weil sie in der sichtbaren Pracht der königlichen Gewänder auch wesentliches von sich selbst und ihrem Sinn für die Macht der Welt zu zeigen bereit war.
Hatheburgs Mitgift war beträchtlich gewesen, doch durch die Heirat mit Mathilde vergrößerte sich der Territorialbesitz des sächsischen Herrscherhauses geradezu immens. Die Höfe und Güter des Grafen Thiederich in Westfalen erstreckten sich über weite Flächen N-Deutschlands. Durch die reiche Mitgift Mathildes dehnten sich die liudolfingischen Besitzungen und damit der Herrschaftsraum des sächsischen Fürstengeschlechts in Gebiete, die zum Kern des ganzen Sachsenlandes zählten. In Enger gründete Königin Mathilde etwa zehn Jahre nach dem Tod HEINRICHS ein berühmt gewordenes Stift. Mathilde starb hochbetagt am 14. März 968. Nicht nur dank ihrer Frömmigkeit, sondern auch dank ihrer politischen Einsicht, ihrer Tatkraft und ihres unerschütterlichen Selbstbewußtseins, das sich keiner Opportunität beugte, hatte sie sich weit über die Grenzen des Reiches hinaus einhellige Bewunderung erworben. Später wurde sie von der Kirche heiliggesprochen.
Ihr letztes Lebensjahr ist von Krankheit bestimmt. Im Herbst 967 hält sie sich in Nordhausen auf. Ihr Zustand verschlechtert sich, sie ahnt, daß ihr Leben zu Ende geht, und verläßt am 22. Dezember die Stadt, um nach Quedlinburg, ihrem Lieblingsaufenthalt, zu reisen. Dort befindet sich das Grab HEINRICHS, deshalb will sie auch in Quedlinburg sterben. Der König hatte ihr im Jahre 929 Quedlinburg, Pöhlde, Nordhausen, Grona und Duderstadt als Wittum, als Witwenversorgung geschenkt und mit diesen reichen Besitzungen ihr künftiges Leben auf eine gesicherte Basis gestellt.