Nur die Jahre, in denen Alberich
II. von Tuszien als "Fürst und Senator aller Römer"
ein wenig antiken Glanz und altrömische Rechtschaffenheit erkennen
ließ, dürfen wir als eine Pause in diesem düsteren Zeitalter
ansehen. Es waren 22 Jahre, in denen ein hochbegabter Fürst - Sohn
der Marozia aus ihrer 1. Ehe - gegen
das Unheil auftrat, das seine eigene Mutter angerichtet hatte. Er überwachte
sowohl seinen Halbbruder, den Papst, als auch seine in ihrer kriminellen
Aktivität ungebrochene Mutter genau und gab damit dem großen
Reformwerk eine Chance, das sich aus dem Kloster Cluny (bei Macon in Burgund)
über ganz Mitteleuropa ausgebreitet hatte. Die Wiederherstellung der
strengen Benediktinerregel und die Erneuerung des klösterlichen Lebens
unter der Führung des Abtes von Cluny waren die Hilfe, dieAlberich
als Princeps Romanorum, als der weltliche Herr der Stadt Rom, von
der Kirche empfing - von einer Kirche, die außerhalb Roms gesünder
geblieben war als in der Tiberstadt selbst.
Alberichals Person
ist eine tragische, aber auch begeisternde Erscheinung, denn sein Vater
kam noch aus dem Nichts; er war ein Abenteurer fränkischer oder langobardischer
Herkunft, der nach der Grafschaft Fermo durch Mord auch noch die Herrschaft
über Spoleto erlangte. Alberich II.
nun gilt als ein Prinz "aus dem Geschlecht der Grafen von Spoleto" - so
schnell geht das, wenn der Vater den letzten echten Markgrafen ermorden
läßt und seine offenbar eindrucksvoll-wilde kriegerische Erscheinung
die Marozia für ihn interessiert.
Einen Usurpator und Mörder zum Vater zu haben, eine Frau wie Marozia
zur Mutter, gegen den Stiefvater, König Hugo
von Italien, ein Leben lang kämpfen zu müssen und
den eigenen Sohn als Papst und Princeps über das geistliche wie das
weltliche Rom zu setzen, das ist mehr Kühnheit, als irgend jemand
sonst in diesem Jahrhundert erkennen läßt. Und diesem Alberich,
dem späten germanischen Eroberer des längst verlorenen Italien,
erwächst nun in einem klugen und strengen Priester im fernen Burgund
der Verbündete, der diesem ganzen blutigen Machtrausch erst einen
Sinn gibt und der Herrschaft des Marozia-Sohnes
neben dem weltlichen auch ein geistliches Ziel.
Mit Alberich II. endet
die kurze Phase der Frauenherrschaft in Rom, nicht aber die Vormacht der
weltlichen Fürstentums über das geistliche. Nach vielen Jahrhunderte,
in denen in Rom die Kleriker regiert und die Frauen somit keine Stimme
gehabt hatten, war im Zusammenbruch der Papstmacht zunächst der Machtzuwachs
für die Frauen gekommen, für Theodora die Ältere
und die Jüngere und für Marozia,
die bedeutendste, sichtbarste, rücksichtsloseste von allen. Aber ihr
Sohn verdammte sie zur Untätigkeit, ja er soll sie eingekerkert haben,
ihr Sohn, dem sie als einzigem nicht mißtraut hatte. Und es dürfte
sie kaum getröstet haben, dass auch Alberich
II. mit seinem Sohn, Marozias
Enkel, die tiefste Enttäuschung erleben mußte. Noch als Knabe
und unter dem Namen Oktavian war dieser Sohn des Alberichden
Römern vorgestellt worden, und sie hatten jubelnd geschworen, dass
er ihr Fürst und Papst sein sollte. Alberich
starb am 31. August 954 eben rechtzeitig, um nicht mehr erleben
zu müssen, was für ein Papst sein 955 gekrönter Sohn wurde.