Der Name von Bernhards
Gattin wird uns außer in der besprochenen Schenkung auch in einer
Urkunde vom 25. Juli 1004 genannt, in der Bernhard mit dem Einverständnis
seiner Frau Hildegard
und dem seiner Söhne Bernhard
und Thietmar
den Hof Gerdau (Amt Bodenteich) dem Michaeliskloster in Lüneburg
als Entgelt für die der Kirche entnommenen Silberschätze und
Einrichtungsgegenstände, mit denen sein Vater die Kirche einst ausgestattet
hatte, übergab [3Wedekind Not. III, 118, bzw. Hodenberg, Lüneburger
Urkundenbuch Seite 8f.].
Die Mulbizistiftung muß demnach viel früher
als 1011 erfolgt sein, ja wohl auch noch früher als 1004, wo statt
Hermanns
nur die beiden anderen Söhne Bernhards I. Bernhard II. und
Thietmar erscheinen. Da von beiden bereits ihre Zustimmung hervorgehoben
wird, könnte die Stiftung schon geraume Zeit vor 1060 geschehen sein,
alles unter der Voraussetzung, daß Hermann der älteste
Sohn und früh verstorben war.
Man nimmt allgemein an, daß Hildegard aus
dem Hause der Grafen von Stade stammte, was aber keineswegs durch
völlig eindeutige Belege gesichert ist. Immerhin läßt sich
folgendes dafür anführen:
Die Mutter Thietmars von Merseburg war eine Schwester
der STADER Grafen, deren Schicksal uns der Geschichtsschreiber im
Zusammenhang mit seinem Bericht von den seeräuberischen Ascomannen
und ihrem Überfall im Jahre 994 ausführlich schildert. Thietmar
selber sollte als Geisel an die Stelle eines der STADER treten,
nachdem die Versuche des Herzogs Bernhard, dies durch schnelle Hilfe
mittels Lösegeld zu erreichen, gänzlich erfolglos geblieben waren.
Man könnte daraus schon auf ein nahes Verhältnis der beiden Familien
(der BILLUNGER und der STADER)
schließen. Vor allem aber nennt Thietmar den Herzog Bernhard II.
und dessen Bruder "nepotes sues", und in der Vita Meinwerci ist
von einem Grafen Siegfried die Rede, der als "avunculus" des Grafen
Thietmar und seines Bruders, des
Herzogs Bernhard II. von Sachsen,
bezeichnet wird und den man für den Oheim des 994 von den Normannen
getöteten Grafen Siegfried von Stade hält.
Nun gingen aber nach Angabe des Sächsischen Annalisten
aus der Ehe Heinrichs des Kahlen von Stade drei Töchter hervor,
unter denen indessen Hildegard nicht genannt ist, was an sich noch
kein absoluter Beweis zu sein brauchte dafür, daß nur die drei
anderen drei vorhanden waren.
Man nahm auf Grund dieser Tatsache [1 Annalista
Saxo SS. VI, Seite 623.] an, daß die Frau Bernhards aus einer
zweiten Ehe Heinrichs von Stade stammte, die auch den Namen Hildegard
getragen
habe [2 Wedekind Not. I, 252ff., vgl. Schannat Vindem. Lit. Seite
223. Cohn, Forschungen zur deutschen Geschichte VI, 555, Freiherr von Uslar-Gleichen,
Veröffentlichungen zur Niedersächsischen Geschichte 3. - Brandenburg,
Die Nachkommen Karls des Grossen Seite 93, Nr. 24 macht dagegen darauf
aufmerksam, daß die dafür angeführten Gründe nicht
beweisend seien. Vielmehr spreche für eine Abstammung der Hildegard
von der Judith, daß Thietmar Bernhard II. seinen consanguineus
(richtiger nepos Thietmar VII, 48 Seite 458) nennt, während
dieser als Sohn einer anderen Frau Heinrichs
nicht mit Thetmar blutsverwandt
gewesen wäre - nicht in dem Maße, möchte ich sagen, denn
die Verwandtschaft über Heinrich könnte ja auch dann noch
bestehen.]. Dafür stützte man sich auf ein Namensverzeichnis
in einer Fuldaer Handschrift, das anscheinend eine Reihe von namen der
Angehörigen des Stader Grafenhauses enthält und wohl im
späten 10. Jahrhundert entstanden ist [3
Vgl. Anmerkung 2.
Scherer, Die Codices Bonifatiani in der Landesbibliothek zu Fulda, Seite
16, der die Schrift der Nachtragung auch ins 10. Jahrhundert datierte,
glaubte in den Namen den BABENBERGER Heinrich (+ 886) und seinen Sohn (+
902) zu erkennen, da er Wedekinds Interpretation offensichtlich nicht kannte
(Not. I, 252ff.).]. Doch wenn es in der ersten Zeile heißt:
"Heinrich
Hilitigart Conjux ejus
Comes
Hilitigart Filia eorum."
(dann folgen untereinandergereiht weitere im Stadischen
Hause bekannte Namen, darunter Heinrich und (seine Frau) Judith,
sowie seine Kinder, so ist doch nirgends überliefert, ob mit jenem
"Heinrich comes" Heinrich der Kahle von Stade, oder nicht
etwa sein gleichnamiger Sohn gemeint sein könnte, als dessen Gemahlin
freilich sonst eine Mathildis de Suevia überliefert ist [4 Raumer,
Tafel IV. Graf Heinrich von Stade (+ 1016).]. Auch daß er zeitweilig
Domherr in Hildesheim war, ist nicht unbedenklich. Doch wenn schon das
erstere der Fall sein sollte und die Frau Bernhards tatsächlich
die Tochter einer zweiten Gemahlin Heinrichs wäre, so ist damit
doch nicht gesagt, daß jene 2. Ehe erst nach dem 26. Oktober 973
geschlossen sein muß, wie es Cohn behauptet [5 Siehe Anmerkung
2.].
Als das vermeintliche Todesdatum der Judith, der (1.)
Frau Heinrichs von Stade, kann dieser Termin so jedenfalls keine
Gültigkeit beanspruchen. Bei Thietmar [1 Thietmar II, 42 (26)
Seite 90.] steht nur, daß Judith an einem 26. Oktober (richtiger
wohl am 16. [2 Holtzmann zu Thietmar Seite 91 Anmerkung 8 weist
darauf hin, daß Thietmar anscheinend ein Fehler unterlief, im Necr.
Mers. steht der Todesvermerk zum XVII. Kal. Nov.]) starb, während
das Jahr gar nicht anzugeben ist und viel früher liegen kann und nur
im Anschluß an Nachrichten des Jahres 975 von der von einer Tochter,
der Judith ihrer Mutter, der Großmutter Thietmars, später errichteten
Grabstätte die Rede ist [3 Siehe Anmerkung 1. Darauf machte
mit Recht schon Kurze in seiner Thietmar-Ausgabe (1889) aufmerksam.].
Somit könnte Hildegard selbst, wenn sie aus
einer zweiten Ehe Heinrichs des Kahlen von Stade stammte, gut auch
vor dem Jahre 975 geboren sein [4 Andernfalls könnte man als
terminus post quem etwa das Jahr 974 ansetzen, da späterhin nichts
mehr von Heinrich von Stade verlautet.], so daß ihre Vermählung
mit Bernhard I. nicht erst in den 90-er Jahren angesetzt zu werden
brauchte, und auch die Annahme einer ersten Ehe Bernhards I., auf
die man bisher schließen zu müssen meinte [5 Bock, Festschrift
zur deutschen Geschichte VII, Seite 615.], sich dann nicht mehr als notwendig
oder als besonders wahrscheinlich aufdrängte.
Falls nun Bernhard nicht vorher schon einmal verheiratet
war, müßten außer den schon genannten Söhnen Bernhard
II. und Thietmar ein Sohn namens Hermann und die als
Schwester Thietmars bekannte Äbtissin
Godesti, die als Tochter Bernhards I. urkundlich genannte
Herforder Nonne Imma und
eventuell auch die Gernroder Nonne Mathilde aus der Ehe mit
Hildegard
hervorgegangen sein [6 Näheres unten Seite 144ff.]. Hildegard
starb im gleich Jahr wie ihr Gatte, am 3. Oktober 1011 [7 Das
Jahr beim Annalista Saxo SS. VI, Seite 661, der Tag im Necr. S. Mich. Lun.
Wedekind Not. III, Seite 74.].