Graf Bennos Sohn
Otto
war
nach dem Bericht des Annalista Saxo der einzige Nachkomme aus seiner Ehe
mit Eilica. Um das Jahr 1050 heiratete er die Witwe Richenza,
die durch ihre 1. Ehe mit einem Grafen Hermann von Werl die Mutter der
Oda, der späteren Gemahlin des Markgrafen Luder-Udo II. von Stade,
geworden war. Die Herkunft der Richenza, über die die zeitgenössischen
Quellen schweigen, bildet den Gegenstand einer These Kimpens. Er kommt
zu dem Ergebnis, dass sie eine Tochter des Herzogs Otto von Schwaben
aus dem Geschlecht der EZZONEN, eines Enkels Kaiser
OTTOS II., und eine Schwester der Gräfin Ida von Elsdorf
gewesen sei, die um die Mitte des 11. Jahrhunderts im Gebiet der Grafen
von Stade eine Rolle gespielt hat.
Für die Zeit von der Übernahme des väterlichen
Herrschaftsbereiches durch Otto bis
zu seiner Erhebung zum bayerischen Herzog im Jahre 1061 bieten die
Quellen keine sicheren ihn betreffenden Nachrichten. Aus einem Diplom HEINRICHS
III. vom Jahre 1049 ließe sich vielleicht entnehmen, dass
Otto
schon zu diesem Zeitpunkt seinem Vater Benno in dessen gräflichen
Rechten gefolgt sei - dieser könnte 1049 bereits verstorben sein -,
wenn die Urkunde nicht stark interpoliert wäre; absolute Sicherheit
läßt sich daher nicht gewinnen. Möglicherweise ist der
NORTHEIMER
unter einem der beiden Grafen seines Namens zu verstehen, die um 1050 ein
Rechtsgeschäft zwischen dem Edlen Günther (von Käfernburg?)
und dem Kloster Hersfeld bezeugen, zumal hersfeldisch-northeimische
Beziehungen auch sonst bestanden zu haben scheinen. Demgegenüber dürfte
seine Identität mit einem Grafen Otto,
der im Jahre 1057 eine Güterschenkung der Königin
Richeza von Polen an die Kölner Kirche bezeugte, gesichert
sein. Vermutlich dürfen wir ihn auch in einem Grafen
Otto wiedererkennen, der im folgenden Jahre (1058) in einer
Urkunde HEINRICHS IV. für das
Hochstift Halberstadt interveniert; dies wäre, wenn wir von einigen
anderen unsicheren Urkundenerwähnungen absehen, zugleich der letzte
Beleg für seine Tätigkeit vor der Herzogserhebung im Jahre 1061.
Die bruchstückhafte Überlieferung für
die Zeit von etwa 1049 bis 1061 gestattet nicht, den Gang der politischen
Geschichte Ottos von Northeim genau
zu verfolgen. Über sein Verhältnis zu
HEINRICH III. und später zur
Kaiserin
Agnes ist nichts bekannt, wenn auch angenommen werden darf,
dass die gegenseitigen Beziehungen, wohl nicht zuletzt infolge seiner Ehe
mit der EZZONIN Richenza, zufriedenstellend waren. Erst mit dem
Jahre 1061 tritt Otto schlagartig in den Blickpunkt der Reichsgeschichte.
In den ersten Wochen des Jahres 1061 übertrug die
Kaiserin
Agnes in Regensburg das Herzogtum Bayern, das sie seit
dem Jahre 1056 innegehabt hatte, dem sächsischen
Grafen
Otto von Northeim. Welche Beweggründe Agnes,
die seit dem Tode Kaiser HEINRICHS III.
und
Papst Victors II. allein die Reichsregentschaft für ihren unmündigen
Sohn HEINRICH IV. führte, zu ihrem
Entschluß bestimmten, geht aus den Quellen nur indirekt hervor. Für
den Altaicher Annalisten ist Otto ein "vir prudens", während
die Kaiserin nach Lamperts Ansicht in ihm einen "virum industrium et
iuvandis regni negocolis satis opportunum" sah. Aus der allgemeinen
politischen Situation des Jahres 1061 erhellt eindeutig, welche Aufgabe
dem neuen Herzog zugedacht war. Seit dem Jahre 1060 befand sich das bayerische
Stammesgebiet in einer ungeschützten und zugleich gefährdeten
Grenzlage gegenüber Ungarn. Die zwischen
Judith, der Tochter der Agnes,
und Salomon, dem Sohne des Ungarn-Königs
Andreas, in der Hoffnung auf Normalisierung des Verhältnisses
Ungarns zum Reich und der Zustände in Ungarn selbst im Jahre 1058
geschlossene Verlobung hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt.
Schon im Jahre 1060 kam es zu Zwistigkeiten zwischen Andreas
und seinem Bruder Bela, und Andreas
sandte ein dringendes Hilfegesuch an die Kaiserin. Ein schnell zusammengerufenes
deutsches Heeresaufgebot drang unter der Führung der Markgrafen Ernst
von Österreich und Wilhelm von Meißen sowie des Bischofs Eberhards
von Naumburg in Ungarn ein, erlitt aber durch die Streitmacht Belas
eine Niederlage; Andreas fiel im Kampf,
seine Angehörigen entkamen nach Bayern. Diese Niederlage, die offensichtlich
auf das Fehlen eines Herzogs als des Führers des bayerischen Aufgebots
zurückgeführt werden mußte, gewann noch an Ausmaß
dadurch, dass auch in Kärnten seit geraumer Zeit Kämpfe zwischen
dem eingesessenen Adel und Herzog Konrad im Gange waren, die zu Ungunsten
des letzteren endeten.
In dieser Situation mußte sich
Agnes entschließen, die bayerische Herzogswürde
einer Persönlichkeit zu übertragen, die ihr geeignet erschien,
das Ansehen des Reiches im Süden wiederherzustellen. Ihre Wahl fiel
auf einen Mann, der bis dahin wenig hervorgetreten war. Sie ist durchaus
als Akt freier persönlicher Entscheidung zu werten, während die
"electio" durch die bayrischen Großen, wie sie uns gelegentlich
im 11. Jahrhundert überliefert wird, keinerlei politische Bedeutung
hatte und wohl nur den Charakter einer "acclamatio" trug, falls
sie im Jahre 1061 überhaupt stattgefunden hat. Agnes
ließ sich in ihren Erwägungen von den unter den OTTONEN
und SALIERN zur Tradition gewordenen
Grundsatz leiten, die bayrische Herzogswürde kraft Amtsrecht nur an
Angehörige stammesfremder Geschlechter zu verleihen. Andererseits
mußte der neue Herzog jedoch befähigt sein, die augenblickliche
Situation, in der sich die bayrischen Grenzlande befanden, zu meistern.
Die Zeitgenossen rühmten seine Klugheit, seine Beflissenheit
und Vertrautheit mit den Angelegenheiten des Reiches, und sicher wird
Otto
auch seiner Macht und seinem äußeren Ansehen die Bevorzugung
vor den anderen Fürsten durch Agnes
zu
verdanken haben. Dabei soll offengelassen werden, ob den Entschluß
der Kaiserin vielleicht auch der Gedanke, einen gewissen Ausgleich zwischen
dem salischen Hause und dem sächsischen
Stamm herbeizuführen oder ein Gegengewicht gegen die BILLUNGER zu
schaffen, beeinflußt hat. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung
ist ferner gewesen, dass Otto eine
geblütsrechtliche Qualifikation für seine hohe Stellung besaß:
als Gemahl der
ezzonischen Richenza gehörte er zu dem Kreis
der Bewerber, die für die Besetzung der höchsten Reichsämter
in Frage kamen. Es ist gewiß kein Zufall, dass schon in ottonischer
Zeit
Verwandte des Kaiserhauses die bayrische Herzogswürde innehatten;
unter den SALIERN läßt sich
diese Linie weiterverfolgen.
Zu klären bleibt noch, welche Bedeutung die Neuerwerbung
für
Otto von Northeim selbst hatte.
Es liegt auf der Hand, dass der Gewinn der Herzogswürde Otto,
der bisher schon unter seinen Stammesfürsten eine dominierende Rolle
gespielt zu haben scheint, in die Reihe der einflußreichsten Reichsfürsten
stellte. Mit seinem gehobenen Ansehen war jedoch fürs erste eine entsprechende
potentielle Machtsteigerung nicht verbunden. Für Agnes
bedeutete die Übertragung des bayerischen Herzogtums an den NORTHEIMER
seine Belehnung mit einer Würde im alten amtsrechtlichen Sinne: entscheidend
bleiben sollte das Band des Beliehenen zum König. Für Otto
bedeutete
sie die Übernahme von Folgepflichten im Sinne des Reichsrechts, den
Gewinn einer amtsherzoglichen Stellung. Im Jahre 1062 wandelte sich das
Bild. Der Tag von Kaiserswerth hatte nicht nur eine grundlegenden Umgestaltung
der politischen Verhältnisse, sondern darüber hinaus eine Umwälzung
der bisher geltenden Vorstellungen vom Verhältnis des Fürstenrechts
zum Reichsrecht zur Folge. Seit diesem Zeitpunkt wurde das bayrische Herzogtum
für Otto zum Objekt eigener Machtpolitik.
Er hat bis zum Jahre 1070, wenn auch in letztlich nicht erfolgreichen Bemühungen,
beharrlich an der Schaffung eines bayerischen Herzogsgewalt auf territorialer
Basis gearbeitet. Sein Versuch, durch die Ehe seiner ältesten Tochter
Ethilinde mit
Welf IV., dem späteren Herzog von Bayern,
mit dem einflußreichen schwäbisch-bayrischen Adelsgeschlecht
der WELFEN verwandtschaftliche Beziehungen
zu treten, und seine Bemühungen um das Kloster Niederaltaich legen
davon Zeugnis ab. Erst den WELFEN gelang
es seit 1070, das bayrische Stammesherzogtum durch eigene Gerechtsame territorial
zu fundieren.
Im Jahre 1062 finden wir Otto
von Northeim unter den Verschwörern von Kaiserswerth. Es
ist denkbar, dass er sich gerade durch das Zustandebringen der Ehe zwischen
Ethilinde
und Welf unmittelbar nach seiner Herzogserhebung des Hofes und der
Kaiserin Unmut zugezogen hat; Genaueres läßt sich nichts sagen.
Ihre Hoffnungen, in Otto eine Stütze
der Reichsgewalt zu finden, blieben jedenfalls unerfüllt. Die politischen
Ereignisse der letzten Jahre, vor allem die Ungarnniederlage und die Erhebung
des schismatischen Papstes Cadalus auf dem Tag zu Basel im Jahre 1061,
eine Maßnahme der Kaiserin, durch die ihre reformfeindliche Haltung
in den Augen der Reichsfürsten klar zutage treten mußte, hatten
das Ansehen des Reiches nach außen untergraben; dazu kamen im Inneren
Rechtsunsicherheit und Günstlingswirtschaft am Königshofe: Die
weitere Entwicklung der Dinge führte dazu, dass sich unter den hohen
Reichsfürsten, deren Macht seit dem Tode
HEINRICHS
III. bedeutend gewachsen war, eine Verschwörung bildete
mit dem Ziel, Agnes die Zügel
der Regentschaft zu entreißen und die Geschicke des Reiches unter
Beschneidung der Rechte des Königs selbst in die Hand zu nehmen. Man
wird daher vermuten dürfen, dass sich der Bayern-Herzog vornehmlich
mit Rücksicht auf die zu seinen Standesgenossen bestehenden Beziehungen
entschlossen hat, deren Bestrebungen zu unterstützen. Anno von Köln
erscheint in den Quellen als Haupt der Verschwörung, und neben Otto
von Northeim waren Ekbert von Meißen, Siegfried
von Mainz und Gottfried von Lothringen direkt oder indirekt an ihr beteiligt.
Die Absicht der Verschwörer scheint streng geheimgehalten worden zu
sein. Noch am 9. März 1062 befand sich Otto
am
Hofe in Goslar, und bereits Anfang April wurde der Plan ausgeführt:
Anno brachte den jungen König in seine Gewalt.
Zusammenfassend läßt sich folgendes sagen:
Anno von Köln war es - vielleicht schon vor Kaiserswerth - gelungen,
gewisse widerstrebende Elemente innerhalb der Fürstenopposition zu
bändigen und 1062 zu einer einheitlichen Aktion gegen Agnes
zu führen. Aber auch danach waren Kräfte am Werk, die Anno die
Stellung eines alleinigen Reichsverwesers mißgönnten; unter
diesen traten besonders Siegfried von Mainz und Dedi von Wettin hervor.
Otto
von Northeim hatte es hingegen erreicht, dass man ihn am Hofe
seine Haltung vom Jahre 1062 verzieh. Da seine guten Beziehungen zu Anno
andererseits keine Einbußen erlitten, so hatte er sich auf diese
Weise nach beiden Seiten gesichert. Das unter dem Einfluß des Kölner
Erzbischofs stehende Reichsregiment hat es jedoch, zweifellos auf Grund
der zwischen den einzelnen Fürsten bestehenden Mißhelligkeiten,
in der Folgezeit nicht verstanden, die inneren Angelegenheiten zur allgemeinen
Zufriedenheit zu ordnen. Dies wird aus dem fuldisch-hildesheimischen Rangstreit
ersichtlich, der sich am Weihnachtsfest des Jahres 1062 und zu Pfingsten
des folgenden Jahres in Goslar zutrug. Über ihn besitzen wir einen
ausführlichen und in der Literatur oft besprochenen Bericht Lamperts.
Danach war es beim Weihnachstgottesdienst 1062 in Goslar, offenbar auf
einer Provinzialsynode des Mainzer Erzbischofs, zu einem blutigen Streit
zwischen den Leuten Widerads von Fulda und Hezelos von Hildesheim gekommen,
der sich in der Frage entzündete, welcher von beiden Kirchenfürsten
dem Erzbischof zunächst sitzen solle. Der Abt von Fulda, der diesen
Vorzug als ein altes Privileg betrachtete, scheint dabei seinen Willen
durchgesetzt zu haben. Es ist zwar aus zeitlichen Gründen nicht möglich,
dass Otto von Northeim hierbei für
ihn seinen Einfluß in die Waagschale warf, allerdings kann die Parteinahme
des Bayernherzogs zugunsten des Fuldaers, von der Lampert spricht, auch
nachher erfolgt sein. Der Streitfall war indes damit noch nicht bereinigt.
Zu Pfingsten des folgenden Jahres kamen die Gegensätze zum offenen
Austrag. Es erhob sich am gleichen Ort ein von den Hildesheimern mit Vorbedacht
geführtes blutiges Gefecht, in dessen Verlauf die völlig überraschten
Fuldaer, die diesmal augenscheinlich die Hilfe Ottosentbehrten,
unterlagen. Widerad, den man als den Schuldigen betrachtete, mußte
sich mit Geldzahlungen loskaufen und hatte bei seiner Rückkehr nach
Fulda mit einer Mönchsrevolte zu kämpfen. Nur das Eingreifen
des Bayern-herzogs und der Kölner Erzbischofs rettete den Abt aus
seiner bedrängten Lage.
Hatte sich mithin an dem freundschaftlichen Verhältnis
Ottos
zu
Anno nichts geändert, so war doch durch die Goslarer Vorfälle
der Reichsverweserschaft des Kölners derart in Mißkredit geraten,
dass er sich durch den Druck der Verhältnisse gezwungen sah, dem ehrgeizigen
Adalbert von Bremen einen Platz im Regiment einzuräumen. Ein entsprechender
Vergleich kam noch vor dem 27. Juni 1063 in Allstedt zustande, wo auch
die Anwesenheit des NORTHEIMERS anzunehmen ist. Für den Bayern-Herzog
mußte es jetzt von Wichtigkeit sein, auch mit dem einflußreichen
Bremer Erzbischof enge Beziehungen anzuknüpfen. Noch im gleichen Jahre
begegnen uns beide bei einer gemeinsamen, gegen Ungarn gerichtete Aktion.
Auf einer im August 1063 in Mainz abgehaltenen Reichsversammlung wurde
beschlossen, den vor drei Jahren aus Ungarn vertriebenen jungen König
Salomon zu restituieren. Der Plan wurde in den Monaten August
und September in die Tat umgesetzt. Der vor der eigentlichen Entscheidung
erfolgte Tod Belas
ließ den Feldzug,
dessen militärische Führung in den Händen Ottos
von Northeim lag, zu einem vollen Erfolg werden. Adalbert hatte
den König gleichsam als dessen politischer Berater begleitet. Sein
Ansehen am Hof war durch den glücklichen Kriegszug bedeutend gestiegen,
hatte aber gleichzeitig eine erhöhte Rivalität zum Kölner
Erzbischof hervorgerufen.
Otto von Northeim scheint
in dieser Zeit eine abwartende Haltung eingenommen zu haben. Trotz seiner
mit dem Bremer Metropoliten angebahnten Beziehungen ließ er die Verbindung
zu Anno von Köln zunächst nicht abreißen. Das seit mehreren
Jahren bestehende Kirchenschisma zwischen dem Reformpapst Alexander II.
und dem von kaiserlicher Seite erhobene Honorius III. (Cadalus) hatte in
Italien zu unhaltbaren politischen Zuständen geführt und zwang
die Reichsregentschaft zu einer Stellungsnahme. Ende Mai und Anfang Juni
1064 fand in Mantua unter dem Vorsitz Annos von Köln ein Konzil statt,
das über die Ansprüche beider Päpste zu befinden hatte.
Zusammen mit dem Kölner war auch der Bayern-Herzog nach Italien gekommen,
wobei ihm sicher seine Verbindungen mit den WELFEN
dienlich
gewesen sind.
Anno hatte sich zwar bemüht, in Mantua die Rolle
eines Schiedsrichters für beide Parteien zu spielen, sein Entschluß
konnte jedoch wegen seiner reformfreundlichen Haltung nicht zweifelhaft
sein: das Konzil endete mit der Anerkennung Alexanders. Dieses Ergebnis
von Mantua, das in Grunde einer Liquidierung des im Jahre 1061 durch kaiserlichen
Beschluß erhobenen Candalus gleichkam, mußte nunmehr am Hofe
die königsfreundliche Partei und deren Haupt, Adalbert von Bremen,
gegen den Kölner einnehmen. Schon während der Abwesenheit Annos
in Italien war es zu einer engen Anlehnung des Königs an den Bremer
Metropoliten gekommen, und nach der Rückkehr des Kölner scheinen
die Kompetenzen des Reichsregiments ganz auf ihn übergegangen zu sein.
Anno begegnet nach dem Matuaner Konzil bis Ende 1065 nur selten am Hofe
und mußte sich dem Einfluß seines großen Rivalen beugen.
Aber wiederum hatte es Otto von Northeim
mit diplomatischem Geschick verstanden, sich auf die Seite der derzeitigen
Machthabers zu stellen: aus einem wohl im Herbst 1064 abgefaßten
Brief des Bamberger Domscholasters Meinhard an seinen Bischof Gunther wissen
wir, dass zu dieser Zeit der Bremer Erzbischof und der Bayernherzog am
Königshof eine beherrschenden Stellung einnahmen. Diese Nachricht
veranlaßt uns, die Glaubwürdigkeit der oft bestrittenen Aussage
Lamperts von der Einflußnahme des NORTHEIMERS unter dem Regiment
Annos (1063) aufrechtzuerhalten.
Die Stellung Adalberts am Hof scheint sich nach der Mündigkeit
des Königs am 23. März 1065 zu Worms weiter gefestigt zu haben,
er wird zum alleinigen Ratgeber HEINRICHS IV.
Die Anwesenheit des Bayern-Herzogs am Hofe ist zu dieser Zeit lediglich
für den Monat Juni 1065 bezeugt, als der König zu Trier dem Hochstift
Hildesheim den Bann über einen an der Lamme, Innerste und Leine gelegenen
Forst mit Zustimmung Ottos von Northeim
und anderer sächsischer Fürsten, die in diesem Gebiet Besitz
hatten, übertrug. Mit der 1065 eingetretenen Großjährigkeit
HEINRICHS
IV. war jedoch noch nicht der Beginn einer vom Interesse des
Königtums bestimmten, zentral geleiteten Regierung gegeben. Die Verschleuderung
von Reichsrechten während der Zeit der Fürstenherrschaft erreichte
gerade im Jahre 1065 durch die Verschenkung zahlreicher Reichsabteien an
weltliche und geistliche Große ihren Höhepunkt. Die Gewinnsucht
des hohen Adels und die Bemühungen des Bremer Erzbischofs, seine Stellung
am Hofe zu erhalten und den immer stärker aufkeimenden Neid seiner
fürstlichen Standesgenossen zu beschwichtigen, bildeten dafür
die eigentlichen Beweggründe. Unter den Nutznießern befand sich
neben dem reich bedachten Kölner Erzbischof, Siegfried von Mainz und
Rudolf
von Schwaben und anderen auch
Otto
von Northeim, dem das zur Diözese Passau gehörige
Kloster Niederaltaich als Lehen übertragen wurde. Es kann kein Zweifel
bestehen, dass damit einer Fortwerung des Bayernherzogs entsprochen wurde,
der die Absicht zugrunde lag, seine Machtstellung in seinem Herzogtum zu
heben. Die Abtei verlor durch die Übertragung an Otto
ihre Reichsunmittelbarkeit und sank auf die Stufe eines fürstlichen
Eigenklosters herab. Durch diesen Umstand findet auch die feindseligen
Haltung des Altaicher Annalisten dem NORTHEIMER gegenüber ihre
Erklärung. Welche Ausmaße die rechtliche Verfügungsgewalt
des Herzogs über die Abtei annahm, und ob es ihm gelang, den Vogt,
Graf Aschwin von Bogen, in eine untergeordnete Stellung herabzudrücken,
läßt sich beim Mangel an Quellen nicht feststellen. Es ist lediglich
bezeugt, dass er in das innere Rechtsleben des Klosters (Abtwahl!) eingegriffen
hat.
Die latenten Gegensätze Adalberts von Bremen zu
den hohen Reichsfürsten waren jedoch durch ihre Begünstigung
seitens der Krone nicht beseitigt. Ende 1065 trat nun ein Ereignis ein,
das auch den einflußreichsten unter ihnen, Otto
von Northeim, auf die Seite der Gegner des Bremers trieb. Adalbert,
der offenbar schon zur Zeit HEINRICHS III. den
Besitz der Reichsklöster Korvei und Lorsch erstrebt hatte, erreichte
es auf Grund seiner engen persönlichen Beziehungen zum König,
dass dieser ihm im September 1065 beide Abteien übertrug. Dieser scheinbare
Erfolg des Bremers erwies sich aber bald als ein arger politischer Mißgriff:
die Übertragung der Abtei Korvei an den Bremer Erzstuhl kam einem
unmittelbaren Eingriff in die Machtsphäre des NORTHEIMERS gleich,
der als Inhaber der Edelvogtei des Klosters und als Graf im Augau sich
in seiner sächsischen Vorrangstellung bedroht fühlte. Der dadurch
bedingte Übertritt Ottosin das
Lager der Gegner Adalberts bedeutete für diesen den Verlust seiner
stärksten Stütze im Reichsregiment. Wir wissen, dass der Bayern-Herzog
mit aller Macht versuchte, in seinem Interesse die Unabhängigkeit
Korveis zu retten. Ob er dieses Ziel erreichte, ist zweifelhaft, da der
im November und Dezember 1065 bezeugte Aufenthalt des Hofes in Korvei eher
auf die Niederkämpfung des Widerstandes hindeutet. Dagegen gelang
es dem Bremer nicht, die Abtei Lorsch in seine Gewalt zu bringen.
Die Ereignisse um Korvei und Lorsch führten zu einem
noch engeren Zusammenschluß der Adalbert feindlichen Reichsfürsten.
Anfang Januar 1066 stellten sie den König in Tribur vor die Alternative,
entweder selbst zurückzutreten oder seinen Günstling, den Bremer
Erzbischof, zu entlassen. Damit war das Schicksal Adalberts entschieden.
Der Sturz des Bremers war somit nicht zuletzt das Werk des Bayern-Herzogs,
der neben Anno von Köln, Siegfried von Mainz und den Herzögen
Rudolf und Gottfried an der Triburer Fürstenversammlung
teilgenommen hatte. Er selbst wird es erreicht haben, dass der König
bald darauf die Reichsunmittelbarkeit Korveis und damit seine eigene Machtstellung
an der Weser garantierte.
Es kann als sicher gelten, dass die rivalisierenden Bestrebungen
der hohen Reichsfürsten, Einfluß auf die Staatsverwaltung zu
gewinnen einerseits, und die ständig wachsende Eigenständigkeit
des jungen Herrschers bei der Wahrnehmung königlicher Rechte andererseits,
den folgenden Jahren ihr Gepräge gegeben haben.
Zunächst erachteten es die Fürsten für
erforderlich, das Verhältnis der Reichsgewalt zu Papst Alexander III.
zu normalisieren, waren doch nach dem Konzil von Mantua (1064) alle Beziehungen
zu Rom - nicht zuletzt auf Betreiben Adalberts - abgebrochen worden.
Im Anschluß an das Triburer Ereignis kam es Mitte Januar 1066 noch
in Tribur selbst zu Verhandlungen zwischen den anwesenden Reichsfürsten
und dem König, der sich schließlich bereit erklärte, auf
Veranlassung Annos von Köln den Reformpapst anzuerkennen, was einem
Verzicht auf den immer noch Widerstand leistenden Cadalus gleichkam. Als
Geschäftsträger einer entsprechenden Botschaft nach Rom wurde
Anno, der Erzkanzler für Italien, ausersehen, der sich jedoch weigerte.
Als er sich nach einer Unterredung mit den Herzögen
Rudolf und Berthold dennoch dazu bereit fand, hatte die Versammlung
bereits Otto von Northeim, der wohl
seit dem Jahre 1064 über gute italienische Beziehungen - vielleicht
auch zu Alexander - verfügte, als Leiter der Gesandtschaft bestimmt.
Es ist jedoch anzunehmen, dass die Reise Ottos
im Einvernehmen mit Anno erfolgte, da das nahe Verhältnis beider -
man denke vor allem an ihren gemeinsamen Zug nach Mantua im Jahre 1064
- trotz der zeitweiligen Vorherrschaft Adalbert am Hofe sicher erhalten
geblieben war.
Nachdem im Februar 1067 wiederum ein geplanter Italienzug
des Königs, wohl infolge der eigenmächtigen Handlungen des Herzogs
Gottfried, nicht zustande gekommen war, ging endlich in Frühjahr 1068
eine Gesandtschaft deutscher Fürsten nach Rom ab, unter denen abermals
die in italienischen Angelegenheiten erfahrenen Anno von Köln und
Otto
von Bayern zusammen mit dem Bischof
Heinrich von Trier begegnen. Die Aufträge der Sendboten sind unbekannt;
es darf jedoch angenommen werden, dass sie auf Grund einer königlichen
Ermächtigung Verhandlungen mit Alexander führen und für
die Wahrnehmung der Reichsrechte jenseits der Alpen Sorge tragen sollte.
Wir wissen nur, dass die Gesandten zunächst mit Erzbischof Heinrich
von Ravenna und Cadalus selbst Unterredungen führten, ehe sie - etwa
zur Osterzeit - in Rom anlangten, wo sie Alexander jedoch wegen ihres Verkehrs
mit den von ihm gebannten Kirchenfürsten als Abtrünnige betrachtete
und erst nach einem Bußakt aufnahm. Die Verhandlungen Annos scheinen
nicht erfolgreich verlaufen zu sein, er kehrte mit HEINRICH
von Trient bald nach Deutschland zurück. Der Bayern-Herzog hingegen
blieb allein in Italien "quasi cum principibus regni illius tractaturus
negotia" Es ist daher anzunehmen, dass Otto,
dessen gute Beziehungen zum (ober)italienischen Adel bekannt waren, vom
König den Sonderauftrag erhalten hatte, mit den einheimischen Fürsten
über die Aufrechterhaltung der Reichsgewalt jenseits der Alpen zu
verhandeln. Auf einer von dem Bayern-Herzog in der Feldmark von Piacenza
angesetzten Gerichtsversammlung, bei der auch Herzog Gottfried anwesend
war, kam es jedoch unter den zahlreich erschienen Einheimischen, die sich
offenbar aus Anhängern der deutschfeindlichen Pataria rekrutierten,
zu einem gegen den NORTHEIMER gerichteten Tumult, der dessen Bemühen
zum Scheitern verurteilte. Es ist nicht mit Unrecht vermutet worden, dass
Gottfried bei dieser reichsfeindlichen Demonstration die Hand im Spiele
gehabt habe. Demgegenüber kann die Aussage des Altaicher Annalisten,
Otto
habe
sich mit Gottfried gegen den König verschwören wollen, wohl nur
als eine gegen den NORTHEIMER gerichtete grundlose Unterstellung
gewertet werden. Wie lange Ottonoch
in Italien blieb, ist unbekannt.
In den Jahren 1067 und 1068 hat Otto
von Northeim, wie es scheint, intensiv an der Erweiterung seiner
Machtbasis in Bayern gearbeitet. Bereits zum Jahre 1067 wissen die Altaier
Annalen von blutigen Unruhen unter den bayrischen Fürsten zu berichten;
Otto hingegen habe, wie wir weiter erfahren, nichts zur Beilegung dieser
Streitigkeiten getan, wie wir weiter erfahren, nichts zur Beilegung dieser
Streitigkeiten getan, sondern von beiden Seiten Geld genommen und das Land
seinem Schicksal überlassen. Erst im folgenden Jahre (1068) hätten
die Zwistigkeiten zwischen den schon zum Kampfe gerüsteten Parteien
durch einen göttlichen Eingriff ein Ende gefunden. Ob der gegen den
Bayernherzog erhobene Vorwurf zutrifft, bleibe dahingestellt; man gewinnt
jedoch aus dem Bericht des Altaicher Annalisten den Eindruck, dass er die
eigentliche Rolle Ottos während dieser Kämpfe, die ebenfalls
unklar geschildert sind, bewußt verschweigt. Wir haben mit der Möglichkeit
zu rechnen, dass die bayerischen Fehden des Jahres 1067, an deren erheblichem
Ausmaß kein Zweifel besteht, durch das Bestreben des Bayern-Herzogs
entstanden sind, gewisse Gruppen des einheimischen Adels auf seine Seite
zu ziehen.
Auch im folgenden Jahre (1068) können die Tätigkeit
des NORTHEIMERS auf bayrischem Boden beobachten, wo er sich anscheinend
nach dem Italienzug des gleichen Jahres aufgehalten hat. Am 24. September
1068 war der vom König zum Weihnachtsfest des Jahres 1062 eingesetzte
Abt Wenzel von Altaich gestorben, woraufhin der Bayernherzog kraft seiner
rechtlichen Verfügungsgewalt über das Kloster dem Mönchskonvent
die freie Abtwahl gestattet, ein Zugeständnis, das von dem Motiv bestimmt
war, den ihm offenbar feindlich gegenüberstehenden Konvent und den
neuen Abt für sich zu gewinnen. Die Wahl fiel auf einen Mönch
namens Walker, über dessen Verhältnis zu Otto
allerdings
nicht bekannt ist. Da die Neubesetzung des Niederaltaier Abtstuhls wahrscheinlich
im Spätherbst 1068 erfolgte, so wird man für diese Zeit den Aufenthalt
Ottos
in Bayern anzusetzen haben. Man gewinnt aus diesen bayrischen Ereignissen
den Eindruck, dass sich die Machtstellung den NORTHEIMER in seinem
Herzogtum gerade während der Jahre 1067 und 1068 bedeutend gefestigt
hat. Auch zu den WELFEN scheinen gute
Beziehungen bestanden zu haben, berichtet doch Lampert, dass Welf,
der Gemahl der Ethilinde, die Sache seines Schwiegervaters vor dessen
Sturz im Jahre 1070 mit allen Kräften unterstützt habe.
Aber auch zum König selbst scheint der mächtige
Bayern-Herzog in einem engen Vertrauensverhältnis gestanden zu haben.
Schon 1068 hatte Otto, offenbar mit
königlichen Vollmachten ausgestattet, in Oberitalien mit den einheimischen
Fürsten Verhandlungen geführt. Zu Beginn des Jahres 1069 erließ
HEINRICH
IV. das Aufgebot für einen Heereszug gegen die Liutizen,
der unter der Führung des kriegserprobten Bayern-Herzogs zu einem
vollen Erfolg wurde. Dem Bericht des Altaicher Annalisten zufolge soll
Otto
jedoch wiederum - man denke an die ihm zugeschriebenen Verschwörungsabsichten
mit Herzog Gottfried 1068 in Italien - einen Anschlag gegen HEINRICH
im
Schilde geführt haben. Der König sei nach dem Ende des Liutizenzuges
einer Einladung des Herzogs gefolgt, mit ihm eines seiner Güter zu
besuchen. Es habe nun dabei in der Absicht Ottos
gelegen,
dass seine Leute mit Kuno, einem Dienstmann des Königs, einen Streit
beginnen und bei dieser Gelegenheit den König selbst ums Leben
bringen sollten. Obwohl der Anschlag mißlungen sei, so habe doch
späterhin, das heißt im Jahre 1070, ein gewisser Egeno, der
damals aus der Hand Ottos ein Schwert
zur Ermordung HEINRICHS erhalten zu
haben vorgab, seine Anklage gegen den Herzog vorgebracht.
Man wird dem Bericht des Altaicher Annalisten so viel
entnehmen können, dass der Aufenthalt des Königs bei Otto
und
vielleicht gewisse Zwischenfälle unter den beiderseitigen Dienstleuten
in der Tat erfolgt sind. Hinsichtlich der Beschuldigung, dass sich der
NORTHEIMER
mit Mordabsichten getragen habe, ist jedoch ihrerseits die feindselige
Haltung des Annalisten ihm gegenüber, und andererseits seine räumliche
Distanz zu den wohl in Sachsen stattgefundenen Ereignis in Betracht zu
ziehen, zwei Momente, die zu starken Zweifeln Anlaß geben. Es ist
doch merkwürdig, dass, wie unsere Quelle angibt, der König und
die Seinen von der Absicht des Anschlags nichts erfahren hätten und
Egeno erst nach über einem Jahre mit seiner Klage hervorgetreten sei.
Am wahrscheinlichsten ist daher, dass der süddeutsche Annalist gewisse
ihm überkommene Nachrichten von einem Zwischenfall unter den königlichen
und den herzoglichen Leuten in seinem Sinne umgedeutet, aufgebauscht und
in Beziehungen zu den später zu besprechenden Ereignissen des Jahres
1070 gesetzt hat.
Nichts beweist die Unrichtigkeit der in Niederaltaich
diesen Vorfällen zugrunde gelegten Motive besser als die Tatsache,
dass das enge Verhältnis
Ottos
zum König weiterhin bestehen blieb. Auch nach dem gemeinsamen Zusammensein
beider auf einem Besitztum des NORTHEIMERS blieb dieser am königlichen
Hof; offenbar begleitete er den König nach Quedlinburg, wo HEINRICH
das
Osterfest beging, da er kurz darauf, im April oder Mai, wiederum in Mühlhausen
in der Gegenwart des Königs nachzuweisen ist. Dazu kommt, dass dieser
sich im Sommer 1069 in Regensburg, der bayrischen Metropole, aufhielt.
Wie es scheint, hat HEINRICH dem NORTHEIMER
somit weiter sein Vertrauen geschenkt, was er beim Vorliegen eines begründeten
Verdachts dem Herzog gegenüber sicher nicht getan hätte.
In Regensburg erreichte den König die Nachricht
von einem Aufstand des Markgrafen Dedi von der Lausitz. Über die Hintergründe
und den Verlauf der Empörung besitzen wir, von kurzen Quellennotizen
abgesehen, die ausführlichen Berichte Lamperts und der Altaicher Annalen.
Lamperts Erzählung, wonach Dedi von seiner Gemahlin Adela veranlaßt
worden sei, die ihm von den Lehnsherren ihres ersten Gemahls, des Markgrafen
Otto von Meißen aus dem Hause WEIMAR (+ 1067), verweigerten Lehen
- vor allem wohl die mainzischen - durch einen Gewaltakt einzufordern,
kann als im ganzen zuverlässig gelten. Ganz anders motiviert der Altaicher
Annalist die Erhebung: anknüpfend an den 1068 bei dem Aufenthalt
HEINRICHS auf einem Gute Ottos von
Northeim gefaßten Plan, den König zu ermorden, hätten
sich 12 Fürsten verschworen, von denen einer - wie die Rede ging -
der Bayernherzog gewesen sei. Nur zwei der Beteiligten, Dedi und Graf Adalbert,
hätten offen die Fahne des Aufruhrs erhoben; ihre Genossen seien zu
ihrem Schutze im Verborgenen geblieben.
Es kann kaum zweifelhaft sein, dass die bewußte
Anknüpfung des Aufstandes Dedis und Adalberts an die Ereignisse, die
sich im Vorjahre (1068) auf dem Gute Ottos
zugetragen hatten, und die Nennung des Bayern-Herzogs unter den 12 Verschwörern,
als eine auf persönliche Verunglimpfung des NORTHEIMERS hinauslaufende
Entstellung des eigentlichen Tatsachenzusammenhanges zu werten ist, da
wir die Motive der Empörung durch die Aussagen Lamperts besser kennen.
Auffallend ist ferner, dass der Altaicher Annalist, obwohl er Otto
zu
den Verschwörern rechnet, nicht verschweigen kann, dass der Herzog
an der Auseinandersetzung zwischen dem König und den Aufständischen
beteiligt war, wenn auch betont wird, dass er keiner Seite Hilfestellung
geleistet habe. Ein solches Verhalten des NORTHEIMERS und seines
Aufgebots ist aber kaum vorstellbar, da seine Anwesenheit bei den Kampfhandlungen
eo ipso eine Parteinahme zur Voraussetzung hat. Wenn wir weiter in Erwägung
ziehen, dass zwischen König und Herzog zumindest seit 1068 ein freundschaftliches
Verhältnis bestand und HEINRICH von
Regensburg kommend, den Kampf offenbar mit süddeutschen Kontingenten
bestritt, so liegt der Schluß nahe, dass auch Ottoauf
des Königs Seite stand. Seinem Eingreifen ist es wohl auch zuzuschreiben,
dass der Feldzug nach der Einnahme der beiden befestigten Platz Scheidungen
und Beichlingen mit einem Siege des Königs und der Unterwerfung Dedis
und Adalberts endete. Noch im gleichen Jahre begab sich
HEINRICH
wieder auf bayrisches Gebiet, wo er das Weihnachtsfest bei Bischof Ellenhard
von Freising feierte. Der glückliche Ausgang der eben geschilderten
Ereignisse des Jahres 1069 hat somit erwiesen, wie nutzbringend sich die
Zusammenarbeit des Königs und des Bayern-Herzogs in den machtpolitischen
Auseinandersetzungen mit äußeren und inneren Gegnern gestaltete.
Ein Rückblick auf die Jahre 1061-1069 zeigt, dass
es Otto von Northeim gelungen war,
seine im Jahre 1061 mit der Erhebung zum bayrischen Herzog gewonnene hohe
reichsfürstliche Stellung in den Wirren der 60-er Jahre zu halten
und ausbauen. Um sie nicht zu gefährden, schloß er sich 1062
einer unter Führung Annos von Köln stehenden Fürstenrevolte
an, die mit der politischen Entmachtung der Kaiserin
Agnes endete. Er verstand es jedoch, baldige Versöhnung
mit dem Hof zu erlangen und während der Zeit der fürstlichen
Reichsregentschaft sich auf die Seite der jeweils einflußreichsten
Partei zu stellen, ohne indes auf eigene, sicher bedeutende Machtstellung
am Hofe und bei der Wahrnehmung der Reichsgeschäfte zu verzichten.
Während der Zeit von 1066 bis 1069 stand Otto
auf
dem Höhepunkt seiner Macht. Es gelang ihm nicht nur, seinen Einfluß
in Bayern zu erweitern, sondern auch mit dem König verband ihn ein
enges Vertrauensverhältnis. Das Jahr 1069 bildete den Gipfel und zugleich
den Abschluß dieser Entwicklung. Mit dem Jahre 1070 beginnt jene
Phase der Beziehungen zwischen König und Herzog, die wenig später
in die Epoche des offenen Gegensatzes zwischen salischem
Königtum
und sächsischen Stammespartikularismus einmünden sollte.
Nach dem Pfingstfest des Jahres 1070 trat ein Ereignis
ein, das das bisherige Verhältnis zwischen HEINRICH
IV. und dem Bayern-Herzog von Grund auf umgestaltete: ein gewisser
Egeno behauptete, von Otto zur Ermordung
des Königs gedungen zu sein. Welches Aufsehen dieser Vorfall unter
den Zeitgenossen erregte, zeigt sich in seiner ausführlichen und verschiedenartigen
Beurteiling durch die Chronisten. Egeno, der vielleicht sächsischer
Abkunft war, erscheint übereinstimmend als ein zwar dem Stande der
Freien Angehöriger, aber durch vielerlei Schandtaten berüchtigter
Übeltäter. Hinsichtlich der Motive jedoch, die seiner Klage zugrunde
lagen, weichen die einzelnen Berichte erheblich voneinander ab.
Am eindeutigsten auf den Boden der Anschuldigungen des
Egeno stellt sich der Altaicher Annalist: Otto
habe nach dem 1069 auf einem seiner Güter beabsichtigten, aber fehlgeschlagenen
Mordversuch weiterhin geheime Pläne gegen HEINRICH
IV. geschmiedet und Egeno, seinem Mitwisser aus dem vergangenen
Jahre, ein Schwert zur Ermordung des Königs gegeben, das dieser jetzt
gleichsam zum Beweis für die Richtigkeit seiner Aussage vorwies. Steht
diese Darstellung des Annalisten einerseits im Widerspruch zu dem Gesamtbild,
das sich von dem Verhältnis des Königs und des Herzogs in den
Jahren 1066-1069 ergeben hat, so ist andererseits die von ihm beiläufig
erwähnte Tatsache, Egeno habe Otto
versprochen, den König umzubringen, geeignet, die Glaubhaftigkeit
seines ganzen Berichtes in Frage zu stellen: denn damit wäre Egenos
Aussage einer Selbstanklage gleichgekommen und hätte bei einer Konfrontierung
mit dem Beschuldigten auch ihn treffen können. Da ferner die feindselige
Haltung des Altaichers gegenüber Otto genugsam bekannt ist,
wird man seine Motivierung der Klage Egenos am besten unberücksichtigt
lassen. Das gleiche gilt für die umgekehrte Version Brunos, wonach
der König selbst Egeno zu seiner den Herzog diskriminierenden Aussage
angestiftet hätte.
Eine viel weniger einseitige Beurteilung erfahren die
Ereignisse durch die Schilderung Lamperts von Hersfeld. Ausgehend von der
gewiß zutreffenden Feststellung, dass der NORTHEIMER um 1070
eine beherrschende Stellung sowohl am Hofe als auch im Reiche eingenommen
habe, berichtet Lampert, wie alle diejenigen, die ihm mißgünstig
gesonnen waren, ihn beneideten oder sich von ihm verletzt fühlten,
den Egeno zu einer öffentlichen Klage anstifteten und den König
gegen den Herzog aufreizten, da sie offenbar zu HEINRICHS
Ratgebern
gehörten. Eine Stütze findet Lampert in dem allerdings späteren
Bericht Ekkehards. Hier ist ganz offen die Rede von Getreuen des Königs,
unter deren Schutz sich Egeno an den Hof begeben habe, wo er seine von
ihm selbst erfundene Klage vorgebracht habe, ohne dass der Herzog ihn überhaupt
gekannt habe. Die Gründe, mit denen Lampert und Ekkehard die Unschuld
Ottos
zu erweisen suchen, erscheinen durchaus plausibel: ein gewisser Kreis von
Leuten aus des Königs Umgebung, der dem Herzog aus irgendwelchen Gründen
feindlich gegenüberstand, hätte die Absicht verfolgt, sein Ansehen
bei HEINRICH IV. zu untergraben.
Bevor versucht werden soll, ein genaues Urteil über
die Schuldfrage zu gewinnen, erscheint es ratsam, den weiteren Verlauf
der Ereignisse zu verfolgen. Ob der König berechtigte Gründe
hatte, die Klage Egenos glaubhaft zu halten, steht dahin; wir wissen nur,
dass er, ungeachtet der Bescholtenheit des Klägers, darauf drang,
die Angelegenheit zu untersuchen. Der NORTHEIMER wurde zu einer
etwa drei Wochen nach Pfingsten in Mainz stattfindenden Fürstenversammlung
geladen, auf der HEINRICH den Inhalt
der Klage verkündete, Egeno und den Herzog einander gegenüberstellte
und von dem Beklagten eine Stellungnahme verlangte. Da dieser die gegen
ihn erhobenen Beschuldigung bestritt, sollte ein Zweikampf beider die Entscheidung
bringen, wozu sich der Kläger bereits vorher, um die Stichhaltigkeit
seiner Aussage zu erweisen, bereit erklärt hatte. Den Herzog wurde
ein 6-wöchiger Aufschub bis zum 1. August gewährt, wo auf einer
Gerichtsversammlung in Goslar endgültig über den Grund der Klage
entschieden werden sollte.
Otto von Northeim war
zum festgesetzten Zeitpunkt mit einem bewaffneten Gefolge in der Nähe
Goslars erschienen, begab sich jedoch nicht zur Gerichtsversammlung der
Fürsten, sondern begann mit Hilfe von Botschaften mit HEINRICH
zu verhandeln. Nach der Darstellung Lamperts soll er vom König freies
Geleit für sein Kommen erbeten haben, was dieser abgewiesen habe.
Diese Angabe Lamperts kann nicht richtig sein, da ein ordnungsgemäßes
Zustandekommen des Zweikampfes, wie er in Mainz beschlossen worden war,
das unbehinderte Erscheinen des Beklagten voraussetzen mußte. die
hier gewiß besser informierten Altaicher Annalen berichten nur, dass
HEINRICH
das sichere Geleit für seine Reise nach Goslar zwar gewährt,
sein weiteres Schicksal aber vom Ausgang des Zweikampfes abhängig
gemacht habe. Otto zögerte aber
noch immer, zu kommen, woraus deutlich wird, dass ihm die vom König
gemachten Garantien für die Sicherheit seiner Person nicht genügten.
Er hatte offenbar beabsichtigt, dem ganzen Fall durch erneute Verhandlungen
eine günstigere Wendung zu geben; jedenfalls war er nicht bereit,
gemäß den in Mainz getroffenen Vereinbarungen mit seinem Kläger
zu kämpfen und sich einem Gottesurteil zu beugen. Wahrscheinlich hat
diese seine Absicht schon von vornherein bestanden, da er sich nur unter
bewaffneten Schutz der Gerichtsstätte zu nähern wagte. Obwohl
ihm der König nunmehr die rechtlichen Folgen einer schuldhaften Säumnis
androhen ließ, weigerte sich der Herzog noch immer und erbat sich
eine neue Frist, ohne indes die Antwort abzuwarten, zog er es endlich vor,
auf Zureden befreundeter Fürsten, dem Gerichtstag fernzubleiben, sich
auf seine Güter zu begeben und zu den Waffen zu greifen.
Das Ausbleiben des Herzogs gab dem König jetzt die
rechtliche Handhabe, ein auf der Kontumazialklage begründetes Hochgerichtsverfahren
gegen ihn zu eröffnen: Die in Goslar versammelten Fürsten scheinen
jedoch in zwei Lager gespalten gewesen zu sein. Nach dem hier wohl glaubhaften
Bericht des Altaicher Annalisten gelang es den anwesenden Freunden des
NORTHEIMERS,
den Urteilsspruch noch zu verzögern, während andere den Flüchtigen
sofort verfolgen wollten, da sie anscheinden seine persönlichen Gegner
waren. Mit dieser Nachricht lassen sich nun die eingangs genannten Aussagen
Lamperts und Ekkehards, der Herzog sei von persönlichen Feinden aus
der Umgebung des Königs verleumdet worden, zwanglos in Einklang zu
bringen; auch die im ganzen sicherlich unzutreffende Angabe Lamperts, das
Gericht sei mit "principes Saxoniae.....", welche "propter privatas inimicicias
maxima invisum eum haberant", besetzt gewesen, verliert dadurch etwas von
ihrer Schärfe. Trotz allem ist da am nächsten Tag, dem 2. August,
gesprochene Urteil in seiner Rechtmäßigkeit nicht anzufechten.
Auf Befragen des Königs wurde der Herzog durch den Spruch sächsischer
Fürsten nach sächsischem Stammesrecht des Hochverrats für
schuldig befunden, womit auch die von Egeno erhobene Beschuldigung als
erwiesen angesehen werden mußte. Die Prozeßfolgen zeigen darüber
hinaus deutlich den amts- und volksrechtlichen, das heißt kriminellen
Charakter des Gerichtsverfahrens: der NORTHEIMER verfiel der unmittelbaren
Friedlosigkeit, sein ihm zur Last gelegtes Verbrechen galt daher als todeswürdig,
und der Urteilsvollzug wurde von der Ergreifung des Täters abhängig
gemacht. Der Verlust seiner gesamten Rechtsfähigkeit bedeutete weiterhin
den Entzug aller Lehen - das Herzogtum Bayern verfiel nach Amtsrecht der
Verfügungsgewalt des Königs - und der Allode, sowie die Aufhebung
des von der Sippe gewährten Rechtsschutzes und die Entbindung seiner
Vasallen vom Lehnseid.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob Otto
von Northeim als Schuldiger verurteilt wurde, die Klage des
Egeno also zu Recht bestand. Eine Durchsicht des Quellenmaterials hat ergeben,
dass in den Berichten Lamperts, Ekkehards und auch des schwäbischen
Annalisten von Hintermännern die Rede ist, die den Kläger zu
seinem Vorgehen veranlaßten. Da diese ausdrücklich als Vertraute
des Königs und persönliche Gegenspieler des Herzogs - selbst
die Altaicher Annalen sprechen davon - bezeichnet sind, so ist damit zu
rechnen, dass die Klage auf Unwahrheit beruhte und lediglich den Zweck
verfolgte, den NORTHEIMER von der Seite des Königs zu verdrängen.
Es ließe sich auch kaum erklären, welche Absicht Otto, da er
bis zum Jahre 1069/70 eine führende Stellung am Hofe einnahm, mit
der Ermordung des Königs verfolgt haben könnte. Von seiner Tätigkeit
während der Zeit der Reichsregentschaft gewinnt man ohnehin den Eindruck
einer vorsichtig-abgewogenen Zurückhaltung. Man wird daher vermuten
dürfen, dass sich der Herzog infolge seines engen Verhältnisses
zum König den Haß seiner Ministerialen zugezogen hatte und als
Unschuldiger einer falschen Klage zum Opfer fiel. Ob HEINRICH
Grund hatte, ihr Glauben zu schenken, etwa wegen Ottos
Beteiligung
am Staatsstreich von Kaiserswerth oder an der Verschwörung gegen Adalbert
von Bremen, muß zweifelhaft bleiben. Es werden andere Gründe
vorgelegen haben, die ihn bewogen, den NORTHEIMER fallen zu lassen.
Seit dem Ende der 60-er Jahre war der König bemüht, durch eine
zielbewußte Rekuperationspolitik die während der Zeit der Reichsregentschaft
der Krone in O-Sachsen entfremdeten Gerechtsame zu erfassen und zu arrondieren.
Diese Politik mußte jedoch zum Scheitern verurteilt sein, solange
der NORTHEIMER, wahrscheinlich auch auf der Grundlage von ererbtem
oder usurpiertem liudolfingischem Haus-
und Königsgut, in dem Raum westlich der Linie Harz-Thüringer
Wald eine beherrschende territoriale Vormachtstellung einnahm und zudem
als Herzog von Bayern der einflußreichste Reichsfürst war. Die
Klage des Egeno gab HEINRICH die Möglichkeit,
diese ihm drohende Gefahr zu beseitigen, und er verstand es, aus der Situation
den größtmöglichem politischen Nutzen zu ziehen.
So groß der Gewinn aber auch war, den der König
durch die Konfiszierung der northeimischen
Gerechtsame davongetragen hatte: es gelang ihm in der Folgezeit nicht,
sich mit der einflußreichen Sippe Ottos auszusöhnen und
die sächsischen Fürsten an sich zu binden. Einen direkten Übergang
vom Sturz des Herzogs bis zum Beginn des sächsischen Aufstandes im
Jahre 1073 hat es nicht gegeben, und dennoch ist Ekkehard nicht im Unrecht,
wenn er, aus der Sicht des rückschauenden Betrachters, in dem Ereignis
des Jahres 1070 die eigentliche Ursache für die nachfolgenden Wirren
erblickt.
Der in Goslar über Otto
von Northeim verhängte Urteilsspruch wurde unverzüglich
in die Tat umgesetzt. Nach dem ausführlichen Bericht Lamperts waren
es zunächst die Freunde des Königs - die über dessen Besitzungen
herfielen und auch vor Ausschreitungen gegen seine Dienstleute und Bauern
und die von ihm errichteten Kirchen und Heiligtümern nicht zurückschreckten.
Nachdem der König selbst ein Heer gesammelt hatte, begann er einen
systematischen Verwüstungsfeldzug gegen die Güter und befestigten
Plätze Ottos zu unternehmen. Es
gelang ihm, den Hanstein, der von seiner Besatzung verlassen worden war,
einzunehmen und zu zerstören. Von der Werra scheint HEINRICH
sogleich nach Westen gezogen zu sein, wir erfahren, dass er den Desenberg,
den die Leute des NORTHEIMERS aufgegeben hatten, in Besitz nahm
und von da aus die Güter von Ottos
Gemahlin Richenza - offenbar die westfälischen - verheerte.
Es kann kein Zweifel bestehen, dassOtto
von Northeim selbst das gegen ihn ergangene Verfahren und seine
Aburteilung als unrechtmäßig betrachtete, und, da er sich offenbar
schuldlos fühlte, nach germanischem Widerstandsrecht zur Selbsthilfe
griff. Es zeigte sich bald, dass es HEINRICH
nicht gelang, die northeimische Sippe
und ihre Lehnsträger von der Unterstützung des Verurteilten abzuhalten.
Otto
konnte es zwar nicht wagen, sich dem königlichen Aufgebot in einer
offenen Feldschlacht entgegenzustellen, begab sich jedoch mit einem bewaffneten
Gefolge von ansehnlicher Stärke - Lampert berichtet von 300 auserlesenen
Kriegern - nach Thüringen, wo er die königlichen Fiskalgüter
verwüstete und die reiche Beute an seine Kriegsleute und landlosen
Bauern verteilte. Aber auch HEINRICH
selber hielt es offensichtlich nicht für geraten, der wohlausgerüsteten
Kampftruppe des Gegners in einem offenen Gefecht gegenüberzutreten
und damit weitere Vergeltungsakte desselben zu verhindern, so dass er auf
die Realisierung des Spruches von Goslar in seiner letzten Konsequenz -
die Ergreifung des Schuldigen und die Vollstreckung des Urteils - verzichten
mußte. Stattdessen wurde die Kriegstruppe des NORTHEIMERS
alsbald
in eine Auseinandersetzung mit den Thüringern verwickelt, die sich,
um den Überfällen Einhalt zu gebieten, unter der Führung
des Grafen Ruger von Bilstein zu einem Heerhaufen vereinigt hatten. Am
2. September 1070 kam es bei Eschwege zu einem blutigen Gefecht, das mit
einer vernichtenden Niederlage der Thüringer endete. Nach seinem Siege
entließ
Otto, offenbar in Anbetracht
des nahem Winters, einen Teil seiner Mannschaft und begab sich mit dem
Rest seines Gefolges nach Sachsen, wo er mit den Liutizen Verbindung aufnahm
und durch räuberische Umtriebe das Land in Unruhe versetzte. Einen
Bundesgenossen fand er in dem jungen BILLUNGER Magnus, der sich wohl durch
das wieder enger gestaltende Vertrauensverhältnis des Königs
zu seinem Widersacher Adalbert von Bremen beunruhigt fühlte und sich
von der Beteiligung an der Empörung seines Verwandten einen Erfolg
versprach; auf seinen Gütern fand der NORTHEIMER während
des Winters 1070/71 seinen Unterhalt.
Der Sieg des NORTHEIMERS über die Thüringer
hatte einen starken Eindruck bei HEINRICH
hinterlassen; er hielt es für geraten, in seiner Goslarer Pfalz vor
etwaigen Überfällen des Gegners Schutz zu suchen. Hier belehnte
er zu Weihnachten 1070 Welf IV. mit dem bayrischen Herzogtum. Die Tatsache,
dass sich Herzog Rudolf von Schwaben
beim König für den WELFEN
einsetzte, läßt schon zu dieser Zeit den späterhin immer
deutlicher werdenden Gegensatz des
RHEINFELDERS
zu Otto von Northeimahnen: hier liegt
eine der Wurzeln für die süddeutsche Fürstenkoalition der
folgenden Jahre. Andererseits hatte es Welf selbst verstanden, sich bei
HEINRICH
zu empfehlen. Nachdem das Goslarer Urteil über seinen Schwiegervater
gesprochen war, verweigerte er die von diesem erbetene Hilfe und trug auch
keine Bedenken, seine Ehe mit Ethilinde zu lösen und die junge
NORTHEIMERIN
ihrem Vater zurückzuschicken. Zu Beginn des Jahres 1071 traf der König
gerade Vorbereitungen, von Goslar nach Bayern zu ziehen, um mit Rücksicht
auf den bayrischen Stammesadel dort die Einsetzung Welfs vorzunehmen, als
sich der NORTHEIMER entschloß, eine kriegerische Entscheidung
herbeizuführen. Er hatte mit seinen Leuten den in N-Hessen zwischen
Diemel und Fulda gelegene Berg Hasungen befestigt und war gewillt, HEINRICH
in offener Feldschlacht entgegenzutreten. Die Stärke und Kampfmoral
seiner Truppen scheint jedoch durch die auf Grund der voraufgegangenen
Verwüstungen erfolgten materiellen Einbußen wesentlich geschwächt
worden zu sein. Auch eine Parteinahme anderer sächsischer Fürsten
für Otto ist unwahrscheinlich,
da HEINRICH in Goslar sächsische
Große zum Schutz der Kaiserpfalz zurückließ und aus Sachsen,
Thüringen und Hessen Truppen zusammenzog, die er zum Kampf gegen den
NORTHEIMER
zu führen gedachte. Es hat jedoch den Anschein, dass er im Hinblick
auf den zu erwartenden hartnäckigen Widerstand selbst einer offenen
Entscheidung auswich; offenbar auf seine Veranlassung begab sich sein vertrauter
Ratgeber Eberhard von Nellenburg zu Otto
und bewog diesen, sein Gefolge vom Hasungerberg abzuziehen und sich dem
König zu ergeben. Es ist anzunehmen, dass sich der NORTHEIMER
nur auf Grund sicherer Zugeständnisse seitens des Königs zu diesem
Schritt bereit gefunden hat; zum wenigsten dürfte ihm der NELLENBURGER
die Wiedererlangung der königlichen Gnade und die Sicherheit seiner
Person verbürgt haben. Da Otto bestrebt
sein mußte, aus dem Zustand der Rechtlosigkeit und der politischen
Isolierung befreit zu werden, wurde das Übereinkommen im Interesse
beider Seiten geschlossen. Der NORTHEIMER
hatte dabei einen deutlichen
Erfolg zu verzeichnen: HEINRICH sah
sich genötigt - nicht zuletzt aus machtpolitischen Erwägungen
-, das Todesurteil von Goslar zu Gunsten des Geächteten zu revidieren.
Nachdem ein Waffenstillstand bis Ostern (24. April) 1071 vereinbart worden
war, wo sich Otto in Köln dem
König ergeben sollte, löste der NORTHEIMER
seinen eingegangenen
Verpflichtungen gemäß sein Gefolge auf. Er war zwar, wie es
scheint, zum festgesetzten Zeitpunkt nicht in Köln erschienen, erhielt
aber trotzdem von HEINRICH einen abermaligen
Aufschub bis Pfingsten. Zu diesem Zeitpunkt, am 12. Juni 1071, unterwarfen
sich in Halberstadt Otto von Northeim,
der BILLUNGER Magnus und andere führende Teilnehmer an der Empörung.
Otto
fand in Adalbert von Bremen, mit den er sich ausgesöhnt hatte, einen
Fürsprecher, ihm hatte er es zu verdanken, dass er seine Allodialgüter
vollzählig zurückerhielt, während er seiner zahlreichen
Reichslehen zum größten Teil verlustig ging. Trotz der Vermittlung
des Bremer Erzbischofs sah sich HEINRICH
jedoch
nicht veranlaßt, die Empörer sogleich auf freien Fuß zu
setzen. Er übergab sie den Reichsfürsten in Gewahrsam und bestimmte,
dass sie ihm zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt wieder ausgeliefert
werden sollten. Der BILLUNGER wurde auf der Harzburg gefangengesetzt; von
Ottohingegen
ist nicht bekannt, wo er die Zeit seiner Inhaftierung verbracht hat. Nach
einem vollen Jahre, am Pfingstfest (27. Mai) 1072, erlangte er in Magdeburg
die königliche Gnade und seine persönliche Freiheit zurück,
nicht aber ohne vorher dem König und seinen Fürsprechern einen
beträchtlichen Teil seiner Eigengüter überlassen zu haben;
Magnus hingegen blieb weiterhin in Haft.
Betrachten wir die letzten Ereignisse des Jahres 1071
und 1072 im Zusammenhang, so fällt auf, dass sowohl in Halberstadt
als auch in Magdeburg dem
NORTHEIMER gegenüber Magnus eine
bevorzugte Behandlung zuteil wurde. Adalbert von Bremen war es 1071 gelungen,
das 1067 unter dem Druck der Ereignisse an den BILLUNGER zu Lehen gegebene
Kirchengut wieder einzuziehen. Er hatte erfahren, welche Gefahr ein Zusammengehen
Ottos
und Magnus' für den Bestand seines Erzbistums und die sächsische
Dominialpolitik des Königs, die er sicherlich nach Kräften unterstützte,
bedeuten konnte. Um ähnliche Aufstände in Zukunft zu unterbinden,
war es erforderlich, beide Gegner zu trennen. Es ist daher zu vermuten,
dass die längere Inhaftierung des BILLUNGERS bereits 1071 im beiderseitigen
Einvernehmen Adalberts und HEINRICHS
beschlossen wurde, während Otto
auf ausdrücklichen Wunsch des Bremers, offenbar um ihn günstig
zu stimmen, in seine stark geminderten Allodialrechte wieder eingesetzt
wurde. Vielleicht erfolgte seine Freilassung 1072 auch auf Fürbitte
Liemars von Bremen, der die Politik Adalberts fortsetzte. Die Hoffnung,
dass mit der Festsetzung des BILLUNGERS und der politischen Entmachtung
des NORTHEIMERS und der politischen Entmachtung des NORTHEIMERS
die sächsische Gefahr für die Machtbestrebungen des Königs
beseitigt sei, sollte sich jedoch bald als trügerisch erweisen. Der
Friede war nur von kurzer Dauer; ein echter Gesinnungswandel der Empörer
war nicht erfolgt, dagegen der Keim zu neuen Auseinandersetzungen gelegt.
Im Jahre 1073 brach der Sachsenaufstand aus.
HEINRICH hatte seit etwa 1068 seine sächsischen Rekuperationspolitik
immer entschiedener vorangetrieben und war dazu übergegangen, größere
Güterdistrikte als Krongut zu vindizieren und von den Bewohnern Abgaben
einzufordern. Hinzu kam, dass er, um die Rechtmäßigkeit der
Konfiskation zu erweisen, das Inquisitionsverfahren, eine in Sachsen unbekannte,
Zweikampf und Eideshelfer ausschließende Prozeßform einführte
und zur Sicherung des Gewonnenen an strategisch wichtigen Punkten eine
Reihe von Burgen errichtete, die er mit schwäbischen Ministerialen
belegte. Die Lage der Burgen, die zumeist an der Nord-, Ost- und Südseite
des Harzes angelegen waren, zeigt darüber hinaus deutlich die Absicht
des Königs, die Herrschaftsgebiete der mächtigsten Grafengeschlechter
O-Sachsens voneinander zu trennen, um ein unbehindertes Zusammenwirken
des Adels gegen seine Pläne zu erschweren. Adel und Volk der Sachsen
betrachteten diese Maßnahmen HEINRICHS
als eine Verletzung ihres Stammesrechts; somit standen sich zwei extreme
Rechtsauffassungen unversöhnlich gegenüber. Persönliche
Feindschaften sächsischer Fürsten mit dem König trugen schließlich
dazu bei, die allgemeine Mißstimmung zu verstärken und eine
offene Empörung vorzubereiten.
Otto von Northeim
hatte den Verlust seiner Hoheitsrechte auch nach seiner Freilassung (1072)
nicht verschmerzen können. Es ist anzunehmen, dass seine allodiale
Machtposition im westlichen Harzvorland und im Oberweser- und Werragebiet
durch die Versuche des Königs, das dort gelegene Krongut zu arrondieren,
erneut in Mitleidenschaft gezogen wurde. Enge Freundschaft verband ihn
mit dem dem billungischen Hause. Nach dem Tode Herzog Ordulfs am 28. März
1072 stellte HEINRICH an seinen noch
immer in Haft befindlichen Sohn Magnus als Preis für seine Freilassung
das Ansinnen, seine Ansprüche auf die väterlichen Herrschaftsrechte,
in erster Linie dessen herzogliche Stellung, aufzugeben. Es zeigte sich,
dass er dem BILLUNGER, den er noch immer als Hochverräter betrachtete,
ein ähnliches Schicksal zugedacht hatte wie Otto
von Northeim. Sein Plan mußte jedoch scheitern: Magnus
lehnte die Verzichtforderung ab. Der seit den Zeiten Bernhards II. und
Ordulfs lebendige und im Stammesbewußtsein verankerte erbrechtliche
Anspruch der BILLUNGER auf die sächsische Herzogswürde erwies
sich als stärker als das vom König auch in diesem Falle verfochtene
amtrechtliche Prinzip. Zudem war es auf Grund der gespannten Lage schlechterdings
möglich, ein Prozeßverfahren nach Recht und Herkommen gegen
Magnus zu eröffnen; die Übergriffe des Königs auf billungisches
Eigengut mußten deshalb vornherein als Usurpation empfunden werden.
Graf Hermann, der Onkel des Magnus, und Otto
konnten HEINRICH auch nicht durch ihr
Angebot von Geld und Gütern dazu bewegen, den Inhaftierten freizugeben.
Wenn es auch fraglich erscheinen muß, ob sich Otto
- wie Lampert will - um seines Verwandten willen erneut in königlichen
Gewahrsam begeben wollte, so wird doch aus der schroffen, ablehnenden Antwort
des Königs deutlich, wie wenig erwünscht ihm diese Sympathiebezeigung
für den BILLUNGER war, das ihm das Scheitern seiner Politik der Jahre
1071 und 1072 klar vor Augen führte. Hermann und Otto
treten bei Lampert als die Initiatoren des sächsischen Aufstands entgegen:
als dritter im Bunde wird Bischof Burchard von Halberstadt genannt. Die
Verschwörung griff schnell um sich und erfaßte schon im gleichen
Jahre (1073) die bedeutendsten geistlichen und weltlichen Fürsten
Sachsens. Unter den weltlichen Großen nennen Lampert und die Disibodenberger
Annalen übereinstimmend an erster Stelle Otto
von Northeim. Es ist daher als sicher anzunehmen, dass er innerhalb
der Gruppe derjenigen Fürsten, in deren Händen die Führung
des sich anbahnenden Aufstandes lag (Hermann der Jüngere Billung,
Markgraf Dedi, Burchard von Halberstadt?), die einflußreichste Stellung
einnahm.
Am 29. Juni hatte sich in Goslar eine Abordnung sächsischer
Fürsten eingefunden, um mit HEINRICH
über ihre Forderungen zu verhandeln. Als dieser ihnen eine herausfordende
Behandlung zuteil werden ließ, beriefen sie Ende Juli eine allgemeine
Stammesversammlung nach Hötensleben südlich Helmstedt. Otto
von Northeim eröffnete den Anwesenden den Grund der Zusammenkunft,
setzte ihnen die Klagen und Forderungen der Fürsten auseinander und
rief den gesamten Stamm zum bewaffneten Widerstand gegen den König
auf. Nachdem einem jeden Gelegenheit gegeben worden war, persönliche
Klagen vorzubringen, wurden die Abmachungen durch einen feierlichen Eid
bekräftigt. Die Rolle des NORTHEIMERS in Hötensleben verdient
Beachtung. Noch war er als Sprecher der Fürsten aufgetreten, aber
sein Appell an die Vertreter des ganzen Stammes mußte ihm auch beim
Volk Sympathie erwecken. In ihm, dem ehemaligen Reichsfürsten, der
selbst gegen des ihm vom König zugefügte Unrecht heftige Klage
erhob, sah man hinfort den Verfechter des einen gemeinsamen Anliegens.
Seit dem Jahre 1073 nahm er die Geschicke der großen Aufstandsbewegung
mehr und mehr in die eigenen Hände. Hinzu kommt ein zweites. Die in
der Klage Ottos gegen HEINRICH
IV. zum Ausdruck gekommene Forderung auf Rückgabe des bayrischen
Herzogtums, dessen er zu Unrecht entsetzt worden sei, bedingte von Anfang
an die Verpflechtung der sächsischen Stammespolitik mit der Interessenpolitik
der oberdeutschen Herzöge und der Reichspolitik überhaupt. Solange
Otto
an dieser Forderung festhielt, hatte er mit der Feindschaft Rudolfs
von Schwaben, Welfs von Bayern und Bertholds von Kärnten
zu rechnen. So liegt in der Versammlung von Hötensleben der Schlüssel
zum Verständnis für die Rolle, die Otto
von Northeim im weiteren Verlauf des Sachsenkrieges gespielt
hat.
Von nun an überstürzen sich die Ereignisse.
Nachdem HEINRICH in Goslar eine zweite
sächsische Gesandtschaft abschlägig beschieden hatte, zog ein
sächsisches Heer vor die Harzburg, in deren Schutz sich der König
inzwischen begeben hatte, um auf seine Entscheidung einen Druck auszuüben.
Otto
ließ dem König die für diesen unannehmbaren
Forderungen überbringen, er möge die Burgen niederreißen
und die konfiszierten Güter zurückerstatten. In dieser ausweglosen
Situation blieb
HEINRICH
nur die Möglichkeit,
sich durch die Flucht zu retten. Am 10. August 1073 verließ er die
Harzburg.
Die Aufständischen hatten von Anfang an in Verbindung
mit den einflußreichsten Reichsfürsten gestanden; insbesondere
scheinen sie Anno von Köln und Siegfried von Mainz in ihr Vertrauen
gezogen zu haben. Nach Lampert soll bereits am 24. August 1073 in Korvei
eine Unterredung sächsischer Fürsten mit Siegfried stattgefunden
haben und - offenbar wider Willen HEINRICHS -
eine Versammlung mit den übrigen Reichsfürsten auf den 20. Oktober
nach Gerstungen angesetzt worden sein. Es ist möglich, aber nicht
sicher, dass der
NORTHEIMER in Korvei die Verhandlung geführt
hat. Immerhin fällt aus, dass Lampert, der sich sonst über ihn
gut unterrichtet zeigt, seine Anwesenheit hier nicht erwähnt. Auch
in Gerstungen, wo zum festgesetzten Zeitpunkt die Versammlung zusammentrat,
wird sein Name unter denen der übrigen Fürsten nicht genannt,
was auf eine gewisse Zurückhaltung Ottos
in
der sächsischen Stammespolitik zu dieser Zeit schließen läßt.
Offenbar liegen die Ursachen dafür in den Ereignissen von Gerstungen
selbst. Neben Siegfried von Mainz und Anno von Köln und den Bischöfen
von Metz und Bamberg waren auch Gottfried von Lothringen, Berthold von
Kärnten und Rudolf von Schwaben
erschienen, die als königliche Abgesandte eine gewisse Vermittlerrolle
zwischen HEINRICH und den Sachsen zu
spielen suchten. Es hat den Anschein, dass, obgleich eine letzte Entscheidung
über die von den Sachsen vorgebrachten Klagen nicht getroffen wurde,
ein geheimes Einverständnis beider Seiten zustande kam. Die Angabe
Lamperts, dass man gemeinsam die Absetzung HEINRICHS
beschlossen habe und die Sachsen die Wahl Rudolfs
gefordert hätten, gibt zwar zu Bedenken Anlaß, da der Gedanke
der Königswahl durch die Fürsten eine immer wiederkehrende Grundidee
von Lamperts Rechtsanschauungen ist, läßt aber den Schluß
zu, dass schon in Gerstungen eine enge Fühlungsnahme einer Gruppe
sächsischer Fürsten zu den oberdeutschen Herzögen erfolgt
ist. Dieses Ergebnis von Gerstungen bedeutete eine weitere Schwächung
der Stellung HEINRICHS IV., war doch
damit das zu Beginn des Jahres zwischen ihm und den Oberdeutschen geschlossene
Einvernehmen erneut in Frage gestellt. Aber auch Otto
von Northeim mußte im Einvernehmen der sächsischen
Fürsten mit Rudolf ungelegen sein,
da er befürchten mußte, dass seine Forderungen auf Rückgabe
Bayerns sächsischerseits nicht nehr respektiert würde. In dieser
Situation scheint HEINRICH IV. versucht
zu haben, den NORTHEIMER aus der gemeinsamen Front der Gegner zu
lösen und für sich zu gewinnen. Zu diesem Schluß berechtigt
die Angabe Brunos, nach der
HEINRICH,
da er die Reichsfürsten nicht zu einem Zug gegen die Sachsen gewinnen
konnte, Otto von Northeim die Restitution
Bayerns versprach und auch anderen sächsischen Fürsten Versprechungen
machte, um seine Stellung in Sachsen wiederzugewinnen. Wir dürfen
daher annehmen, dass seit dem Ausgang des Jahres 1073 eine Gruppe sächsischer
Fürsten eine gegen die Absichten des NORTHEIMERS gerichtete
Politik betrieb. Es hat den Anschein, dass diese Bestrebungen, die auf
ein festes Bündnis mit den süddeutschen Fürsten hinausliefen,
in der folgenden Zeit sogar an Boden gewannen. Darauf lassen die im November
1073 vor den oberdeutschen Herzögen offenbar auf Betreiben der Sachsen
gegen den König erhobene Mordanklage durch einen gewissen Reginger
und ein noch im gleichen Jahre von Erzbischof Siegfried nach Mainz einberufener,
aber von HEINRICH IV. verhinderter
allgemeiner Fürstentag schließen. Der Name Ottos
von Northeim wird dabei nirgends erwähnt, seine Beteiligung
ist daher kaum anzunehmen.
Diese Ereignisse zwangen den König, eine schnelle
Beilegung des sächsischen Konflikts herbeizuführen, um ein weiteres
Umsichgreifen der Gefahr zu verhindern. Auch die bedrängte Lage seiner
sächsischen Burgen und ihrer Besatzungen machte sein Eingreifen erforderlich,
nachdem im Januar 1074 entsprechende Verhandlungen beider Seiten in Korvei
- wieder wird Otto nicht genannt -
erfolglos geblieben waren. Nochmals spricht Lampert sehr unglaubwürdig
von einer in Fritzlar geplanten Zusammenkunft der Fürsten zwecks Wahl
eines neuen Königs, aber HEINRICHS Entschluß,
schon im Januar 1074 mit einem Heer nach Sachsen zu ziehen, nötigte
die sachsenfreundlichen Reichsfürsten, voran die süddeutschen
Herzöge, zu einer neutralen Haltung. Damit war eine Trennung der beiden
Kräftegruppen erreicht und der sächsische Aufstand auf seine
Ausgangsposition beschränkt. Zur gleichen Zeit scheint der Einfluß
der reichsfürstenfreundlichen Partei in Sachsen gesunken zu sein,
jedenfalls ist sicher, dass Otto von Northeim
von nun an wieder die Leitung der sächsischen Stammespolitik in die
eigenen Hände nahm. Wir sind in der Lage, durch die Aussagen Lamperts
die Stellung, die Otto innehatte, näher
bestimmen zu können. HEINRICH
konnte es nicht wagen, eine kriegerische Entscheidung herbeizuführen,
da die militärische Überlegenheit des sächsischen Heeresaufgebots
keinen Zweifel an dem späteren Sieger gelassen hätte. Er begann
daher mit den sächsischen Fürsten zu verhandeln. Dagegen empörte
sich jedoch die bewaffnete Menge des sächsischen Volkes, das auf Kampf
drängte. Nach Lampert sollen die Volksmassen "Duci quoque Ottoni
vehementer insistebant, ut accepto super se regno ducatum sibi preberet
ineundi certaminis", und wenig später heißt es, die Sachsen
hätten dem König gedroht, "regem, quem deinceps belli
ducem habeant, constituere...." was sich zweifellos auf die
zuerst genannte Aussage bezieht. Es leuchtet ein, dass der ducatus,
das heißt die herzogliche Stellung, die nach Lamperts eigener Angabe
der BILLUNGER Magnus kraft Erbrecht innehatte, verschieden sein muß
von dem ducatus, der dem NORTHEIMER
aufgetragen wurde. Es ist wohl
Lamperts eigene Anschauung, dass der ducatus zu den Kompetenzen eines gewählten
(Volks)-Königs gehöre, der rex also auch ein dux belli
sein müsse, diese seine Auffassung ist uns in ähnlicher Form
schon wiederholt begegnet. In der Erwähnung des "duc belli"
aber liegt ein ganz eindeutiger Hinweis dafür, dass noch am Ende des
11. Jahrhunderts der Gedanke des germanischen Heerführertums zu den
gültigen Rechtsgewohnheiten des sächsischen Stammes gehörte
und im Volksbewußtsein einen festen Platz hatte. Wir wissen, dass
sich die Tradition des frühmittellalterlichen Heerbanns als einer
auf Volksrecht beruhenden Institution in Sachsen besonders lebendig erhalten
hatte und das sächsische Stammesleben überhaupt auf genossenschaftlicher
Grundlage organisiert war. Sowohl die bodenständigen, pertikularen
Adelsgewalten als auch die niederen Vasallen und das freie Bauerntum, das
sein Waffenrecht noch nicht verloren hatte und daher im Kriegsfalle
außerhalb der Lehnsaufgebote zu Felde zog, nahmen Anteil an ihm.
Seinen Ausdruck fand das Stammeseigenleben in der von den Fürsten
eiberufenen Stammes- (das heißt Heeres-)Versammlung, wie sie uns
Bruno zum Jahre 1073 so plastisch vor Augen führt, und nicht in herzoglichen
Landtagen. Der Stamm war auch ohne Herzog stets aktionsfähig, ja der
BILLUNGER erscheint nicht einmal als primus inter pares, sondern
nur als Gleicher unter Gleichen, als nach 1073 eine einheitliche Führung
des sächsischen Stammes akut wurde. Darin zeigt sich, wie wenig der
billungische ducatus öffentlich-rechtlichen Charakter hatte, das heißt
Ausdruck und Inbegriff der Rechstvorstellung "Herzogtum" als eines Komplexes
oberhoheitlicher Befugnisse war. Nicht der junge, unbedeutende Magnus,
sondern Otto von Northeim, der auf
politischem und militärischem Gebiet bewährte Fürst, wurde
1074 zum Führer des sächsischen Heerbannes ausersehen, nachdem
er seit 1073 in der politischen Leitung der Stammesangelegenheiten eine
mehr oder minder einflußreiche Rolle gespielt hatte. Dieser Führerstellung
des NORTHEIMERS und dem Umstand, dass er, der geborene Sachse, auch
nach 1070, um seine Ansprüche auf das bayrische Herzogtum aufrechtzuerhalten,
den Titel "dux" beibehielt, ist es wohl zuzuschreiben, dass er nach
seinem Tode als "Saxonicus dux" oder "dux Saxoniae" bezeichnet
wird. Irgendwelche rechtlichen Ansprüche für seine Nachkommen
sind aus seiner Sonderstellung jedoch nicht erwachsen: die bayrische Herzogswürde
und die Führung des sächsischen Stammes sind auf andere Träger
übergegangen.
Otto von Northeim fand
sich jedoch nicht dazu bereit, der Aufforderung der Volksmenge nachzukommen
und das sächsische Heer gegen den König zu führen. Wir wissen,
dass gerade auf seine Initiative hin die Bedingungen eines Friedens ausgehandelt
wurden. Wie nachhaltig sein Einfluß auf die Verhandlungen gewesen
sein muß, zeigt die Tatsache, dass neben den bekannten sächsischen
Forderungen die Rückgabe des bayrischen Herzogtums an den NORTHEIMER
eine der Bedingungen war, deren Annahme dem König von sächsischer
Seite nahegelegt wurde. Dass sich die sächsischen Fürsten dazu
bereit fanden, die Forderung Ottos gleichsam
als eine der ihrigen zu betrachten, ist aber zugleich auch ein Kennzeichen
für seine unbestrittene Vorrangstellung und bedeutete für ihn
persönlich einen großen Erfolg. Am 2. Februar 1074 wurde auf
der Grundlage der sächsischen Forderungen der Friede von Gerstungen
geschlossen. Allerdings bedurfte es noch langwieriger Verhandlungen, bis
sich HEINRICH auch zur Zerstörung
seiner Burgen bereit erklärte und die nochmalige ausdrückliche
Zusicherung gab "ut duci Ottoni ducatum
Baioariae reposcenti intra anni apatium iuxta principum iurisdictionem
satisfaceret."
Bruno führt als Beweggrund für die Verhandlungsbereitschaft
der sächsischen Fürsten an, dass HEINRICH
- wie schon im Jahre 1073 Otto von Northeim
und anderen Versprechungen gemacht habe. Diese Aussage Brunos wird zutreffend
sein, da HEINRICH in der gegenwärtigen
Situation bestrebt sein mußte, durch einen Ausgleich mit den Sachsen
die sächsich-oberdeutsche Fürstenkoalition von 1073 zu sprengen.
So betrachtet, bedeutete der Frieden von Gerstungen für den König
trotz aller Einbußen einen Erfolg. Andererseits konnte Otto
von Northeim nur hoffen, durch eine gegen die süddeutschen
Fürsten gerichtete Politik des Einvernehmens mit HEINRICH
das Herzogtum Bayern zurückzuerhalten; er mußte daher versuchen,
die Erfüllung der sächsischen Forderungen beim König aus
friedlichem Wege durchzusetzen. Der Friede von Gerstungen schien den Erfolg
dieser Politik zu bestätigen, da er gleichsam im gemeinsamen Interesse
beider Parteien geschlossen wurde, wobei ein geheimes Einverständnis
zwischen HEINRICH
und Otto
über die beiderseitgen Absichten wohl schon vorher bestand.
Otto
von Northeim hatte es somit verstanden, seine Rolle als Verfechter
sowohl der stammessächsischen als auch seiner persönlichen Interessen
mit Erfolg zu spielen. Er konnte allerdings nicht verhindern, dass sich
die süddeutschen Herzöge, die sich durch den Seperatvertrag,
besonders wegen der in ihm enthaltenen Verfügung über Bayern,
bedroht fühlen mußten und eine Erweiterung seines Einflusses
befürchteten, auf die Stelle des Königs stellten, zumal eine
Aussöhnung auch wegen der Vorfälle von 1073 geboten war. Zudem
trat bald darauf ein Ereignis ein, das die bisherigen Erfolge der Politik
Ottos
in Frage stellen mußte. Das sächsische Volk, das
ohnehin mit den Beschlüssen von Gerstungen unzufrieden war, stürmte
die Harzburg und machte die Stätte, die von den Zerstörungen
weitgehend ausgenommen bleiben sollte, dem Erdboden gleich. Dieser ohne
Wissen der Fürsten unternommene Schritt bedeutete eine flagrante Vertragsverletzung
und führte zu einem allgemeinen Stimmungsumschwung im Reich. HEINRICH,
für den die Gerstunger Abmachungen ohnehin nur eine Zwischenlösung
darstellten, konnte alle Reichsfürsten auf seine Seite ziehen und
nahm eine scharfe Frontstellung gegen die sächsischen Fürsten
ein, deren Unschuldsbeteuerungen er abwies, da er ihnen von vornherein
das Verbrechen zur Last legte. Es besteht kein Zweifel, dass die Beziehungen
Ottos
von Northeim zum König durch diese Vorfälle ungünstig
beeinflußt wurden. Nach Bruno soll HEINRICH
als Preis für Verhandlungen die Auslieferung der vermeintlichen Hauptschuldigen,
Burchards von Halberstadt,
Ottos von Northeim
und Friedrichs von Goseck verlangt haben. Da die Sachsen diese
Forderung ablehnten, war nach Lage der Dinge eine kriegerische Auseinandersetzung
unvermeidbar. So wurde
Otto in eine
Rolle hineingedrängt, die seinen politischen Zielsetzungen gänzlich
zuwiderlief, sah er sich doch genötigt, gegen den König und die
oberdeutschen Herzöge, denen an einer Demütigung des NORTHEIMERS
viel gelegen war, Partei zu ergreifen. Zudem stand die Auseinandersetzung
im Zeichen ungleicher Voraussetzungen: HEINRICH
verfügte über ein geschlossenes Reichsheer, während das
sächsische Lager durch die Spannungen zwischen Adel und Volk und die
königsfreundliche Haltung vieler Fürsten gespalten und geschwächt
war. Trotzdem hatten sich sowohl das berittene Aufgebot des Adels als auch
das Fußvolk der Bauern zum gemeinsamen Kampf gestellt und die Führung
des Heerbannes lag in den Händen Ottos von
Northeim. Am 9. Juni 1075 stießen die beiden Heere bei
Homburg an der Unstrut aufeinander. Es zeigte sich bald, dass die Fürsten
allein die Last des Kampfes zu tragen hatten, da sich das Fußvolk
unschlüssig im Hintergrund hielt. So endete die Schlacht trotz des
verzweifelten Bemühens des NORTHEIMERS, das Feld zu behaupten,
mit einem vollständigen Sieg des Königs.
HEINRICH
setzte
seinen Verwüstungsfeldzug bis nach Halberstadt fort, sah sich aber
bald gezwungen, seine Truppen infolge Verpflegungsschwierigkeiten aufzulösen.
Die Reichsfürsten mußten ihm jedoch versprechen, sich erneut
am 22. Oktober 1075 in Gerstungen einzufinden. Obwohl der König bisher
nur einen halben Erfolg errungen hatte, war auch bei den Sachsen an eine
Weiterführung des Kampfes nicht zu denken. Nach dem schwäbischen
Annalisten sollten die sächsischen Fürsten, die sich auf verschiedene
feste Plätze in der Gegend von Magdeburg zurückgezogen hatten,
voran Otto von Northeim und Magnus,
im Widerstand verharrt haben. Besser unterrichtet ist aber sicher Lampert,
wenn er schreibt, dass Bischof Burchard und Otto als einflußreichste
Fürsten das aufrührerische Volk, das sich von der Adelspartei
hintergangen fühlte und nicht an eine Fortführung des Krieges
dachte, zu beschwichtigen suchten und Friedensverhandlungen mit dem König
in die Wege zu leiten, die allerdings zunächst ohne Erfolg blieben.
Nachdem sich am 22. Oktober das königliche Heer erneut in Gerstungen
versammelt hatte, willigten die sächsischen Fürsten nach langen
Beratungen in die bedingungslose Unterwerfung ein und ergaben sich dem
König Ende Oktober 1075 bei Spier. HEINRICH
gab sie den Reichsfürsten einzeln in Gewahrsam und zog ihre Lehen
ein. Otto von Northeim scheint einen
besonders großen Anteil am Zustandekommen des Friedens gehabt zu
haben. Nach Lampert hat er nicht allein nach der sächsischen Niederlage
bei Homburg Friedensverhandlungen mit dem König begonnen, sondern
auch die sächsischen Fürsten zur Unterwerfung veranlaßt.
Man hat daher mit Recht vermutet, dass zwischen
HEINRICH und Otto, vielleicht
schon vor Spier, wiederum ein Einverständnis über die gegenseitigen
Beziehungen und die in Sachsen einzuschlagende Politik zustandegekommen
ist. Wahrscheinlich ist darin auch einer der Gründe dafür zu
suchen, dass die süddeutschen Herzöge im Oktober 1075 die Heerfolge
verweigerten und seitdem in dauernder Opposition verharrten. Wiederum war
es dem NORTHEIMER, wie schon 1074 in Gerstungen, gelungen, den sächsisch-salischen
Gegensatz durch eine kluge Vermittlungspolitik zu überbrücken
und den Kontakt zum König herzustellen, den er zur Verwirklichung
seiner politischen Zielsetzungen benötigte. Einer Zusammenarbeit mit
den König stand jetzt kein Hindernis mehr im Wege, da der Krone nach
dem Tage von Spier vom sächsischen Stammesfürstentum keine unmittelbare
Gefahr drohte. Die Politik des NORTHEIMERS
erfuhr aber, wie sich
zeigen wird, gerade deshalb, den veränderten Umständen entsprechend,
einen entscheidenden Wandel: hatte er bisher seine persönlichen Interessen
im Zusammenhang mit denen des sächsischen Stammes, dessen politische
und militärische Führung er innehatte, wahrzunehmen versucht,
so vollzog er nun eine deutliche Abkehr von den Grundsätzen der königsfeindlichen
sächsischen Stammespolitik, ohne indes die Verbindung mit dem Stamm
selbst aufzugeben. Seine Haft, die er zusammen mit Burchard von Halberstadt
bei Bischof Rupert von Bamberg verbrachte, war nur von kurzer Dauer und
lediglich eine mit Rücksicht auf die übrigen sächsischen
Fürsten getroffene Schutzmaßnahme. Mit dem Ende des Jahres 1075
beginnt ein neuer Abschnitt northeimischer
Politik.
Am Weihnachtsfest des Jahres 1075, als HEINRICH
in Goslar mit den Reichsfürsten über das Schicksal der sächsischen
Unterworfenen beriet, wurde Otto von Northeim
gegen Geiselstellung zweier seiner Söhne aus der Haft entlassen und
begnadigt. Er gewann bald eine solche Vertrauensstellung beim König,
dass dieser ihn zu seinem bevorzugten Ratgeber in allen privaten und öffentlichen
Angelegenheiten erwählte. Diese auffällige Wandlung in Ottos
Haltung, die den Zeitgenossen zunächst völlig unbegreiflich erschien
und zu den unglaublichsten Gerüchten Anlaß gab, erklärt
sich zweifellos aus der seit dem Jahre 1073 zu beobachtenden Politik der
Annäherung zwischen HEINRICH und
dem NORTHEIMER. Otto, der dem
König in Gerstungen und Spier - nicht zuletzt gegen den Willen der
eigenen Stammesgenossen - weit entgegengekommen war, sah sich in
seinen Hoffnungen nicht getäuscht. Wenn auch auf Grund der gegenwärtigen
politischen Konstellation im Reich an eine Restitution des bayrischen Herzogtums
nicht zu denken war, so erfuhr doch
Ottos sächsische
Stellung eine bedeutende Stärkung. Aus einem Diplom HEINRICHS
IV. vom Jahre 1075 erfahren wir,
dass das Gut Eschwege zu dieser Zeit in der Grafschaft eines Grafen Heinrich
lag. Die von Eckhardt und Bruchmann vertretene Ansicht, dass dieser mit
Heinrich
dem Fetten, dem ältesten Sohn Ottos von
Northeim, identisch sei, ist schon deshalb gerechtfertigt, weil
die Grafen von Northeim, wie sich zeigen wird, gerade an der Werra größerer
Liegenschaften nachzuweisen sind. Da aber Eschwege zuvor zweimal als im
Gau Germarmark gelegen und zum Komitat der Grafen von Bilstein gehörig
bezeichnet wird, müssen spätestens bis zum Jahre 1075 Bilsteinische
Hoheitsrechte auf die NORTHEIMER übergegangen sein. Einen weiteren
Anhaltspunkt bietet die Tatsache, dass Graf Rugger von Bilstein noch am
27. Juli 1075 in der Germarmark gräfliche Rechte ausübt, nach
seiner Unterwerfung Ende Oktober 1075 in Spier aber, wie seine Nachfolger,
bis zum Aussterben des northeimischen Geschlechts
(1144) nie mehr als Graf in der Germarmark genannt wird, da er offenbar
seines Lehen an den König verloren hatte. Wir vermuten daher, dass
Otto
von Northeim zu Weihnachten 1075 in Goslar zumindest einen Teil
der Bilsteinischen Grafschaft in der Germarmark vom König zu Lehen
erhielt und seinem ältesten Sohn Heinrich zur Verwaltung übertrug.
Daraus folgt aber, dass der König ihm zur gleichen Zeit - wenn nicht
schon im Frieden von Gerstungen - die Lehnsfähigkeit überhaupt
und alle Reichslehen, deren er im Jahre 1070 verlustig gegangen war, wiederum
zuerkannt hatte, wobei - wie das Beispiel der Bilsteinischen Rechtsübertragung
zeigt - die Möglichkeit der Verleihung weiterer, im Jahre 1075 konfiszierte
Lehen sächsischer Herren offenbleibt.
Nur auf der Grundlage der eben geschilderten Erweiterung
der northeimischen Machtbefugnisse
und mit Rücksicht auf die Tatsache, dass Otto
von Northeim nach wie vor für die politische Haltung des
sächsischen Stammes den Ausschlag gab, wurde eine Entscheidung möglich,
die HEINRICH nunmehr zu Gunsten des
NORTHEIMERS
traf. Wohl noch 1075 in Goslar übertrug ihm der König die Statthalterschaft
über ganz Sachsen, um mit Lampert zu sprechen, "vices suas
et publicarum rerum procurationem ....... totius Saxoniae principatum."
Es ist gewiß unzutreffend, dass HEINRICH,
wie man gemeint hat, Otto beauftragt hätte, das 1075 dem Herzog
Magnus entzogene "Fürstenthum Sachsen" ("tocius Saxoniae principatum")
an seiner Statt zu verwalten, denn Magnus hat niemals auf seine herzogliche
Stellung verzichtet, wenn er auch durch seine Unterwerfung in Spier vorübergehend
gewisse Einbußen an Hoheitsrechten erlitten haben wird. Viel naheliegender
ist die Annahme, dass HEINRICH den
NORTHEIMER für die Zeit seiner Abwesenheit aus Sachsen, wie Lampert
selbst sagt, mit der Verwaltung der sächsischen Angelegenheiten, das
heißt insbesondere mit der Leitung der königlichen Dominialpolitik,
die nach Spier erneut zielbewußt und sicher auf Kosten der Machtstellung
unterworfener Fürsten wiederaufgenommen wurde, beauftragte. Wir wissen,
dass HEINRICH an eine Erneuerung und
Verstärkung des Burgensystems ging und dem Volk Dienste und Lasten
auferlegen ließ. Otto nahm seinen Sitz auf der Harzburg
und hatte vom König den besonderen Auftrag erhalten, die Burg
selbst und eine zweite Befestigung auf dem Steinberg bei Goslar zu errichten.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass den NORTHEIMER
die immer noch genährte Hoffnung auf den Wiedererwerb Bayerns eng
an den König band. Die Furcht, dass ein abermaliges Zusammengehen
HEINRICHS
mit den oberdeutschen Herzögen gegen die Sachsen diese Hoffnung zunichte
machen könnte, ließ ihn die sächsische Politik des Königs
nach Kräften unterstützen. Aber auch HEINRICH
war
auf seine Hilfe angewiesen, da die bevorstehenden Auseinandersetzungen
mit den süddeutschen Herzögen und der Kurie notwendig zu seinen
Ungunsten auslaufen mußten, wenn es nicht gelang, der sächsischen
Aufstandsbewegung endgültig Herr zu werden. Er mochte sich der Hoffnung
hingeben, dass die beherrschende Machtstellung des NORTHEIMERS und
sein bestimmender Einfluß auf die politische Haltung des sächsischen
Stammes jede Gefahr von Anfang an unterbinden und Sachsen zu einer Stütze
für seine Politik werden lassen könnten. Ob sich seine Erwartungen
erfüllen sollten, mußte aber davon abhängen, wie sich das
Verhältnis Ottos zum sächsischen
Stamm in Zukunft gestalten und ob es ihm gelingen würde, die Sachsen
für HEINRICH zu gewinnen und ihren
Wünschen bei ihm Gehör zu verschaffen.
Aber gerade ins einer auf Kosten der eigenen Stammesfürsten
errungenen Machtstellung lag der Keim für die kommenden innersächsischen
Auseinandersetzungen. Der von Gregor VII. auf der römischen Fastensynode
im Februar des Jahres 1076 über HEINRICH
IV. ausgesprochene Kirchenbann hatte zur Folge, dass die meisten
hohen Reichsfürsten, unter ihnen auch die süddeutschen Herzöge,
offen vom König abfielen und die ihnen anvertrauten sächsischen
Großen auf freien Fuß setzten. Diese kehrten in die Heimat
zurück und riefen den ganzen Stamm zum offenen Kampf auf. Für
den König mußte jetzt das Verhalten Ottos
von Northeim entscheidend sein. Dieser erhielt, wie Lampert
berichtet, von einer sächsischen Gesandtschaft die unmißverständliche
Aufforderung, sein zum Verderben des ganzen sächsischen Volkes geschlossene
Bündnis mit HEINRICH zu lösen
und sich auf die Seite des großen sächsischen Freiheitskampfes
zu stellen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen wolle, als Verräter
an der gemeinsamen Sache aus Sachsen vertrieben zu werden. Aus diesem Zeugnis
wird deutlich, dass es Otto nicht gelungen
war, die sächsische Politik HEINRICHS
mit den stammessächsischen Interessen in Einklang zu bringen. Zum
ersten Male wurde offenkundig, welch großer Gegensatz zwischen den
sächsischen Bestrebungen und den hochgesteckten Zielen des NORTHEIMERS
bestand. Es blieb ihm in dieser Situation nur die Möglichkeit, HEINRICH
durch
Botschaften zu veranlassen, den Forderungen der Sachsen in vollem Umfange
stattzugeben. Sein Versuch, den leidenschaftlichen Unwillen seiner Stammesgenossen
zu zügeln und eine friedliche Verständigung beider Seiten herbeizuführen,
hatte jedoch keinen Erfolg. Ihm blieb daher nur eine Wahl: der ihm angedrohte
Verlust seiner sächsischen Machtstellung nötigte ihn, sich der
Aufstandsbewegung anzuschließen. Mit seinem Übertritt in das
sächsische Lager im Sommer 1076 war die Machtpolitik HEINRICHS
in
Sachsen zusammengebrochen. Die Anhänger des Königs wurden von
den Burgen und Gütern vertrieben, und diese ihren sächsischen
Eigentümern zurückerstattet. Aber noch schien HEINRICH
die Hoffnung auf Unterstützung durch den NORTHEIMER nicht aufgegeben
zu haben. Er beauftragte ihn, an einem bestimmten Tag zu ihm nach Saalfeld
zu kommen, um mit ihm Besprechungen zu führen. Bald jedoch änderte
er seine Absicht und bereitete einen Heereszug vor, um selbst die sächsischen
Unruhen zu unterdrücken. Er schickte eine Botschaft unter Führung
des Bischofs Eberhard von Naumburg nach Saalfeld, um dem NORTHEIMER
mitzuteilen, er solle mit allen Truppen, die ihm zur Verfügung ständen,
in der Mark Meißen zu ihm stoßen. Nach Lampert soll Otto
in Saalfeld Eberhard ausdrücklich von seinem Parteiwechsel in Kenntnis
gesetzt haben. HEINRICH mußte
einsehen, dass er sich selbst durch die Übersteigerung seiner sächsischen
Machtpolitik aller Hoffnungen beraubt hatte, auf die Hilfe des NORTHEIMERS
und seiner Partei in den bevorstehenden Auseinandersetzungen mit den Reichsfürsten
und dem Papst zählen zu können. Otto
von Northeim hingegen sah sich
durch diesen unter dem Druck der Ereignisse vollzogenen endgültigen
Bruch mit der Reichsgewalt gleichfalls um die Hoffnung gebracht, mit Unterstützung
des Königs das Herzogtum Bayern zurückzugewinnen. Sein Schicksal
ist von nun an untrennbar mit dem des sächsischen Stammes verbunden.
Im Sommer des Jahres 1076 war die Mehrzahl der hohen
Reichsfürsten von HEINRICH abgefallen.
Hatten die Aufstände bisher ein rein sächsisches Gepräge
getragen, so sah sich der König nunmehr einer alle Reichsteile umfassenden
Fürstenverschwörung gegenüber, deren Schwerpunkte in Sachsen
und Süddeutschland lagen. Zur gleichen Zeit begannen die Bemühungen
beider Seiten, durch gegenseitige Fühlungsnahme die im Jahre 1073
aufgenommenen Kontakte zu erneuern und ihren Bestrebungen ein gemeinsames
Ziel zu geben. Möglicherweise ging dabei die Initiative, wie dem Bericht
Brunos zu entnehmen ist, von den Sachsen selbst aus; sicher ist jedenfalls,
dass zu dieser Zeit der Gedanke der Wahl eines Gegen-Königs bei ihnen
zum ersten Male eine greifbare Form annimmt. Otto
von Northeim hatte es bisher verstanden, durch eine geschickte
Vermittlungspolitik zwischen dem König und den Sachsen den Konflikt
auf den sächsischen Raum zu beschränken und eine Berührung
mit der von Rudolf von Schwaben geführten
oberdeutschen Fürstengruppe zu vermeiden. Mit dem Übergreifen
der Opposition auf die anderen Teile des Reiches jedoch traten die beiden
führenden Persönlichkeiten schlagartig in den Vordergrund des
politischen Geschehens. Damit war eine Situation geschaffen, deren Zustandekommen
Otto bisher zu verhindern gesucht hatte.
Es mußte sich jetzt zeigen, welchem der beiden Rivalen die führende
Rolle innerhalb der großen antiköniglichen Fürstenbewegung
zufallen würde. Gleichzeitig mußte die weitere Entwicklung der
Dinge ganz wesentlich von der Gestaltung ihres beiderseitigen Verhältnisses
abhängen.
Die süddeutschen Fürsten, voran die oberdeutschen
Herzöge, hatten auf einer Zusammenkunft im September 1076 in Ulm beschlossen,
eine Versammlung der Reichsfürsten auf den 16. Oktober nach Tribur
einzuberufen.
Otto scheint in der Zwischenzeit
wieder die Leitung der sächsischen Stammesangelegenheiten übernommen
zu haben. Unter seiner Führung traf das sächsische Heeresaufgebot
zur festgesetzten Zeit in Tribur ein. Hier soll nun nach dem Bericht Brunos
vor dem Beginn der Verhandlungen eine Aussöhnung zwischen Sachsen
und Schwaben erfolgt und die Erneuerung des durch den Frieden von Gerstungen
gebrochenen gemeinsamen Bündnisse zustandegekommen sein. Otto
von Northeim und Welf von Bayern hätten sich den
Friedenskuß gegeben und beschlossen, dass nach der Wahl eines Königs
entschieden werden solle, welchem von beiden das bayrische Herzogtum zufalle.
Auf diese Aussagen Brunos wird noch zurückzukommen sein.
Die Verhandlungen über die Neuwahl haben, wie auch
aus anderen Quellen hervorgeht, zunächst im Vordergrund gestanden.
Der Umstand, dass es im Lager der Fürsten über diesen Punkt zu
keiner Einigung kam und man sich letztlich genötigt sah, wiederum
Verhandlungen mit dem König in Oppenheim aufzunehmen, ihm Bedingungen
zu stellen und die letzte Entscheidung den Papst zu überlassen, hat
sicher mehrere Ursachen, wobei auf Grund der ungenauen Quellenüberlieferung
ein eindeutiges Urteil nicht möglich ist. Man hat es gewiß mit
Recht der Mittlerstellung der päpstlichen Legaten zugeschrieben, dass
in Tribur eine Neuwahl vermieden wurde, da es Gregor zunächst auf
die Unterwerfung HEINRICHS
angekommen
sei. Möglicherweise hat auch der Abt Hugo von Cluny als Geschäftsträger
zwischen den beiden Lagern für die Aufnahme gegenseitiger Verhandlungen
Sorge getragen. Als ebenso wahrscheinlich kann es aber gelten, dass sich
das noch ungelöste Problem des Herzogtums Bayern als ein belastendes
Moment für das Verhältnis Ottos von
Northeim und den süddeutschen Fürsten erwies und damit
ein erfolgreicher Abschluß der Beratungen über die Wahl eines
Gegenkönigs unmöglich gemacht wurde. Aus der Schilderung dieser
Ereignisse durch Bruno läßt sich nämlich mit einiger Sicherheit
entnehmen, dass gewisse Unstimmigkeiten auf beiden Seiten ein Übereinkommen
verhinderten; möglicherweise hat er deren eigentliche Gründe
bewußt verschwiegen. Damit dürfte aber auch sein Bericht von
der Aussöhnung zwischen Otto und
Welf in der vorliegenden Form kaum zu halten sein. Es bleibt somit
nur die Vermutung, dass die Rivalität Ottos
und RUDOLFS den Ausgang der Triburer
Fürstenverhandlungen wesentlich beeinflußt hat. Möglicherweise
war es dem NORTHEIMER nochmals gelungen, eine endgültige Entscheidung,
wie sie zweifellos insbesondere von den oberdeutschen Herzögen angestrebt
wurde, hinauszuzögern, und die sächsischen Fürsten, unter
denen, wie die Ereignisse von 1073 gezeigt haben, eine RUFOLF
freundliche Partei bestand, für seine Haltung zu gewinnen. Damit war,
was sicher im Interesse Ottos von Northeim
lag, eine Wahl RUDOLFS fürs erste
verhindert und HEINRICH IV. die Gelegenheit
gegeben, durch den Bußakt von Canossa eine günstigere Ausgangsposition
gegenüber der fürstlichen Opposition zu gewinnen.
Die Ereignisse von Canossa brachten jedoch keine Wendung
der Dinge im Reich zu Gunsten des Königs, im Gegenteil. Sofort nach
ihrem Bekanntwerden ergriffen die oberdeutschen Fürsten die Initiative
und unternahmen energische Schritte für das Zustandekommen einer Neuwahl.
Wir wissen, dass diese Erwägungen auf einem süddeutschen Fürstentag
im Februar 1077 in Ulm die Hauptrolle gespielt haben, wo eine allgemeine
Fürstenversammlung auf den 13. März 1077 nach Forchheim einberufen
wurde. Im Forchheim hatten die S-Deutschen naturgemäß ein Übergewicht,
aber auch mehrere sächsische Fürsten, unter ihnen Otto
von Northeim, waren erschienen. Am 15. März wurde von den
Anwesenden einstimmig Rudolf von Schwabenzum
König gewählt. Für diese Haltung des NORTHEIMERS
lassen sich wiederum aus den Quellen keine ganz klaren Anhaltspunkte gewinnen.
Die Meinung Vogelers, Otto habe neben Rudolf
gleichfalls kandidiert, sei jedoch bei der Mehrzahl der - süddeutschen
- Fürsten auf Widerspruch gestoßen, läßt sich durch
nichts belegen. Auch die Vermutung, dass Rudolf
in den Augen Gregors VII. ein viel genehmerer Kandidat gewesen sei als
Otto
von Northeim, zu dem er keinerlei Beziehungen unterhalten habe,
kann nicht befriedigen, da Otto ihm sicher nicht unbekannt gewesen
sein dürfte und dieser sich andererseits in der Frage der Wahl eines
Gegen-Königs sehr zurückhaltend zeigte. Viel wahrscheinlicher
ist die Ansicht von Bruno, dass eine Kandidatur gar nicht in der Absicht
des NORTHEIMERS
gelegen habe. Dafür spricht schon die Tatsache,
dass sich seine eigenen Stammesgenossen, die sächsischen Fürsten,
einmütig auf die Seite Rudolfs
stellten. Vielleicht ist für Otto
die Erwägung maßgebend gewesen, dass er in einer
solchen Situation erneut einer Koalition HEINRICHS
und der ihm mißgünstigen oberdeutschen Fürsten
ausgesetzt sein würde, der er, wie die Ereignisse von 1075 gezeigt
hatten, nicht gewachsen wäre.
Schon bei der Betrachtung der Ereignisse von Tribur ergab
sich als wahrscheinliche Annahme, dass Otto von
Northeim an einer förmlichen Absetzung HEINRICHS
IV.
wenig gelegen war und er vor allem eine Wahl RUDOLFS
zu verhindern suchte. Dem würden allerdings die Berichte Ekkehards
und Brunos widersprechen, nach denen der NORTHEIMER in Forchheim
RUDOLF
die
Zustimmung nicht verweigert habe. Aber gerade Bruno macht hierbei eine
wesentliche Einschränkung, die auf das Verhältnis der beiden
Rivalen ein bezeichnendes Licht wirft. Danach sollte Otto
nur dann
RUDOLF als König
anerkennen, wenn er verspreche, ihm das Herzogtum Bayern zurückzugeben.
Ob RUDOLF dieses Versprechen gegeben
hat, läßt sich aus der bloßen Tatsache von Ottos
Zustimmung nicht schließen. Für den NORTHEIMER war eine
solche Zusicherung RUDOLFS in jedem
Falle praktisch wertlos, da bei der augenblicklichen Konstellation im Reich
an eine Veränderung der Machtverhältnisse im süddeutschen
Raum zu Gunsten des NORTHEIMERS nicht zu denken war. Viel wichtiger
ist demgegenüber die Tatsache, dass in dem Ansinnen
Ottos
ein
deutlicher Affront gegen
Rudolf zum
Ausdruck kommt. Damit ist erneut die Haltlosigkeit des Berichtes Brunos
von der Aussöhnung
Ottos mit Welf
in Tribur außer allen Zweifel gestellt; die Rivalität
Ottos
und
Rudolfs
hat jedenfalls auch in Forchheim fortbestanden. Diese Feststellung ist
umso bemerkenswerter, als sich die Sachsen einmütig zu Rudolf
bekannten. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass die offenbar Rudolf
freundlich gesonnenen sächsischen Fürsten - man denke an die
Ereignisse des Jahres 1073 - nicht allein deshalb nicht für ihren
Stammesgenossen Partei nahmen, weil er selbst keine Absichten auf die Krone
hatte und seine Kandidatur von vornherein nicht erfolgversprechend schien,
sondern auch deshalb, weil er ihnen durch seine bis zum Jahre 1076 gegen
die oberdeutschen Fürsten gerichtete Politik des Einvernehmens mit
dem König in zunehmendem Maße vertrauensunwürdig erschienen
war. Seine Zustimmung zur Wahl Rudolfs
war daher in erster Linie das Erfordernis einer unausweichlichen Situation:
da er sich der Haltung seiner Stammesgenossen nicht widersetzen konnte,
war er genötigt, sich vor der von RUDOLF
geleiteten Fürstenopposition anzuschließen und damit seine sächsische
Sonderstellung aufzugeben. So erklärt sich auch die Tatsache, dass
seit 1077 die beiden Rivalen eine gemeinsame Frontstellung gegen HEINRICH
beziehen, ohne dass die Notwendigkeit eines solchen Zusammengehens bestanden
hätte. Die Ansicht, Otto habe
es 1077 erreicht, RUDOLF als Werkzeug
für seine Pläne zu gewinnen, besteht aber wohl zu Unrecht; vielmehr
war es dem Schwaben-Herzog gelungen, seinem Konkurrenten die Stütze
des eigenen Stammes und damit die Initiative für eine selbständige
Politik zu entziehen. Auch die Tatsache, dass Otto
in den nächsten Jahren als militärischer Führer des sächsischen
Aufgebotes gegen den König eine Rolle gespielt hat, kann nicht darüber
hinwegtäuschen, dass er sich politisch gesehen in einem Zustand der
Isolierung befand. Mit dem Jahre 1076 ist der Höhepunkt northeimischer
Politik in Sachsen überschritten, mit dem Tage von Forchheim geht
die politische Führung des sächsischen Stammes auf Rudolf
von Schwaben über.
Macht man sich diese Ansicht der Dinge zu eigen, dann
hat es nicht Auffälliges mehr, dass Otto
von Northeim nach der Wahl RUDOLFS
gänzlich zurücktritt und bis zu dessen Tod nicht mehr in Verbindung
mit sächsischen Stammesangelegenheiten genannt wird. Es läßt
sich daher auch keineswegs wahrscheinlich machen, ob der NORTHEIMER
etwa neben RUDOLF einen gewissen Anteil
an der politischen Führung des sächsischen Aufstands gehabt hat.
Wir wissen nur, dass RUDOLF die Unterstützung
seiner Sache, die ihm sein eigener Stamm verwehrte, bei den Sachsen fand.
Seit 1077 wird er zum Leiter der sächsischen Stammespolitik, und Sachsen
bildet fortan die Grundlage seines Königtums.
Otto von Northeim
läßt sich mit Sicherheit erst wieder am 7. August 1080 nachweisen,
als er zusammen mit Pfalzgraf Friedrich von Goseck in der Schlacht von
Mellrichstedt gegen
HEINRICH für
die Partei des Gegen-Königs einen Teilerfolg errang. Obwohl seit dieser
Zeit der Abfall einer Gruppe sächsischer Fürsten von RUDOLF
einsetzte, gelang es HEINRICH auch
am 27. Januar 1080 in der Schlacht bei Flarchheim nicht, RUDOLF
entscheidend zu schlagen. Wiederum war es vornehmlich der Feldherrnkunst
des NORTHEIMERS zuzuschreiben, dass das Treffen mit einem Teilerfolg
des Gegenkönigs endete. Am 15. Oktober des gleichen Jahres stießen
die Gegner zum letzten Male in der Schlacht an der Elster aufeinander.
Der Kampf nahm zwar auch diesmal dank des erfolgreichen Eingreifen des
NORTHEIMERS
einen für RUDOLF günstigen
Ausgang, jedoch war mit seinem Tod am Tage der Schlacht die Entscheidung
vorläufig zu Gunsten HEINRICHS
gefallen.
Wir vermögen nicht mit Bestimmtheit zu sagen, wie
sich das persönliche Verhältnis Ottos
zu RUDOLF nach 1077 gestaltet hat.
Vielleicht darf aus dem Zusammenwirken beider in den gemeinsam gegen HEINRICH
geführten Schlachten den vorsichtigen Schluß ziehen, dass nach
und nach eine gewisse Angleichung ihrer gegenteiligen Bestrebungen erfolgt
ist. Mit dem Tode RUDOLFS aber war
für die Fürstenopposition im Reich eine ganz neue Lage entstanden.
In RUDOLF VON SCHWABEN hatte
die vom sächsischen Stamm getragene Fürstenopposition ihren Führer
verloren. Es kann kein Zweifel bestehen, dass nach seinem Tode Otto
von Northeim bei den sächsischen Fürsten erneut an
Ansehen und Geltung gewann, zumal er sich als zuverlässiger Parteigänger
RUDOLFS
erwiesen hatte. War er in den letzten Jahren von seinem Rivalen in den
Hintergrund gedrängt worden, so tritt er seit 1080 wiederum als der
eigentliche Mittelpunkt der sächsischen Aufstandsbewegung in Erscheinung.
Dadurch, dass es ihm gelang, die oppositionellen Kräfte nach dem Tode
RUDOLFS
in
einer relativ geschlossenen Front zu vereinen, sah sich HEINRICH
zunächst
außerstande, durch eine weitere militärische Aktion den Aufstand
endgültig zu unterdrücken. In dieser Situation versuchte er,
durch Verhandlungen mit seinen Gegnern seinem Ziel näherzukommen.
Nach Bruno soll HEINRICH im Jahre 1080
den Plan gefaßt haben, den Sachsen seinen Sohn KONRAD
als König vorzuschlagen, eine Maßnahme, die er wohl angesichts
seines bevorstehenden Italienzuges zu treffen wünschte. Als er der
Gegenseite seine Absicht vortragen ließ, erteilte ihm Otto
als Sprecher der Sachsen eine scharfe Absage. Auch die daraufhin
Anfang Februar 1081 zwischen sächsischen Fürsten und königlichen
Unterhändlern im Kaufungerwald geführten Verhandlungen über
den Abschluß eines beiderseitigen Waffenstillstandes führten
infolge des Einspruchs des NORTHEIMERS zu keinem Ergebnis. Nach
Bruno soll Otto den
Königlichen erklärt haben, die Sachsen seien nicht bereit, ihnen
durch die Gewährung eines Friedens die Möglichkeit zu geben,
in Italien ungestört gegen den Papst vorgehen zu können. Seine
weiteren Drohungen gipfeln in dem Satz: "Nam hoc nolumus vos celare,
cuod, cum primo poterimus, unum rectorem volumus habere...."
Es steht somit fest, dass sich der Gedanke des Gegenkönigtums auch
nach dem Tode RUDOLFS bei den Sachsen
lebendig erhalten hatte, ja es scheint sogar, dass die Initiative zu einer
Neuwahl von ihnen ausgegangen ist. Sichere Schlüsse auf die Haltung
des NORTHEIMERS in dieser Frage lassen sich aus den Angaben Brunos
hingegen nicht ziehen. Es besteht vielmehr Grund zu der Vermutung, dass
Otto in Ochsenfurt, wo Anfang August
1081 Graf Hermann von Salm von den
Schwaben, Lothringern und Sachsen zum König gewählt wurde, gar
nicht anwesend war, da er in keiner Quelle genannt wird und die sächsischen
Fürsten die Wahl HERMANNS ausdrücklich
befürworteten. Von einer Kandidatur des NORTHEIMERS hören
wir ebenso wenig wie von einer Parteinahme der Sachsen für etwaige
von ihm erhobene Ansprüche. Auch die Ansicht, dass Gregor ihn für
einen ungeeigneten Kandidaten gehalten habe, ist nach dem oben Gesagten
nicht stichhaltig. Wahrscheinlich hat es Otto
- wie schon im Jahre 1077 - vorgezogen, aus Gründen der Sicherheit
seine eigenen Ansprüche zurückzustellen und sich abwartend zu
verhalten. Es ist kaum anzunehmen, dass Welf, der nach dem Tode
RUDOLFS als einflußreichster
süddeutscher Fürst in Ochsenfurt eine entscheidende Rolle spielte,
den NORTHEIMER seine Stimme gegeben hätte. Gewiß hat
auch die Erwägung, dass sich nach den Ereignissen des Jahres 1080
die Machtverhältnisse im Reich erheblich zu Gunsten des Königs
verschoben hatten, seine Haltung entscheidend mitbestimmt.
Es darf als sicher gelten, dass HERMANN,
ein relativ unbedeutender Fürst, der der Rolle eines Gegen-Königs
keineswegs gewachsen war, auf Vorschlag der kurialen Partei gewählt
wurde. Vielleicht war seine Wahl nur deshalb möglich, weil sich die
einflußreicheren Großen gegenseitig die Krone mißgönnten.
Während HERMANN bei den in Ochsenfurt
anwesenden sächsischen Fürsten ungeteilte Zustimmung gefunden
hatte, war Otto von Northeim zunächst
nicht bereit, ihn anzuerkennen. Dabei mußte es diesmal wesentlich
von seiner Haltung abhängen, ob der Gegenkönig in Sachsen die
Unterstützung weiter Kreise des Stammesfürstentums finden würde.
Nach Bruno soll es den Fürsten der Gegenseite gelungen sein, den NORTHEIMER
in seinem Entschluß wankend zu machen, ohne jedoch von ihm bestimmte
Zusagen zu erlangen. Sein Schwanken habe bis über den Sommer hinaus
fortbestanden und die Haltung weiter Kreise in Sachsen bestimmt. Als er
- nach den Worten Brunos - im November zu weiteren Besprechungen mit den
königstreuen Fürsten eingeladen und von ihnen fast gewonnen worden
sei, habe ihn ein schwerer Unfall getroffen. Durch einen Sturz vom Pferd
habe er sich eine Beinverletzung zugezogen und sich fast einen ganzen Monat
lang tragen lassen müssen. Dieses Mißgeschick sei ihm als ein
Wink der Vorsehung erschienen und habe ihn veranlaßt, alle Verbindungen
mit den Feinden abzubrechen und sich wieder auf die Seite seiner Stammesgenossen
und des von ihnen erwählten Königs zu stellen.
Der Bericht Brunos wirft eine Reihe von Fragen auf. Richtig
an ihm wird sein, dass Otto in der
Tat nach der Wahl HERMANNS eine unschlüssige
Haltung gezeigt hat. Die Angabe, der NORTHEIMER sei durch Bemühungen
der Gegenseite wankend gemacht worden, ist aber schon deshalb abzulehnen,
weil wir von seiner königsfeindlichen Haltung gerade aus dieser Zeit
durch Bruno selbst glaubwürdige Nachrichten besitzen. Ein Übertritt
auf die Seite des Königs hätte ihn zudem jeder Machtstütze
des sächsischen Stammes beraubt. Es entsteht daher der Eindruck, dass
Bruno über die eigentlichen Beweggründe der Wandlung des NORTHEIMERS,
die wohl doch auf einen eigenen Entschluß zurückzuführen
ist, zumindest schlecht unterrichtet war. Vielleicht hat Otto
versucht, die Sachsen zum Verzicht auf das Gegenkönigtum
zu bewegen, weil er es für politisch unklug hielt, sich für die
ihm ungeeignet erscheinende Persönlichkeit HERMANNS
zu verbürgen. Die unschlüssige Haltung des NORTHEIMERS
war
aber nicht von Dauer. Gegen Ende des Jahres 1080 hatte - wie schon vier
Jahre zuvor - das sächsische Stammesfürstentum erneut den Ausschlag
gegeben. Getrieben von den Wünschen der Fürsten, seelisch beeindruckt
durch den erlittenen Unfall, den er als Zeichen des Schicksals betrachten
mochte, hat der alternde Mann nochmals einem Gegen-König seine Machtmittel
zur Verfügung gestellt. Damit war die Stellung des
SALMERS
in Sachsen fürs erste gesichert. Der Übertritt des NORTHEIMERS
auf die Seite HERMANNS und die Tatsache,
dass nur ein Teil der Sachsenfürsten in Ochsenfurt zugegen war, hat
wahrscheinlich eine sächsische Nachwahl erforderlich gemacht, die
Ende 1081 in Eisleben stattfand. Mit der Krönung HERMANNS
am Weihnachtsfest 1081 in Goslar durch Siegfried von Mainz fand seine Erhebung
ihren formalen Abschluß.
Otto von Northeim
hat auch in seinem letzten Lebensjahre die Partei HERMANNS
VON SALM unterstützt, damit blieb die Stellung des Gegen-Königs
in Sachsen trotz der unsicheren Haltung der westfälischen Fürsten
vorerst gesichert. Im Jahre 1082 intervenierte er zusammen mit Hartwig
von Magdeburg und Burchard von Halberstadt, die als besonders eifrige Anhänger
des
Salmers galten, und anderen in
einer Urkunde Siegfrieds von Mainz für das Kloster Hasungen. Am 3.
August 1082 befand sich Otto sicherlich in Goslar, wo HERMANN
die Rechte des Klosters Korvei, dessen Vogt der NORTHEIMER war,
bestätigte. Als der SALMER wohl
noch im Spätsommer 1082 mit einem Heeresaufgebot Sachsen verließ,
um, wie es heißt, dem Papst gegen HEINRICH
zu Hilfe zu eilen, ließ er Otto als seinen Stellvertreter
in Sachsen zurück. Zu Beginn des neuen Jahres traf ihn ein schwerer
Schlag: am
11. Januar 1083 war Otto von
Northeim gestorben. Sein Tod hatte zur Folge, dass die bis zu
diesem Zeitpunkt relativ festgefügte sächsische Widerstandsfront
auseinanderbrach und die Stellung HERMANNS VON
SALM in Sachsen ernsthaft erschüttert wurde.
Das Schicksal Ottos von Northeim
war tiefgreifenden Wandlungen unterworfen, seitdem er am Ende der 60-er
Jahre als Reichsfürst wie als sächsischer Territorialfürst
auf dem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn gestanden hatte. Durch
seinen Sturz im Jahre 1070 wurde diese Entwicklung jäh unterbrochen.
Die ersten Jahre nach 1070 sind erfüllt von dem unablässigen
Ringen des NORTHEIMERS um die Wiedergewinnung seiner Machtstellung,
die sich mit dem leidenschaftlichen Aufbegehren des sächsischen Stammes
zu einer geschlossenen Aufstandsbewegung verband: Otto
wurde der politische und militärische Führer dieser Bewegung.
Neben seiner sächsischen Interessenpolitik, die er mit seinen sächsischen
Stammesgenossen gemeinsam betrieb, verfolgte er ein großes Ziel:
die Wiedererlangung seiner im Jahre 1070 verlorenen reichsfürstlichen
Stellung. Seit dem Jahre 1073 gelang es ihm, durch eine kluge Vermittlungspolitik
zwischen HEINRICH IV. und den sächsischen
Fürsten seine Beziehungen zum König zu erneuern und damit eine
günstige Ausgangsbasis für die Verwirklichung seiner Absichten
zu gewinnen. Das Jahr 1076 brachte ihm mit der Restitution seiner sächsischen
Hoheitsrechte und der Übertragung der Statthalterschaft über
Sachsen durch den König seinen letzten großen Erfolg, bildete
aber zugleich den Abschluß dieser Entwicklung. Seine Politik des
Einvernehmens mit dem König, die wesentlich von der Hoffnung auf den
Wiedererwerb Bayerns getragen war, veranlaßte die sächsischen
Fürsten, unter bewußter Umgehung der Sonderinteressen ihres
Standesgenossen die Verbindung zu den oberdeutschen Fürsten herzustellen,
deren Bestreben es war, die Pläne des NORTHEIMERS zu vereiteln.
Der Tag zu Forchheim 1077, der mit der Erhebung RUDOLFS
VON SCHWABEN endete, bedeutete zugleich den Zusammenbruch der
groß angelegten northeimischen
Machtpolitik. Nach dem Abbruch seiner Beziehungen zum König und dem
mit sächsischer Hilfe errungenen Sieg seines schärfsten Rivalen
befand sich Otto in einem Zustand politischer Isolierung, der auch sein
Verhältnis zu HERMANN VON SALM
entscheidend mitbestimmte. Nicht die "Zwiespältigkeit seines Ehrgeizes",
das Bestreben, als Gegen-König und Herzog von Bayern die Macht im
Reiche an sich zu reißen, ist, wie man gemeint hat, für das
Scheitern seiner Politik ausschlaggebend gewesen, sondern vielmehr die
Unvereinbarkeit mit seiner Sonderinteressen mit den Interessen des sächsischen
Stammesfürstentums. Wir stehen vor der Paradoxie, dass gerade der
sächsische Stamm, dessen Führung Otto
von Northeim noch bei seinem Tode weitgehend in seinen Händen
vereinigte, die Verwirklichung seiner ehrgeizigen Machtpläne verhindert
hat.
In Otto von Northeim
verlor der sächsische Stamm eine seiner bedeutendsten und politisch
fähigsten Führerpersönlichkeiten, um nicht zu sagen den
staatsmännisch begabtesten Kopf des ausgehenden 11. Jahrhunderts.
Die Quellen rühmen seine edle Abstammung, seine Klugheit, Beredsamkeit
und Tatkraft, seine Kriegstüchtigkeit und persönliche Tapferkeit.
Das Erbe seines Vaters Benno und seiner Gemahlin Richenza
bildete die Grundlage seiner Herrschaftsstellung. Seine persönlichen
Fähigkeiten ermöglichtem ihm, diesem Erbe jene gesteigerte politische
Wirksamkeit zu verleihen, wie sie in seinem Machtstreben ihren vollkommenen
Ausdruck gefunden hat. Noch in den letzten Jahren vor seinem Tode, nach
dem Scheitern seiner Machtpolitik, bietet sich uns das Bild einer ungebrochenen
Größe.
1081 (ein Jahr und zwei Monate vor seinem Tode) stürzt
Otto
auf
ebenem Boden mit dem Pferd und erleidet eine so schwere Beinverletzung,
"daß er sich fast einen ganzen Monat lang tragen lassen mußte".
Wahrscheinlich stirbt er aber eines natürlichen Todes. Möglicherweise
stiftet er kurz vorher das Kloster St. Blasien in Northeim, in dem er begraben
liegt.
Bei einer Ausgrabung im Jahre 1978 meint man seine sterblichen
Überreste unter der Nikolaikapelle des Stifts St. Blasien in Northeim
gefunden zu haben. Die gerichtsmedizinische Untersuchung des Skeletts ergab,
"daß es sich um einen etwa 60 Jahre alten, hochgewachsenen (wohl
über 180 Zentimeter großen), kräftig gebauten und an Muskeleinsatz
gewohnten, rechtshändigen Mann gehandelt hat, der im Alter an erheblichen
Arthrose-Erscheinungen gelitten haben muß." Ein Knochenbruch an der
rechten Speiche oberhalb des Handgelenks war mehrjährig verheilt.
Am rechten Schienbein und am linken Oberschenkelknochen fanden sich Verdickungen,
die sich als "Restbefund nach einer Quetschung mit Blutung im Bereich der
Knochenhaut" interpretieren lassen (hier haben wir wohl die Spuren des
oben erwähnten Reitunfalls).
Am spektakulärsten war eine Schwerthiebverletzung
an der rechten Stirnseite, die mindestens ein bis zwei, möglicherweise
auch fünf oder mehr Jahre überlebt wurde.