Das Jahr 1106.
In dieser Zeit begann Udo, der Graf der Nordmark, als
er eine Zusammenkunft mit Herzog Magnus und dem Erzbischof von Bremen
hielt, plötzlich an heftiger Krankheit zu leiden. Als diese zunahm
wurde er an einen Ort Namens Rossenveld gebracht und ging am 2. Juni
aus dieser Welt heim, um so seliger, je eifriger er durch das Fasten und
Beten jener Schaar von Mönchen unterstützt wird, der er
selbst sorglich die Mittel zum irdischen Leben und die
Linderung väterlichen Trostes gewidmet hat. Seinem Bruder Rodolf ist
die Mark für acht Jahre vom Könige Heinrich
überlassen worden, damit er Heinrich, den Sohn desselben aufziehe.
Auch starb Herzog Magnus von Sachsen, der die Witwe
Odelrichs von Wimmar, Sophia,
die Schwester des Ungarnkönigs Ladizlaus,
zur Frau genommen hatte, und sie gebar ihm zwei Töchter, Wifhildis
und Eilika. Eilika heirathete den Grafen Otto von Ballenstide
und er zeugte mit ihr den Markgrafen Adelbert und eine Tochter Adelheid,
welche den Markgrafen Heinrich von Stathen heirathete. Wifhildis heirathete
den Herzog Heinrich, den Sohn des Herzogs Welf des Aeltern von
Baiern, und gebar Heinrich, den berühmten Herzog von Sachsen
und Baiern, und Welf und vier Töchter. Eine von diesen Namens
Juditha führte Friderich der Herzog der
Schwaben heim; die zweite Namens Sophia der Herzog
Berthold von Zaringe und nachdem dieser getödtet war, Markgraf
Liuppold von Stire, der einen Beinamen von seiner Tapferkeit hatte; die
dritte Namens Wifhildis bekam Graf Rodolf von Bregenze; die vierte
Namens Machtild heirathete Thieppold den Jüngern, den Sohn
des Markgrafen Thieppold des Aeltern, und nach dem Tode desselben führte
sie Gebehard heim, der Sohn des Grafen Beringer von Sulzbach. - Am 18.
Juli wurde der Mond während einiger Stunden der Nacht verfinstert.
- Auch sterben die Grafen Adulf und Godefrid.
Das Jahr 1126.
König Liuder feierte
Weihnachten in Straßburg und der Herzog Friderich von Alsatien wird
nach dem Urtheile der Fürsten verdammt, weil er Empörung gegen
den König anstiftete. Der König kehrt in die Heimat zurück.
Zu Corbeja trat die Wisera aus, da das Eis wie ein Riegel sie zurücktrieb,
und nahm die ganze Fläche der Stadt ein; sie bedeckte wie ein stehendes
Gewässer den Fußboden der Kirche des
theuern Märtyrers Vitus, aber bald hernach zieht
sie sich durch den Schutz dieses Heiligen ohne Schaden anzurichten in ihr
gewohntes Bett zurück. Außerdem entstanden in vielen anderen
Ortschaften verschiedener Gegenden durch starke Ueberschwemmungen große
Schrecken und Gefahren. In Goslar findet in Anwesenheit des Königs
eine zahlreich besuchte Fürstenversammlung statt und von allen wird
eine Heerfahrt gegen Herzog Friderich nach Pfingsten gelobt. [König
Liuder zog mit einer nur kleinen Schaar, welche er zusammengerafft,
nach Böhmen um Otto wieder einzusetzen, der sich beklagte, daß
er ungerecht seines Herzogthums beraubt sei; sehr unvorsichtiger
Weise, denn er nahm nicht mehr als dreitausend Mann mit
sich, der Feinde aber waren zwanzigtausend oder mehr. Zweihundert von den
leichteren Truppen aber schickte der König voran, um den Verhau des
Grenzwaldes niederzulegen, welcher Böhmen gegen Sachsen abgrenzt.
Und da diese nun, in
unwegsamen und steilen Schluchten des Waldes vorwärts
kriechend, so zu sagen, sich abmühten, wurden sie ermüdet durch
den tiefen Schnee und die Abholzung des Gehäges, plötzlich von
einem feindlichen Hinterhalte umringt. . . . . . Die Meisten werden daselbst
getödtet, die Besten des Landes, tapfere und edle in Krieg und Frieden
berühmte Männer,] an Zahl 270. Unter diesen waren die bedeutendsten
Graf Milo von Ammenesleve, Gebehard von Querenvorde, Berenger von
Quenstide, Bertold von Acheim, Walter von Arnstide und andere mehr, welche
aufzuzählen zu weitläufig wäre. Hatten sie die Möglichkeit
gehabt, in ebenem Lande zu kämpfen, wahrhaftig, den Nachkommen wäre
bekannt geworden, wie groß ihre Tapferkeit war. Dennoch fallen sie
nicht als Feige oder Flüchtlinge. Niemand ist dort gesunken, dessen
Gesicht dem Feinde abgewandt war, woran man den Fliehenden erkennt,
sondern alle mit gegen den Feind gekehrtem Gesichte. Keiner hat den Platz,
den er lebend behauptet, im Sterben aufgegeben. Auch die Feinde hatten
starken Verlust. Otto, dessen wir oben Erwähnung gethan haben,
wurde entseelt gefunden mitten unter den dichtgedrängtesten Leichen
der Feinde. Markgraf Adelbert, ein ritterlicher Jüngling mit herrlichen
Gaben, wird gefangen. Durch diese Nachricht heftiger gegen den Feind erzürnt,
schickt der König sich, wie ein wild gewordener Leu, zum Kampfe an,
lieber alles erdulden wollend, als sich durch schimpfliche und ungewohnte
Flucht retten. Aber Herzog Sobezlaus erschrak, als er von der auch durch
das Unglück nicht erschütterten Ausdauer des Königs hörte,
und schickte flehende Boten zum König. Endlich selbst vor den König
geführt, wirft er sich nieder und bittet um Vergebung. Als er zuletzt
mit Mühe des Königs Gnade erlangt hatte, macht er sich zum Vasallen
des Königs, betheuert mit einem Eide, daß er fortan dem Könige
unterthänig und treu sein werde, verspricht die Gefangnen loszugeben,
empfängt das Land zu Lehen und mildert den Schmerz des Königs
über die Niederlage des Heeres durch Unterwürfigkeit und
große Demuth. Als dies geschehen war, zieht der König zurück,
tiefbetrübt über den Untergang der tapfersten Ritter.
Der König feierte das hochheilige Fest der Auferstehung
des Herrn in Magedaburg und verhandelte mit den Großen der Kirche
und des Reiches über die Besetzung dieses Bisthums, welches damals
herrenlos war; als dort bei der Wahl große Schwierigkeiten entstanden
waren, kamen die Häupter der
Magedaburger Kirche nach dem Wunsche und Rathe des Königs
einmüthig in Speier zusammen und setzten nach dem übereinstimmenden
Rathe des Königs und der Kirche Herrn Nortbert, einen frommen Mann,
der in allen Kirchen das Wort Gottes überströmend gepredigt hatte,
unter Gottes Beihülfe in einmüthigem Frieden und in Eintracht
als Bischof ein.
[Der König zog zu Felde gegen Herzog Friderich von
Alsatien, aber da dieser sich in die festeren Positionen seines Landes
zurückzog, kehrte der König unverrichteter Sache zurück.]
Bischof Arnold von Mersburg wurde am Pfingstabende erschlagen.
[Zu Trier wurde bei Sanct Eucharius unter dem Altar des
heiligen Johannes des Täufers der Leib des heiligen Apostels Mathias
gefunden. Er wurde feierlich erhoben und wird seitdem von dem ganzen deutschen
Volke mit größter Andacht verehrt].
Herzog Heinrich von Baiern und seine Gemahlin
Wulfhild, die Tochter des Sachsenherzogs Magnus, starben.
Dieser Heinrich war der Sohn des Herzogs Welf und ein Bruder
Welfs des Jüngern, mit deren Abkunft es sich also verhält.
Zur Zeit des Kaisers Lodowich des Frommen,
des Sohnes Karls des Großen,
gab es unter den Fürsten Baierns einen, der doppelnamig war, denn
er wurde sowohl Eticho als Welf genannt; dieses Mannes Tochter
Judith nahm Lodowich selbst
nach dem Tode der Kaiserin Irmingard
zur Ehe und zeugte mit ihr den Kaiser Karl den
Kahlen, unter dessen Kindern und Enkeln in langer Reihe das
Reich der Franken blühte. Sein Großvater, der erwähnte
Eticho oder Welf, war ein Fürst von besonderer Freiheit,
der niemals für ein Lehen sich der Hoheit eines Andern, auch nicht
des Kaisers selbst, unterworfen hat und eben dies seinem Sohne Namens Heinrich
anbefahl, daß er sich niemals der Hoheit eines Andern unterwerfen
sollte. Der Sohn aber, welcher diese Vorschrift für unvortheilhaft
hielt, unterwarf sich auf Zureden seiner Schwester, der Kaiserin
Judith, der Hoheit des Kaisers unter der Bedingung, daß
er ihm im Lande seiner Gemahlin soviel an Gütern verleihen sollte,
wieviel er in der Mittagszeit mit seinem Pfluge umgehen könnte. Da
nun der Vater diese That des Sohnes der wunderbaren Ungleichheit ihres
Charakters gemäß sehr übel nahm, ging er aus Baiern fort
und verbrachte den Rest seines Lebens im Gebirgslande in einem kleinen
Gebiete bei dem Walde, der Scerenzerewald heißt, mit zwölf Großen,
welche ihm mehr als die Andern anhingen, indem er den Weg, auf welchem
er gekommen war, versperrte, und seitdem hat weder er den Sohn, noch der
Sohn ihn gesehen. Der Sohn aber hat die ihm versprochenen Güter durch
seine Schlauheit also erworben. Er ließ sich nämlich einen goldenen
Pflug machen und verbarg ihn bei sich; dann ritt er während der Mittagszeit,
als der Kaiser schlief, mit auf dem Wege aufgestellten Pferden eilig im
Kreise um die schon erwähnten Güter herum, und als alle Pferde
müde geworden waren, stieg er auf eine zufällig vorgefundene
Stute und versuchte einen dazwischenliegenden Berg auch noch hinzuzufügen;
da aber die Stute stehen blieb und ihn nicht zu ersteigen vermochte, hörte
er hier auf. Daraus ist diesen Fürsten von Ravanesburg die
Sitte erwachsen, daß keiner von ihnen bis jetzt wegen irgend eines
Nothfalls auf eine Stute steigt, und von jenem Ereignisse wird dieser Berg
bis heute Merenberg genannt. Inzwischen erhob sich der Kaiser
Lodowich vom Schlafe und Heinrich stellte sich ihm mit
seinem Pfluge dar, bittend, daß er sein Versprechen erfüllen
und durch sein kaiserliches Gebot bekräftigen möchte. Obwohl
er nun eine Weile zürnte, daß er so schlau überlistet worden,
gedachte er dennoch seines Versprechens und übergab ihm alles, was
er umgangen hatte, indem er es vollständig ankaufte; und seit dieser
Zeit nahmen diese Fürsten von der Feste Ravanesburg, welche mit ihrer
Umgebung in ihren Besitz kam, den Namen an, während sie vorher nach
einem Dorfe Altorp geheißen wurden. Aus diesem Geschlechte entstammten
im Laufe der Zeiten drei Brüder: Rodolf, Eticho oder
Welf und Konrad, welche zur Zeit des Königs Heinrich,
des Vaters Otto's des Großen, lebten. - Von diesen hat Konrad
die Konstanzer Kirche geleitet und ist mit dem Augsburger Bischofe, dem
heiligen Othelrich, durch Klugheit und Heiligkeit des Lebens berühmt
geworden. Rodolf zeugte den Grafen Welf, Welf zeugte
Kuniza, Kuniza heirathete den Markgrafen Azo von Langobardien
von den Schlössern Kalun und Estin, welche in Langobardien gelegen
sind, und gebar ihm Welf den Aeltern. Dieser führte zuerst
eine Frau Namens Ethilinde heim, die Tochter des Herzogs Otto von
Baiern, eines Mannes von sächsischem Stamme und von ebenso hohem Range
als Adel, so daß er die Zuversicht hatte, gegen den Kaiser
Heinrich dieses Namens den Vierten sich zu empören. Der
Kaiser jedoch beraubte ihn, den freilich ungerecht Unterdrückten,
des Herzogthums und setzte ihm seinen Schwiegersohn, den erwähnten
Welf, zum Nachfolger. Welf hat darauf, ich weiß nicht
aus welchem Grunde, jene Ethilinde verstoßen und die Witwe
des Angelnherzogs Harald, Namens Judith, geheirathet, und mit ihr
zeugte er zwei Söhne, nämlich Herzog Welf den Jüngern
und diesen Heinrich, von dem wir jetzt sprechen. Welf, der
ältere von beiden, heirathete jene sehr mächtige Machtild
von Langobardien und starb kinderlos, und hinterließ das Herzogthum
dem Bruder Heinrich. Als dieser Heinrich von hochbejahrten
Leuten das hörte, was oben von dem ersten Eticho erzählt
worden ist, kam er in das Gebirgsland, in welchem derselbe vom Sohne
sich trennend gewohnt hatte, woselbst er auch begraben worden war, um nachzuforschen,
und ließ das Grab desselben und derjenigen, welche bei ihm begraben
waren, öffnen, und da er die Wahrheit bestätigt fand, ließ
er am selbigen Orte über den Gebeinen jener Leute eine
Kirche erbauen. In seiner Gegenwart wurde auch der Leib
des eben erwähnten heiligen Konrad aus dem Grabe erhoben, welchen
Gott damals und früher durch viele Wunder verherrlicht hatte; aus
Liebe zu diesem und um seiner Ehre willen hat der Herzog große Geschenke
an Landgütern und
Dienstleuten beiderlei Geschlechts der Konstanzer Kirche
an diesem Tage gemacht und durch solch Unterpfand sich deutlich als Verwandten
eines so großen Mannes bewiesen. Dieser zeugte mit der vorerwähnten
Wulfild zwei Söhne, Herzog Heinrich von Sachsen und Baiern
und Welf, und vier Töchter, von denen an einer andern Stelle
geredet worden ist.