Nach dem Tode Heinrichs des Stolzen war dessen
Sohn Heinrich im Alter von zehn Jahren
aufgrund des ihm vererbten Eigengutes der
WELFEN
kein armer Junge, doch die beiden Herzogtümer, die man ihm aberkannt
hatte, stellten einen so immensen Besitz und eine derartige Macht dar,
dass darum ein intensives Ringen einsetzte.
Heinrichs
Vormünder
hatten auf das Herzogtum Baiern für den unmündigen Herzog verzichtet,
allerdings gegen die Zusage, dass Heinrich der
Löwe, wie er später genannt wurde, wenigstens das
Herzogtum Sachsen erhielt. Albrecht der Bär hatte als Erbe aus
dem mütterlichen Haus der BILLUNGER ebenfalls einen Anspruch auf Sachsen
anzumelden; deshalb wurde er anstelle von Heinrich
dem Welfen 1138 von KONRAD III.,
der ihn als einen Freund im Kampf gegen die WELFEN
ansah,
mit Sachsen belehnt. Auf dem Frankfurter Vergleich im Mai 1142 ging es
nun darum, den seit 1138 entflammten Streit zwischen STAUFERN
und WELFEN zu schlichten. Dieser war
neu aufgeflammt, als Herzog Heinrich der Stolze sich gegen jeden
Spruch des Kaisers aufgelehnt hatte, der ihn der Herzogtümer Baiern
und Sachsen beraubt hatte.
Der Vergleich wurde von Erzbischof Markulf von Mainz
vorgetragen und - angenommen. Er lautete: "Albrecht der Bär verzichtet
auf Sachsen;
Gertrud, die Witwe Heinrichs
des Stolzen, und ihr minderjähriger Sohn Heinrich
werden
mit dem Herzogtum Sachsen belehnt. Im Gegenzuge leistet
Heinrich
Verzicht
auf Baiern. Dieses Herzogtum wird Heinrich II. Jasomirgott zu Lehen gegeben."
Es war Welf VI., der jüngere Bruder
Heinrichs
X. und Onkel Heinrichs,
des späteren Löwen, der den Verzicht seines Neffen
auf Baiern nicht anerkannte. Er hatte Baiern gegen Leopold IV. verteidigt
und bei Valley einen großen Sieg über diesen errungen. Doch
bei Weinsberg mußte er sich König KONRAD
III. geschlagen geben. Selbst nachdem die Vormünder Heinrichs
XI. offiziell auf Baiern verzichtet hatten, kämpfte Welf
VI. weiter und versuchte seine Ansprüche auf das Herzogtum Baiern
mit Waffengewalt durchzusetzen. Er schloß, nachdem auch seine Annäherungsversuche
an KONRAD III. und dessen Begleitung
auf den Kreuzzug 1147 nichts fruchteten, 1148 ein Bündnis mit Roger
II. von Sizilien gegen König KONRAD.
Erst 1150 konnte KONRAD III. diesen
Widersacher aus dem WELFEN-Hause bei
Flochberg endgültig niederringen.
Dennoch: Diese Versuche des WELFEN,
Baiern für sein Haus zu retten, waren für Heinrich Ansporn,
dies ebenfalls wenig später zu tun, nachdem er seine Stimme als Volljähriger
erheben durfte und nicht aus dem Munde seiner Erzieher zu sprechen brauchte.
Heinrich II. Jasomirgott hatte anstelle seines 1141 verstorbenen
Bruders Leopold IV. die Markgrafschaft Österreich übernommen.
Im selben Atemzuge wurde die Ehe von Heinrichs
Mutter Gertrud mit Heinrich Jasomirgott
vereinbart. Auf diese Weise wollte man erreichen, dass das Herzogtum Sachsen
durch Heinrichs Stiefvater regiert
werden konnte, bis der Knabe großjährig geworden war.
Gertrud
starb jedoch bereits 1143 nach der Geburt eines Kindes, und
der raffiniert gesponnene Plan zerflatterte. Allerdings blieb die Anwartschaft
der WELFEN
auf Sachsen gesichert. Bereits
im Jahre 1148, als er die Regierung als Herzog in Sachsen übernahm,
forderte Heinrich
selbstbewußt
die Belehnung auch mit dem Herzogtum Baiern, auf das er unter keinen Umständen
Verzicht leisten wollte. Er nahm im selben Jahr als Führer einer der
beiden Heeresformationen am Wendenkreuzzug teil und setzte sich, eben 20
Jahre alt, seit 1149 erfolgreich für die Wiedererrichtung der Bistümer
Oldenburg, Ratzeburg und Mecklenburg ein. In den genannten Bistümern
nahm er das Recht der Bischofseinsetzung für sich in Anspruch, das
ihm 1154 von Kaiser BARBAROSSA endgültig
zugesprochen wurde.
Die Forderungen des jungen Heinrichs
an seinen königlichen Vetter auf die Rückgabe des Herzogtums
Baiern wurden von FRIEDRICH I. abschlägig
beschieden. Als Trostpflaster von beträchtlichem Ausmaß belieh
der König seinen Vetter statt dessen mit der Reichsvogtei Goslar.
Dies war nicht irgendeine Vogtei, sondern mit ihr war der Silberabbau des
Rammelsberges verbunden, der beträchtlichen Gewinn abwarf. Als FRIEDRICH
I. im Dezember 1152 in Trier Hof hielt, war auch Heinrich
XI. zugegen und versuchte abermals, ein offenes Ohr für
seine Forderungen beim König zu finden. Heinrichs
Frau,
Clementia von Zähringen,
regierte inzwischen in Sachsen
anstelle ihres Mannes.
Auch im Februar 1153 war Heinrich
in der Begleitung des Königs, als dieser in Mühlhausen mit Herzog
Berthold von Zähringen - Heinrichs Schwiegervater
[richtig: der Schwiegervater war Konrad von Zähringen] - zusammentraf.
So nutzte der Sachsen-Herzog gleich die Anfangszeit der Regierung
FRIEDRICHS I. zu intensiven Einsprüchen. Zunächst
jedoch blieb FRIEDRICH I. fest. Die
BABENBERGER hatten sich allem vorgeschlagene Lösungsversuchen entschieden
widersetzt. So Ende 1153 in Speyer und im Februar 1154 in Bamberg. Da aber
FRIEDRICH I. seinen Italienzug rüstete und er dafür
auch die Hilfe des Sachsen-Herzogs und dessen Reitertruppe benötigte,
ging Heinrich XI. aufs Ganze und erklärte
seinem Vetter rundheraus: "Entweder erhalte ich das Herzogtum Baiern zurück,
oder ich verzichte auf die Teilnahme an diesem Italienzug."
Dies entschied den Streit, denn nun mußte FRIEDRICH
I. schnell und entschlossen handeln, wenn nicht alle seine Pläne
ins Wasser fallen sollten. Er berief für Juni einen Hoftag in Goslar
ein, zu dem auch Heinrich II. Jasomirgott, Herzog von Baiern, eingeladen
wurde. Dieser roch jedoch Lunte und verzichtete wie schon einige Male vorher
auf eine Teilnahme, in der richtigen Annahme, dass es seinem Machtanspruch
auf Baiern an den Kragen gehen sollte. Doch auch die Abwesenheit des Baiernherzogs
hinderte FRIEDRICH I. in dieser prekären
Situation nicht daran, einen Schiedsspruch der Fürsten über diese
Frage zu verlangen. Diese entschieden sich für Heinrich, der bereits
zu dieser Zeit der Löwe genannt wurde. FRIEDRICH
I. anerkannte daraufhin auch offiziell die Ansprüche
des Löwen auf Baiern, vertagte aber dessen Einsetzung, um es nicht
mit den BABENBERGERN zu verderben, die damit ebenfalls noch hoffen konnten.
Dadurch wollte FRIEDRICH die Teilnahme
beider Herzöge und ihrer Truppen an seinem Italienzug sicherstellen.
Auf diesem Hoftag überließ der König
seinem herzoglichen Vetter auch das Recht der Investitur in den drei
Ostbistümern Oldenburg, Mecklenburg und Ratzeburg und darüber
hinaus in allen weiteren Bistümern, die durch die Ostausweitung Heinrichs
noch
zu errichten sein würden.
Durch diese Übertragung wurden die Rechte des Erzbischofs
von Bremen-Hamburg beschnitten, während Heinrich
dem Löwen daraus ein beträchtlicher
Macht- und Ansehenszuwachs zufloß. So versammelten sich denn im Oktober
1154 auf dem Lechfeld die Teilnehmer am Italienzug FRIEDRICHS
I. Heinrich erfüllte
sein Versprechen und erschien mit einer großen Ritterschar und vielen
Kämpfern, die durch die Wendenkriege an der Grenze kampfgestählt
waren. Allerdings hatten die Erzbischöfe von Bremen-Hamburg und jener
von Halberstadt eine Teilnahme abgelehnt, weil sie sich gegenüber
Heinrich
dem Löwen hintangestellt sahen. FRIEDRICH
I. zögerte nicht, ihnen sofort die Regalien zu entziehen.
Es waren insgesamt nur 1.700 Ritter, die den Marsch antraten und Ende Oktober
den südlichen Gardasee erreichten. Auf der roncalischen Ebene hielt
FRIEDRICH
I., den die Italiener wegen seines roten Bartes bereits beim
ersten Sehen BARBAROSSA
nannten, nördlich
von Piacenza eine Heerschau, der am 4. Dezember der erst Reichstag in Italien
folgte. Bei Tortona kamen die sächsischen Ritter unter Heinrich
dem Löwen zum Kampf, als es darum ging, die Stadt zu erobern.
Die Unterstadt wurde von Heinrichs Rittern
erstürmt und zerstört. Die Überlebenden flohen in die Oberburg.
Trotz dieses ersten Sieges dauerte es Wochen, ehe sich die Burg von Tortona
ergab. Auf dem Siegesfest am 17. April 1155 krönte sich BARBAROSSA
in Pavia selber, indem er sich die Königskrone der Lombarden aufs
Haupt setzte.
Im Mai näherte sich das Ritterheer Roms. Hier hatte
Papst Hadrian IV. im Vorjahr nach dem Tode seines Vorgängers Anastasius
IV. den Heiligen Stuhl bestiegen und aufgrund von Ausschreitungen gegen
den Klerus vor Ostern 1155 den Kirchenbann über die Stadt verhängt.
Als
FRIEDRICHS I. Heer kurz vor Rom
stand, zog ihm Hadrian IV. entgegen. Bei Sutri trafen sie am 8. Juni 1155
aufeinander.
FRIEDRICH I. weigerte
sich, dem Papst den erwarteten Marschalldienst zu erweisen, der darin bestand,
das Pferd des Papstes ein paar Dutzend Meter zu führen und dem Heiligen
Vater den Steigbügel zu halten. Nach einigen Hickhack wurde FRIEDRICH
I.
am 15. Juni 1155 in St. Peter zum Kaiser gekrönt. Als die
Römer dies hörten, zogen sie tobend durch die Stadt, erschlugen
zwei kaiserliche Kriegsknechte und mißhandelten einige Kardinäle.
Der Kaiser selber stürmte mit Heinrich dem
Löwen und dessen Rittern ins Getümmel. Der Aufstand
wurde blutig niedergeschlagen. Man sprach von 800 Toten, die er gefordert
habe.
Nach der Rückkehr aus Italien sah sich Heinrich
der Löwe in Sachsen einigen aufmüpfigen Fürsten
gegenüber, die er Mores lehren wollte. Kaiser
FRIEDRICH I., eingedenk der Waffenhilfe, die Heinrich
ihm geleistet hatte, belieh ihn auf dem Reichstag zu Regensburg im Oktober
1155 auch in Abwesenheit des Baiern-Herzogs Heinrich Jasomirgott mit dem
Herzogtum Baiern. Alle anwesenden bairischen Fürsten mußten
dem neuen Herzog unverzüglich huldigen, womit Heinrich II. Jasomirgott
aus dem Rennen geworfen war. Regensburg als Residenzstadt mußte durch
seine anwesenden Vertreter dem neuen Herzog Treue schwören und Geiseln
stellen. Damit wurde sichergestellt, dass die Belehnung auch durchgeführt
wurde.
In der Heimat war Heinrich nicht
untätig gewesen. Nachdem er bereits 1145 den Besitz des ausgestorbenen
Geschlechtes der Grafen von Stade an sich gerissen hatte, waren
zu diesem Besitz weitere territoriale Erwerbungen hinzugekommen. So die
Grafschaften Winzenburg und Oldenburg und das Erbe der Grafen
von Assel sowie jener von Sommerschenburg und Katlenburg. Vom
Kaiser erhielt
Heinrich der Löwe
1158 durch Tausch gegen den südlichen Breisgau mit der
Burg von Badenweiler aus dem Heiratsgut seiner ersten Gemahlin Clementia
von Zähringen die
Burgen Herzberg, Scharzfeld und
den Königshof Pöhlde.
Heinrich
setzte in diesen von ihm beherrschten Gebieten Grafen ein, die in seinem
Namen regierten und Recht sprachen. Damit hatte er eine Regierungsform
in Sachsen eingerichtet, die sein territorialstaatliches Denken verrieten.
mit dem er seiner Zeit weit voraus war.
Dass er darüber hinaus durch seine planvolle Besiedlung
des Ostens auf den Anfangserfolgen LOTHARS VON
SÜPPLINGENBURG aufbaute und diese sehr viel weiter voranbrachte,
soll im folgenden Kapitel dargelegt werden. So schuf er sich jenseits der
Elbe ein neues Herrschftsgebiet. Vor allem aber widmete er sich dem Aufbau
seiner Residenz Braunschweig. Er gründete um 1160 das Weichbild Hagen
und ließ die Burg Dankwarderode an jener Stelle errichten,
auf der auch die alte Burg gestanden hatte. Der St.-Blasius-Dom wurde neben
der Burg zum Wahrzeichen der Residenz des Löwen, und das von
ihm in Auftrag gegebene Löwendenkmal als Gerichts- und Hoheitszeichen
war bald sichtbares Zeichen für die Machtfülle eines Herrn, der
von vielen Fürsten des Reiches bereits um 1160 der ungekrönte
König des Nordens genannt wurde.
Eine interessante zivilrechtliche Auseinandersetzung
zwischen Heinrich dem Löwen und
dem Bischof Otto von Freising wurde noch 1157 vor den Kaiser gebracht.
Und zwar klagte Otto von Freising gegen Heinrich
den Löwen. Dieser hatte unmittelbar nach der Übernahme
der Regierungsgewalt über das Herzogtum Baiern eine Brücke über
die Isar bei Föhring zerstören lassen. Da über diese Brücke
die Salztransporte aus den südlichen, im Freisingischen Besitz befindlichen
Salinen ebenso wie die Salzfuhren aller übrigen nach Norden gehen
mußten, bedeutete dies einen Einnahmeausfall für Otto von Freising.
Der Kaiser wollte jedoch wegen einer solchen "Lappalie" keinen Streit mit
seinem Vetter. Er unternahm nichts gegen diesen Brückenabbruch, weil
Heinrich
der Löwe ja an einer anderen Stelle eine neue Brücke
über den Fluß hatte schlagen lassen. Dieser Übergang wurde
für Heinrich den Löwen zu
einer guten Pfründe, denn am 14. Juni 1158 bestätigte ihm der
Kaiser urkundlich die Markt-, Münz- und Zollrechte des sich an der
Brücke bildenden Marktes, der rasch zur Stadt wurde und München
hieß. Allerdings mußte Heinrich der Löwe, der somit
als Gründer von München gelten darf, ein Drittel seiner
Einnahmen aus dem Zoll und der Münzprägung an das Bistum Freising
abführen.
Im Jahre 1159 folgte Heinrich
der Löwe einem neuerlichen Aufruf des Kaisers zum Italienzug.
Nach einigen kleineren Erfolgen blieben die Kaiserlichen vor Crema in der
Poebene östlich von Mailand liegen. Sieben Monate dauerte die Belagerung.
Dann ließen die in der Stadt sitzenden Mailänder Truppen durch
die Vermittlung
Heinrichs des Löwen und
des Patriarchen von Aquileja, Penegrin, wissen, dass sie ja nicht gegen
den Kaiser die Waffen ergriffen hätten. Den Kaiserlichen wollten sie
sich ergeben. Am 26. Januar 1160 ergaben sich alle Verteidiger von Crema,
sowohl die Mailänder als auch die Bewohner der Stadt.
Am 23. November 1162 wurde die Ehe Heinrichs
des Löwen mit Clementia von Zähringen geschieden.
Der offizielle Scheidungsgrund lautete: "Zu nahe verwandtschaftliche Beziehungen."
Dass dies nach 14-jähriger Ehe nur ein vorgeschobener Grund war, schien
jedem einzuleuchten, aber der Papst brauchte ihn, um den Dispens erteilen
zu können. Um dennoch seine christliche Gesinnung unter Beweis zu
stellen, schenkte Heinrich der Löwe
dem Kloster Petershausen bei Konstanz fünf Pfund Silber. Heinrich
heiratete 1168 Mathilde,
die Tochter König Heinrichs von England.
Kampf gegen den Kaiser
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Durch seine jahrelange rücksichtslose und egoistische
Expansionspolitik hatte sich Heinrich der Löwe
viele Feinde geschaffen. Nun stellte er mit seiner außerordentlichen
Machtfülle und seinen weiteren Forderungen eine Bedrohung für
viele andere Fürsten dar. Als er im Herbst 1162 erneut die Forderung
auf eine Erbschaft erhob (es ging dabei um die Erbschaft des Pfalzgrafen
von Sommerschenburg), taten sich dieser, Bischof Udo II. von Naumburg
und Landgraf Ludwig von Thüringen zusammen und konnten außerdem
noch den Böhmen-König, den österreichischen Herzog Heinrich
und den Markgrafen Ottokar von der Steiermark für eine Koalition gegen
Heinrich
den Löwen gewinnen. Auch Welf VI., der sich mit
seinem Neffen Heinrich dem Löwen
nie
gut verstanden hatte, schloß sich dieser Gruppe der "Sachsenfeinde"
an. Die Gefahr eines Bürgerkrieges in Deutschland wurde von Tag zu
Tag größer. Der Kaiser mußte unverzüglich dagegen
einschreiten, wenn er seine besonderen Feldzugpläne gegen die Normannen
auf Sizilien noch verwirklichen wollte.
Während des Hoftages zu Nürnberg im August
1163 gelang es
BARBAROSSA, jenen Ring
aufzusprengen, der sich um Heinrich den Löwen
schloß. Er brachte die Widersacher seines Vetters aus dem Süden
von dem Plan ab, gegen den Sachsen-Herzog zu ziehen. Damit fühlten
sich jene, die im Norden wohnten, nicht mehr stark genug, allein mit Heinrich
dem Löwen fertig zu werden. Doch die Reibereien in Sachsen
sollten sich weiter fortsetzen. Obgleich es FRIEDRICH
I. im August 1163 in Nürnberg gelungen war, Heinrichs
Widersacher zu trennen und den Löwen
zu warnen, hatte dieser in der Folgezeit nichts dazu getan, um sich bei
seinen benachbarten Fürsten beliebter zu machen, im Gegenteil! Seine
Erfolge gegen die Wenden und seine Verlobung mit der englischen
Königs-Tochter Mathilde hatten
ihn in seiner Überzeugung bestärkt, dass er besser und größer
als alle anderen, ja, dass er der Größte sei.
Der zu dieser Zeit in Heinrichs
Burg Dankwarderode aufgestellte bronzene Löwe mit seiner
drohenden Haltung galt als Sinnbild der Aggressivität seines Herrn.
Als Kaiser FRIEDRICH I. Ende August
1166 in der Pfalz Boyneburg an der Werra eintraf, hatten sich dort auch
Erzbischof Wichmann von Magdeburg, die Bischöfe von Hildesheim und
Naumburg, die Markgrafen von Brandenburg und Meißen sowie eine Reihe
weiterer edler Herren versammelt. Es sollten die sächsischen Angelegenheiten
verhandelt und besprochen werden. Derjenige aber, um dessen Land und Aktionen
es ging, Heinrich der Löwe, war nicht erschienen. Alle zogen
gegen ihn mit Worten zu Felde, und der Kaiser hatte es schwer, den aufgestauten
Groll über Heinrich zu zerstreuen und die erregten, ja empörten
Edlen zu beschwichtigen.
FRIEDRICH I.
wollte die Lage in Deutschland unter allen Umständen beruhigt wissen,
weil er sich mit der Absicht trug, im Herbst 1166 zum vierten Italienfeldzug
aufzubrechen. Als sich Mitte Oktober 1166 die kaiserliche Streitmacht zum
vierten Italienfeldzug bei Augsburg versammelte, fehlte einer, auf den
der Kaiser gezählt hatte: Heinrich
der Löwe. Dieser bekundete,
dass er infolge Spannungen in seinem Herzogtum Sachsen nicht mitziehen
könne. BARBAROSSA blieb nichts
anders übrig, als ihn offiziell von der Teilnahme zu befreien.
Als der Zug unterwegs war, brach in Sachsen der befürchtet
Krieg aus. Aber Heinrich der Löwe
hatte sich gut vorbereitet und alle Burgen gerüstet, sie mit Kriegern
besetzt und Vorräte darin aufgehäuft. Einen erneuten Wendenaufstand
zur gleichen Zeit hatte er auf diplomatischem Wege verhindert und sich
damit den Rücken freigehalten. Auf diese Art und Weise war er in der
Lage, sich ganz der Abwehr seiner Angreifer zu widmen. Seine Feinde waren
Erzbischof Wichmann von Magdeburg, der Markgraf von Brandenburg und der
Landgraf von Thüringen. Allen dreien war Heinrich
der Löwe bereits mehrfach
in die Quere gekommen. Diese Gegner des Löwen sammelten Ritter
und Knappen und zogen vor die Burg Haldensleben, wo sie sich zu
deren Belagerung vereinigten. Die Burg hielt dem starken Ansturm stand.
Graf Christian von Oldenburg, der vierte im Bunde, griff
Heinrichs
Burg Weyhe in der Grafschaft Hoya an und vernichtete sie. Als
er zu Ostern 1167 auch in Bremen einzog, wurde er von der dortigen Bevölkerung
stürmisch begrüßt. Die Bremer waren froh, der harten Hand
Heinrichs
des Löwen entgangen zu sein.
Doch brauchten sie nicht lange auf die Rückkehr Heinrichs zu
warten.
Der Sachsen-Herzog sammelte eine Streitmacht, mit der
er bereits im Juni gegen Bremen zog. Sein erster Angriff wurde an der Gete
nahe der Stadt abgewiesen. Der zweite Angriff gelang, Bremen wurde zurückerobert.
Er ließ seine Männer 24 Stunden nach Herzenslust plündern,
die Bewohner der Stadt flohen. Sie durften später gegen die Zahlung
eines Bußgeldes von 1.000 Mark in ihre alten Häuser, soweit
sie noch standen, zurückkehren. Herzog Heinrich
der Löwe blieb Herr in Bremen.
Als FRIEDRICH I. im
Frühjahr 1168 nach seinem verlustreichen und ergebnislosen Italienzug
nach Deutschland zurückkehrte, sah er sich einem abermals erstarkten
Heinrich
gegenüber,
der mit seinen Herzogtümern Sachsen und Baiern noch mächtiger
war als FRIEDRICH I. Ende 1167 bereits
hatte Heinrich die Zeit des Waffenstillstandes
mit seinen Gegnern dazu genutzt, um die seit 1165 mit ihm verlobte Mathilda,
Tochter des englischen Königs Heinrichs II.,
nach Sachsen zu holen. Am 1. Februar 1168 fand in Minden die Trauung statt.
Dadurch hatte Heinrich den Glanz seines
Namens noch vermehrt.
Im Frühjahr 1168 brachen dann die Kämpfe wieder
aus. Der Kaiser griff ein und befahl die sächsischen Fürsten
zum 5. Mai 1168 zu einem Hoftag nach Würzburg. Die Sachsen kamen nicht.
Auch einer zweiten Einladung leisteten sie keine Folge, sondern setzten
ihre Raubzüge gegen unbotmäßige Edelleute in den Ländereien
Heinrichs
des Löwen fort. Die Autorität des Kaisers war im Schwinden.
Dennoch trat FRIEDRICH I. immer noch
für seinen Vetter ein. Erst die dritte Aufforderung hatte Erfolg.
Ende Juni 1168 trat in Würzburg ein Reichstag zusammen, zu dem drei
Erzbischöfe und zehn Bischöfe erschienen. Neben Heinrich
dem Löwen waren auch Udalrich von Böhmen sowie die
Pfalzgrafen Konrad bei Rhein und Otto von Wittelsbach anwesend. Heinrichs
Gegner waren ebenfalls zur Stelle. Dies wurde vom Kaiser besonders begrüßt,
denn in erster Linie ging es auf diesem Reichstag abermals um die Beilegung
der Streitigkeiten in und um Sachsen. Während dieses Reichstages belehnte
BARBAROSSA
seinen Sohn Friedrich mit dem Herzogtum
Schwaben. Kaiser FRIEDRICH ROTBART
machte schließlich in aller Deutlichkeit den Streit in Sachsen für
das Mißlingen seines vierten Italienfeldzuges verantwortlich. Dennoch
suchte er eine Versöhnung zwischen den einander verfeindeten Parteien
zu erreichen. Der Reichstag verhandelte bis Mitte Juli, dann wurde eine
Waffenruhe bis zum nächsten Reichstag vereinbart. Dies wurde eingehalten.
Lediglich Graf Widukind von Schwalenberg machte eine unrühmliche Ausnahme.
Heinrich der Löwe
hatte die Verschwörung gegen ihn und Sachsen dank der Hilfe seines
kaiserlichen Vetters gut überstanden. Als Gegenleistung nahm FRIEDRICH
I. seinem Vetter die Stadt Goslar wieder ab, deren Besitz er
ihm 1152 mit dem Nießbrauch aus der Silberförderung am Rammelsberg
als Trostpflaster für die Verzögerung bei der Belehnung mit Baiern
übertragen hatte.
Differenzen zwischen Herzog und Kaiser
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Im Norden des Reiches war es dem dänischen
König Waldemar I. im Juni 1168 gelungen, die auf Rügen
sitzenden slawischen Ranen zu unterwerfen. Dabei hatten ihn die Abotriten
auf Befehl Heinrichs des Löwen unterstützt.
Da die Dänen ihre Beute nicht mit den Abodriten teilen wollten, kam
es unter diesen beiden Kampfgenossen zum Streit. Die Abodriten nahmen viele
dänische Krieger gefangen, von denen sie an einem einzigen Tage auf
dem Markt in Mecklenburg 700 als Sklaven zum Verkauf feilboten. Im Januar
1169 sah sich FRIEDRICH I. abermals
mit sächsischem Gebiet befaßt, weil dort erneut Unruhen aufgeflammt
waren. Auf einem Hoftag versuchte der Kaiser erneut den Frieden in Sachsen
zu festigen. Heinrich der Löwe nahm an diesem Hoftag nicht
teil. FRIEDRICH I.
setzte einige der
dauernden Unruhestifter fest und versuchte auch auf seinen Vetter einzuwirken
und ihn zu einem gemäßigteren Verhalten gegenüber seinen
Vasallen zu bringen.
Seit der Eroberung der Insel Rügen durch den Dänen-König
im Jahre 1168 herrschte im Norden Unfrieden. Weder die Abodriten noch Heinrich
der Löwe wollten sich mit der immer noch nicht erfolgten
Beuteverteilung abfinden. So kam es zu einigen handstreichartigen Überfällen.
Einmal gelang es König Waldemar,
den Pommern Stettin wegzunehmen, dann wurde er im Gegenzug von dort wieder
vertrieben, und die Wenden fielen über ein dänisches Schiff oder
eine der dänischen Inseln her. Erst Mitte 1171 war Waldemar
bereit, seine Beute, den Tribut und die Geiseln mit Heinrich
dem Löwen zu teilen. Das frühere Bündnis zwischen
König
Waldemar und Herzog Heinrich
wurde erneuert. Die beiden einigten sich sogar auf eine Verlobung der Tochter
Gertrud Heinrichs
des Löwen, der Witwe
Herzog Friedrichs
von Schwaben, mit
Knut,
dem Sohn König Waldemars. Da
Knut erst acht Jahre alt war, fand die Vermählung später
statt, doch Gertrud zog schon bald
an den dänischen Königshof.
Als im November 1170 Markgraf Albrecht von Brandenburg,
der Bär, starb, war dies eine Erleichterung für das östliche
Sachsen. Beide Widersacher hatten sich über Jahrzehnte hinweg feindlich
gegenübergestanden. Albrecht hatte die Oberherrschaft Heinrichs
des Löwen nicht anerkannt. Albrecht hatte darüber
hinaus bei der Kolonisierung eine glückliche Hand. Nicht zuletzt deshalb,
weil er es verstand, die Ansiedler durch verständnisvolle Hilfen zu
sichern. Heinrich der Löwe war
in dieser Beziehung nicht so glücklich. Albrecht begründete die
Mark Brandenburg, wohin er Holländer und Flamen zur Ansiedlung rief.
Der Stadtname Berlin gleich Bärlein geht mit ziemlicher Sicherheit
auf Albrecht den Bär zurück. Wenige Monate vor seinem Tode konnte
Markgraf Albrecht noch im August 1170 der Einweihung des von ihm besonders
geförderten Domes zu Havelberg beiwohnen.
Der Dom zu Schwerin, der im September 1171 eingeweiht
wurde, sah bereits
Heinrich den Löwen
bei der Einweihungszeremonie. In diesen Jahren wurden ostwärts der
Elbe auch zahlreiche Klöster gegründet, überwiegend mit
Unterstützung des Bischofs von Schwerin und unter dem Protektorat
wendischer Fürsten. Diese lernten nun erkennen, dass sie die Herrschaft
Heinrichs
des Löwen und seines Statthalters
Gunzelin nicht mehr abschütteln konnten.
Die Kölner waren seit dem Herbst 1167 in die Allianz
eingetreten, die sich gegen Herzog Heinrich
gebildet hatte. Auf dem Reichstag zu Nimwegen im Juli 1171 sollte diese
Frage endgültig bereinigt werden. Der Kaiser hielt sich von August
bis Oktober in Aachen auf. Für Mitte November berief er einen Reichstag
nach Goslar ein. Neben einigen anderen Fragen wurden auch die Ansprüche
Kaiser
FRIEDRICHS I. gegenüber den Söhnen des Markgrafen
Albrecht von Brandenburg verhandelt. Aber auch diese Angelegenheit wurde
nicht entschieden, sondern fortgeschoben.
Heinrich der Löwe fühlte
sich nach dem Tod des Markgrafen Albrecht von Brandenburg und dem Friedensschluß
mit König Waldemar I. von Dänemark
in seinem Herzogtum sicherer denn je. Es war ihm gelungen, sich mit Erzbischof
Wichmann von Magdeburg auszusöhnen. Da er glaubte, nun alles gesichert
zu haben, entschloß sich Heinrich der Löwe
zu
einer Pilgerfahrt nach Jerusalem. Aus diesem Grunde übergab er seinem
ehemaligen Erzfeind, Erzbischof Wichmann von Magdeburg, für die Zeit
seiner Abwesenheit die Stellvertreterrolle in Sachsen. Etwa 500 Ritter
begleiteten Heinrich den Löwen.
Der Bischof von Lübeck wurde geistlicher Berater des Pilgerzuges.
Ihm zur Seite standen einige Äbte. Mit von der Pilgerreise waren der
Abodriten-Fürst Pribislaw, Graf Gunzelin von Schwerin und andere Edle.
In Regensburg stießen weitere edle Herren zu dieser starken Gruppe.
In Wien schloß sich der dort weilende neue Bischof von Worms auf
Weisung des Kaisers dieser Wallfahrt an. Heinrich erhielt durch
dieses Gepränge und auch durch seine Heirat mit Mathilde,
die jetzt ein Kind von ihm erwartete, das Ansehen eines Königs.
Während der Zeit seiner Abwesenheit von Sachsen
rief der Kaiser FRIEDRICH I. zu einem
Feldzug gegen das Herzogtum Breslau auf. Dort war der 1163 von FRIEDRICH
I. eingesetzte Fürst vertrieben worden. Ihn galt es wieder
in seine Rechte einzusetzen und damit das Ansehen des Kaisers wiederherzustellen.
An dem Kriegszug beteiligten sich Baiern, Schwaben und Franken ebenso wie
die Sachsen. Letzere stellten ein großes Kontingent an Streitern.
Auch Erzbischof Wichmann - Heinrichs Stellvertreter
- war unter den geistlichen Führern; daneben die Bischöfe von
Merseburg und Naumburg sowie eine Reihe von Grafen und Rittern. Das Aufgebot
der Sachsen war besonders groß, wahrscheinlich durch die Abwesenheit
Heinrichs
des Löwen
bedingt. Der polnische Herzog eilte Kaiser
FRIEDRICH I. entgegen und unterwarf
sich, ehe es zum Kampf kam. Der Breslauer Fürst wurde wieder in sein
Fürstentum eingesetzt, und der PIASTEN-Herzog
huldigte BARBAROSSA. Er zahlte darüber
hinaus dem Kaiser 8.000 Mark und verpflichtete sich, eine größere
Streitmacht für den nächsten Italienzug
FRIEDRICHS
I. zu stellen. Danach hielt sich der Kaiser noch längere
Zeit in Sachsen auf. Die sächsischen Fürsten huldigten ihm in
großer Zahl. Nur die Söhne des Markgrafen Albrecht ließen
sich nicht am kaiserlichen Hof sehen.
Als Herzog Heinrich von Sachsen
zu Weihnachten 1172 von seiner Wallfahrt heimkehrte, traf er in Augsburg
mit dem Kaiser zusammen. Ihr Zusammentreffen verlief freundschaftlich,
obgleich Gerüchte umgingen, dass Heinrich
in Konstantinopel gegen BARBAROSSA
konspiriert habe. Als FRIEDRICH BARBAROSSA
auch Heinrich dem Löwen um Beistand
bat, um seinen fünften Italienzug 1174 antreten zu können, versagte
sich dieser trotz der dauernden Beweise und Zugeständnisse der Huld
seines kaiserlichen Vetters gänzlich. Damit hatte er drei Italienzüge
hintereinander nicht mitgemacht. Als Begründung schob Heinrich
die
Unruhen zwischen dem Landgrafen Ludwig von Thüringen und den ASKANIERN
vor.
Heinrich hatte daheim
gegen mehrere Widersacher gleichzeitig zu kämpfen. Über allem
stand der Kriegszug gegen Pommern mit dem Ziel der Eroberung der mächtigen
Grenzfestung Demmin, ferner tobten die Kämpfe im Westen des Herzogtums
gegen die Krieger und Helfer des Erzbischofs von Köln. Die Erzbischöfe
von Halberstadt und Köln sahen hier große Aussichten, Heinrich
ebenfalls zu bekriegen.
Während der Kaiser mehrere Jahre von Deutschland
abwesend war, gelang es Heinrich dem Löwen,
sich einige weitere Erbschaften anzueignen. Als er sich auch eine solche
aus der Verwandtschaft des Kölner Erzbischofs, jene des Philipps von
Heinsberg, aneignete, bildeten die Kölner mit dem Halberstädter
Kirchenfürsten zu Beginn des Jahres 1178 ein Bündnis gegen Heinrich
den Löwen. Kurz darauf marschierte Erzbischof Philipp mit
einer großen Streitmacht in die westfälischen Gebiete Heinrichs
ein. Er ließ Burgen und Städte verwüsten. Die Krieger drangen
bis an die Weser nach Höxter und Hameln vor. Erst dort gelang es einigen
Kirchenfürsten, darunter auch Erzbischof Wichmann von Magdeburg, den
Kölner "Bruder" zum Halten zu bewegen und einen Waffenstillstand zu
vermitteln, in dem Heinrich einige
Zugeständnisse machen mußte und die endgültige Regelung
vom Kaiser erwartet wurde. Der Kaiser aber kehrte erst Mitte Juli 1178
nach vierjährigem Aufenthalt in Italien nach Deutschland zurück.
Unterlassene Hilfeleistung und ihre Folgen
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Als Kaiser FRIEDRICHS I.
Heer Ende September 1174 auf dem Weg nach Süden Piemont erreichte,
war BARBAROSSA
bereits klar, dass Heinrich
des Löwen Truppen nicht nur fehlen würden, sondern
dass ihr Fehlen zugleich den Keim einer Niederlage in sich trug. Seine
Truppen waren an Zahl und an Kampfkraft bedeutend geringer als auf den
beiden vorhergegangenen Kriegszügen. Dennoch gelang es diesen Truppen,
am 30. September Susa zu erobern und niederzubrennen. Damit hatte FRIEDRICH
seine Rache für die böswillige Behandlung durch diese Stadt bei
seinem Rückzug aus Italien im Jahre 1168 genommen. Sein nächstes
Ziel war Asti. Seit dem Brand von Susa war auch Kaiserin
Beatrix bei ihrem Gemahl. Sie war FRIEDRICH
I. einfach nachgereist. Asti wurde nach siebentägiger Belagerung
erobert. Nun stießen auch die zugesagten böhmischen Truppen
zum kaiserlichen Heer. Von den Angehörigen des gegen den Kaiser gerichteten
lombardischen Bundes fiel Markgraf Wilhelm von Montferrat ebenso vom Bündnis
ab wie der Graf von Biandrate und andere Edelherren, die es nicht mit dem
rachedürstenden BARBAROSSA aufnehmen
wollten. Das nächste Ziel der Truppen BARBAROSSAS
war
Alessandria, in das die Mailänder bei der Niederbrennung ihrer Stadt
verbracht wurden. Ende Oktober wurde mit der Belagerung der "Strohstadt"
begonnen. So hieß sie wegen ihrer mit Stroh eingedeckten Dächer.
Hier wurde ihnen entschiedener Widerstand geleistet, und im hereinbrechenden
Winter lagen die kaiserlichen Truppen frierend vor der Stadt.
Das Duell der riesigen Belagerungsmaschinen begann. Weihnachten
und Neujahr gingen vorüber. Erst am Karsamstagmorgen des Jahres 1175
gelang es, durch heimlich gegrabene Stollen in die Stadt einzudringen.
Doch diese durchlässigen Stellen konnten von den Belagerten geschlossen
werden. 300 Söldner erstickten oder wurden erschlagen. Alessandria
hiel sich, und Kaiser FRIEDRICH mußte
angesichts eines herankommenden lombardischen Entsatzheeres abziehen. Vor
Pavia standen sich beide Heere gegenüber, aber keines wagte den Angriff.
Verhandlungen wurden durch den Markgrafen Opizio Malaspina vermittelt.
Sie begannen am 16. April 1175 auf der Burg Montebello des Markgrafen
von Montferrat. Die Lombarden unterwarfen sich zunächst dem Kaiser,
und dieser gab den lombardischen Anführern den Friedenskuß.
Die Friedensverhandlungen zogen sich endlos hin. Es sah so aus, als wollten
die Lombarden lediglich Zeit gewinnen. Die Gespräche wurden schließlich
ergebnislos abgebrochen, und die lombardischen Truppen überfielen
die auf die Seite des Kaisers übergewechselten Gebiete um Pavia und
Como.
Kaiser FRIEDRICH I.
und seine Gemahlin befanden sich Weihnachten 1175 und Neujahr 1176 mit
ihrem Gefolge immer noch in Pavia. Papst Alexander, der von BARBAROSSA
im Sommer 1175 zu Gesprächen seiner Abgesandten mit dem Kaiser nach
Pavia eingeladen worden war, kam diesem Versuch des Kaisers, mit ihm einen
Seperatfrieden zu schließen, nicht entgegen. Im Gegenteil, er leistete
"seiner" Stadt Alessandria Beistand und Hilfe, wo immer er dies tun konnte.
FRIEDRICH BARBAROSSA
bat Anfang 1176 seinen Vetter Heinrich den Löwen
zu einem Gespräch nach Chiavenna, das zum Herzogtum Schwaben gehörte.
Er hoffte den Löwen, der sich
nach beendeten Kämpfen gegen die ASKANIER gerade in seinem Herzogtum
Baiern aufhielt, doch noch zur Teilnahme zu gewinnen und mit dessen Hilfe
den endgültigen Sieg zu erringen. Als Heinrich
der Löwe Anfang 1176 in Chiavenna nördlich des Comersees
eintraf, wurde er herzlich willkommen geheißen. FRIEDRICH
I. bat seinen Vetter, ihm in diesem entscheidenden Kampf beizustehen.
Doch Heinrich verschanzte sich hinter
den verbrieften Rechten, nach denen er dem Kaiser lediglich innerhalb deutscher
Lande zur Hilfeleistung verpflichtet sei. Ohne ein allgemeines Aufgebot
und dazu noch im Ausland könne er seine Truppen nicht einsetzen. In
dieser Lage soll Kaiser FRIEDRICH I. vor
seinem Vetter auf das Knie gefallen sein und ihn um Beistand angefleht
haben. Ob sich dies tatsächlich zugetragen hat, ist nicht verbürgt,
doch die Quellen, die darüber berichten, haben mit einigen interessanten
Einzelheiten aufgewartet, die diesen Kniefall als wahrscheinlich erscheinen
lassen. So soll der Truchseß Herzog Heinrichs
seinem
Herrn zugeflüstert haben, den Kaiser doch einfach knien zu lassen.
Eine andere Quelle weiß zu berichten, dass die Kaiserin ihrem Gemahl
angefleht habe, doch aufzustehen. Herzog Heinrich
aber
soll nach der dritten Quelle durch diesen Fußfall seines kaiserlichen
Vetters und Herrn erschrocken gewesen ein und versucht haben, den Kaiser
aufzuheben. Wieder eine andere Quelle beteuert, dass Heinrich eine solche
noble Geste schlicht unterlassen habe.
Was Heinrichs des Löwen
Motive
waren, ob er sich bereits als Nachfolger FRIEDRICHS
I. sah und dessen Niederlage ihm demzufolge sehr willkommen
sein mußte oder ob es nur Großmannssucht war, ist nicht
bekannt. Wie auch immer, Heinrich der Löwe
lehnte ab, und FRIEDRICH I. war nicht
nur geschockt, sondern wurde in seiner Würde gekränkt und geschmäht.
Dies mußte - nach den wenigen Bruchstücken, die darüber
vorhanden sind - von Kaiserin Beatrix
geschickt genutzt worden sein, den aufsteigenden Haß des Kaisers
gegen Heinrich den Löwen zu schüren,
denn von nun an zog auch FRIEDRICH I. gegenüber
seinem Vetter die Handschuhe aus.
Die Schlacht bei Legnano sah BARBAROSSA
dank
der Hilfeleistung des Kölner Erzbischofs Philipp, Erzbischofs Wichmann
von Magdeburg und Herzogs Bertold von Zähringen nicht im Untergangswirbel
versinken. Dennoch wurde das kaiserliche Heer geschlagen, weil seine Hauptstreitmacht
nicht beteiligt war.
Nach langen Verhandlungen und Streitereien genehmigte
FRIEDRICH
I. am 21. Juli 1177 die erarbeitete Friedensurkunde. Drei Tage
später zog FRIEDRICH I. in Venedig
ein. Der Papst hatte einige seiner Kardinäle nach dem Lido entsandt,
um Kaiser BARBAROSSA
aus dem Bann zu lösen, ehe auch er in Venedig eintraf.
Der bereits 18 Jahre andauernde Kirchenstreit war damit beendet, indem
FRIEDRICH I. Papst Alexander die Füße küßte
und dieser den Kaiser aufrichtete und ihm den Friedenskuß gab.
Aufgrund des Friedensvertrages von Venedig wurde der
1160 durch Heinrich den Löwen
vertriebene Bischof von Halberstadt, Udalrich, im September 1177 wieder
in sein Amt eingeführt. Er erklärte die von Bischof Gero durchgeführten
Priesterweihen für ungültig und zog alle Lehen wieder ein, die
während der Jahre seines Exils ausgegeben worden waren. Darunter vor
allem jene Lehen, die Herzog Heinrich zugefallen
waren. Heinrich der Löwe weigerte
sich selbstverständlich, diese Güter herauszugeben, woraufhin
Bischof Udalrich über Heinrich den
Bann verhängte. Da zur gleichen Zeit zwischen Herzog
Heinrichs Parteigängern und den Truppen und Freunden des
Erzbischofs von Köln tätliche Auseinandersetzungen im Gange waren,
die für Heinrich
nicht gut verliefen, sah auch der Bischof von Halberstadt seine Chance
zum Eingreifen gegen seinen Herzog gekommen.
Das Duell der beiden Vettern
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Als BARBAROSSA
1178 nach Deutschland zurückkehrte, trug er seit dem 30.
Juli 1178 auch die Königskrone von Burgund, die ihm Erzbischof Raimund
im Dom von Saint-Trophime zu Arles aufs Haupt gesetzt hatte. Damit herrschte
er sicher über die drei Reichsteile Deutschland, Italien und Burgund.
Am 11. November 1178 hielt FRIEDRICH
I. BARBAROSSA einen Reichstag in Speyer. Im Vordergrund der
deutschen Probleme stand das Herzogtum Sachsen. Herzog
Heinrich der Löwe, der diesmal erschienen war, erhob Klage
gegen seine Widersacher, vor allem wegen des Kriegszuges des Erzbischofs
von Köln im Februar 1178. Aber auch Erzbischof Philipp hielt nicht
mit Klagen zurück. Der Kaiser versprach, diese Dinge zu untersuchen,
und bestellte seinen Vetter Heinrich
für Mitte Januar 1179 nach Worms, wo er den nächsten Reichstag
halten wollte. Dort sollte sich Heinrich nach
dem Landrecht zu den vorgebrachten Klagen äußern.
Heinrich der Löwe
erschien nicht in Worms. Seine Gegner brachten hier alle Klagen gegen ihn
vor. Und diesmal versuchte FRIEDRICH I. nicht
mehr wie früher zwischen Heinrich und
seinen Widersachern zu vermitteln. Diesmal ging er schonungslos gegen seinen
Vetter vor. Gegen Heinrich den Löwen
wurde wegen fortgesetzten Landfriedensbruches die Reichsacht verhängt.
Durch sein Nichterscheinen hatte Heinrich auf
seine Rechtfertigung verzichtet. Da er keine Vertagung verlangt hatte,
war die sonst nach dem Landrecht erforderliche dreimalige Vorladung nicht
nötig.
Die Verkündigung der Reichsacht über Heinrich
den Löwen wurde in Worms noch
bis zum nächsten Reichstag am 24. Juni 1179 in Magdeburg ausgesetzt.
Zu diesem wurde der Sachsen-Herzog abermals geladen. Wenn der Kaiser nun
so hart gegen Heinrich den Löwen
vorging, lag das wahrscheinlich in der Tatsache begründet, dass dieser
seinen Hilferuf in Chiavenna im Februar 1176 zurückgewiesen hatte,
als sich FRIEDRICH I. in einer schwierigen
Lage befand. Andererseits war Heinrich auch
für BARBAROSSAS Begriffe zu groß
und mächtig und damit zu einer drohenden Gefahr für ihn geworden.
Auf dem Reichstag in Worms sah FRIEDRICH
I. zugleich noch eine zusätzliche Möglichkeit, Heinrich
dem Löwen eines auszuwischen.
Und zwar hatte der Löwe 1176 mit
Welf VI. ein Abkommen getroffen, dass Welf VI. ihm seine
Besitzungen nördlich der Alpen gegen die Zahlung einer großen
Summe Geldes vererbte. Da
Heinrich
aber
seinem Onkel Welf VI. bisher noch keinen Pfennig der vereinbarten
Summe gezahlt hatte, traf Welf VI. in Worms eine gleiche Abmachung
mit dem Kaiser und löste damit die Vereinbarung mit seinem Neffen
auf. Diese Wendung der Dinge brachte
Heinrich
den Löwen gegen seinen Vetter besonders auf.
Die bereits im Januar über Heinrich
verhängte Reichsacht wurde nun ausgesprochen und war damit wirksam.
Von nun an konnte jedermann den geächteten Herzog töten, ohne
sich verantworten zu müssen. Der Geächtete konnte sich nur aus
dem Bann lösen, wenn er sich innerhalb eines Jahres dem Gericht stellte
und sich dessen neuem Urteil unterwarf. Da das Nichterscheinen auch als
eine Mißachtung der königlichen Majestät gedeutet wurde,
weil Heinrich ja ein Lehnsmann des
Königs war, ließ Kaiser FRIEDRICH
zugleich auch als König bereits im Frühjahr 1179 neben dem landrechtlichen
auch das lehnsrechtliche Verfahren gegen seinen Vetter eröffnen. Aus
diesem Grunde waren die Verandlungen in Magdeburg nach dem Landrecht ebenso
wie nach dem Lehnsrecht erfolgt. Im landrechtlichen Verfahren fungierte
die Gesamtheit der deutschen Fürsten unter dem Vorsitz des Königs
als Kläger und Richter. Im lehnsrechtlichen Verfahren trat der Lehnsherr,
FRIEDRICH
I., als Hauptankläger gegen Heinrich
den Löwen auf. Dieses Verfahren konnte zur Aberkennung
jener Lehen führen, die Heinrich
vom Reich erhalten hatte.
In Magdeburg klagte insbesondere Markgraf Dietrich von
der Lausitz gegen Heinrich.
Dieser, so führte er aus, habe 1178 die Wenden zu einem Einfall in
die Nieder-Lausitz angestiftet. Die feindlichen Scharen seien über
die Oder bis zum Spreewald vorgedrungen und hätten erhebliche Verwüstungen
angerichtet. Der Markgraf bezeichnete das Verhalten von Herzog
Heinrich als "Verrat gegenüber
dem Reich". Er bot sich an, in einem Zweikampf mit Heinrich
die Wahrheit seiner Klage zu beweisen. Als Gerücht lief durch die
Reihen der Fürsten dieses Landtages die Vermutung, dass Heinrich
mit schwäbischen Fürsten konspiriere. Offen wurde diese Anklage
jedoch nicht vorgebracht.
Nach Ende des Reichstages blieb der Kaiser noch weiter
in Magdeburg. Hier zeigte er sich anläßlich der Prozession am
Tage Peter und Paul mit seiner Gemahlin und seinem 14-jährigen Sohn
HEINRICH
dem Volk im Schmucke der Kronen. Dies deutet daraufhin, dass FRIEDRICH
darauf bedacht war, seine königliche Herrschaft im Herzogtum Sachsen
besonders hervorzuheben. Wahrscheinlich war dies eine Gegenaktion zu der
Tatsache, dass sich sein Vetter seit langem bereits als "oberster Herrscher
in Sachsen" aufführte. In diesen Tagen stellte der Kaiser den Bistümern
Havelberg und Brandenburg Privilegien aus. Auf Bitten Heinrichs
des Löwen traf sich der Kaiser mit seinem Vetter in der
Nähe von Haldensleben. Hier versuchte Heinrich
seinen
Vetter zu beruhigen und dessen Zorn zu besänftigen. Aber selbst wenn
FRIEDRICH
dies gewollt hätte, die öffentliche Erklärung der Acht konnte
er allein nicht wieder rückgängig machen.
BARBAROSSA verlangte
eine Bußzahlung von 5.000 Mark, was Heinrich
ablehnte,
da sie ihm zu hoch erschien. Die beiden gingen ohne ein Ergebnis auseinander.
Heinrich
mußte
nun jener Vorladung Folge leisten, die er in bezug auf sein lehnsrechtliches
Verfahren erhalten hatte. Ort der neuen Verhandlung war die kaiserliche
Pfalz Kayna westlich von Altenburg. Auf dem Hoftag des Kaisers Ende Juli
1179 in Erfurt erhob auch Landgraf Ludwig von Thüringen Klage gegen
Heinrich
den Löwen, mit dem er sich bis dahin gut verstanden hatte.
Der zweite Gerichtstag gegen Heinrich
den Löwen in Kayna verstrich, ohne dass der Sachsen-Herzog
erschienen wäre. Aber er mißachtete nicht nur dieses Gebot,
sondern traf auch noch öffentlich gegen den Kaiser auf. Und zwar waren
einige Tage vor Beginn dieses Treffens Gunzelin von Schwerin und andere
Vasallen Heinrichs des Löwen
in Westfalen über Anhänger des Kaisers hergefallen und
hatten sie bei Osnabrück vernichtend geschlagen. In der Umgebung von
Soest verwüsteten andere Vasallen des Herzogs das Land. Sie steckten
das kölnische Medebach in Brand, und damit hatten sich diese Geplänkel
zu einem Krieg des Herzogs von Sachsen und Baiern gegen seinen König
und Kaiser FRIEDRICH BARBAROSSA ausgeweitet.
Die kaiserlichen Truppen marschierten nach Sachsen ein
und räumten in einigen herzoglichen Besitzungen auf. Im Gegenzug besetzte
Heinrich
Halberstadt, dessen Bischof Udalrich seiner Meinung nach der Urheber der
gegen ihn gerichteten Entwicklung sein mußte.
Am 23. September 1179 wurde Halberstadt fast völlig
eingeäschert, nachdem einer der Männer des Herzogs eine Hütte
in Brand gesteckt hatte und sich das Feuer bei dem starken Wind rasch ausbreitete.
Viele Bürger kamen dabei ums Leben. Der Bischof und seine Kleriker
wurden gefangengenommen, dazu eine Reihe Bürger der Stadt. Gerüchte
erreichten den Kaiser, sein Vetter Heinrich habe nichts dagegen
unternommen, dass seine Soldateska wehrlose Bürger tötete, Frauen
öffentlich die Kleidung vom Leibe riß, sie dann vergewaltigte
und die Häuser plünderte.
Heinrich beteuerte,
dass diese Greuel nicht von ihm beabsichtigt seien. Doch dies überzeugte
die Fürsten nicht, deren Haß gegen ihren großen Widersacher
nun keine Grenzen mehr kannte. Erzbischof Wichmann von Magdeburg zog Anfang
Oktober vor die Burg Haldensleben nordwestlich von Magdeburg, die
von Herzog Heinrich besonders gut ausgebaut
und besetzt worden war. Der Erzbischof von Köln sammelte ein Heer
von 4.000 Söldnern. Mit diesem Heer durchzog Erzbischof Philipp Westfalen
zum zweiten Mal, diesmal zur Unterstützung von Erzbischof Wichmann.
Dabei wurden alle Besitztümer des WELFEN
an denen dieses starke Aufgebot vorbeikam, geplündert. Das Faustrecht
griff im kölnischen Heer um sich, und nicht einmal Kirchen und Klöster
waren vor diesem erzbischöflichen Heer sicher. Haldensleben war nicht
nur das Ziel Wichmanns und Philipps. Auch Landgraf Ludwig von Thüringen
nahte mit 400 Rittern. Ihm schlossen sich andere Grafen und Fürsten
aus dem ostsächsischen Raum an. Doch die Belagerten hielten stand.
Sie steckten die Moore in der Umgebung der Burg in Brand. Die Glut fraß
sich bis ins Lager der Kaiserlichen durch und vernichtete alles Belagerungsgerät,
das nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden konnte. Heinrich der
Löwe ging jetzt zum Gegenangriff über und fiel in das von Truppen
entblößte Gebiet des Erzbischofs Wichmann an der Bode ein. Dort
wurde mit Feuer und Schwert alles vernichtet, was sich diesem sächsischen
Heerhafen in den Weg stellte oder auf dessen Weg lag. Die bischöfliche
Pfalz Calbe an der Saale wurde zerstört und alles Land bis an die
Elbe verwüstet.
Es gelang Heinrich,
sich der Wenden als seiner Werkzeuge zu bedienen, die in das gegnerische
Gebiet von Erzbischof Wichmann eindrangen und Jüterbog einäscherten.
Der Erzbischof mußte die Belagerung von Haldensleben aufgeben und
in seine Gebiete zurückeilen, um zu retten, was noch zu retten war.
Der herannahende Winter beendete die Belagerung von Haldensleben. Welfischen
Streitkräften
gelang es jedoch noch, die zum Bistum Halberstadt gehörende Festung
Hornburg südlich von Braunschweig zu zerstören. Die Söldner
des Erzbischofs von Köln wiederum verheerten auf ihrem Rückmarsch
zum Rhein alles, was sich auf diesem Rückzug vernichten ließ.
Der Kaiser war von Kayna aus nach Süden gereist
und hatte auf Mitte September 1179 einen Reichstag nach Augsburg einberufen.
Hier schwor
BARBAROSSA die süddeutschen
Fürsten auf ihre Treue zum Reich ein. Um Heinrich
hier im Süden in seinem Herzogtum Baiern und bei dessen Nachbarn die
Schau zu stehlen, blieb der Kaiser bis zum Jahresende im Süden und
pflegte engen Kontakt mit den dortigen Fürsten.
In Lüneburg feierte Heinrich
der Löwe das Weihnachtsfest 1179 mit allem Prunk, um klarzumachen,
dass die Acht ihn völlig kalt ließ. Er versprach dem in seiner
Haft befindlichen Bischof Udalrich von Halberstadt die Freiheit, wenn ihn
dieser aus dem Kirchenbann löse und die entzogenen kirchlichen Lehen
wieder verlieh. Udalrich ließ sich auf diesen Handel ein, erhielt
dafür seine Freiheit zurück und starb einige Monate darauf. Kaiser
und Papst erklärten seine in Lüneburg getroffenen Maßnahmen
für ungültig.
Mitte Januar 1180 versammelten sich die Edlen des Reiches
zum Reichstag in Würzburg. Dazu erhielt Heinrich
der Löwe die dritte Vorladung im lehnsrechtlichen Verfahren.
Auch diesmal erschien er nicht.
Von den versammelten Reichsfürsten und hohen kirchlichen
Würdenträgern wurde Heinrich der Löwe
seiner Reichslehen, der Herzogtümer Baiern und Sachsen, für verlustig
erklärt. Der Kaiser beschuldigte seinen Vetter in einer Urkunde der
Beraubung und der Minderung der Rechte der Adeligen und der Kirche. Als
Begründung für das Urteil wurde in dieser Urkunde die Weigerung
des Herzogs genannt, vor Gericht zu erscheinen, obgleich diese Vorladung
vom Kaiser und König ergangen war. Als er der Acht verfallen war,
habe
Heinrich sogar noch weiterhin
den Landfrieden gebrochen. Das Urteil und die Einziehung der Reichslehen
wurde besonders mit dem dauernden Ungehorsam gegenüber seinem Lehnsherrn
begründet.
Seiner beiden Herzogtümer beraubt, war Heinrich
der Löwe jedoch auch danach noch der Ansprechpartner der
sächsischen Fürsten. Sie schlossen nach ihrer Heimkehr vom Reichstag
zu Würzburg mit Heinrich einen
Waffenstillstand, der bis Ende April 1180 dauern sollte. Beide Seiten wollten,
dies schien klar, ihre Anstrengungen auf den bevorstehenden Krieg ausrichten
und ihre Waffen und Soldaten auffrischen.
Auf dem Reichstag zu Gelnhausen im April waren alle Gegner
Heinrichs
des Löwen versammelt. Es galt hier, die beiden Herzogtümer
Sachsen und Baiern an den Mann zu bringen. Von der Überlegung, beide
Herzogtümer zwei seiner fünf Söhne zu übertragen, war
BARBAROSSA
abgekommen. Das hätte die staufische Macht
so verstärkt, dass die Fürsten nicht damit einverstanden gewesen
wären. Anwesend waren auch Erzbischof Philipp von Köln und Erzbischof
Wichmann von Magdeburg.
Wie erwartet, wurde über die weitere Bestimmung
des Herzogtums Sachsen verhandelt. Man einigte sich darauf, Graf Bernhard
von Anhalt, den jüngsten Sohn Markgraf Albrechts von Brandenburg,
mit dem östlichen Teil des Herzogtums Sachsen zu belehnen. Der Kölner
und Paderborner Sprengel Sachsens wurde zu einem selbständigen
Herzogtum erhoben und Erzbischof Philipp von Köln zu seinem Herzog
ernannt.
In dem neuen, verkleinerten Herzogtum Sachsen erlaubte
der Kaiser den Kirchenfürsten, alle kirchlichen Lehen Heinrichs
des Löwen an sich zu nehmen. Mit dieser Maßnahme
ebenso wie mit der Teilung Sachsens wollte FRIEDRICH
I. vermeiden, dass noch einmal eine solche Macht- und Besitzanhäufung
stattfinden könne, wie sie Heinrich der Löwe
auf
sich vereinigt hatte. Die ASKANIER hatten nun eine sehr starke Stellung,
da neben dem neuen Herzog Bernhard von Anhalt auch der Markgraf von Brandenburg
aus ihrem Hause stammte und ihnen außerdem auf diesem Reichstag zu
Gelnhausen auch noch das Erzbistum Bremen-Hamburg zufiel. In der berühmten
Gelnhausener Urkunde, in welcher der Verlauf des Prozesses gegen Heinrich
dem Löwen verkürzt berichtet wird, wurden alle damit zusammenhängenden
Vorgänge von der kaiserlichen Kanzlei des Nachwelt überliefert.
Da bereits jetzt feststand, dass Heinrich der Löwe
seine
beiden Herzogtümer nicht freiwillig herausgeben würde, wurde
in Gelnhausen eine Reichsheerfahrt gegen ihn beschlossen. Sie sollte am
25. Juli 1180 beginnen. Landgraf Ludwig von Thüringen und andere sächsische
Fürsten sollten inzwischen die Reichsstadt Goslar vor einem Angriff
Heinrichs
des Löwen schützen.
In der Tat zog ein Heer Heinrichs
des Löwen Anfang Mai 1180 gegen Goslar, weil diese Stadt
ihm besonderen Gewinn versprach. Er wurde jedoch erwartet und abgewiesen.
Es gelang ihm dennoch, die Bergwerkseinrichtungen am Rammelsberg zu zerstören.
Auf seinem weiteren Zug ließ Heinrich
die Pfalzen Mühlhausen und Nordhausen niederbrennen und ein am Wege
liegendes Kloster ausplündern, das dabei ebenfalls in Flammen aufging.
Der neue Herzog in Sachsen, Bernhard, und Landgraf Ludwig
konnten Heinrichs Heerhaufen nahe der
Unstrut bei Weißensee stellen. Sie waren jedoch mit ihren Männern
der Schar Heinrichs unterlegen und erlitten am 14. Mai 1180 eine
schwere Niederlage. Landgraf Ludwig von Thüringen, der noch kurz vorher
durch
Kaiser FRIEDRICH I.
mit der sächsischen
Pfalzgrafschaft belehnt worden war, weil der vorherige Inhaber gestorben
war, geriet mit vielen seiner Ritter in Gefangenschaft und wurde von des
Löwen Truppen im Triumphzuge nach Braunschweig geschafft.
Um die gleiche Zeit fielen wendische Scharen in die Lausitz ein. Angeblich
waren sie auch diesmal von Herzog Heinrich dazu angestiftet worden.
Heinrich der Löwe feierte
in Braunschweig ein großes Fest, weil er den Kaiserlichen eine solche
gravierende Niederlage beigebracht hatte. Trotz des Verlustes von Westsachsen
hoffte Herzog Heinrich immer noch, dem Kaiser und dessen Heer widerstehen
zu können.
Auf dem Landtag, den Kaiser
FRIEDRICH Ende Juni in Regensburg hielt, verfiel Heinrich
der Löwe - weil er bis dahin keinen Versuch gemacht hatte,
sich aus der Acht zu lösen - der Aberacht. Diese war nicht
mehr rückgängig zu machen. Damit war der Sachsen-Herzog völlig
rechtlos und ehrlos gemacht und aller seiner Güter verlustig geworden.
Auf diesem Reichstag gelang es dem Bischof von Freising,
die Gunst der Stunde nutzend, die Genehmigung des Kaisers zum Wiederaufbau
der von
Heinrich dem Löwen zerstörten
Brücke über der Isar bei Föhring zu erlangen und den Platz
mit neuen Marktrecht zu versehen. Er forderte auch, die Brücke bei
München und den Markt wieder zu beseitigen. Dies allerdings konnte
der Kaiser nicht zugestehen, weil sich München bereits als neuer Marktflecken
gut entwickelt hatte.
Von Regensburg aus zog der Kaiser mit seinem schnell
zusammengerufenen Heer nach Sachsen. Er mußte die Reichsheerfahrt
gegen Heinrich den Löwen anführen.
In der versammelten Streitmacht befand sich der Erzbischof von Köln
als neuer Herzog von Westfalen. Der Bischof von Utrecht war mit mehreren
Vasallen und deren Männern gekommen. Auch Wichmann von Magdeburg war
mit seinen ihm untergebenen Bischöfen von Brandenburg, Merseburg und
Naumburg dabei. Der neue Erzbischof von Bremen sah ebenfalls in der Teilnahme
an der Hetzjagd auf den Löwen
eine Gelegenheit, sich beim Kaiser beliebt zu machen. Sein Bruder, Herzog
Bernhard von Sachsen, die wettinischen Brüder von Meißen, der
Lausitz, von Groitzsch und Brehna wollten ebenfalls nicht versäumen,
gegen ihren Urfeind zu ziehen und sich einen Happen aus dessen Besitzungen
zuwerfen zu lassen, sobald der Löwe niedergerungen war.
Der erste Angriff galt der WELFEN-Festung
Lichtenberg bei Wolfenbüttel. Anfang August 1180 konnte diese Festung
im Sturm erobert werden. Am 15. August hielt der Kaiser auf der Pfalz Werla
einen Hoftag. Hier wurden mit Zustimmung aller Teilnehmer ein Spruch verkündet,
der Heinrich seiner Anhänger berauben sollte:
Alle Anhänger Heinrichs
des Löwen sollten vom Kaiser begnadigt werden, sofern sie
sich bis zum 11. November 1180 unterwarfen. Wer dieser huldvollen Aufforderung
nicht nachkomme, verliere wegen des damit gezeigten offenen Ungehorsams
alle seine Güter. Das war ein Druckmittel, dem sich kaum einer zu
widersetzen wagte.
Ein paar Tage darauf wurde Halberstadt erreicht. Die
Stadt war vor ein paar Jahren von einem verheerenden Brand heimgesucht
worden und befand sich gerade im Stadium des Wiederaufbaus. Sie ergab sich.
Um Goslar vor Heinrich zu
schützen, warf der Kaiser Truppen dorthin. Die Ruine Harzburg
wurde instand gesetzt und von kaiserlichen Truppen besetzt.
Eine günstige Folge der kaiserlichen Verkündigung
von Werla zeigte sich darin, dass eine Reihe von Rittern und Edlen, die
bis dahin zu Heinrich gehalten hatten,
nun von ihm abfielen und ihre Burgen und Festungen den Kaiserlichen übergaben.
So fielen FRIEDRICH I. ohne einen Schuß
Lauenburg,
Heimburg und Regenstein zu. Anfang September, nur drei Wochen
nach Verkündigung dieses Dekrets, konnte Kaiser
FRIEDRICH I. in Werla das Heer auflösen lassen, weil sich
beinahe alle Parteigänger Heinrichs des Löwen ergeben
hatten.
Er selbst zog mit seinem Gefolge nach der Burg Altenberg
an der Pleiße. Hier hielt er Hoftag und belehnte Otto von Wittelsbach
mit dem Herzogtum Baiern.
Für Heinrich den Löwen
war
es eine sehr bitteren Erfahrung, dass er nun von vielen seiner Lehnsleute
im Stich gelassen wurde. Er zog mit seinen Truppen nach Norden, weil er
hier mehr Treue und Beistand zu finden hoffte. Dort rächte er zunächst
den Wortbruch des jungen Grafen Adolf von Holstein, indem er dessen Burg
Plön in Besitz nahm. Die Mutter des Grafen, die Segeburg verteidigte,
ergab sich rechtzeitig, als ihr Brunnen ausgetrocknet war; Heinrich
ließ
die Herzogs-Mutter und deren Begleitung frei. Im weiteren Verlauf des Rachezuges
konnte Herzog Heinrich einige Erfolge erzielen. Im Süden des
Herzogtums war einer seiner berüchtigsten Vasallen am Werke: Bernhard
von der Lippe, der das Gebiet des Erzbischofs von Magdeburg verwüstete.
Obgleich FRIEDRICH I.
nun unterbrochen im Lande umherzog und ihm mehr und mehr Grafen zuliefen,
ihm ihre Burgen übereigneten und sich ihm unterwarfen, mußte
der Kaiser zu Ende dieses Jahres in Erfurt die bedrückende Bilanz
ziehen, dass er einen zweiten Heerzug gegen seinen Vetter unternehmen mußte,
wenn er diesen endgültig zur Einsicht in das Unvermeidliche bringen
wollte.
Vor allem galt es, seinen Neffen, Landgraf Ludwig von
Thüringen, und dessen Bruder, die von Heinrichs
Truppen
gefangengenommen waren und noch immer im Kerker schmorten, zu befreien.
Heinrich der Löwe
hatte inzwischen auch Ratzeburg erobert. Er baute Plön und Segeberg
stark aus und schien damit in diesem Raum sicher vor kaiserlichen Truppen.
Bernhard von der Lippe plünderte weiter im Raum Magdeburg. Erzbischof
Wichmann mußten handeln. Er entschloß sich zum Angriff auf
die WELFEN-Festung Haldensleben.
Diesmal suchte er die Burg durch eine Überschwemmung zu Fall zu bringen.
Er ließ um die Burg herum mächtige Dämme errichten. Einer
davon versperrte den Abfluß der Ohre, der zweite Damm staute das
Wasser in der Umgebung der Festung. Dieser Plan gelang; Haldensleben stand
unter Wasser, und die Bürger mußten in die Dachbalken ihrer
Häuser emporklettern, um keine nassen Füße zu bekommen.
Doch unter dem Druck der Wassermassen brach schließlich der Damm
zusammen, und das Wasser floß ab. Der Jubel in der Festung fand bald
ein Ende, denn Erzbischof Wichmann ließ neue und höhere Dämme
errichten. Die Wassermassen stiegen höher und höher und überfluteten
die Festung. Der Hilferuf der Verteidiger von Haldensleben an den Löwen
verhallte ungehört. Am 3. Mai 1181 mußte sich Bernhard von der
Lippe ergeben. Der Erzbischof gewährte ihnen freien Abzug. Danach
wurde Haldensleben eingeäschert und niedergerissen.
Als auch der Dänen-König
Waldemar I. sich einem persönlichen Hilferuf Heinrichs
des Löwen an ihn versagte,
schien dessen Schicksal besiegelt. Der Kaiser war im ersten Halbjahr 1181
in S-Deutschland darum bemüht, Ritter und Knappen für den neuen
Feldzug gegen seinen Vetter zusammentrommeln.
Mitte Juni versammelte sich das vom Kaiser aufgebotene
Heer im Raume südlich Braunschweig. In einer Kriegsberatung entschloß
sich
FRIEDRICH I., Braunschweig nicht
anzugreifen, da es zu stark befestigt schien. Er ließ lediglich einen
Teil seiner Streitmacht nahe Braunschweig zur Bewachung der Stadt zurück,
damit ihm von dort nicht Truppen Heinrichs
in den Rücken fallen konnten.
Mit dem großen Heer, indem sich erstmals auch Streitkräfte
aus Heinrichs ehemaligen Herzogtümern
Baiern und Sachsen befanden, zog FRIEDRICH I.
durch
die Lüneburger Heide nach Lüneburg. Die dort sitzenden thüringischen
hohen Gefangenen sollten befreit werden. Aber
Heinrich
hatte diese einige Zeit vorher bereits nach Segeberg verlegen lassen. Lüneburg
wurde von Heinrichs Gemahlin
Mathilde
gehalten. Sie ließ FRIEDRICH
I. wissen, dass Lüneburg zu ihrem Heiratsgut gehöre
und er gefälligst die Stadt unbehelligt lassen möge. FRIEDRICH
I. befolgte diese Bitte und zog nach dem benachbarten Bardowick,
wo er gut aufgenommen wurde.
Plön und Segeburg waren stark befestigt. Heinrich
konnte hier sicher sein. Er ließ darüber hinaus auch Lübeck
in Verteidigungszustand versetzen. Die Besatzung von Ratzeburg aber meuterte
und übergab sich den Kaiserlichen.
Heinrich ritt mit seiner Truppe zur Artlenburg,
seiner wichtigsten Festung an der Elbe. An diesem Platz westlich von Lauenburg
befand sich der günstigste Übergang über den Fluß;
die Kaiserlichen wußten dies natürlich auch. Deshalb war Heinrich
bemüht,
ihn rechtzeitig zu sperren. Aber die dortige Besatzung ließ ihn im
Stich, und als er keine Möglichkeit sah, die Burg selber zu verteidigen,
ließ er sie einäschern, um sie nicht in die Hände des Feindes
gelangen zu lassen. Von den Kaiserlichen verfolgt, gelang ihm in einem
Nachen die Flucht über die Elbe. Mit seinem Gefolge entkam er nach
Stade.
FRIEDRICH I. setzte
an dieser Stelle über die Elbe und hatte bald darauf Lübeck erreicht.
Hier gaben er und der dänische König
Waldemar I. die Verlobung ihrer Kinder miteinander bekannt.
Herzog
Friedrich von Schwaben, der Sohn FRIEDRICHS
I., sollte eine Tochter
Waldemars
heiraten.
In Lübeck belehnte der Kaiser auch den pommerschen
Fürsten Bogislaw und den Abodriten-Fürsten Niklot von Werle mit
ihren Ländern. Damit anerkannten diese beiden die Oberherrschaft des
Reiches auch in ihrem Herrschaftsbereich an, der von der Insel Rügen
bis zur Weichsel reichte, während der Kaiser die beiden Fürsten
als Reichsfürsten anerkannte.
Lübeck war von der Land- und Seeseite belagert,
denn nun lief auch der ehemalige Freund Heinrichs
des Löwen,
König Waldemar
I. von Dänemark, mit einer Flotte in die Trave ein und
legte sich dort vor die Stadt. Heinrich hatte seinen besten Führer
dorthin kommandiert, während er selber in Stade weilte, das er ebenfalls
stark befestigen ließ. Lübeck kapitulierte schließlich,
als Heinrich der Löwe den Verteidigern
keine Hilfe mehr versprechen konnte. Am 10. August zogen die Kaiserlichen
in Lübeck ein.
Nach dem Fall von Lübeck unterwarfen sich in rascher
Folge auch jene Burgen und Ortschaften nördlich der Elbe, die bis
dahin noch unter Heinrich dem Löwen gekämpft
hatten. Heinrich selber gab ebenfalls
den Kampf auf und erwirkte von seinem Vetter den freien Durchzug zu seiner
Gemahlin nach Lüneburg. Der Kaiser räumte das nördliche
Sachsen und entließ einen Großteil des Heeres Anfang September
in den braunschweigischen Raum. Als er sich kurz darauf in Goslar aufhielt,
trafen hier sein thüringischer Neffe, Landgraf Ludwig, und dessen
Bruder ein. Heinrich
hatte sie aus freien Stücken freigelassen. Von Lüneburg aus unternahm
Heinrich
dann noch weitere Versuche, den Kaiser zur Milde zu stimmen.
Ende September 1181 kam es auf dem Gerichtstag zu Quedlinburg
zu einer neuen Verhandlungen über Heinrich
den Löwen. Diesmal hielt es Heinrich für geraten,
selber zu erscheinen. Doch schon bald lag er wieder in Streit mit seinem
Nachfolger, Herzog Bernhard. Die Verhandlung wurde für November auf
den Reichstag zu Erfurt vertagt.
Am 16. November 1181 begann dieser Reichstag. Heinrich,
der offiziell keinen Zutritt mehr hatte, wurde dennoch zugelassen, weil
man eine Anzahl sächsischer Fürsten erwartete. Heinrich
warf
sich seinem Vetter zu Füßen und erflehte Gnade. Der Kaiser hob
Heinrich
auf
und bot ihm den Friedenskuß. Dennoch konnte er nichts weiter für
ihn tun, denn die Fürsten, die abzustimmen hatten, verdonnerten den
Löwen zur Verbannung für die Dauer von mindestens
drei Jahren aus dem Reich.
Er sollte außerdem ohne die besondere Erlaubnis
des Kaisers nie wieder zurückkehren dürfen. Alle seine Reichslehen
und Eigengüter sowie sämtliche Rechte und Würden wurden
ihm auf Lebenszeit abgesprochen, wie dies in den gegen ihn ergangenen Urteilssprüchen
verbal bereits geschehen war. Lediglich den Besitz seiner Allodien (erbeigenen
Familienbesitze) in Braunschweig und Lüneburg konnte der Kaiser seinem
Vetter erhalten.
Heinrich schwor,
dass er das Reich verlassen werde. Er entsagte feierlich aller Würden,
Lehen und Gütern. Damit war ein weiteres Kapitel in der Geschichte
der
WELFEN und
STAUFER
abgeschlossen. Der
STAUFER war Sieger
geblieben. Doch das letzte Wort sollte noch nicht gesprochen sein. Heinrichs
zusammengetragene Gebiete wurden wieder geteilt und teilweise den ursprünglichen,
zum anderen Teil den neuen Besitzern übereignet. Die Angelegenheiten
der zahlreichen kleinen Grafschaften, die Heinrich an sich gerissen
hatte, waren nicht so leicht zu klären. In Erfurt wurden auch die
neuen Besitzer der Erbteile Heinrichs des Löwen
auf
den Kaiser eingeschworen und darauf vereidigt, dass sie künftighin
Frieden halten würden. FRIEDRICHS
Autorität war erheblich gewachsen. Der Preis dafür war ein zerstückeltes
Sachsen und eine geschwächte Grenze im Osten.
Heinrich der Löwe
verließ am 25. Juli 1182 in Begleitung seiner Gemahlin, zweier Söhne
und einer Tochter das Reich. Ein dritter Sohn blieb als Geisel in Deutschland
zurück. Der WELFE
zog mit großem
Gefolge an den Hof seines Schwiegervaters in der Normandie.
Heinrich
II. stattete ihn mit reichlichen Mitteln für die eigene
Hofhaltung aus.
Herzog Bernhard von Sachsen regierte gleich zu Beginn
seiner Herrschaft unglücklich. Er geriet mit Graf Adolf II. von Holstein
in Streit. In seinem Herzogtum Sachsen breitete sich Unruhe aus. Willkür
war an der Tagesordnung. Dann drohte ihm sogar der Verlust des Gebietes
nördlich der Elbe, nachdem Adolf von Holstein mit Gunzelin von Schwerin
und weiteren Herren die herzogliche Lauenburg an der Elbe zerstörte.
Dem Kaiser gelang es, im Dezember 1182 zu Merseburg diese
Streitigkeiten beizulegen. Graf Adolf von Holstein mußte eine Buße
zahlen und die Lauenburg wieder aufbauen.
Im September 1184 begab sich Erzbischof Philipp von Köln,
der ja den westlichen Teil Sachsens, Westfalens, erhalten hatte, im Auftrag
des Kaisers zum englischen König Heinrich
II. Dort sollte Philipp die Heirat einer Kaisertochter mit dem
englischen Thronerben vorschlagen. Mit dieser Heirat wiederum wollte
FRIEDRICH I. sicherstellen, dass es zu keiner Koalition zwischen
Frankreich und England kam.
Bei der Unterredung mit dem Erzbischof brachte Heinrich
II. auch das Schicksal seines Schwiegersohnes, des Herzogs
Heinrich der
Löwe, auf die Tagesordnung und erlangte dessen Rückkehr
und die Restitution; das geschah vor allem im Interesse seiner Tochter
Mathilde
und seiner Enkelkinder.
Die Einigung erfolgte dahingehend, dass Heinrich
der Löwe auf das Herzogtum
Westfalen Verzicht leisten sollte. Dafür versprach Erzbischof Philipp,
dass der Rückkehr des Geächteten nichts mehr in den Weg gelegt
werde.
Während seines Aufenthaltes in Verona empfing
Kaiser FRIEDRICH I. die Gesandtschaft des englischen Königs.
Er erklärte den Gesandten, dass er nichts gegen die Rückkehr
seines Vetters einzuwenden habe. Heinrich II.
war
über diesen Ausgang hocherfreut und bedankte sich bei
FRIEDRICH
I. und dem Papst.
Die letzten Jahre eines Löwen
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Heinrich der Löwe
kehrte aus dem Exil zurück und nahm in Braunschweig Wohnung. Er wurde
1188 nach Goslar entboten, wo der Kaiser einen Hoftag abhielt. Hier stellte
FRIEDRICH
I. seinen Vetter vor die Alternative, entweder an dem neuen
von ihm geplanten Kreuzzug teilzunehmen oder endgültig auf einen Teil
seiner Besitzungen bei der Rückgabe einiger anderer zu verzichten.
Er konnte aber auch erneut drei Jahre ins Exil gehen. Damit war er allerdings
für die Zeit der Abwesenheit des Kaisers außer Gefecht gesetzt.
Heinrich
der Löwe entschied sich für
das Exil.
Er mußte das Reich noch vor dem Aufbruch des Kreuzzugsheeres
verlassen. FRIEDRICH blieb die gesamte
2. Hälfte des Jahres 1188 in Sachsen. Er schaffte Ordnung, stiftete
Vergleiche unter einander verbündeter Fürsten und Grafen und
verlieh einigen großen Ortschaften die Markt- und Stadtrechte.
Noch im Jahre 1188 wurde das Magdeburger Stadtrecht aufgezeichnet,
das sich zum wichtigsten Mutterrecht für die Städte aufgezeichnet,
das zum wichtigsten Mutterrecht für die Städte im Osten wurde.
So unter anderem für Breslau, Posen, Allenstein, Königsberg,
Minsk, Krakau, Lemberg und Kiew.
In Hagenau versammelte Kaiser
FRIEDRICH I. im Frühjahr 1189 neben seinen fünf Söhnen
Friedrich,
HEINRICH,
Konrad,
Otto
und
PHLIPP
auch die Ritter und Fürsten.
Noch während die Vorbereitungen zum Kreuzzug getroffen wurden, verließ
Heinrich
der Löwe
im April 1189 das Reich und zog erneut zu seinem
Schwiegervater an den englischen Hof. Seine Gemahlin Mathilde
sollte zurückbleiben. Sie starb bereits am 28. Juni 1189 in Braunschweig.
Während sich der Kaiser auf dem Kreuzzug befand,
war Heinrich der Löwe im Oktober
1189 nach Sachsen zurückgekehrt. Er wollte die Abwesenheit des Kaisers
nutzen und seine Besitztümer zurückgewinnen.
König HEINRICH, ein Sohn BARABAROSSAS,
der die Regentschaft im Reich während dessen Abwesenheit übernommen
hatte, sagte ihm auf dem Reichstag in Merseburg im Oktober 1189 den Kampf
an. Aber mit der Unterstützung durch Erzbischof Hartwig II. von Bremen
konnte Heinrich zahlreiche feste Plätze in Sachsen unter seine
Herrschaft bringen. Das reiche Bardowick ließ er niederbrennen, weil
ihm die Tore nicht geöffnet worden waren. An dem erhalten gebliebenen
Dom wurde später die Inschrift "Vestigium leonis - die Spur des Löwen"
angebracht. Lübeck gelangte wieder in seinen Besitz. Segeberg konnte
sich erfolgreich verteidigen. Der einfallende Winter verhinderte einen
Kriegszug des Regenten
HEINRICH gegen
Heinrich
den Löwen. FRIEDRICH I. ertrank
am 10. Juni 1190 im Flusse Saleph, den heutigen Göksu mehri, in Kleinasien.
Als die Nachricht von seinem Tode Deutschland erreichte, schien für
Heinrich
dem Löwen noch einmal die Sonne der Hoffnung, sein Reich
wieder aufzurichten und sich seinem toten Widersacher überlegen zu
zeigen. Doch der Löwe hatte seine Reißzähne verloren.
Ihm ging es nun nur noch um den Wiedererwerb und die Sicherung seiner Besitzungen
für seine Kinder.
Im Juli 1190 traf er mit König
HEINRICH in Fulda zusammen, wo sich der Reichsfeind Heinrich
der Löwe mit dem König verglich. Herzog
Heinrich verpflichtete sich, die
Befestigungen von Braunschweig und Lüneburg schleifen zu lassen. Um
seine Friedensbereitschaft zu untermauern, stellte der
Löwe seine beiden Söhnen
Heinrich und Lothar als Geiseln. König
HEINRICH VI.
überließ dem solcherart friedenswilligen
Löwen
die Hälfte der Reichseinkünfte von Lübeck
als königliches Geschenk.
HEINRICH VI.,
Sohn
Kaiser FRIEDRICHS I. und seiner
Frau
Beatrix, der seit 1169 deutscher
König war, hatte die Regierung im Reich im Auftrage seines Vaters
geführt. Nach dessen Tod regierte er als Alleinherrscher, und nachdem
er sich mit
Heinrich dem Löwen verglichen
hatte, zog er nach Italien und zwang Papst Coelestin III. dazu, ihn am
15. April 1191 in Rom zum Kaiser zu krönen.
Bereits vor seinem Treffen mit Heinrich
dem Löwen war er anstelle seines verstorbenen Onkels Wilhelm
II. von Sizilien im Januar 1191 in Palermo zum sizilianischen
König gekrönt worden.
Heinrich der Löwe begehrte
ein letztes Mal 1191 und 1192 auf und versuchte, das Steuer noch einmal
herumzureißen und seine verlorenen Herzogtümer zurückzugewinnen.
Doch dieses Unternehmen war zum Scheitern verurteilt, als einige seiner
Vasallen und Mitkämpfer von ihm abfielen.
Im Jahre 1194 kam es dann auf der Pfalz Tilleda zu einer
Aussöhnung zwischen dem Löwen und Kaiser
HEINRICH VI., nachdem Heinrichs
ältester
Sohn, der spätere Pfalzgraf Heinrich, mit der Tochter Agnes
des Pfalzgrafen Konrad
aus dem STAUFER-Hause die
Ehe einging.
Auf der Reise zu einem weiteren Treffen mit
Kaiser HEINRICH VI. stürzte Heinrich
der Löwe im Harz schwer vom Pferd und wurde lebensgefährlich
verletzt. Sein letztes Lebensjahr verbrachte er auf dem Krankenlager in
Braunschweig. Mit dem Tode des Löwen
am 6. August 1195 in Braunschweig schien der Streit für immer
geschlichtet und das Erbe des Löwen verloren.
Das Herzogtum
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Grundlagen Heinrichs des Löwen
waren in den verschiedenen Teilen des Landes noch ganz verschieden, ohne
dass es unter Heinrich dem Löwen
bereits zu einem Ausgleich auf der Ebene der Landeshoheit kommen konnte.
Die stärkste Stellung hatte Heinrich der
Löwe im Osten Sachsens. In den von ihm eroberten
Gebieten östlich der Elbe herrschte er souverän und übte,
gestützt auf die vom Reich abgeleitete markgräfliche Gewalt und
die ebenfalls vom Reich verliehene Verfügungsberechtigung über
die Kirche, eine nahezu unbeschränkte Staatsgewalt aus, ohne dass
er hier ein großes Eigengut besaß.
Anders war die Lage im Herzogtum Sachsen zwischen Weser
und Elbe. Hier verfügte Heinrich als
Erbe der großen sächsischen Geschlechter über Grafschaften,
Kirchenvogteien und andere öffentlich-rechtliche Herrschaftsgrundlagen
über ein zwar nicht zusammenhängendes, aber stellenweise doch
dicht beieinander gelegenes Eigengut.
Dieses ballte sich insbesondere in den Stammlanden seiner
früheren Inhaber zusammen:
das billungische im Lüneburgischen und an
der mittleren und oberen Weser,
das brunonische und süpplinburgische
im nördlichen Harzvorland,
das northeimische, winzenburgische und
katlenburgische an der oberen Leine und in N-Thüringen.
Zu diesem Eigengut gehörte eine zahlreiche Dienstmannschaft
von mehr als 300 ritterlichen Familien. Alles dies stellte die Herrschaft
Heinrichs
des Löwen zwischen Weser und
Elbe auf eine starke, sichere Grundlage. So ist denn auch dieses Gebiet
mit den Mittelpunkten Lüneburg, Braunschweig und Northeim als Kernraum
der Machtstellung
Heinrichs des Löwen anzusehen.
Westlich der Weser fehlte es dem Löwen-Herzog
an einer ähnlich geschlossenen Machtgrundlage. Hier waren die Grafschaften
und Vogteien im Besitz anderer Geschlechter. Lediglich die Diözese
Minden und Paderborn waren in seiner Hand. Als Herzog von Sachsen konnte
Heinrich
der Löwe aber auch hier das militärische Aufgebot
des Landes ausrufen und führen, Landtage abhalten, das Geleit an den
Heeresstraßen ausüben und den Landfrieden wahren. Als Herzog
war er darüber hinaus oberster Richter nächst dem König.
Diese herzoglichen Rechte übte Heinrich auch
und vor allem gerade in Westfalen aus.
Durch den Ausdehnungsdrang fühlten sich die benachbarten
Fürsten bedroht und bedrückt. Dies gilt vor allem für die
Erzbischöfe von Köln, Bremen und Magdeburg, die ASKANIER (bis
1170 durch Albrecht den Bären vertreten), die sächsischen Pfalzgrafen,
die hessisch-thüringischen Landgrafen, die Bischöfe von Halberstadt,
Hildesheim und Münster sowie eine Reihe der vom Reich belehnten großen
Grafen Westfalens. Alle diese Gegner haben sich mehrfach gegen Heinrich
zur Wehr gesetzt, oftmals in Koalitionen, derer
Heinrich
nur Herr wurde, indem sich der Kaiser hinter ihn stellte.