Spindler Max: Seite 336-339
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"Handbuch der bayerischen Geschichte"

Sein Sohn Heinrich X. der Stolze, folgte ihm ohne Schwierigkeiten im bayerischen Herzogtum nach, er hat im Gegensatz zu seinem Vater sogleich die Waffen gegen den STAUFER ergriffen. Im Jahre 1127 belagerte er gemeinsam mit seinem Schwiegervater LOTHAR das von den STAUFERN besetzte Nürnberg, das als Reichsbesitz von den STAUFERN zurückgefordert worden war. Die Belagerung blieb zwar erfolglos, aber LOTHAR gab Nürnberg als Lehen an Heinrich den Stolzen aus, so dass die Stadt 1130 bei der Übergabe an Bayern fiel. Im Jahre 1129 unternahm Heinrich der Stolze einen allerdings mißglückten Anschlag auf Friedrich von Staufen in Zwiefalten, und im gleichen Jahr noch unterstützte er König LOTHAR beim Kampf um Speyer. 1134 waren dann wieder bayerische Truppen unter Heinrich dem Stolzen maßgeblich an den Kämpfen gegen die STAUFER in Schwaben beteiligt, die zur Unterwerfung der beiden staufischen Brüder Friedrich und KONRAD führten. Heinrich X. der Stolze blieb auch in Bayern nicht ohne Opposition. Zwar gelang es ihm im Jahre 1128, den mächtigen Markgrafen Diepold von Vohburg durch eine Ehe mit der Tochter Heinrichs des Schwarzen auf die Seite König LOTHARS zu bringen, aber dafür hatte er jahrelang mit der Feindschaft der Grafen von Bogen zu kämpfen. Der Herzog hatte den Grafen Friedrich von Bogen aus dem einträglichen Amt eines Vogtes der Regensburger Kirche verdrängt, das war der Beginn offener Fehde. Nach längerer Belagerung konnte der Herzog Friedrichs Burg Falkenstein erobern. Bald darauf errang der Bogener wieder einen Erfolg; er setzte beim Tode Bischof Kunos von Regensburg im Jahre 1132 die Wahl des ihm befreundeten Heinrich von Wolfratshausen durch und erscheint bald darauf wieder im Besitz der Vogtei. Daraufhin griff Herzog Heinrich nicht nur die Besitzungen der Regensburger Kirche an, sondern auch die der Wolfratshausener, zunächst die im Inntal gelegenen, dann Wolfratshausen selbst. Bei der Belagerung dieses Ortes zog ein Entsatzheer heran, in dem sich neben zahlreichen Grafen auch Markgraf Liutpold III. von der Ostmark befand, der mit dem Wolfratshausener Grafen in einem allerdings nicht erkennbaren Grad verwandt war. Ehe es jedoch zur Schlacht kam, hatte der Pfalzgraf Otto von Wittelsbach einen Ausgleich vermittelt.
Da das Jahr 1135 mit dem auf einem Reichstag in Bamberg verkündeten allgemeinen Landfrieden und mit der Unterwerfung der staufischen Brüder eine noch weitergehende Entspannung brachte, konnte LOTHAR 1136/37 einen neuen Italienzug durchführen. An diesem beteiligten sich auch die Bayern mit einem stattlichen Aufgebot, und ihr Herzog Heinrich X. der Stolze führte eine der beiden Heersäulen, die ihren Weg durch Tuszien bis nach Bari nahm. Bei dieser Heeresabteilung befand sich auch Papst Innocenz II., der während des Zuges mit dem Bayernherzog mehrere Zusammstöße hatte. Dennoch erhielt Heinrich der Stolze bei dieser Gelegenheit die Markgrafschaft Tuszien und das früher an LOTHAR übertragene private Gut der Mathilde von Tuszien aus der Hand des Kaisers.
Als LOTHAR von Supplinburg auf der Heimkehr vom Italienzug am 3. Dezember 1137 in Breitenwang bei Reutte in Tirol starb, übergab er seinem bei ihm befindlichen Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen die Reichsinsignien und designierte ihn zu seinem Nachfolger. Er mochte glauben, ihm auch über die ausdrückliche Willenskundgebung hinaus den Weg zum deutschen Thron auf jede nur erdenkliche Weise geebnet haben: durch die Verleihung des sächsischen zu seinem bayerischen Herzogtum hinzu sowie durch die Vereinigung reichen Privatbesitzes in Sachsen, Bayern und Tuszien in seiner Hand. Mag es nun diese ungewöhnliche Machtkonzentration in seiner Hand gewesen sein, sich dehnend "von Meer zu Meer, von Dänemark bis Sizilien", oder aber die persönliche Unbeliebtheit des WELFEN, seine "nota superba", die die übrigen Fürsten von seiner Wahl abhielt - der WELFE erhielt die Königskrone jedenfalls nicht. Die Königswahl des STAUFERS KONRAD III., die der Erzbischof Adalbero von Trier mit Hilfe einer geschickten Taktik durchsetzte, wurde für die deutsche wie für die bayerische Geschichte von gleich entscheidender Bedeutung. Es war damit die Möglichkeit vergaben, dass sich in Deutschland noch einmal ein auf einer breiten Machtgrundlage ruhendes starkes Königtum entwickeln konnte: statt eine tragfähige Grundlage für eine welfische Königsherrschaft abzugeben, wurde die in der Hand dieses Geschlechtes befindliche Machtkonzentration zur schwersten Gefährdung für ein vergleichsweise schwaches staufisches Königtum. Ebenso wurde in Bayern die stetige Entwicklung unter einer immer fester im Land verwurzelnden Dynastie dadurch zugunsten einer neuen Rivalität zwischen BABENBERGERN und WELFEN unterbrochen.
Heinrich X. der Stolze scheint anfangs gewillt gewesen zu sein, den Kampf um die Krone aufzunehmen, bewogen durch die zunächst schwankende Haltung des bayerischen Metropoliten, des Erzbischofs Konrad von Salzburg aus dem bayerischen Geschlecht der Abensberger südwestlich Regensburg. Erst als dieser gegen ihn Stellung nahm, lieferte Heinrich der Stolze die in seinem Besitz befindlichen Reichsinsignien aus, erhielt aber dafür offenbar unter Bruch der ihm gemachten Versprechungen dennoch keines der Reichslehen zurück. Im August 1138 wurde ihm auf einem Reichstag in Würzburg Sachsen, im Dezember des gleichen Jahres in Goslar auch Bayern abgesprochen. Sachsen erhielt Albrecht der Bär, Bayern im Frühjahr 1139 der BABENBERGER Markgraf Luitpold IV. Der BABENBERGER, 1136 unter Umgehung seiner beiden älteren Brüder Adalbert und Heinrich Markgraf der bayerischen Ostmark geworden, war ein Halbbruder KONRADS III.: ihrer beider Mutter war die salischeKaiser-Tochter Agnes.
Der abgesetzte WELFE scheint sich die besseren Chancen zum Widerstand in Sachsen ausgerechnet zu haben, hierhin wandte er sich, um den Kampf aufzunehmen; er starb aber bereits im Oktober 1139.