2.Sohn des Königs Philipp
III. von Frankreich
aus dem Hause der KAPETINGER
aus seiner 1. Ehe mit der Isabella von Aragon,
Tochter von König Jakob I.
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2061
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Philipp IV. der Schöne (‚le Bel‘), König von
Frankreich 1285-1314
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* 1268, + 29. November 1314
Fontainebleau Fonrainebleau
Sohn von Philipp III. dem Kühnen und Isabella von Aragon
oo 1284 Johann von Navarra, die ihm Champagen und Navarra in die Ehe brachte
Auf dem Gebiet der Außenpolitik beendete Philip
IV. der Schöne rasch den verhängnisvollen Aragon-Kreuzzzug,
auf dem sein Vater verstorben war (Vertrag von Anagni, 1295). Gegenüber
dem König von England, dem er Beginn seiner Regierung den Lehnseid
abgefordert hatte, verfolgte Philipp IV. eine
Politik, die als Vorspiel des Hundertjährigen Krieges gelten kann:
Er ließ die Guyenne besetzen (1294-1299), doch folgte 1303 (im Vertrag
von Paris) nochmals eine Wiederherstellung des Friedens. - Der bedeutungsvollste
Konflikt entspann sich in Flandern. Der König ergriff die Partei des
reichen städtischen Patriziats gegen den Grafen
Gui III. von Dampierre, der nach einer Allianz mit dem König
von England strebte, bei diesem aber auf nur laue Gegenliebe stieß.
1297 marschierte das königliche Heeresaufgebot in die Grafschaft Flandern
ein, die konfisziert und okkupiert wurde. Doch erschlugen die aufständischen
Flamen die französischen Besatzer (Mette von Brügge, 17./18.
Mai 1302). Das nach Flandern entsandte französische Heer wurde in
der 'Goldsporenschlacht' bei Kortrijk (11. Juli 1302) von den flämischen
Stadtmilizen vernichtet. Philipp IV. der Schöne
verstand es aber, durch persönliche Tapferkeit in der Schlacht von
Mons-en-Pevele (18. August 1304) seine Ehre wiederherzustellen. Die Durchführung
der Friedensbestimmungen von Athis (Juni 1305) vollzog sich freilich schleppend
(Abtretung der Kastellaneien Lille, Douai und Bethune, sogenannte 'transport
de Flandre', durch Graf Robert von Bethune, 1309). Dreimal noch wurden
königliche Heere gegen Flandern eingesetzt (1312,1313,1314), eine
dauerhafte Regelung der Beziehungen aber nicht erreicht. - An der Grenze
zum Imperium erreichte die königliche Politik die Abtretung der Freigrafschaft
Burgund durch Otto IV. (März 1295). Der Widerstand des Adels der Franche-Comte
verebbte jedoch erst, als der König von Frankreich mit dem deutschen
und römischen KönigALBRECHT
I. VON HABSBURG ein Bündnis schloß (1299). Der
Graf von Bar leistete für seine links der Maas gelegenen Territorien
('Barrois mouvant') dem König von Frankreich den Lehnseid (1301).
Die Souveränität des KAPETINGERS
wurde auch in Viviers und Lyon anerkannt (1307). Trotz des Scheiterns der
Kandidatur Karls von Valois auf den
deutschen und römischen Thron (1308) blieben die Beziehungen zum Imperium
während der Regierung Philipps IV. im
wesentlichen entspannt.
Dagegen war das Verhältnis zwischen Philipp
IV. dem Schönen und Papst
Bonfatius VIII. von schwersten Konflikten belastet. Als sich der
König 1296 zur Besteuerung des französischen Klerus anschickte,
reagierte Bonifatius VIII. mit der Dektretale "Clericis laicos",
die das Verdikt jedweder Besteuerung des Klerus ohne Zustimmung des Papstes
artikulierte. Allerdings lenkte der Papst in den Bullen "Romana mater"
(Februar 1297) und "Etsi de statu" (Juli 1297) in gewissem Umfang wieder
ein. Eine neue Krise wurde 1301 provoziert durch den Prozeß gegen
den Papstanhänger Bernard Saisset, Bischof von Pamiers, der des Verrats
angeklagt war. Der Papst erließ die Bulle "Ausculta fili" (Dezember
1301), die die Rechte des Heiligen Stuhles gegenüber den weltlichen
Regierungen definierte und die französischen Bischöfe zu einem
Konzil aufrief. Der König und seine Räte, allen voran Guillaume
de Nogaret, entfachten gegen diese päpstliche Forderung einen vehementen
Propagandafeldzug. Demgegenüber bekräftigte der Papst in der
Bulle "Unam sanctam" (November 1302) seinen theokratischen Anspruch. Auf
einer Versammlung (März 1303) forderte daraufhin die königlich-französische
Partei die Absetzung des Papstes und seine Aburteilung durch ein Konzil.
In dieser dramatisch zugespitzten Situation reisten wichtige Ratgeber des
Königs nach Italien (Nogaret, Thierry d'Hirecon, Jacques de Jasseins,
'Mouche'); das "Attentat von Anagni" (7. September 1303) führte zur
Gefangennahme und Mißhandlung des Papstes; nach dessen Tod (11. Oktober
1303) ebbte die Auseinandersetzung jedoch ab. Während der Pontifikate
Benedikts
XI. (1303-1304) und insbesondere Clemens' V. (1305-1314) war
das Verhältnis zwischen französischem Köngtum und Papsttum
im wesentlichen ausgeglichen.
Der letzte schwere Konflikt, der Frankreich während
der Regierung Philipps IV. des Schönen erschütterte,
war die Zerschlagung des Templerordens. Im Oktober 1307 wurde die Verhaftung
der Templer durchgeführt, der Orden nach langem Prozeß 1312
auf dem Konzil von Vienne durch Clemens V. aufgehoben. Auf dem Gebiet
der Innenpolitik ist auch das gesopannte Verhältnis zwischen König,
Häretikern und Ketzerinquisition im Languedoc zu erwähnen; es
wird durch die Affäre um die Verfolgung des Franziskaners Bernard
Delicieux illustriert.
Philipp IV. der Schöne
gilt oft als "Falschmünzerkönig". In der Tat erfolgten
während seiner Regierung mehrere Münzverschlechterungen. Doch
ist hierbei zu unterscheiden zwischen Sanierungsmaßnahmen des Währungssystems,
das bereits von beginnender chronischer Instabilität der Wirtschaft
geschwächt war, und den kurzfristigen finanziellen Bedürfnissen
des Königs. Die Vertreibung der Juden (1306), die gegen die Lombarden
verhängten Maßnahmen (121,1311), aber auch die Versuche, dem
Klerus Steuern aufzuerlegen, waren bedingt durch akute Notlagen, infolge
der gestiegenen finanziellen Bedürfnisse des Staates.
Die Persönlichkeit Philipps
IV. des Schönen hat die französische Historiographie
in starkem Maße beschäftigt. Eine strittige Frage war stets,
ob er selbständig handelte oder vielmehr die Regierung weithin den
'Legitimisten' und anderen Vertrauten überließ. Der Meinungsstreit
wurde durch die Zeugnisse von Zeitgenossen genährt. So äußerte
sich der scharfzüngige Bernard Saisset höchst negativ über
Philipp
IV. den Schönen: "Das ist weder ein Mensch noch eine Bestie,
das ist eine Statue", um noch hinzuzufügen: "Unser König gleicht
dem Uhu, dem prächtigsten der Vögel, der aber zu nichts nutz
ist. Er tut nichts anderes, als die Menschen anzustarren, ohne ein Wort
zu reden". In der Tat ließ der König die Geschäfte durch
Leute, denen er sein Vertrauen schenkte, erledigen. Gleichwohl hatte er
ein hohes Bewußtsein von seinem ihm durch die Königsweihe übertragenen
Königtum und war durchdrungen von der Würde der KAPETINGER-Dynastie,
in enger Anlehnung an seinen Vater und namentlich seinen Großvater,
Ludwig
den Heiligen. Auch wenn er die Abwicklung
der politischen Geschäfte an andere delegierte, schaltete er sich
bei Bedarf in der entscheidenden Phase ein. Er stand niemals abseits, verfolgte
vielmehr wachsam die wichtigen Aktenvorgänge, um dann, gestützt
auf die Vorbereitungen seiner Helfer, Entscheidungen zu treffen. Die Kriegfürung
delegierte er zumeist an seinen Bruder oder den Connetable, konnte aber
auch durch persönliche Tapferkeit beeindrucken. Er frönte seiner
Jagdleidenschaft, war aber zugleich ein guter Familienvater und seiner
Gemahlin zugetan. Seine starke Frömmigkeit nahm gegen Ende seines
Lebens bigotte Züge an; durch seine rigorose Haltung während
des Ehebruchskandals um die Schwiegertöchter des Königs gefährdete
er die Erbfolge der Monarchie.
Philipp IV. der Schöne
darf keineswegs als König, der nicht regiert hat, angesehen werden.
Seine Konzeption des Regierens war vielmehr eine eher moderne, was oft
nicht nur bei den Zeitgenossen, sondern auch bei den Historikern Unverständnis
hervorrief. Seine epochale Regierung vollzog sich im entscheidenden Augenblick
des Wiederaufstiegs des Staates, genährt vom Geist des römischen
Rechts, und der Ausbildung der großen Verwaltungsinstitutionen des
modernen Staates.
Pernoud Regine: Seite 11-29
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"Die Kapetinger"
Zu dieser Territorialmacht gesellte sich die Stabilität
einer Dynastie, die nicht das mindeste Anzeichen von Degeneration zeigte.
Den Beinamen
Philipps, "der Schöne",
(1285-1314)trug auch der jüngste seiner Söhne,
Karl;
sein zweiter Sohn Philipp V. (1316-1322)
erhielt den Beinamen "der Lange", er war demnach von hochgewachsener
Gestalt. Der voraussichtliche Thronerbe, Ludwig
X. (1314-1316), wurde Le Hutin genannt, was etwa soviel
wie unruhiger Geist oder Zänker bedeutet, in jedem Fall ein
Mensch voller Leben.
Nichts an der Regierung Philipps
des Schönen
war menschlich erklärbar, und das gilt
auch für seine Person. Nach und nach wurde er in einem Maße
unbeliebt, dass, als er mit 46 Jahren starb, sein Sohn zu Zwangsmaßnahmen
greifen mußte, um die Abhaltung von Gedenkgottesdiensten durchzusetzen.
Von allen Augenzeugen wurde er als groß und schön beschrieben,
mit einem Blick, den man mit dem eines Raubvogels verglich, und einem vollständig
kalten, unbewegten Gesichtsausdruck, der niemals auch nur die geringste
Andeutung eines Gefühls ahnen ließ. "Er ist kein Mensch, er
ist eine Statue", hieß es von ihm. Joinville, ein Zeuge dreier Regierungen,
richtete bereits 1303, als er seien Memoiren verfaßte, drohende Worte
an Philipps Adresse: "Er, der gegenwärtig
König ist, soll sich in acht nehemen..."
Im Jahre 1289 wurde die Universität Montpellier
gegründet; man lehrte dort Römisches Recht. Später, im Jahre
1312, entstand in Orleans eine weitere Schule für Römisches Recht,
das bis dahin nur in Italien, vor allem in Bologna und Neapel, gelehrt
worden war. Diese Dinge sind von Bedeutung, denn im Gegensatz zu seinen
Vorgängern umgab sich Philipp der Schöne
mit Rechtsgelehrten, Kennern des Römischen Rechts, das zum Feudalrecht
in diametralem Gegensatz stand. Ein Wilhelm von Nogaret, ein Wilhelm von
Plaisians, die faktisch die Staatsgeschäfte leiteten, ein Pierre Dubois
und ein Pierre Flote, alles Vertreter des Römischen Rechts, träumten
nur von der Wiederherstellung eines römischen Staatsbegriffs, einer
autoritären Zentralgewalt, und nährten diesen Traum mit Formulierungen
aus den Digesten und dem Justinianischen Codex: "Der französische
König ist Kaiser in seinem Reich... Sein Wille hat Gesetzeskraft..."
Es schwebte ihm gar eine universelle Monarchie vor, und damit standen
sie vollends im Widerspruch zu den Sitten, zum Geist und zur Mentalität
der Feudalzeit. Hier mag letztlich der Grund für die zahllosen Konflikte,
Dramen und Kriege liegen, die diese Regierung im Innern und nach Außen,
auf religiösem wie auf administrativem Gebiet, zur unruhevollsten
in der Geschichte Frankreichs gemacht haben.
Mit England hatte Ludwig der
Heilige Frieden geschlossen. Durch seine Politik war er sogar
zum Schiedsrichter zwischen dem englischen König und seinem Baronen
geworden. Philipp der Schöne dagegen
brach einen Krieg vom Zaun, für den kein Historiker bisher eine einleuchtende
Erklärung gefunden hat. Er bemächtigte sich Guyennes unter dem
Vorwand eines Streites unter Seeleuten, für dessen Beilegung die lokale
Gerichtsbarkeit völlig ausgereicht hätte. Letztlich setzte er
sich jedoch nicht durch, und nach fünf Jahren mußte er das Gebiet
wieder abtreten, für das der englische König den Lehnseid niemals
verweigert hatte.
In Flandern war Ludwig der Heilige
einst als Schiedsrichter in Familienstreitigkeiten aufgetreten, was die
Lage in der Grafschaft nicht unerheblich kompliziert hatte. Philipp
der Schöne dagegen ließ sich auf kriegerische Aktionen
ein und unterstützte die reiche Bourgeoisie der Tuchmacher gegen das
niedere Volk. Verlierer aber war zum erstenmal die französische Ritterschaft,
die 1302 bei Courtrai vernichtend geschlagen wurde. Die Weber, die Walker,
die "Leute mit den blauen Fingernägeln", welche unter der Unterdrückung
durch die vom König unterstützten Großhändler zu leiden
hatten - sie alle trugen in ihrem Kampf mit Eisenstangen gegen die Reiterei
einen gänzlich unerwarteten Sieg davon. Der Krieg gegen Flandern zog
sich in unheilvollen Etappen fast über die gesamte Regierungszeit
Philipps
des Schönen hin und endete in der Annexion der Burgvogteien
Lille, Douai und Orchies - eine magere Beute, die im übrigen sechs
Jahre später das Reich des mächtigen Herzogs von Burgund vergrößern
sollte.
Auf religiösem Gebiet hatte Ludwig
der Heilige eine entschlossene Haltung gegenüber dem Heiligen
Stuhl eingenommen, dessen Einfluß im 13. Jahrhundert übermächtig
wurde und der sich nicht scheute, die geistliche Macht in den Dienst menschlicher
Belange zu stellen. Philipp der Schöne
richtete zahllose, zum Teil völlig unbegründete Angriffe gegen
die Kirche und ihre Vertreter, so in der Affäre um Bernard Saisset,
Bischof von Pamiers, oder um Guichard, Bischof von Troyes. Besonders mit
seinem ihm mit Leib und Seele verschworenen Berater Nogaret führte
Philipp
der Schöne einen erbitterten Kampf gegen Papst Bonifatius
VIII., der in den dramatischen Ereignissen von Anagni gipfelte, an
denen möglicherweise Nogarets Freund Sciara Colonna nicht unbeteiligt
war. Auch nach dem Tod des Papstes ging der Kampf weiter; er richtete sich
nun gegen sein Andenken und selbst gegen seinen Leichnam, den man ausgraben
und verbrennen wollte, um die Asche in alle Winde zu streuen. Philipp
der Schöne gab sich nicht eher zufrieden, als bis er Bertrand
de Got, Clemens V., einen Papst bestimmt hatte, der erste, der,
wie man weiß, in Avignon residierte.
Dieser Papst, der sich nur den Segnungen der Kirche wirklich
verbunden fühlte, machte sich schließlich trotz gewisser Widerstände
zum Werkzeug des Königs im Kampf gegen die Templer. Philipp
der Schöne diskreditierte diesen militärischen Orden
mit den niedrigsten Anschuldigungen wie Blasphemie, Sodomie, Ketzerei usw.
Das Ziel seiner Angriffe war mit Bedacht gewählt; mit dem Fall von
Saint-Jean d'Acre, der letzten Bastion des Oströmischen Reiches, hatten
jene ihre Popularität eingebüßt, die trotz ihrer auch von
ihren Feinden anerkannten Tapferkeit diesen Verlust nicht zu verhindern
vermochten. Man warf den Templern ihren Reichtum vor, ihre Arroganz und
ihre Erfolglosigkeit. Über diese Anklagen hinaus preßte man
ihnen durch Folterungen Schuldbekenntnisse ab, die die meisten von ihnen
später widerriefen. Diese harten Verfolgungen waren indessen nur die
französischen Templer ausgesetzt; überall sonst im Abendland
war man von ihrer Unschuld überzeugt. Dennoch setzte Philipp
der Schöne bei dem ihm ergebenen Papst 1312 die Abschaffung
des Ordens durch. Nach dem Todesurteil gegen den Großmeister der
Templer, Jacques de Molay, und seinen Gefährten Geoffroy de Charnay,
die im Angesicht des Scheiterhaufens noch einmal die Reinheit und Unschuld
des Ordens beschworen, verbreitete sich verständlicherweise die Legende,
sie hätten den Papst und den König aufgefordert, vor Gottes Gericht
zu erscheinen. Beide starben im übrigen nicht lange nach der Verbrennung
der beiden Templer (18. März 1314); der Papst nur zwei Monate später,
der König am 29. November desselben Jahres.
Um das Gesamtbild abzurunden, blieben noch andere Schattenseiten
zu erwähnen. Das Volk in der auf die Größe fast des gesamten
Reiches erweiterten Domäne Philipps stöhnte
unter der Last der Steuern. Die Verwaltung erhielt ihren Sitz an einem
festen Ort und wurde damit schwer zugänglich für jene, die an
die Gerechtigkeit des Königs appellieren wollten. Besonders markant
war schließlich jenes obskure und die gesamte Dynastie entehrende
Drama, als der König seine drei Schwiegertöchter festnehmen ließ.
Margarete
und
Blanka
von Burgund wurden des Ehebruchs mit zwei Rittern, Philippe
und Gautier d'Aunay, bezichtigt und die dritte,
Johanna,
der Komplizenschaft mit ihnen. Und hier betritt eine Gestalt die Bühne,
über die noch wenig bekannt ist: Philipps
eigene Tochter
Isabella, von den Engländern
"die französische Wölfin" genannt. Sie war mit demenglischen
König Eduard II. verheiratet,
den sie am 21. September 1327 mit der Beihilfe ihres Geliebten, des berühmten
Mortimer, unter schrecklichen Umständen zu Tode brachte, nachdem sie
ihn zur Abdankung gezwungen hatte. Jene Isabella,
deren ungeheuerliche Handlungsweise im gesamten Abendland Ärgernis
erregte, war es auch, die die drei Schwiegertöchter ihres Vaters bei
ihm anklagte. Man mag sich fragen, inwieweit die Psychoanalyse in der Lage
wäre, die verborgenen Triebfedern dieser dramatischen Regierung aufzudecken.
Bei seinem Tod hinterließ Philipp
der Schöne leere Schatzkammern. Sein erster Ratgeber, Enguerrand
de Marigny, wurde gehängt, die anderen, ebenso unbeliebt wie er, wurden
fast ausnahmslos ins Gefängnis geworfen, und ihr Besitz wurde konfisziert.
Philipps
drei Söhne starben nacheinander und hinterließen keine Erben,
bis auf den ältesten, Ludwig X.,
dessen nachgeborener Sohn Johann I. nur
vier Tage am Leben blieb. Philipp selbst
hatte mit seiner letzten Ordonanz im Novemeber 1314 die Frauen von der
Thronfolge ausgeschlossen. Hier liegt der Ursprung des nur allzu berühmten
"Salischen Gesetzes", mit dem im Grunde die Theologen der Pariser Universität
dieses gänzlich neue und für die Feudalzeit beispiellose Verbot
rechtfertigten, das die Frauen von der Ausübung der Macht ausschloß.
Die Wirren des Hundertjährigen Krieges waren ebnso eine Folge dieser
Bestimmungen wie auch der feindlichen Haltung der Söhne Philipps
des Schönen gegenüber dem englischen König, dem
Sohn Isabellas, jener "französischen
Wölfin".
Die Dynastie der KAPETINGER
erlosch, als am 31. Januar 1328 König Karl
IV. im Alter von 34 Jahren starb, ohne einen Erben zu hinterlassen.
Und doch entsproß diesem starken Stamm nicht nur die Dynastie der
VALOIS,
die auf die KAPETINGER folgte, sondern
auch 300 Jahre später die der BOURBONEN,
die mit König Heinrich IV. auf
den Thron gelangte, dem Nachkommen eines Sohnes Ludwigs
des Heiligen, Robert von Clermont,
Herzog
von Bourbon durch seine Gattin Isabella. Als die Zeit der
BOURBONEN zu Ende ging, gab man - eine überraschende Rückwendung
in die zu jener Zeit doch kaum bekannte Geschichte - den Namen CAPET
dem letzten Repräsentanten der traditionellen Monarchie, dem unglücklichen
Ludwig XVI.
Verwandtschaft mit Johanna von Navarra
Ludwig VIII. König von Frankreich
5.9.1187-8.11.1226
oo Blanka von Kastilien
4.3.1187-27.11.1252
--------------------------------------------------------------------------
Ludwig IX. König von Frankreich
Robert Graf von Artois
25.4.1214-25.8.1270
4.9.1216-8.2.1250
oo Margarete von Provence
oo Mathilde von Brabant
1221-20.12.1295
1224-23.9.1267
---
---
Philipp III. der Kühne König von Frankreich
Blanka von Artois
3.4.1245-5.10.1285
um 1248-2.5.1302
1. oo Isabella von Aragon
1. oo Heinrich III. König von Navarra
1243-28.1.1271
um 1240-27.7.1274
---
---
Philipp IV. der Schöne --------------------
oo -------------------- Johanna von
Navarra
7 Kinder:
Margarete
1288- nach 1294 (1300)
Ludwig X. der Zänker
4.10.1289-5.6.1316
Blanka
1290- 1314
Philipp V. der Lange
1291-3.1.1322
Isabella
1292-27.8.1357
25.1.1306
oo Eduard II. König von England
25.4.1284-22.9.1327
Karl IV. der Schöne
1295-1.2.1328
Robert
1297- 8.1308
Literatur: Verlag
Traugott Bautz www.bautz.de/bbkl
-----------
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Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Fußnote
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im Europa des Mittelalters. Verlag W. Kohlhammer 2003 Seite 162,168-170,173,177-180,182,
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Wittelsbacher auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München
1997 Seite 12,34,43,56,83,117 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger.
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Ehlers
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Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
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241,244,250,252,254,265,294,305 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter.
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im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart
1989 Seite 118,170,201,228,245,247,251,256,260,262-266,268-271,275-280,
282,285,295,297,300,311,334,356 - Herde Peter: Karl I. von Anjou.
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Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer
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Seite 9,80 A.,158,172,176,178,185,187-190, 192,194,197 A.,198 A.,201-204,210,211
A.,220 A.,222 A.,223,224 A.,225-228,230, 232-234,236,239, 242, 244-246,250,
252,255-258,262,263 A.,265,269-276,278-281, 287 A.,293 A.,294,304,324,342
A.,350 A.,357,364,369 A.,392,400 A.,401 A.,411,421,466 A.,467,474,496,528,535,547,549
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Kapetinger. in: Die großen Dynastien. Karl Müller Verlag1996
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330,354,359,360,373,376,378,401,410,416,429,432,434,435,437,438,441,461,462,466,469,470,474,
476,481,482-483,489,490,495,496,501,504,508,517 - Runciman, Steven:
Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck
München 1978, Seite 1178-1181,1206,1209-1213,1214, 1218,1261 - Schnith
Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien
Köln 1997 Seite 273-275, 287 - Sippel Hartwig: Die Templer.
Geschichte und Geheimnis. Amalthea Verlagsbuchhandlung Wien München
1996 Seite 86,207,208,219,211,215-221,227-229,231,235,291, 295,299,303,316
- Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada
bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg
1996 Seite 14,19,132,141,143,148,171,174 - Tuchmann Barbara: Der
ferne Spiegel. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995 Seite 38,44,50
- Vones Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter
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1993 Seite 119,140,154 - Wenck Karl: Philipp der Schöne von
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Verlags-Buchhandlung 1905 -