Tochter des Herzogs
Hermann I. Billung von Sachsen
Althoff Gerd: Seite 398
***********
"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"
G 52
Lü: 25.5. Mathild com + 1008 Tochter Hermann Billungs
Mathilde, die Tochter
Hermann
Billungs, heiratete in 1. Ehe um 950 Graf Balduin III. von Flandern.
Zu den Einträgen von Angehörigen dieses Grafenhauses
im Lüneburger Necrolog siehe Kommentar G 32 und Seite 58.
Nach dem schon 962 erfolgten Tod ihres 1. Gemahls (vgl.
Vanderkindere, La formation territoriale, S. 293) heiratete sie Gottfried
von Verdun. Ein Sohn aus dieser Ehe, Gozelo, erscheint ebenfalls im
Lüneburger Necrolog, vgl. Kommentar H 10.
Belege ihres Todesdatums bei Bork, Billunger, S. 111.
MATHILDE
-----------------
+ 1008
1. oo Balduin III. Graf von Flandern
+ 962
2. oo Gottfried, Graf von Verdun
+ 1005
12. Mathilde (+ 1008)
---------------------------
Als Tochter Hermanns sind uns die mehrfach in
den ältesten Quellen genannten Gräfinnen Mathilde und
Suanhilde bekannt. Zwar wird in einer späteren Chronik (Chron.
Piet.) [1 Chron. Pict. Leibnitz SS. Necr. Br. III, Seite 311ff.
In der Chron. princ. Sax. (SS. XXV, Seite 472ff.) wird dagegen keine der
beiden Töchter genannt.] nur Mathilde als solche erwähnt,
doch zeigen schon die Aussagen über sie, wie unsorgfältig der
Verfasser in Bearbeitung seines Stoffes vorging. Mathilde, heißt
es dort, sei zuerst mit dem englischen König
Wilhelm
verheiratet gewesen und sei später als Witwe eine zweite Ehe mit dem
Grafen
Arnulf von Flandern eingegangen [2
Irrtümlich gibt
auch Cohn in seinen Stammtafeln (Nr. 221) Mathilde als Witwe
Arnulfs
des Großen von Flandern an, während er sie dann in Tafel
225 richtig als Gemahlin Balduinseinsetzt.],
dessen Sohn Balduin gerade gestorben war. Wie verfehlt diese Angaben
sind, wird aus der folgenden Untersuchung einwandfreier Quellen deutlich
werden.
Welche der beiden Töchter die ältere war, läßt
sich nicht bestimmen. Beide waren zweimal verheiratet und gewannen aus
jeder ihrer Verbindungen Nachkommenschaft.
Die wichtigsten für Mathilde in Fragen kommenden
Nachrichten können wir einigen älteren flandrischen Chroniken
entnehmen, während der Sächsische Annalist nur zum Jahre 1037
die kurze Notiz bringt, daß in der Nähe von Lothringen die Mark
des Herzogs Gozelo gelegen sei, der ein Sohn Gottfrieds und
Mathildens,
der Tochter des Sachsen-Herzogs Hermann, bzw. einer Schwester des
Herzogs
Bernhard und des Grafen Liudger, sei [3 Annalista
Saxo SS. VI, Seite 681.]. Diese Nachricht finden wir bestätigt in
der Fortsetzung der Aufzeichnung Sigeberts von Gembloux, in dem Auctarium
Affligenense [4 Sig. Auct. Afflig. SS. VI, Seite 399 zu 1005 "qui
dux viduam relictam Baldewini comitis qui erat filius Arnulfi
magni marchionis."], das unter anderem zahlreiche Nachrichten aus
den Annales Blandinienses verwandte. Letztere gelangten auch in die späteren
flandrischen Chroniken, in denen uns ähnlich berichtet wird, daß
Mathilde,
nachdem ihr Gemahl Balduin III. von Flandern, der Sohn Arnulfs
des Großen, gestorben war, den Grafen Gottfried
geheiratet
habe [5 Geneal. com. Flandr. SS. IX, Seite 305f zu 962 "Arnulfus
Magnus genuit Balduinum, qui iuvenis morbe variolae obiit et
apud S. Bertinum sepelitur. Hic duxerat filiam Herimanni ducis Saxonum
Mathildem, ex quia genuit Arnulfum,
Mathildes vidua relicta
nupsit Godefrido duci de Enham, ex quo suscepit tres filios, Gozelonem
ducem, Godefridum, Hezelonem." Dazu L. Halphen und F. Lot Rec. des
Actes de Lothaire et louis V rois de Frances, Paris 1906, Seite 58 Anmerkung
1.].
In den Annales Blandinienses findet sich zu dem Jahr
962 der Tod Balduins angegeben, und höchstwahrscheinlich ist
die dort im geringen Abstand folgende Angabe zu dem Jahr 1008 "...ob.
Mathildis
comitissa" auf den Tod seiner einstigen Gemahlin, der späteren
Gattin Gottfrieds, zu beziehen [1 Ann. Bland. SS. V, Seite
25 "962 ob. Baldwinus filius Arnulfi marchisi et soror
eius Liutgardis" und ebd. auch die oben angeführte Angabe von
Mathildes Tod, einige Zeilen weiter.]. Das Kloster war der Familie
Arnulfs von Flandern besonders verbunden, und außerdem begegnet
uns dort unter den damals führenden Geschlechtern keine zweite
Gräfin
Mathilde. Ihr Todestag findet sich im Necr. S. Mich. Lun. beim 25.
Mai eingezeichnet [2 Wedekind Noten III, Seite 39 "Mathild
com.".].
Bei Eingehung der ersten Ehe waren sowohl Mathilde,
wie auch der Graf Balduin, ihr Gemahl, noch jung an Jahren, denn
es heißt in der Quelle bezeichnenderweise "Qui ad legitimam perveniens
aetatem, Domine concedente ac patris voluntate accepit conjugem nobilitatis
suae condignam, nomine Mathildem, filiam nobilissimi principis vocabule
Herimanni[3
Witgers
Geneal. SS. II, Seite 304]." Balduin starb dann sehr früh -
im Jahre 962 - an den Blattern [4 Siehe oben Seite 110 Anmerkung
5.] und hinterließ einen Sohn namens Arnulf.
Da Arnulf sich anscheinend schon um 968 etwa vermählte [5
Pfister,
Robert le Pieux Seite 44, vgl. Köpke-Dümmler, Jbb Otto I. Seite
380 Anmerkung 3. Pfister führt als Beleg die Ann. Kln. min. SS. V,
Seite 19 an, wo es zu den Jahren 950-962 heißt "Arnulfus iunior
uxorem duxit filiam Beregeri
regis Susannam."],
könnte er ungefähr in den ersten Jahren nach 950 geboren sein.
Balduin
wird bei seinem Tode als "juvenis" bezeichnet [6 Siehe oben Seite
110 Anmerkung 5.], und auch Mathilde muß noch verhältnismäßig
jung gewesen sein, da aus ihrer vermutlich bald darauf mit Gottfried
eingegangenene
Ehe noch fünf Söhne hervorgingen. Sie könnte etwa zwischen
935 und 945 geboren sein und hätte dann ein recht hohes Alter
erreicht, das heißt sie wäre also im Jahre 1008 als hohe
60-erin etwa gestorben. Arnulf II. von Flandern, der Sohn ihrer
ersten Ehe, heiratet die Tochter König Berengars
II. von Italien,
Rozela,
später Susanna
genannt, die ihm
einen Sohn Balduin
schenkte und am 13. Dezember (oder 7. Februar) 1003 als verstoßene
Gattin König Roberts von Frankreich
starb [1 Pfister Seite 46 gibt den 7. Februar 1003 an. Das Jahr
ist den Ann. Klnon. min. SS. V, Seite 19 und den Ann. Bland. SS. V, Seite
25 zu entnehmen. Den Todestag entnimmt Pfister - ich zweifle, ob mit Recht
- einem Epitaph, das ein Mönch aus dem 14. Jahrhundert überlieferte
(bei de Smet, Chron. Flandr. I, Seite 273 f abgedruckt), in dem es
von ihr heißt "...Occidit ante dies septem mensis Februari, trans
animam superis occaque, terra, tibi...", während es im Necr. S.
Mich. Lun., Wedekind Noten III, Seite 95 zum 13. Dezember heißt "Susanna
regina..." Auch Köpke-Dümmler, Jbb. Otto I. Seite
380 setzen als ihr Todesdatum den 13. Dezember 1003 ein.]. Ihr Todesdatum
ist insofern für uns bemerkenswert, als ihr Name auch im Lüneburger
Necrologium erscheint und daran festgestellt werden kann, wie die Beziehungen
nach Sachsen noch gepflegt wurden [2
Siehe Anmerkung 1.].
Der zweite Gatte Mathildes, Graf Gottfried
von Verdun und Eenham, ist als der Bruder des Erzbischofs Adalbero
von Reims in den Briefen Gerberts mehrfach erwähnt und auch Mathilde
ist als seine Gattin dort genannt [3 Lettres de Gerbert, hrsg. von
J. Havet, up. 50 und 51 Seite 47f.]. Die Angaben über die der Ehe
der beiden entsprossenen Söhne und Töchter sind nicht ganz einheitlich.
Die Geneal. com. Flandr. Bert. spricht nur von den Söhnen Gozelo,
Gottfried
und Hezelo [4 Geneal. com. Flandr. SS. IX, Seite 305f., vgl.
Seite 109 Anmerkung 5.], und Ähnliches können wir einer Grabschrift
der Gräfin Mathilde entnehmen, die freilich recht spät
sein dürfte [5 KG. Poet. V, 2 Seite 299. Eine zeitliche Einordnung
dieses nach Streckers Ansicht wahrscheinlich fiktiven Epitaphs war nicht
möglich. Er zitiert Locrius "Anno 1009 moritur
Machtildis Balduini
tertii Flandriae comitia coniux atque Arnulphi iunoris mater
iacetque in Blandinensi monasterio iuxta b. virginis altare cum eius modi
epitaphio: Si quis scire cupit, hoc cuius membra sepulcro claudantur, claro
colligat hoc titulo. Machtildis quarta Flandrina est haec comitissa
Herimannique ducis filia Saxoniae. Coniux Balduini iuvenis,
sed post Godofredi Ardenne comitis atque Eenhain domini, legitimo
sociata thoro fuit et generavit tres illi natos pernitidos iuvees,
Godefridam
et Gotolonem Eteloemous iuncta fortas magnifico S. Vanne in
Verdun stammenden Epitaph in Hexametern ist ebenfalls vorhanden und von
Strecker in den MG Poet. V, 2, Seite 299 zitiert. Ein Prosaepitaphium für
Mathilde in St. Vanne führt Mabillon, AA. SS. c.s.B. 6,1 Seite 166
an.]. Nun müßten aber nach Aussage der Gesta ep. Virdunensis
- der älteste hierfür in Frage kommenden Quelle - aus Mathildes
Ehe nicht drei, sondern fünf Söhne hervorgegangen sein, die in
der Reihenfolge Adalero (Bischof von Verdun 984-991), Friedrich
(Graf zu Verdun), Hermann (Graf von Eenham, später Mönch),
Gottfried
(Herzog von Nieder-Lothringen, gestorben 1023) und Gozelo (Herzog
von Nieder-Lothringen, später Herzog beider Lothringen, gestorben
1044) [6 Gesta ep. Virdun. SS. IV, 48 (vgl. Hirsch, Jbb. Heinrichs
II. Band 1 Seite 334 Anmerkung 2). Der Verfasser schrieb zwischen 1046
und 1088 (siehe Waitz SS. IV, Seite 38), während die Genealog. com.
Flandr. Bert., auf die die anderen Genealogiae com. Flandr. zurückgehen,
erst um 1111 verfaßt ist. Vgl. auch Hugo von Flavigny SS. VIII, Seite
370.].
Anläßlich des Todes Adalberos ist auch
noch einmal von seinem Vater, Gottfried von Verdun, die Rede [1
In
den Gest. ep. Vird. c. 6 (SS. IV, Seite 47) heißt es "Adalberonis
corpus ab Italia delatum a fratre suo comite Frederico, positam
est in aecclesia sua in choro sanctae Mariae..." und c. 9 "pater
vero eorum (Hermanns und Friedrichs) tradidit Borracum
atque Forbacum"; Hugo von Flavigny (SS. VIII, Seite 370) schreibt dazu
II, 8 "Godefridus comes pater Borracum dedit, inde relato filio
suo ab Italia Adalberone episcopo, cum eum parentes ejus in aecclesia
S. Vitoni sepeliri mardasscat, ..."], während uns dieser in den
späteren Jahren nicht mehr in den Quellen begegnet. Auch eine Angabe
über sein Todesjahr findet sich nirgends. Da man sich nicht einig
ist über die genaue Zeit der Bischofstätigkeit Adalberos
und über die Zeit seines Todes - Hauck nennt das Jahr 988 [2 Hauck,
K.G. III, Seite 993.], Parisot 990 [3 Parisot, Seite 381f.], Hirsch
und Waitz 991 [4 Hirsch, Jbb. Heinrichs II. Band 1 Seite 334 Anmerkung
2 und Waitz SS. IV, 47 n. 45.], so ist das von Hirsch für den Tod
Gottfrieds
als terminus post quem bezeichnete Jahr 991 [5 Siehe Anmerkung
4.] auch kein sicherer Anhaltspunkt, obgleich es auf einem Todesvermerk
in den Ann. Necr. Fuld. [6 Ann.Necr. Fuld. SS. XIII, Seite 206.
Die späten Ann. S. Vit. Virdun. SS. X, Seite 526 geben dagegen das
Jahr 990 an.] zurückgeht. Im Necr. S. Virdunense ist Adalberos
Tod unter dem 18. April angegeben [7 Necr. Virdunense S. Vitoni,
hg. von E. Sacker im Neuen Archiv der Gesellschaft für die deutsche
Geschichte XV, 1890 Seite 128.], während Gottfrieds Tod auf
den 4. September fällt [8 Nach der von Strecker, MG Poet. V,2,
Seite 299 abgedruckten Grabschrift auf den Grafen Gottfried.], so
daß für des letzteren Tod, sofern die Fuldaer Angabe von 991
stimmt, die Zeitspanne vom 18. April 991 bis zum 4. September (?) 1007
in Frage käme. Letzteres entnehmen wir der oben schon erwähnten
Grabschrift auf seine Gattin
Mathilde (+ 25. Mai 1008), aus der
hervorgeht, daß sie ihren Gatten in der Marienkapelle von St. Peter
in Blandinium bestattet hat [9
Siehe oben Seite 112 Anmerkung 5.].
961
1. oo Balduin III. Graf von Flandern
940-1.1.962 (starb an Blatttern)
963
2. oo Gottfried Graf von Verdun
935/40- nach 995
Kinder:
1. Ehe
Arnulf II. Graf von Flandern
961/62-30.3.987
Liutgard
-
2. Ehe
Gozelo Herzog von Nieder-Lothringen
ca 970-19.4.1044
Gottfried Herzog von Nieder-Lothringen
- nach
11.8.1023
Hermann Graf von Eenham
-28.5.1029
Adalbero Bischof von Verdun (984-991)
ca 964-19.3.991
Friedrich Graf von Verdun
-6.1.1022
Literatur:
-----------
Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im
Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der
Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 58,398
G 52 - Alvermann, Andrea:
Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol.
Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 5 - Annalista
Saxo: Reichschronik SS. VI ad a. 1002,1037 -
Bork Ruth: Die
Billunger. Mit Beiträgen zur Geschichte des deutsch-wendischen Grenzraumes
im 10. und 11. Jahrhundert. Dissertation Greifswald 1951 Seite 110-113
- Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer
Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12 - Thiele, Andreas:
Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 155
-