Heinz Thomas
JOHANN II., König von Frankreich 1350-1364
-----------------
* 26. April 1319, + 8.4.1364
Schloß Gue deMaulny London
bei Le Mans
Salbung und Krönung zu Reims am 26.9.1350
gefangen in der Schlacht von Maupertuis/Poitiers am 19.9.1356
Freilassung am 25.10.1360
Vater:
--------
Philipp VI. (* 1293), Sohn des Grafen Karl von Anjou
und Valois (1270-1325) und der Margarete von Sizilien-Neapel (+ 1299)
Mutter:
---------
Johanna von Burgund (* 1293/94, + 12.9.1348), Tochter
Herzog Roberts II. von Burgund und der Agnes von Frankreich, Tochter König
Ludwigs IX.
Bruder:
---------
Philipp, Herzog von Orleans (* 1.7.1336, + 1.9.1375)
1. oo 6.8.1332
BONNE (GUTA) VON LUXEMBURG-BÖHMEN
* 20.5.1315, + 11.9.1349
Tochter König Johanns von Böhmen, Graf von Luxemburg
und Elisabeth von Böhmen
2. oo 9.2.1350
JOHANNA VON BOULOGNE UND AUVERGNE
* 8.5.1326, + 29.9.1360
10 Kinder: darunter
-------------
Karl, König von Frankreich (* 21.1.1337, + 16.9.1380)
Ludwig, Graf (1350) und Herzog von Anjou (1360), König
von Sizilien-Neapel (1383) (* 23.7.1339, + 21.9.1384)
Johann, Herzog von Berry nd Auvergne (* 30.11.1340, +
15.6.1416)
Philipp der Kühne, Herzog von Burgund (* 15.1.1342,
+ 27.4.1404)
Johanna (* 24.6.1343, + 3.11.1373), Gemahlin König
Karls II. von Navarra
Maria (* 18.9.1344, + 10.1404), Gemahlin Herzog Roberts
von Bar
Margarete (* 20.9.1347, + 25.4.1352)
Isabella (* 1.10.1348, + 11.9.1372), Gemahlin des Herrn
von Mailand, Gian Galeazzo Visconti
Seit frühester Kindheit muß Johann
von auffallend schwacher Konstitution gewesen sein. Über sein
Aussehen glaubte man bis vor kurzen sehr gut informiert zu sein, indes
wird neuerdings ein heute im Louvre befindliches Gemälde trotz der
zeitgenössischen Inschrift "Jehan, roy de France" als Bildnis Karls
V. gedeutet. Ein Vergleich des Gemäldes mit
Johanns Grabstatue aus St-Denis läßt diese neue These
jedoch als fraglich erscheinen: Der Maler präsentiert das nach links
gewendete Profil eines Mannes mit dichtem rötlichen, bis
auf den Kragen fallenden Haar. Der gestutzte Bart an Kinn
und über der Lippe wirkt ein wenig ungepflegt. Als besonders charakteristisch
scheint der Maler die lange, bis zur Höhe der Oberlippe
herabreichende Nase empfunden zu haben, die das sichtbare braune Auge
als etwas zu weit zurückgesetzt erscheinen läßt. Das Grabmal
legt die Vermutung nahe, dass Johann
am Ende seines Lebens auf die Zeitgenossen einen etwas behäbigen,
fast
bäuerischen Eindruck gemacht haben könnte.
Auf einen für den Fortbestand des französischen
Königtums ungemein wichtigen Bereich hatte Johanns
Anfälligkeit für mehr oder minder schwere Krankheiten keine Auswirkungen:
Von den sieben die kritische Frist nach der Geburt überlebenden Kindern
aus seiner Ehe mit Bonne
von Luxemburg entwickelten sich drei zu überragenden
Persönlichkeiten ihrer Zeit: Karl V.
gilt als einer der größten mittelalterlichen Könige Frankreichs,
Philipp war der erste in der einzigartigen
Reihe der vier Herzöge von Burgund aus dem Hause
VALOIS, Johann wurde
als Herzog von Berry einer der bedeutendsten Mäzene des Mittelalters,
und selbst der umtriebige Ludwig kann
als Herzog von Anjou und Titular-König von Sizilien
noch zu den auffälligeren Gestalten unter den Fürsten seiner
Zeit gerechnet werden.
Nachdem Philipp VI.
1328 zum König gewählt worden war, setzte er alles daran, die
Thronfolge seines Hauses sicherzustellen. Bereits am 17. Februar 1332 erklärte
er Johann für volljährig
und übertrug ihm die Titel eines Herzogs von Normandie sowie
eines Grafen von Anjou und Maine. Wenig später, am 6. August,
heiratete Johann in Melun Guta,
die zweite Tochter König
Johanns von Böhmen, die in ihrer neuen Heimat Bonne
genannt wurde.
Johann bewährte
sich bei der Verwaltung einiger ihm vom Vater anvertrauter Schloßherrschaften,
aber auch im Felde. Im Rahmen des bretonischen Erbfolgekrieges konnte er
1341 Nantes zur Kapitulation zwingen und nahm dabei den von Eduard
III. geförderten Prätendenten
Johann von Montfort gefangen. Überdies wurde er mit wichtigen
diplomatischen Aktionen beauftragt. So war er maßgeblich an den Verhandlungen
beteiligt, die mit dem kinderlosen Dauphin Humbert II. über den Kauf
der Grafschaft Vienne geführt wurden, und galt seit 1344 als
Humberts künftiger Nachfolger.
Im Frühjahr 1346 belagerte Johann
die
von Engländern gehaltene Stadt Aiguillon (bei Agen), brach das Unternehmen
aber eine Woche vor der Katastrophe von Crecy ab. An dieser Schlacht nahm
er nicht teil. Man hat vermutet, in den folgenden Monaten sei es zu einem
schweren Konflikt zwischen Vater und Sohn gekommen, und Philipp
habe sogar mit dem Gedanken gespielt, Johanns
Bruder
Philipp
als Thronfolger einzusetzen. Das gewichtigste Argument für diese These
ist der Freundschaftsbund zwischen Johann
und dessen im Juli 1346 zum römischen König gewählten Schwager
KARL
VON BÖHMEN. Bei näherem Zusehen erweist sich jedoch,
dass der Bund zwischen Johann und seinem
Schwager den Intentionen Philipps VI.
keineswegs zuwiderlief. Im Gegenteil: Während der König weiterhin
sein 1341 mit KARLS Rivalen, Kaiser
LUDWIG DEM BAYERN, geschlossenes Bündnis aufrechterhalten
konnte, hielt der Thronfolger für ihn die Alternative dazu
offen. Wenige Monate später machte allerdings KARL
IV. diese Rechnung zunichte: Nach dem Tode des Kaisers (11.
Oktober 1347) verbündete er sich im Frühjahr 1348 mit dem Sieger
von Crecy und schloß dabei nicht einmal Militäraktionen gegen
den Schwager aus. Den Ehen zwischen VALOIS
und LUXEMBURG
war damit die politische Basis entzogen, kurz bevor sie durch den Tod geschieden
wurden: KARLS Gemahlin Blanche
starb am 1. August 1348, seine Schwester Bonne
am 11. September 1349. Bonne
ist vermutlich wie wenig später auch ihre Schwiegermutter der Pest
zum Opfer gefallen, indes gab es Gerüchte, sie sei auf andere Weise
ums Leben gekommen.
Vier Wochen nach dem Tode von
Johanns Mutter heiratete Philipp VI.
zum
zweiten Mal, und zwar Blanche, die
damals 18-jährige Schwester König Karls
II. von Navarra. Johann
folgte dem Beispiel des Vaters vier Wochen später: Am 9. Februar fand
die Hochzeit mit Johanna von Boulogne-Auvergne
statt, deren dreijähriger Sohn aus 1. Ehe Erbe des Herzogtums Burgund
und einiger anderer Territorien war, zum Beispiel der vom römisch-deutschen
Reich lehnsrührigen Grafschaft Burgund sowie des Artois, die nunmehr
bis zur Volljährigkeit des Knaben unter die Herrschaft des Stiefvaters
gestellt wurden.
Am 22. August 1350 starb König
Philipp. Die Übernahme der Krone geschah ohne erkennbare
Probleme: Am 26. September wurde Johann
in Reims geweiht und gekrönt. Am 17. Oktober folgte der feierliche
Einzug des neuen Königs in seine Hauptstadt. Wenig später wurden
die bei dieser Gelegenheit üblichen Feste und Empfänge jäh
durch ein ebenso schreckenerregendes wie rätselhaftes, vom König
selbst in Szene gesetztes Drama beendet. Schon vor Crecy war der Konnetabel
Raoul von Brienne, Graf von Eu und Guines, ein wegen seiner Courtoisie
allenthalben geschätzter Herr, in englische Gefangenschaft geraten,
aus der man ihn wohl unter der Bedingung entlassen hatte, den Rest des
für ihn festgesetzten Lösegeldes aufzubringen. Der nach wie vor
im Amt befindliche Konnetabel erschien zur Audienz des neuen Königs,
wurde in eine Kammer gebeten, wo ihm Johann
einen Brief vorgehalten und ihn voller Wut beschimpft haben soll, anschließend
ließ er ihn in den Kerker abführen. Am Morgen des 22. Oktober
wurde der Konnetabel in Gegenwart einiger Verwandter des Königs enthauptet.
Die BRIENNE waren eine hochangesehene Dynastie, die einst
Könige von Jerusalem gestellt hatte. Raoul gehörte zu den mächtigsten
Baronen Frankreichs und nahm als Konnetabel in der Hierarchie der königlichen
Amtsträger noch vor dem Kanzler den ersten Rang ein. Über das
todbringende Delikt des Konnetabel haben auch die Zeitgenossen gerätselt.
Wenn es politischer oder militärischer Verrat gewesen wäre, hätten
der König und seine Mitwisser darüber kaum so striktes Stillschweigen
bewahrt. Daher liegt es nahe, den Vermutungen Glauben zu schenken, die
der Lütticher Jean Le Bel damals notierte, dass nämlich Raoul
vor seiner Gefangennahme eine Affäre mit
König Johanns Gemahlin Bonne gehabt
haben soll. In die Gerüchte wurde auch deren plötzlicher Tod
einbezogen: Der englische Chronist Galfrid le Baker behauptete ohne Umschweife,
Johann
habe seine Frau zu Tode gefoltert. Als seriöser einzuschätzen
ist eine der zahllosen im Jahre 1358 vom Dauphin gegen den Bischof von
Laon, Robert Le Coq, erhobenen Anklagen, wonach dieser mehrfach erklärt
haben soll, König Johann sei des
Lebens unwürdig, weil er seine Frau habe ermorden lassen. Eindeutige
Klarheit über den Hintergrund des Dramas konnte indes bislang nicht
erzielt werden. Es bleibt das Faktum eines düsteren Beginns von
Johanns Königtum. Der Tod des Konnetables, so meinte ein
Chronist, verstörte einen großen Teil von Frankreichs Adel.
Zu Raouls Nachfolger wurde Karl
von La Cerda, genannt von Spanien, erhoben. Dieser war
der Enkel einer Tochter König Ludwigs des
Heiligen, deren spanische Familie später nach Frankreich
emigriert war. Ebenfalls aus dem Blute der Könige Frankreichs stammte
ein weiterer von Johanns Günstlingen,
König Karl II. von Navarra, zugleich
Graf von Evreux. Karls Mutter,
eine Tochter König Ludwigs X.,
hatte zusammen mit ihrem Gemahl, dem Grafen Philipp
von Evreux, das fast zu einer französischen Provinz herabgesunkene
Navarra wieder zum Rang eines souveränen Reiches erhoben, jedoch war
ihr 1331 geborener Sohn schon in den Tagen Philipps
VI. bemüht, an dessen Hof Fuß zu fassen. Ein Chronist
des 16. Jahrhunderts hat ihm den Beinamen zugeschrieben, unter dem er heute
oft genannt wird: 'el Malo', 'der Böse'. Johann,
der ebenfalls erst seit dem 17. Jahrhundert 'der Gute' genannt wurde,
gab ihm am 12. Februar 1352 seine 9-jährige Tochter
Johanna zur Gemahlin.
Indes profitierten nicht nur Verwandte des Königs
vom Thronwechsel. Johann sorgte dafür,
dass die bislang in einigen Kollegien der Zentralverwaltung herrschende
Gleichberechtigung der Mitglieder aufgehoben und jeweils einer zum Premier
ernannt wurde. Die unter seinem Vater zuletzt vernachlässigte Verbindung
zwischen dem Grand Conseil und den Spitzen der zentralen Verwaltung wurde
gestärkt oder wiederhergestellt. Dass einige von Johanns
Personalentscheidungen
Fehlgriffe waren, gehört zum üblichen Risiko solcher Maßnahmen.
Im übrigen hatten die meisten von
Johanns
Amtsträgern
ihre Karriere bereits unter seinem Vater begonnen, darunter auch Robert
Le Coq, der sich in den Tagen Philipps VI.
als Advocat du roi im Parlament, danach im Hotel des Königs bewährt
hatte,
und nunmehr von Johann zum Bischof
von Laon und damit zum Pair de France erhoben wurde. Über Le Coq sollten
die vielen anderen nicht vergessen werden, die als kompetente Fachleute
ihre gewohnte Arbeit fortsetzten, so der bereits unter Philipp
VI. tätige Raoul de Louppy aus der Grafschaft Bar, der
auch noch unter Karl V. für die
Beziehungen zu den lothringischen Fürstentümern und zum römisch-deutschen
Reich zuständig war. Unter den Neuentdeckungen Johanns
kann der Bretone Bertrand Du Guesclin registriert werden. Bertrand gehörte
zur Klientel des von Johann zum Marschall
ernannten Arnoul d'Audrehem, der sich als einer der zuverlässigsten
Helfer des Königs erweisen sollte. Auch in dem von ihm überaus
geschätzten Bereich der Geldpolitik griff Johann
auf einen bereits bewährten Experten zurück, den mit dem Pariser
Kaufmann Etienne Marcel verschwägerten Jean Poilevilain, der jetzt
seine Karriere mit den ihm schon vertrauten Erfolgen und Katastrophen fortsetzte.
Kurzum: Die Personalpolitik König Johanns
war
nicht besser, aber auch nicht schlechter als die seiner Vorgänger
und Nachfolger. Als fatal sollte sich freilich erweisen, dass Karl
von Navarra und sein jüngerer Bruder Philipp
von
allen Anfang an eine tiefe Abneigung gegen den mit
Johann eng befreundeten Karl von La
Cerda hegten, die dieser aus vollem Herzen erwiderte. Dabei
sollte das Alter der Rivalen bedacht werden: 1350 war Karl
von Navarra 19 Jahre alt, La Cerda 24.
Ein Jahr nach der Hinrichtung des Konnetabel von Brienne
gründete Johann den Sternen-Orden
der Ritter unserer Lieben Frau vom Edlen Hause zu St-Ouen. Maßgeblich
für den Titel des Ordens war die Gottesmutter mit ihrem Sternensymbol
sowie ein Haus, das der König dem Bund in St-Ouen zwischen Paris und
St-Denis zur Verfügung stellte.
Dieser weltliche Ritterbund war das französische
Analogon zum Order of the Garter, dem Hosenbandorden, den Eduard
III. nach dem Triumph von Crecy gestiftet hatte. Eduard
und Johann scheinen beinahe gleichzeitig
auf die Idee verfallen zu sein, eine solche Gemeinschaft zu gründen.
Anfang 1344 hatte Eduard die Absicht
bekundet, die Tafelrunde des Königs Artus
wiederaufleben
zu lassen, während sich Johann einige
Monate später von Clemens VI. eine Serie von Privilegien ausstellen
ließ, die seinen Plan absegneten. Johanns
Bund
sollte der Dreifaltigkeit, der heiligen Jungfrau und dem heiligen Georg
geweiht sein.
Als die beiden Orden gegründet wurden, hatten sich
die Pläne ihrer Stifter zum Teil beträchtlich geändert.
Im Hinblick auf die Zahl der Mitglieder hatten beide Fürsten anfangs
ähnliche Vorstellungen verfolgt. Am Ende reduzierte
Eduard die Zahl der Ritter von 300 auf 26, Johann
erweiterte
seine um 300 auf nunmehr 500. Der englische Bund trat somit als exklusiver
Club einer kleinen Elite in Erscheinung, der andere sollte einen schon
beachtlichen Teil der französischen Ritterschaft umfassen, die damals
kaum mehr als etwa 2.400 bis 4.000 Herren zählte.
Die beiden Orden unterschieden sich indes auch unter
anderen Aspekten. Zwar wurde die geistliche Komponente der Ritterschaft
auch im Hosenbandorden gewährleistet, zum Beispiel durch das Patronat
der Gottesmutter und des Ritterheiligen Georg, unter dessen Anrufung die
Engländer zu kämpfen und bemerkenswert oft zu siegen pflegten.
Der eigentliche Patron des Hosenbandordens aber war der mythische Fest-
und Turnierveranstalter des europäischen Mittelalters, der Briten-König
Artus. König Johann hatte
inzwischen den Frankreich sichtlich nicht gewogenen heiligen Georg verworfen
und allein der Gottesmutter das Patronat anvertraut. Ein wesentliches Element
aller Ritterschaft, ihre spielerische Selbstbestätigung im Turnier,
wurde zwar nicht explizit, aber doch unmißverständlich aus dem
Leben des Sternenordens verbannt: Verdienste der Mitglieder durften bei
der Ehrung nur berücksichtigt werden, wenn sie in ernsthaftem Kampf
erworben waren. Nicht beim Spiel, sondern durch tugendhaftes Leben und
Fasten sollten sich die Sternenritter auf ihre Aufgabe vorbereiten, das
Wohl Frankreichs und des Königs zu sichern und zu mehren. Der Hosenbandorden
verfolgte zwar das gleiche Ziel, indes mit anderen Mitteln: Er war im Vergleich
zu seiner Konkurrenz in einem kaum überbietbaren Ausmaß elitär,
er rekrutierte auf die profan-mythische Tradition des Königshauses
- und er erwies sich als der weitaus erfolgreichere. Bisher hat er den
Sternenorden um rund 650 Jahre überlebt.
Wer Johann den Guten
als einen in überholten Kategorien lebenden Mann charakterisieren
möchte, kann den Sternenorden mithin nicht als Beweis dafür ins
Feld führen. Der adelige Ritter war trotz mancher Niederlagen, die
Heere von gewappneten Reiterkriegern in voraufgegangenen Jahren hatten
hinnehmen müssen, das Rückgrat jeder halbwegs ernstzunehmenden
Streitmacht. Kronzeuge dafür ist König
Eduard III.: Trotz der entscheidenden Rolle seiner Bogner im
Kampf um die Krone Frankreichs gründete er keinen Schützenverein,
sondern einen Club hochadeliger Angehöriger der Ritterschaft.
Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass König
Johann am 30. April 1351, also schon vor der Gründung des
Sternenordens, eine große Ordonnanz erlassen hatte, mit der er ebenso
triviale wie wichtige Fragen der Heeresorganisation zu regeln versuchte.
Anlaß des Edikts war die Erkenntnis, dass die geltenden Soldsätze
nicht mehr ausreichten, den Lebensunterhalt der allein darauf angewiesenen
Krieger zu bestreiten, und zwar galt das für alle Chargen der im Dienste
des Königs stehenden Söldner, für die schwergewappneten
wie für die zu Fuß kämpfenden. Das Dekret verfügte
als höchste Tarifstufe zwei Tournosenpfund für den Bannerherrn,
die niederen Ränge lagen wie seit langem üblich jeweils um 50%
unter der nächst höheren Charge. Der König von England zahlte
nach demselben System, der Bannerherr erhielt 4 Schillinge, die anderen
entsprechend weniger. Zwischen den beiden Besoldungssystemen bestand allerdings
in zwei Punkten ein beträchtlicher Unterschied: Zum einen war das
englische Pfund die beständigste Silberwährung Europas. Ein Pfund
entsprach durchweg 6,6 fl. Demgegenüber herrschte in Frankreich Inflation.
Den 4 s. des englischen Bannerherrn entsprachen beständig 1,3 fl.,
die zwei Pfund des französischen hatten im Februar 1342 einen Gegenwert
von 3,2 fl., im Oktober waren es 1,6 fl., Ende 1353 nur noch 1 fl. Dabei
ist zusätzlich zu beachten, dass der englische Söldner ziemlich
sicher sein durfte, sein Geld so lange zu erhalten, wie er erfolgreich
auf dem Kontinent kämpfte, während sein französischer Kollege
damit rechnen mußte, im Zweifelsfall ohne jeden Anspruch auf den
Bezug seines Soldes nach Hause geschickt zu werden. Der zweite, noch wichtigere
Unterschied zwischen den Aussichten der Krieger beider Parteien lag darin,
dass der Sold auf englischer Seite nur als Sockelbetrag angesehen wurde,
der mit einigem Glück leicht vervielfacht werden konnte. In dieser
Hinsicht waren die Söldner des Königs von Frankreich hoffnungslos
benachteiligt. Man mochte zwar gelegentlich hochrangige Gefangene machen
und dann einen Anteil am Lösegeld erhalten; das relativ gefahrlose
Plündern und Brennen aber kam nur in Frage, wenn Gebiete durchzogen
wurden, die unter der Herrschaft des Königs von England oder seiner
Bundesgenossen standen.
Die Heeresreform verlief zunächst allerdings im
Sande: Die Abwertung des Tournosenpfunds ließ den Sold der Krieger
rasch dahinschmelzen, und die ebenfalls dekretierte Vergrößerung
der Kampf- und Besoldungsverbände, der Rotten, hat sich offenbar fürs
erste nicht durchsetzen lassen. Indes belegen die Reformpläne doch,
dass Johann sich im klaren darüber
war, dass die Gründe für die Unterlegenheit der französischen
Krieger gegenüber denen aus England nicht allein im moralischen Versagen
des Adels zu suchen waren.
Der Krieg mit England war nach der Eroberung von Calais
und dem Auftreten des Schwarzen Todes durch einen Waffenstillstand unterbrochen,
der mehrfach verlängert wurde, zuletzt noch bis zum April 1355. Allerdings
hinderte das beide Parteien nicht daran, den Gegner ständig durch
Nadelstiche zu beunruhigen. Die gefährlichste Niederlage erlitt Johann
damals
allerdings innerhalb der eigenen Familie: Im Auftrag
Karls
von Navarra wurde am 7. Januar 1354 sein Konnetabel von einer
unter dem Befehl von Karls Bruder Philipp
stehenden
Bande ermordet. Der Anstifter bekannte sich offen zu seiner Tat, die Johann
über Tage hinweg in stumme Trauer und Wut versetzte. Dann aber ließ
er sich davon überzeugen, dass es angesichts der englischen Gefahr
besser sei, Rachegelüste zurückzustellen. Karl
der Böse indes mußte trotz eines am 22. Februar 1354
zu Mantes geschlossenen Friedens mit dem Schwiegervater von nun an als
potentieller Bundesgenosse des Königs von England gefürchtet
werden.
Nachdem an der Kurie geführte Friedensverhandlungen
gescheitert waren, verkündete Eduard III.
am 1. Juni 1355 die Wiederaufnahme des Krieges. Wenig später konnte
sein Sohn Eduard, der seit dem 16.
Jahrhundert so genannte Schwarze Prinz, im Süden Frankreichs
einen aufsehenerregenden Erfolg erzielen: Am 5. Oktober verließ er
mit 8.000 Mann Bordeaux, am 8. November erreichte er Narbonne, den östlichsten
Punkt seiner chevauchee, am 2. Dezember war er wieder in der Gascogne.
Der Statthalter König Johanns,
Graf Johann von Armagnac, hatte sich mit 15.000 Mann nach Toulouse zurückgezogen
und scheint nur einmal erwogen zu haben, dem Feind entgegenzutreten. Die
Grande Chevauchee Prinz
Eduards war eine Meisterleistung ritterlicher Kriegsführung.
Entlang einer rund 900 km langen Marschroute waren sämtliche unbefestigte
Orte in Schutt und Asche gelegt worden. Damit hatte der Prinz aller Welt
vor Augen geführt, dass König Johann
unfähig war, seine Untertanen wirksam zu schützen.
Im Norden wurde Johann vor
andere Probleme gestellt: Der hier als sein Statthalter amtierende Thronfolger
ließ sich von Karl von Navarra und
dem Bischof Robert Le Coq zur Beteiligung an einem Komplott bewegen, dessen
Ziel allem Anschein nach die Beseitigung des Königs war. Ob der Dauphin
in diese letzte Konsequenz eingeweiht war, muß bezweifelt werden.
Seine Aufgabe bestand darin, sich zu seinem Oheim, Kaiser
KARL IV., nach Prag zu begeben. Vermutlich war er es, der die
Verschwörung zum Scheitern brachte, indem er dem Vater die ihm bekannten
Details offenbarte. Möglicherweise ist der ganze Umfang des Komplotts
aber erst durch einen Mann des Königs von Navarra aufgedeckt worden,
der im April 1356 zusammen mit seinem Herrn arretiert wurde und dann alles
ausplauderte, was man von ihm wissen wollte. Jedenfalls wurde die Angelegenheit
in einer seltsam moderaten Weise beigelegt: Am 7. Dezember 1355 übertrug
Johann
seinem
Sohn definitiv das Herzogtum Normandie und gewährte ihm und seinen
Komplizen, darunter Karl von Navarra,
am 6. und 23. Januar mit zwei Urkunden Verzeihung für die Affäre.
Vermutlich war der König aber schon zu diesem Zeitpunkt entschlossen,
den Machenschaften des Schwiegersohnes ein radikales Ende zu setzen.
In diesen Tagen versammelten sich in Paris die drei Stände
N-Frankreichs. Unter dem Eindruck des englischen Beutezugs im Süden
erwiesen sich Klerus, Adel und Bürger als kooperationsbereit und bewilligten
die enorme Summe von 5 Millionen Pfund Tournosen (ca. 10 Millionen fl.),
die von allen drei Ständen aufgebracht werden sollte; dies allerdings
ohne große Rücksicht auf das Vermögen der Betroffenen,
denn es handelte sich im wesentlichen um eine Verbrauchssteuer, die vor
allem die Ärmeren treffen mußte. Mit dem Geld sollten 30.000
Schwerbewaffnete besoldet werden. Als Preis für die Bewilligung mußte
der König unter anderem versprechen, künftig auf Währungsmanipulationen
zu verzichten.
Außer dem König von Navarra ließ Johann
in diesen Tagen noch einen weiteren Gegner ins Leere laufen, nämlich
den seit 1348 mit Eduard III. verbündeten
römisch-deutschen
König KARL IV., der seit 1354
versuchte, den dominierenden Einfluß Frankreichs auf die am Oberlauf
der Maas gelegenen Fürstentümer und Kirchen zurückzudrängen.
Als Gefahrenherd erwies sich dabei die Grafschaft Bar, denn die Mutter
des noch minderjährigen Grafen Robert, Yolande von Flandern, hatte
1353 Philipp von Navarra geheiratet.
Zwar wurde Yolande nach einem ergebnislos verlaufenen Verfahren vor dem
Pariser Parlament das Recht auf die Regentschaft aberkannt, aber die Gräfin
verstand es, ihre Rivalen zu verdrängen und
KARL IV. für sich zu gewinnen.
KARL
faßte am 13. März 1354 in Metz die zum Reich gehörenden
Teile der Grafschaft östlich der Maas zu einem Reichsfürstentum
zusammen, der Markgrafschaft von Pont-a-Mousson, und bestätigte Yolandes
Recht auf die Regierung des Landes.
Johann hat mit seinen
Räten auf die Aktivitäten des einstigen Schwagers an der O-Grenze
Frankreichs flexibel reagiert: Die Rechte des römischen Königs
in Bar, Lothringen, Verdun und anderswo respektierte er, konnte aber darauf
vertrauen, dass die stete Präsenz seiner Regionalbeamten nach dem
Abzug KARLS IV. bald wieder für
den alten Zustand sorgen werde. Nach seiner Kaiserkrönung (Oktober
1355) unternahm dieser einen neuen Vorstoß: Unmittelbar nach der
Rückkehr aus Rom schickte KARL zwei
Urkunden nach Paris - eine eigene, bereits gesiegelte und datierte sowie
die entsprechende Gegenurkunde des Königs von Frankreich, die
Johann nur noch hätte datieren, siegeln und nach Prag zurücksenden
müssen. Der Kaiser mochte glauben, dass Johann
nach der neuerlichen Kriegserklärung Eduards
III. seinen Vorschlag als indirekte Absage an den Engländer
werten und freudig akzeptieren werde. Johann
reagierte wiederum in verhaltener Manier: Am Tage, nachdem er dem Thronfolger
seine Verzeihung dafür gewährt hatte, dass er zum Kaiser hatte
fliehen wollen, schickte er beide Urkunden an den Absender zurück,
erklärte sich aber zu weiteren Verhandlungen bereit. Im Mai ließ
er einen eigenen Vertragsentwurf nach Böhmen expedieren, in dem mehrere
ihm unannehmbar erscheinende Formulierungen des Prager Entwurfs getilgt
waren, der zugleich aber dem Bemühen des Kaisers um die Wahrung von
dessen Recht und Prestige entgegenkam. KARL IV.
hat
diesem Entwurf erst nach der Änderung der Gesamtlage durch
Johanns Niederlage bei Maupertuis zugestimmt, worauf im Kapitel
über Karl V.
noch einzugehen sein
wird.
Dieser soll auch nach der Aussöhnung mit dem Vater
weiterhin mit Karl von Navarra konspiriert
haben. Möglich ist aber auch, dass er die Verschwörer nur in
eine Falle locken sollte. Am 5. April 1356 veranstaltete er in der Burg
von Rouen ein Diner für den hohen Adel des Landes, in das völlig
unvermutet der König mit einer von Audrehem kommandierten Eskorte
hineinplatzte. Johann soll den Schwiegersohn
am Kragen gepackt und mit dem Tode bedroht haben, ließ ihn dann aber
nur in den Kerker schleppen. Der Graf von Harcourt und drei weitere Herren
wurden in Ketten gelegt, vor die Stadt gekarrt und in Gegenwart von König
und Dauphin enthauptet. Vor dem Coup hatte Johann
befohlen, alle Anhänger der Navarresen zu arretieren. So ließ
Raoul von Louppy in Paris die Gemahlin von Karls
Bruder Philipp, des Kaisers Favoritin,
Yolande von Bar, ins Gefängnis bringen. Philipp
selbst aber entkam. Zunächst bemühte er sich mit Rücksicht
auf das Leben des Bruders um eine Versöhnung mit dem König und
beteuerte dabei Karls und seine Unschuld.
Aber Johann beabsichtigte, dem Vetter
einen schönen Prozeß zu machen. Am 28. Mai war Philipps
Geduld
erschöpft, und er erklärte Johann
den
Krieg.
Vier Wochen später führte Herzog
Heinrich von Lancaster von La Hogue aus eine chevauchee in Richtung
Rouen. Johann konnte ihn zum Rückzug
zwingen und begann dann mit der Belagerung von Breteuil, das von Engländern
und Navarresen gehalten wurde. Als ihm Mitte August gemeldet wurde, dass
Prinz Eduard im Berry erscheinen war, konzedierte er den Belagerten
freien Abzug, nahm die Feste in Besitz und marschierte dann nach Süden
- seiner Katastrophe entgegen.
Prinz
Eduard hatte seine chevauchee am 4. August in Bergerac eingeleitet.
Er scheint vorausgesetzt zu haben, dass sein Vater von Calais aus in Richtung
auf Paris vorstoßen werde und er selbst an der Loire mit Lancaster
zusammentreffen könne. Indes fand der Zug des Vaters gar nicht statt,
und Lancaster war zwar in Richtung Angers aufgebrochen, kam aber zu spät,
um seine Truppen mit denen des Prinzen vereinigen zu können.
Ende August erfuhr Eduard,
dass König Johann ihm entgegenzog.
Er drehte nach Westen ab und wandte sich vor Tours in Richtung auf seine
Bastionen in der Gascogne. Im Süden von Poitiers, bei dem Dörfchen
Maupertuis, konnte Johann den Prinzen
einholen und stellen. Sein Aufgebot dürfte 14.000 bis 20.000 Mann
umfaßt haben, während Eduard nur
über etwa 8.000 Krieger verfügt haben wird. In Johanns
Heer befanden sich seine vier Söhne sowie sein Bruder, das heißt
alle für die Thronfolge in Frage kommenden Mitglieder seiner engeren
Familie.
Am 17. September, einem Samstag, konnten zwei in Johanns
Begleitung
reisende Kardinäle für den Sonntag eine Waffenruhe aushandeln.
Der König soll Bedingungen offeriert haben, unter denen er den Prinzen
ungeschoren abziehen lassen würde, indes waren diese so hoch angesetzt,
dass er mit ihrer Ablehnung rechnen mußte.
Als gesichert kann gelten, dass die Masse der französischen
Krieger zu Fuß kämpfen sollte. Nur zwei kleinere Abteilungen
unter den Marschällen Audrehem und Clermont sollten zu Pferde den
ersten Stoß führen. Die im Nordosten stehenden Franzosen waren
an ihrer rechten Flanke durch einen zum Flüßchen Miosson abfallenden
Hand daran gehindert, ihre zahlenmäßige Überlegenheit zu
entfalten. Vermutlich waren sie in vier tief gestaffelten Schlachtreihen
aufmarschiert, wobei der König sich zusammen mit seinem jüngsten
Sohn in weiter Entfernung von der vordersten Linie befand. Die Engländer
waren in drei Treffen gegliedert. Der linke Flügel mit dem Grafen
Warwick stand an besagtem Abhang, der rechte mit Salisbury hielt die Front
beiderseits einer nach Süden führenden Straße und war an
der Flanke durch umgestürzte Troßwagen geschützt. Das Zentrum
unter Prinz Eduard
und Lord Chandos stand hinter den Flügeln auf dem Rücken eines
flachen Hügels. Gegen den ersten Anprall einer Attacke waren die Engländer
durch eine dichte Hecke geschützt.
Der Kampf begann am frühen Morgen des 19. September,
nachdem Warwick seinen Trupp aus unbekanntem Grund nach der Seite hin in
Bewegung gesetzt hatte. Audrehem und Clermont nutzten die vermeintliche
Chance zum Angriff auf die äußersten Flügel der beiden
vorderen Schlachtreihen des Prinzen. Die Reiter gerieten in den Pfeilhagel
der englischen Bogner, der aber erst Wirkung zeigte, als es Warwicks Leuten
gelang, dem rechten Flügel der Franzosen in der Flanke zu fassen.
Audrehem wurde gefangengenommen, sein Kollege fiel.
Allem Anschein nach war das zweite Treffen der Franzosen
unter dem Dauphin den Reitern unmittelbar gefolgt und geriet mit den beiden
vorderen Abteilungen des Feindes in einen Nahkampf, der am Ende von den
Franzosen abgebrochen werden mußte. Die Pause wurde dazu genutzt,
den Dauphin sowie dessen Brüder Ludwig und
Johann
aus
der Gefahrenzone zu bringen. Einige Herren kamen daraufhin zu dem Schluß,
es sei wohl besser, die Gesundheit ebenfalls gar nicht erst aufs Spiel
zu setzen. Unter ihnen war Johanns
Bruder Philipp von Orleans, der zusammen
mit seinen Leuten das Schlachtfeld geräumt haben soll, ohne überhaupt
in die Kämpfe eingegriffen zu haben.
Der König verfügte trotzdem noch immer über
ein frisches, dem Feind zumindest ebenbürtiges Aufgebot. Eduard
ergriff
jetzt selbst die Initiative: Während der gascognische Captal (Baron)
von Buch, Jean de Grailly, mit einem Trupp berittener Leute die linke Flanke
der Franzosen zu umgehen suchte, trat er selbst der Attacke des Königs
entgegen. Der Captal griff im rechten Moment ein, die Reihen der Franzosen
lösten sich auf. Der König soll sich am Ende allein verteidigt
haben, während einige Gegner schon in Streit gerieten, wer von ihnen
den einzigartigen Fang bergen dürfe.
Prinz
Eduard bezifferte die eigenen Verluste auf 40 Mann, die des
Feindes auf 2.446. Glaubwürdiger sind die Angaben über die Gefangenen:
1.994 Mann, darunter Johanns jüngster
Sohn, Philipp, 13 Grafen, 5 Vizegrafen
und 25 Bannerherren.
Im Hinblick auf die Frage nach der Schuld an der Katastrophe
kann festgestellt werden: Das Scheitern der beiden ersten Attacken gehört
zu den Fehlschlägen, die auch geniale Heerführer schon einmal
einstecken müssen. Auch das Beharren auf der Fortsetzung des Kampfes
nach den ersten Mißerfolgen gehört nicht zur Kategorie tödlicher
Fehler, denn die Franzosen konnten damit rechnen, dass der Gegner erschöpft
war.
Als gravierende Fehler müssen jedoch registriert
werden:
1. die Anwesenheit der Söhne Johanns
2. die Hinnahme des von den Engländern ausgesuchten
Schlachtfeldes
3. die Sorglosigkeit, die es dem Captal von Buch
ermöglichte, unbehelligt in Flanke oder Rücken des Feindes zu
stoßen.
Die Zeitgenossen erörterten die Frage nach der Schuld
an der Katastrophe vor allem unter moralischem Aspekt. Zum einen wurde
der Adel generell bezichtigt, seiner im Grunde einzigen Aufgabe, nämlich
zu kämpfen, nicht nachgekommen zu sein, ja mit den Engländern
gemeinsame Sache gemacht zu haben, und zum anderen bürdete man die
Hauptschuld an der Niederlage dem gerade 21-jährigen Philipp
von Orleans auf. Während die erste Variante der Schuldzuweisung
offenbar weit verbreitet war und keiner Pflege bedurfte, scheint die zweite
später besonders im Umkreis Karls V.
kultiviert worden zu sein: Der Onkel Philipp wurde
offenbar als schwarzes Schaf der Familie geopfert, um König und Thronfolger
zu salvieren.
Die folgenden Jahre ließen sichtbar werden, dass
in Frankreich nicht nur die Person des Königs von der politischen
Bühne verschwunden war: Das monarchische System des Landes schien
in sich zusammenzusinken. Der Bericht gehört in die Biographie Karls
V. Allerdings hat der König mehrfach auf den Lauf der Dinge
einzuwirken versucht. Zunächst war er nach Bordeaux gebracht worden,
wo Kardinäle einen auf zwei Jahre befristeten Waffenstillstand aushandeln
konnten. Am 11. April 1357 ging es nach London, wo König
Eduard dem König von Frankreich mit dem Manor of Savoy
an der Straße von der City nach Westminster ein standesgemäßes
Domizil zur Verfügung stellte.
Den Bürgern von Paris ließ Johann
erklären,
dass es unmöglich sei, ihn durch Krieg zu befreien, sondern nur durch
einen Friedensvertrag. Indes wollte König
Eduard sich nicht mit Geld begnügen. Zwar ließ er
erkennen, dass er den Anspruch auf die Krone Frankreichs fallenlassen wolle,
das aber nur als Preis für Konzessionen, die ihn zu einem dem König
von Frankreich überlegenen Herrscher auf dem Kontinent hätten
aufsteigen lassen.
Im Januar 1358 wurde zu London ein Vertrag beurkundet,
wonach das Herzogtum Guyenne mit einigen anderen Regionen und Orten, darunter
Poitou und Limousin, Calais und Ponthieu, zu vollem, souveränem
Eigentum an England übergehen solle, alles in allem ein gutes Drittel
des französischen Königreiches. Als Lösegeld für den
König wurden 4 Millionen ecus (ca. 5 Millionen fl.) festgesetzt. Der
Dauphin stimmte dem Ergebnis zu, geriet aber in dieser Zeit durch den Aufstand
des Etienne Marcel in argte Bedrängnis; außerdem kehrten die
Lösegeldeintreiber mit fast leeren Händen nach England zurück.
Eduard
III. glaubte, die Gunst der Stunde nutzen zu können, ließ
Johann in ein weniger komfortables Gefängnis bringen und nötigte
ihn am 24. März 1358 zu einem zweiten Vertrag, der über die ursprüngliche
Abtretungen hinaus das gesamte Gebiet nördlich der Loire sowie die
Küstenregionen zwischen Somme und Calais unter englische Herrschaft
gestellt hätte: Frankreich wäre vom direkten Zugang zum Atlantik
abgeschnitten gewesen.
Indes hatte England sich verkalkuliert: König
Karl von Navarra sah sich übergangen und schloß mit
dem Dauphin den Frieden von Pontoise. Daraufhin entschied sich Eduard,
das Auslaufen des Waffenstillstands zur Fortsetzung des Krieges zu nutzen.
Als er damit scheiterte, handelte Prinz Eduard
mit
dem Dauphin einen neuen Vertrag aus, der am 8. Mai 1360 in Bretigny paraphiert,
danach von den beiden Thronfolgern und schließlich von deren Vätern
beschworen wurde. Am 24. Oktober erfolgte in Calais die definitive Ratifikation.
Das Lösegeld war auf 3 Millionen ecus gemindert worden und sollte
in 6 Raten gezahlt werden. Auch die territorialen Verluste blieben hinter
denen des zweiten Londoner Vertrages zurück. Betroffen waren aber
immer noch Guyenne, Gascogne, Poitou, Saintonge, Perigord, Limousin, Quercy,
Guines, Ponthieu und Calais. Als sehr folgenreich sollte sich ein Zusatzabkommen
erweisen, das die Realisierung des Vertrages regelte. Die darin enthaltene
Vereinbarung, dass Eduards Verzicht
auf die Krone Frankreichs und die Anerkennung der englischen Souveränität
über die abgetretenen Regionen durch Johann
II. bis zum November 1361 zu erfolgen habe, wurde nicht eingehalten
- der Krieg konnte jederzeit von neuem begonnen werden. Eingehalten aber
wurde eine der Bedingungen für Johanns
Freilassung: Frankreich hatte für die Erfüllung des Vertrags
Geiseln zu stellen, darunter die drei jüngeren Söhne des Königs
sowie dessen Bruder Philipp.
Nach der Bezahlung eines Großteils der ersten Lösegeldrate
konnte Johann am 25. Oktober 1360 das
englische Calais als freier Mann verlassen. In Boulogne wurde er vom Dauphin
empfangen, dem er schon vorher eine generelle Bestätigung von dessen
Verfügungen als Regent gewährt hatte. Wenig später verließ
Karl
den Vater und kehrte nach Paris zurück, wo binnen weniger Tage seine
beiden bis dahin einzigen Kinder verstorben waren. Indes waren diese Trauerfälle
wohl nicht das einzige Motiv für den Rückzug des Thronfolgers
aus der Sphäre der königlichen Politik. Für die Reise in
die Hauptstadt ließ sich Johann
viel Zeit, nutzte sie jedoch, um ohne erkennbare Beteiligung des Dauphin
einige Zentralbehörden neu zu ordnen und die Mitglieder des Grand
Conseil zu benennen. In Paris folgte dann noch die Einsetzung von Generaux
reformateurs, Bevollmächtigten für die Reform des Reiches, sowie
die Inhaftierung Jean Poilevilains, den Johann
für
die inflationäre Geldpolitik des Regenten verantwortlich machte, wogegen
dieser zunächst vergeblich protestierte. Am Ende hatte er aber doch
noch Erfolg damit: Poilevilain wurde im April 1361 erneut zum maitre general
des monnaies ernannt.
Als wichtigste Maßnahme von Johanns
gesamter Regierungszeit gilt eine am 5. Dezember 1360 in Compiegne erlassene
Ordonannz: Sie dekretierte die Prägung einer Goldmünze, mit deren
abgekürztem Namen noch heute die französische Münz- und
Währungseinheit benannt wird, des Franc. Der franc d'or a cheval lag
mit 3,89 g unter dem ecu (4,5 g) und über dem alten Gulden von Florenz
(3,53 g). Die seit Jahrzehnten arg malträtierte Silberwährung
wurde fest an die neue Münze gekoppelt. Trotz einiger Kursschwankungen
war damit die inflationäre Tendenz der königlichen Geldpolitik
in nachhaltiger Weise unterbrochen.
Indes stellte das nur die goldene Kehrseite jener Ordonnanz
dar, deren primäres Ziel die Sicherung der Lösegeldzahlungen
war. Johann hielt es für sinnvoll,
die Notwendigkeit seiner Maßnahmen wortreich zu erläutern und
ließ dabei die Worte "nostre pueple" ungewohnt häufig in den
Text einfließen. Diesem Volk wurde nunmehr auferlegt, die Kosten
des verlorenen Krieges zu übernehmen, unter anderem mit einer Salzsteuer
(gabelle) und Abgaben auf den Kauf anderer Waren des täglichen Bedarfs.
Zwar wurde ausdrücklich erklärt, dass diese aides nur bis zur
Bezahlung des Lösegeldes erhoben würden, aber die Ordonnanz von
Compiegne markierte dann doch den Beginn einer dauerhaften Besteuerung
des "pueple de France", wobei freilich einschränkend anzumerken ist,
dass die Könige Frankreichs schon seit geraumer Zeit das Sozialprodukt
des Landes in einem Ausmaß abzuschöpfen pflegten, von dem römisch-deutsche
Kaiser nur träumen konnten.
Die Besteuerung war jedoch nur eines der vielen Übel,
von denen Johanns Volk heimgesucht
wurde. Ein nicht unerheblicher Teil davon hatte mit ihm freilich nichts
mehr zu tun, sondern mußte die Herrschaft des Königs von England
anerkennen. Schlimmer erging es der Bevölkerung jener Regionen, von
den herrenlos gewordenen Söldnern und ihrer Kompanien heimgesucht
wurden. Die Anfänge dieser Plage gehen in die Zeit des Regenten Karl
zurück
und werden daher in dessen Biographie berücksichtigt. Die Kompanien
setzten nach dem Frieden von Bretigny ihr Treiben fort und blieben bis
über das Ende von Karls V. Herrschaft
hinaus eine Last, die Frankreich mitunter zu erdrücken drohte. Die
Kriegsfurie entledigte sich ihrer letzten Fesseln und ließ ganze
Landstriche im Chaos versinken. Johann
hat den Terror keineswegs tatenlos zugesehen, jedoch waren die Banden zu
stark und ihre Hauptleute zu kaltblütig, um sich von den kleinen Militäteinheiten
schrecken zu lassen, über die der König von Frankreich jetzt
noch verfügte. Zwar hat Johann in
Urkunden mehrfach ausdrücklich Recht und Würde seines ältesten
Sohnes und Nachfolgers hervorgehoben. Indes scheint er den Sohn gezielt
von der Regierung ausgeschlossen zu haben. Bei Abwesenheit oder Verhinderung
des Königs trat ein ständig in Paris präsenter Conseil in
Aktion, dem der Dauphin nicht angehörte.
Am 21. November 1361 starb Johanns
Stiefsohn Philipp von Rouvres, der
letzte
kapetingische
Herzog
von Burgund. Während einer Reise nach Dijon nahm
Johann
das
Fürstentum, auf das auch Karl von Navarra
Ansprüche erheben konnte, als sein persönliches Erbe in Besitz,
nachdem er zuvor noch in Paris dekretiert hatte, dass es zusammen mit den
Grafschaften Champagne und Toulouse sowie - unter Vorbehalten - dem Herzogtum
Normandie der Krone Frankreichs einzuverleiben sei: Nur der König
und der Thronfolger sollten künftig diese Fürstentümer innehaben.
Die Ordonnanz war im Conseil erlassen worden und zwar allem Anschein nach,
ohne dass zuvor die Zustimmung des Dauphin eingeholt worden wäre,
der ja auch den Titel eines Herzogs von Normandie führte.
Johann
erklärte,
dass er dessen Rechte nicht mindern wolle, verfügte jedoch, dass
Karl zu Beginn seiner eigenen Herrschaft die Vereinigung
der Normandie mit der Krone unter Eid zu bestätigen habe. Die Ordonnanz
richtete sich auch kaum gegen den Dauphin, sondern gegen Karl
von Navarra, der nicht auf Burgund, sondern auch auf Champagne
und Normandie Ansprüche geltend machen konnte. Von nun an wäre
Karls
Beharren auf diesen Rechten gleichbedeutend
mit einer Kriegserklärung an die Krone Frankreichs gewesen. Es war
jedoch nicht Karl von Navarra, sondern
der Thronfolger, der den Kampf um die Erbschaft kurz vor dem Tode des Vaters
und während dessen Abwesenheit in London eröffnete.
Im Herbst 1362 unternahm Johann
eine längere Reise, die ihn durch die Champagne wiederum bis nach
Burgund und weiter nach Lyon führte. Vermutlich hier erhielt er die
Nachricht vom Tode Papst Innozenz' VI. am 12. und der Wahl
von dessen Nachfolger Urban V. am 28. September. Er beschloß,
den neuen, nicht aus dem ihm vertrauten Kardinalskolleg gewählten
Papst aufzusuchen und einige Bitten an ihn zu richten. Johann
hatte die Kurie bereits mit nahezu leeren Händen wieder verlassen,
als er die Nachricht erhielt, dass König
Peter von Zypern erscheinen werde, um für die Ausrufung
eines neuen Kreuzzuges zu werben, der zugleich ein Feldzug zur Eroberung
desjenigen Reiches sein würde, als dessen Herrscher
Peter sich wähnen durfte, führte er doch als ersten
Titel den eines Königs von Jerusalem.
Johann kehrte nach
Avignon zurück. Am 31. März 1363 rief Urban zum Kreuzzug
auf und setzte dessen Beginn auf den 1. März 1365 fest. Zum Hauptmann
ernannte er den König von Frankreich, dem damit die Aussicht auf einen
gewichtigen Anteil an der vom Papst auszuschreibenden Kreuzzugssteuer eröffnet
wurde. Außerdem wollten er und der Papst die Chance nutzen, um die
allenthalben marodierenden Kompanien unter Sold zu nehmen, übers Meer
zu schicken und sie beim Kampf um das heilige Land ausbluten zu lassen.
Obendrein aber galt der Krieg gegen die Heiden nach wie vor als primäre
Pflicht eines jeden christlichen Herrschers: Der König von Frankreich
hätte mit einem Schlage das dahingeschwundene Prestige eines kaisergleichen
Herrschers der Christenheit zurückgewinnen können.
Nach der Heimkehr verbrachte
Johann nur wenige Wochen in Paris. Es folgten Gespräche
mit Vertretern der Städte in Reims, anschließend fand im Dezember
1363 zu Amiens eine große Versammlung aller Stände statt, zu
der auch der Dauphin erschien. Karls Rückkehr
an die Spitze der Zentralregierung war erforderlich geworden, weil Johann
sich mit dem Gedanken trug, nach London zu reisen, um mit Eduard
III. einige offene Probleme zu regeln. Zuvor jedoch wurde auf
der Versammlung von Amiens beschlossen, zur Verteidigung des Königreichs
gegen die Kompanien eine Truppe von 6.000 Mann aufzustellen und zu deren
Finanzierung eine Steuer auf jedes Herdfeuer (fouage) zu erheben, die je
nach Vermögen des betreffenden Haushalts bis zu 9 fr. betragen
und einen durchschnittlichen Ertrag von 3 fr. je Feuer erbringen sollte.
Die Stände stimmten zu. Die ins Auge gefaßte Truppenstärke
wurde dann bis zum Ende der Regierung Karls V.
als für die Verteidigung Frankreichs ausreichend angesehen.
Die Versammlung von Amiens stand unter dem Eindruck eines
dem Ansehen der Dynastie höchst abträglichen Vorgangs. Nachdem
der Termin verstrichen war, bis zu dem beide Könige den Verzicht auf
ihre unterschiedlichen Ansprüche hätten erklären sollen,
schlossen die in Geiselhaft befindlichen Mitglieder der königlichen
Familie im November 1362 mit Eduard III. einen
Vertrag, der diesem andere Unterpfänder und ihnen die sofortige Freilassung
einräumte. Zwar berührten die Konzessionen in kaum einem Punkt
die der Krone Frankreichs belassene Souveränität, jedoch erregte
das unautorisierte Vorgehen der Geiseln beträchtlichen Unmut. Dann
brach Johanns zweiter Sohn
Ludwig das Gelöbnis, bis zur Erfüllung der Vertragsklauseln
in der Haft zu verbleiben, und kehrte aus einem ihm gewährten Urlaub
nicht mehr nach Calais zurück, wohin die Geiseln im Mai verbracht
worden waren. Ludwigs Eidbruch war
zwar ein schmachvoller Vorgang, wurde aber von Eduard
III. fürs erste nicht als gravierende Verletzung der Vereinbarungen
bewertet, da er ja noch immer über andere hochrangige Geiseln verfügte.
Johanns Entschluß,
in Englands Hauptstadt zu reisen, war nach mittelalterlichen Vorstellungen
ungewöhnlich: Normalerweise trafen sich ebenbürtige Herrscher
an der Grenze ihrer Reiche. Das hat der Meinung Vorschub geleistet,
Johann habe dem ritterlichen Ehrenkodex den Vorzug vor der Staatsraison
gegeben und sich anstelle des Sohnes selbst als Geisel in englischen Gewahrsam
begeben. Jedoch spricht gegen diese Deutung von Johanns
Englandreise schon die Tatsache, dass er sich von Eduard
III. einen Geleitbrief für sich selbst sowie für eine
Eskorte von 200 Rittern ausstellen ließ. Gewiß sollte auch
über Genugtuung für das Verhalten von Johanns
Sohn Ludwig gesprochen werden, aber
das eigentliche Ziel der Reise bestand darin, die Befreiung der anderen
Geiseln zu erreichen. Vermutlich wollte Johann
sich
auch um eine Zusage Eduards bemühen,
sich bei einem künftigen Konflikt mit Karl
von Navarra neutral zu verhalten.
Johann scheint schon
bei Beginn der Reise nicht bei bester Gesundheit gewesen zu sein. Anfang
März erkrankte er und starb in der Nacht vom 8. auf dem 9. April
1364 im Alter von 44 Jahren. Sein Gastgeber war zutiefst erschüttert
und ließ den Leichnam mit allen königlichen Ehren nach Dover
geleiten. Von dort aus wurde der tote Herrscher über Calais nach Paris
gebracht, wo er am 5. Mai eintraf und in dem nahe der Stadt gelegenen Kloster
St-Antoine mit der Lilienkrone auf dem Haupt - einem Schlafenden gleich
- auf einem Bett aufgebahrt wurde. Erst einen Monat nach seinem Tode wurde
Johann
am 7. Mai in der Kirche von St-Denis beigesetzt.
Johann II. wurde
in der Historiographie seines Landes durchweg sehr negativ beurteilt. Das
geht wenigstens im Ansatz wohl schon auf die Chronisten zurück, die
unter
Karl V. die Geschichte der ersten
Könige aus dem Hause VALOIS konzipierten.
In jüngerer Zeit hat Raymond Cazelles dieses Urteil in Frage gestellt
und zu revidieren versucht. Er konnte darauf verweisen, dass Johann
von
einigen Zeitgenossen, darunter Petrarca, als höchst kultivierte und
umgängliche Persönlichkeit gewürdigt worden sei. Umstritten
ist mittlerweile kaum noch, dass die Gründung des Sternenordens nicht
nostalgisch geprägter Verschwendungssucht entsprang, sondern unter
dem Aspekt der "Sozialpolitik" jener Zeit durchaus sinnvolle Maßnahme
war, die freilich nicht ausreichte, die militärische Überlegenheit
der Engländer zu kompensieren. Im übrigen unterschied sich Johanns
Regierungsstil
nicht grundsätzlich von dem seines Vaters, und sein Sohn wiederum
hat im wesentlichen das Personal des Vaters beibehalten. Insofern gab es
Kontinuität im Guten wie im Schlimmen. Auch die Währungsmanipulationen
der Könige Frankreichs setzte Johann
fort, aber als er 1360 die Herrschaft wieder übernahm, erklärte
er diese Methode der Sanierung von Staatsfinanzen als verderbliches Übel
und zog die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis. All das kann allerdings
nicht Anlaß sein, Johann den Guten
zum grandiosen Herrscher und Staatsmann aufzuwerten. Die Hinrichtungen
des Konnetabel sowie des Grafen von Hartcourt und seiner Gefährten
mögen nach Maßgabe der zeitgenössischen Anschauungen berechtigt
gewesen sein, die Begleitumstände ließen sie indes in den Augen
von Frankreichs Adel als Willkürakte eines Tyrannen erscheinen. Entscheidend
für seine Stellung im Geschichtsbild war jedoch letztlich eine einzige,
binnen weniger Stunden erlittene Niederlage, die allerdings nicht mit einem
Mangel an Fortüne entschuldigt werden kann. Seinem durchaus erkennbaren
und wohl auch erfolgversprechenden Bemühen, Land und Leute aus dem
von ihm mitverursachten Elend herauszuführen, setzte dann der Tod
das abrupte Ende.