Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 496
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Bouillon
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Burg und Herrschhaft in Lothringen, sogenanntes "Herzogtum".
Die Ursprünge des "Herzogtums" Bouillon
liegen in einem allodialen Besitzkomplex des Hauses
ARDENNEN, der sich nördlich der Semois im Bistum Lüttich
erstreckte und aus dem frühmittelalterlichen Fiscus Palatiolum (Paliseul)
hervorgegangen war. Das Territorium von Bouillon
deckt sich insgesamt mit den Amtsbezirken Paliseul, Jehonville, Fays-les-Veneurs
und Sensenruth. Besitzer in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts war
Gottfried,
Graf von Verdun und Ardenne, seit 971 Vogt der Abtei Mouzon, die sein
Bruder Adalbero, Erzbischof von Reims, gegründet hatte. Der
Besitz der Vogtei hatte zur Folge, dass Gottfrieds Nachkommen ihrem
Hausbesitz ein umfangreiches Reimser Vogteilehen, das zwischen Maas und
Semois um Douzy lag, hinzufügen konnten.
Der Name Bullio (Bouillon)
findet erstmals 988 Erwähnung. Das Castrum, in Bergspornlage am linken
Semoisufer gelegen, stammt nach neuesten archäologischen Forschungen
aus der Zeit um 1100, das heißt aus der Zeit nach der Übernahme
von
Bouillon durch die Bischöfe von Lüttich.
Eine Motte auf dem Hügel von Beaumont, die den Zugang zum Plateau
bewachte, ging möglicherweise dieser Burg voraus (10.-11. Jh.). 1050,
während des Aufstandes Gottfrieds des Bärtigen, Herzog von
Lothringen, belagerten und erstürmten die Truppen Kaiser
HEINRICHS III. die Festung.
Die Stadt und das suburbium der Kaufleute entwickelten
sich zwischen dem castrum und dem mäandrierenden Flußlauf. Am
rechten Ufer (zum Bistum Lüttich gehörig) entstand die vorstädtische
Siedlung Laite (lat. Atrium) auf einer mit Immunität ausgestatteten
Domäne eines Kanonikerstifts, das Herzog Gottfried der Bärtige
im Jahre 1069 in ein Priorat der Abtei St-Hubert umbildete. Hier, in Laite,
entstand die Pfarrkirche. Ihr Verhältnis zur "Mutterpfarre" in Sensenruth
bleibt Gegenstand von Kontroversen.
Die Herrschaft Bouillon verblieb
bis 1096 im Besitz des Hauses ARDENNE.
In diesem Zusammenhang von einem "Herzogtum" Bouillon
zu sprechen, ist unrichtig. Fälschlich wurde der Herzogstitel, den
die Fürsten aus dem Haus ARDENNE
in Lothringen trugen, auf Bouillon bezogen;
die Chronisten sollten 100 Jahre später die ARDENNER
als "duces de Bullione" bezeichnen (so Giselbert
von Mons, Chron., C. VI, 9).
1096, am Vorabend des Kreuzzuges, verkaufte Gottfried
von Bouillon die Burg und ihr Zubehör an den Bischof von Lüttich,
Otbert. Bouillon war von nun an in personaler
Form, über die Person des jeweiligen Inhabers der fürstbischöflichen
Gewalt, dem Bistum Lüttich verbunden. Das "Herzogtum" - so heißt
Bouillon
in den offiziellen Quellen seit 1330 - behielt eine eigene Verwaltungsorganisation
und rechtsprechung. Es schickte keine Vertreter zu den Ständen von
Lüttich und war am Gericht der Zweiundzwanzig nicht beteiligt. Der
territoriale Aufbau des "Herzogtums" war komplex. Neben den obengenannten
4 Ämtern oder "Hochgerichten" (hautes-cours) und dem Reimser Kirchenlehen,
über das 1259 ein pariage-Vertrag mit dem Erzbischof von Reims geschlossen
wurde, umfaßten die von Bouillon lehensabhängigen
Besitzungen 4 "pairies", die der Abt von St-Hubert sowie die Herren von
Hierges, Mirwart und Saussure (jetzt Carlsbourg) innehatten: Stärker
dem Verband des "Herzogtums" eingegliedert waren die "sireries" von Botassart,
Corbion und Noirefontaine; die Herrschaft von Muno, die der Abtei St-Vanne
zu Verdun gehörte, bildete einen Ausgangspunkt für Streitigkeiten
mit den benachbarten Territorialherren. Von den anderen Enklaven und den
Gebieten an der Peripherie des Herrschaftsbereiches seien hier genannt:
Gedinne, Gembes, Gros-Fays, Rochehaut, Sugny, Alle, Les Abbyes.
Bis zum 16. Jh. gab der Streit um die Kontrolle der Festung
Anlaß zu zahlreichen Kriegshandlungen und Belagerungen. 1129/34 bemächtigte
sich Rainald, Graf von Bar, der Burg und gab sie erst nach einer denkwürdigen
Belagerung heraus, die 1141 von Bischof Albero II., dem Heinrich der Blinde,
Graf von Namur, zu Hilfe geeilt war, durchgeführt wurde. 1267 belagerte
Bischof Heinrich von Geldern die Festung. 1378 nahm Bischof Arnold von
Hornes die Burg den Parteigängern des Electus Eustache Persand ab;
die Stadt wurde dabei niedergebrannt. Zwei Jahre darauf wurde die Burg
erneut angegriffen, diesmal von einem Adligen aus der Umgebung, Johann
von Rodemack, Herrn von Chassepierre. 1406 und 1407 war sie ein Schauplatz
der Kämpfe, die der neue Electus des Bistums von Lüttich, Thierry
de Perwez, gegen den abgesetzten Bischof Johann von Bayern (Jean de Baviere)
führte. Von diesem zurückerobert, fiel Bouillon
einige Monate später wieder in den Besitz des Electus.
Anfang 1430 errichtete die Familie LA MARCK ihre Machtstellung
in Bouillon. Sie übte zunächst im
Namen des Bischofs die Regierung aus (Evrard II. de la Marck), ab
1435 beanspruchte sie jedoch die volle Souveränität. Am Ende
des 15. Jh. war Robert II. de la Marck-Arenberg, welcher Herr von Sedan
und faktische Beherrscher von Bouillon war
und sich mit König MAXIMILIAN
(gleichzeitig Herzog von Burgund) im Kriegszustand befand, in beständige
Händel in Luxemburg verwickelt. Die Festung
Bouillon
wurde im Juli 1495 von
den habsburgischen Truppen unter Erzherzog
Philipp dem Schönen und Markgraf Christoph von Baden erobert
und geschleift. Doch gelang es Robert im nächsten Jahr, sich wieder
in Bouillon
festzusetzen.
Der Konflikt zwischen der Familie LA MARCK von
Bouillon-Sedan
und den HABSBURGERN in den Niederlanden
setzte sich im 16. Jh. fort (Belagerungen 1521 und 1552) und erhielt durch
die direkte Intervention Frankreichs auf der einen, des Reiches auf der
anderen Seite Bedeutungen im großen französisch-habsburgischen
Konflikt.
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