Lexikon des Mittelalters: Band VI
Seite 28-33
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Luxemburg, Grafen von, Grafschaft, Herzogtum;
Luxemburger
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I. ENTSTEHUNG DER GRAFSCHAFT, AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG
1. Der luxemburgische Zweig des Ardennerhauses
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Der Name der Grafschaft geht zurück auf die
Lucilinburhuc,
die Graf Sigfrid 963 an der Trierer
Abtei St. Maximin eintauschte.
Die neu errichtete Burg, Stift, Markt und Burgsiedlung können als
Keimzelle der Grafschaft angesehen werden, übten aber bis zum Ende
des 10. Jahrhunderts kaum eine zentralpolitische Funktion aus. Als
Mitglied der
Sippe des im Raum Metz-Maas-Ardennen verankerten
ARDENNER-Hauses,
das sich nach der Angliederung Lotharingiens an das Deutsche Reich ganz
in den Dienst der OTTONEN stellte,
verfügte Sigfrid über
Grafenrechte im Moselraum, war Laienabt
und nach der Reform Vogt des Reichsklosters Echternach sowie Vogt der
Reichsabtei
St. Maximin. Weniger der dürftige gräfliche Eigenbesitz als
die
zwischen Ardennen und Mosel reichen Klostergüter sowie das Gebiet
um die Königspfalz Diedenhofen an der Mosel und spätere
Grafenrechte
in der Eifel bildeten dann auch die materielle Grundlage für die
Entwicklung
zum Territorialstaat Luxemburg.
Dazu gehörte auch die bis zur SALIER-Zeit
ständige Königsnähe der LUXEMBURGER,
die in der Heirat Kunigundes mit HEINRICH
II. zu und den Ernennungen
Heinrichs I. und Heinrichs
II. zu Bayern-Herzögen sowie Friedrichs II. zum
Herzog
von Nieder-Lothringen gipfelte. Ihr konnte weder die Luxemburger Fehde
(1008-1015) gegen HEINRICH II. noch
das Investiturstreit unglückliche Gegen-Königtum
HERMANNS
VON SALM einen Abbruch tun; durch erstere scheiterte allerdings
definitiv der Versuch, die Hand auf die benachbarten geistlichen
Territorien
Metz und Trier zu legen. Eine Verdichtung des auf die jüngeren
Brüder
der Herzöge von Bayern verteilten Machtbereiches deutete sich erst
in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts an mit dem Hervortreten
neuer Herrschaftszentren,
welche die alten Grafschaftsbezirke und die "horizontal" geprägte
Sippe sprengten und den zukünftigen "vertikalen"
Fürsten-Geschlechtern
ihren Namen gaben (LUXEMBURG,
SALM,
GLEIBERG,
LAACH).
2. Das erste luxemburgische Grafenhaus
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Konrad I.
(1059-1086) trägt als erster Nachfahre
Sigfrids
den Titel "comes
de LUCCELEMBURC".
Diese Erwähnung auf dem ersten Luxemburger
Grafensiegel (1083), das auf der Gründungsurkunde der
Münsterabtei
zu Luxemburg aufgedrückt ist, kündete durch die Verlegung der
Grablege von St. Maximin in das zukünftige Hauskloster in
Luxemburg
und die Verstärkung der Residenz-Funktion der dortigen Burg die
Entstehung
einer neuen, auf Luxemburg konzentrierten politischen Einheit zwischen
den geistlichen Territorien Trier, Metz, Verdun und Lüttich,
beiderseits
der Grenze zwischen Ober- und Nieder-Lothringen, an. Die Echternacher
und
St. Maximiner Vogteiurkunde des angehenden 12. Jahrhundert, die sich
besonders
gegen die Untervögte richteten, zeigen, dass der interne
Landesausbau
vor allem in die Zeit der direkten Nachfolger Konrads I. fiel. Durch
Veräußerung der Klostergüter in Form von Lehen schufen
sich die Obervögte ein Gefolge von milites, welche die Vorform
eines
gräflichen Rates bildeten und deren Nachfolger als adlige
Burgenbesitzer
den Lehnshof des 13. Jahrhunderts prägten. Mit Konrad II. erlosch 1136
das erste
Luxemburger Grafen-Haus
und damit auch die traditionelle Bindung an die deutschen
Könige.
3. Das zweite luxemburgische Grafenhaus
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Die Reichslehen der LUXEMBURGER
fielen
nach 1136 an Heinrich, Graf von Namur, durch seiner Mutter
Enkel
Konrads I.; da dieser
auch die Grafschaften Namur,
Durbuy und La Roche sowie die Vogtei über Stablo-Malmedy
erbte, erwuchs zwischen Maas und Mosel ein beachtlicher Machtkomplex,
den
Heinrich
durch erste institutionelle Ansätze (curia, Hofämter,
Burgvögte,
Notare, Gründung des Novum Forum
in Luxemburg) und im allerdings erfolglosen
Kampf gegen Lüttich und Trier (Verlust der Vogtei St. Maximin) zu
festigen suchte. Nach seinem Tod (1196) wurde sein Erbe aufgeteilt:
Luxemburg,
La Roche,
Durbuy und die Vogteien über Echternach und
Stablo fielen an seine spätgeborene Tochter
Ermesinde,
deren erste Regierungsjahre durch ihre beiden Heiraten mit dem Grafen
Theobald von Bar († 1214)
und dem Herzog Walram III. von
Limburg († 1226) geprägt
waren. Während beide Fürsten
vorwiegend durch Krieg der Grafschaft Luxemburg
Gebietszuwachs sicherten (Theobald
1199 aus dem Namurer
Erbe die
Propstei
Poilvache sowie die Propstei Marville,
Walram 1214 aus
Limburger Besitz die
Markgrafschaft Arlon als Mitgift), liegt die
Leistung der Gräfin nach 1226 in der Sicherung der Luxemburger
Rechte für ihren Sohn Heinrich V., dem Ausbau der
Lehnsherrschaft
an den Grenzen und der institutionellen Konsolidierung des Grafschaft
nach
französischen und niederrheinischen Vorbild. Dem Aufbau einer
regionalen
(Propsteien, Ablösung erblicher Ämter durch gräfliche
Beamte)
und zentralen Verwaltung entsprachen erste Städteprivilegierungen,
die Verwaltungs-, später auch Wirtschaftszentren schufen. Heinrich
V. (1235/36-1281) setzte diese Politik fort:
die Integration
des Adels und der Städte, die Bindung der aufsteigenden
gräflichen
Dienstleute an die Dynastie haben zur Wahrung der Landeseinheit
beigetragen,
die auch nicht durch den für die LUXEMBURGER
katastrophalen Ausgang des Limburger
Erbfolgestreits (Schlacht von Worringen,
1288: Tod
Heinrichs VI. beeinträchtigt
wurde.
II. GRAFSCHAFT UND HERZOGTUM IN DER REICHSPOLITIK
Kaiser HEINRICH VII., Sohn Heinrichs VI., rationalisierte nach flämischen Vorbild die Verwaltung (Registrierung der Einkünfte und Rechte, Einführung des Rentmeisters). Sein Sohn, König Johann von Böhmen, der die Interessen seiner Stammlande mittels einer aktiven Lehns-, Kauf- und Wirtschaftspolitik (unter anderem Gründung der Schobermesse in Luxemburg) stets wahrnahm, baute sie aus. Nach seinem Tode (1346) ließ Kaiser KARL IV. gegen den Willen des Vaters seinem Oheim Erzbischof Balduin von Trier freie Hand in Luxemburg. Erst nach Balduins Tod übertrug er das zum Herzogtum erhobene Luxemburg seinem Halb-Bruder Wenzel I., der die finanzielle Unabhängigkeit des Landes wiederherstellte und das Territorium seiner größten Ausdehnung zuführte (Erwerbung der Grafschaft Chiny. KARLS Sohn, König WENZEL, verpfändete 1388 das Herzogtum an Markgraf Jodok von Mähren, 1411 an seine Nichte Elisabeth von Görlitz; vergebliche Versuche seines Bruders SIGISMUND, die Stammlande zurückzugewinnen, stürzten das Herzogtum in Kriegswirren und wirtschaftlichen Niedergang, der auch mit dem Erwerb der Pfandrechte durch Philipp den Guten und der burgundischen Eroberung (1443) nur ein provisorisches Ende fand, da durch das Übergleiten Luxemburgs an die HABSBURGER nach 1477 wiederum neue Konflikte ausgelöst wurden.
Literatur:
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M. Twellenkamp, Das Haus der Luxemburger (Die
Salier,
Bd 1, 191, S. 475-502).
III. DIE LUXEMBURGER ALS KÖNIGE
UND KAISER
1. Kurfürst Balduin von Trier, Kaiser Heinrich VII.
und König Johann
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Die nächst den HABSBURGERN
erfolgreichste Herrscher-Dynastie des deutschen Spätmittelalters
trat
in diese Rolle regions- und konstellationsbedingt und angesichts der
damals
extrem von den Kurfürsten (besonders den rheinischen Erzbischöfen)
bestimmten Königswahl ein. Der wichtigste Vollstrecker war der Trierer
Erzbischof Balduin von Luxemburg (1307-1354).
Auch der Mainzer
Erzbischof Peter von Aspelt setzte sich
für Balduins
Halb-Bruder
HEINRICH
VII. ein. Die Beteiligten einte die Ablehnung des allzu starken
Nachbarn, König Philipp
IV. von Frankreich.
König
HEINRICH., 1308 - abgesehen von der böhmischen Stimme -
einmütig gewählt, suchte seine Legitimierung in Italien und
gab
dafür die mitteldeutsche Positionen der kaiserlichen
Vorgänger
vielleicht vorschnell auf. 1312 zum Kaiser gekrönt (erste
Kaiserkrönung
seit den STAUFERN), starb er schon
auf dem Rückweg von Rom (1313) und hinterließ dem Reich
nicht
viel mehr als diese Demonstration, die freilich nicht ohne Eindruck auf
die Zukunft blieb. Der überraschende Tod des Kaisers
hinterließ
auch die Dynastie in einem ungewissen Zustand. Gleichwohl sollten ihr
die
drei nächsten Generationen, die letzten im Mannesstamm,
historischen
Rang zuerteilen. Balduin war der Garant
der Zukunft. So sehr er die Interessen des Erzstifts wahrnahm (selbst
zu
Lasten des Groß-Neffen KARL),
so wichtig war ihm gleich danach das politische Schicksal der Familie.
Ihr diente Balduin durch seine regionalen
und überregionalen Erfolge als eine der überzeugendsten
Gestalten
des spätmittelalterlichen Kurfürstentums.
Balduin
war der einzige, der die strukturellen Schwächen der Trierer
Position
durch aktives Handeln vergessen machte - in einer Generation, die
dafür
günstige Chancen bot. Kaiser LUDWIG
DER BAYER
war in hohem Maße auf ihn angewiesen. Er prägte die
Fortentwicklung
der Reichsverfassung wesentlich mit, gewiss vor allem in der Absicht,
die
kurfürstlichen Rechte zu verteidigen. Dies trug aber mindesten
indirekt
zur Stabilisierung des Reiches insgesamt, auch gegenüber dem
Papsttum,
bei (Rhenser Kurverein).
Dem Sohn Kaiser
HEINRICHS VII.,
dem Knaben Johann (* 1296), waren
Rangerhöhung
und Chancen auf Machtzuwachs durch die väterliche Belehnung mit
dem
Königreich Böhmen unvermutet zugefallen (1310). Dies
handhabte
der Herangewachsene viel eher unter dynastischen als
"staatlich"-böhmischen
Gesichtspunkten. Schon deshalb ist ihm die Geschichtsschreibung bis
heute
nicht gerecht geworden. Böhmen galt Johann
eher als Basis königlichen Ranges denn als Wert an und für
sich,
so wünschenswert auch Durchgestaltung und Ausschöpfung der
Geld-
und Machtmittel des Landes schienen. Kaum weniger wichtig war das
Aufgreifen
der von den premyslidischen
Vorgängern
übernommenen und durch die Eheverbindung mit der PREMYSLIDIN Elisabeth
legitimierten weiterreichenden Ansprüche, zumal auf die polnische
Krone in Konkurrenz zu den PIASTEN
und auf das benachbarte PIASTEN-Land
(Schlesien). So mag die faktische Machtteilung mit dem böhmischen
Hochadel, die den König im Innern auf die Krondomäne mit den
Städten und die hergebrachten Einkünfte beschränkte, als
hinnehmbar gegolten haben. Zwei Aspekte machen die betont dynastische
Politik Johanns besonders
deutlich:
a)
das Bestreben, als Kaiser- und Königs-Sohn
wie ein König zu handeln, selbst wenn die böhmische Krone
dafür
nicht ganz das rechte Substrat bot. Dazu gehörte das Engagement in
Italien (1330-1333), das machtpolitisch betrachtet nichts als eine
befremdliche
Zersplitterung der Kräfte mit sich brachte. Wie man etwaige
Gewinne,
die dann erwartungsgemäß nicht eintraten, hätte
verwerten
und behaupten sollen, bleibt dunkel. Dass so "unvernünftiges"
Verhalten
gleichwohl akzeptiert wurde oder gar geboten schien, weist die
Gefolgschaft Johanns im
Reich auf. Sie unterschied sich angesichts der Teilhabe "klassischer"
königsnaher
Familien nicht sehr von denjenigen eines deutschen Königs. Dazu
mag
die unklare politische Lage zwischen LUDWIG DEM
BAYERN und
FRIEDRICH DEM SCHÖNEN
beigetragen haben. So kann man zeitweise eher von drei als von zwei
Königen
im Reich sprechen;
b)
die beharrliche Fortführung der französischen
Kultur-, Mode- und Personal-Beziehungstradition der Dynastie selbst
dann,
als dies mit den böhmischen
Verhältnissen ganz und gar unvermeidbar
und wenigstens partiell so unpopulär schien, als KARL
IV. mit großen Teilen davon rasch gebrochen hat. Der Hof
Johanns war
durchaus "international", ebenso wie seine unvermeidliche
Reisetätigkeit
in West-Europa samt seinen Ritter- und Kulturambitionen. Johann
kann
als Vorläufer der "internationalen" 2. Jahrhunderthälfte in
Mittel-Europa
gelten und trat damit in scharfen Gegensatz zu LUDWIG
DEM BAYERN und FRIEDRICHDEM SCHÖNEN.
Französisch waren die Heiratspolitik Johanns
(2. Gemahlin Beatrix
von Bourbon 1335) und die Verehelichung der Kinder (WENZEL-KARLoo Blanca
von Valois 1323, Jutta
[Guta] oo König
Johann II. von
Frankreich 1332).
2. Kaiser Karl IV., Herzog Wenzel von
Luxemburg und Markgraf
Johann Heinrich von Mähren
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Spätestens 1341 ist der Konflikt von LUXEMBURGERN
und WITTELSBACHERN,
unter den Augen
der HABSBURGER, unheilbar geworden;
das Zeitalter der rivalisierenden Groß-Dynastien war
heraufgezogen.
Johanns
Sohn KARL (* 1316) übernahm damals
für den kranken Vater im "do-ut-des-Geschäft" mit Balduin die
Führung. Bald nachdem Karl mit
Hilfe des Papstes Gegen-König geworden war (1346), fiel der
Vater bei Crecy. Ganz anders als dieser war KARL
gleichsam
LUXEMBURGER
und PREMYSLIDE zugleich, jedenfalls
ein erster LUXEMBURGER, der in
Böhmen
zu Hause war. So akzeptierte er den Übergang des Stammlands (1354
Herzogtum statt Grafschaft Luxemburg)
an den Halb-Bruder Wenzel (†
1383) und
gab Mähren an seinen jüngeren Bruder Johann
Heinrich (†
1375). Auch KARL
lebte und handelte dynastisch, war aber zugleich ein großer
"Staatsmann",
dem Länder, Macht und Geld vertraute Ziele und Mittel blieben. Ein
Jahrzehnt lang, um 1360, schien eine "französische" Lösung
des
"deutschen Problems" nicht ganz unmöglich; das heißt, durch
faktisches Übergewicht hätte man vielleicht nach und nach das
ganze Reich luxemburgisch machen oder
unter luxemburgische Hegemonie bringen
können. Ohne grundsätzlich neue Wege einzuschlagen, unternahm
KARL
bedeutende Modernisierungsschritte. Das Kurfürstentum, die
Städte
und nahezu auch das Papsttum schienen ihm zeitweilig zu Willen zu sein.
Mit dem König von Frankreich suchte er die östliche
Peripherie
Europas familiär aufzuteilen.
Bis 1361 musste er auf den Erben warten, dem
dies alles
zugedacht war. Für die Durchsetzung von Wenzels
Königswahl noch zu den eigenen Lebzeiten hat KARL
keine Ausgaben, Risiken und krummen Wege gescheut. 1376 gelang dieser
erstaunliche,
seit der STAUFER-Zeit unerhörte
Coup. Auch KARL teilte am Lebensende
dynastisch, doch insofern auch "staatlich", als er WENZEL,
den deutschen und böhmischen
König, sehr bevorzugte. Für
den zweiten Sohn Siegmund (* 1368) blieb
das von den WITTELSBACHERN erworbene
Brandenburg mit der Kurwürde, weil man auf die Krone Polens
hoffte.
Für den jüngsten Sohn Johann (* 1370)
genügte das unbedeutende neue Herzogtum Görlitz. Die eigene
Ehepolitik
des viermaligen Hochzeiters und die Verheiratung der Kinder waren
komplexe
politische Geschäfte wie kaum jemals sonst im Mittelalter. Herzog
Wenzel von Luxemburg,
nach Anfangserfolgen schwer geschlagen,
blieb dynastisch ohne Bedeutung, auch ohne Kinder; Johann
Heinrich von Mähren trat nicht hervor.
3. König Wenzel, Markgraf Jodok
von Mähren und
Kaiser Siegmund
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Die letzte Generation der männlichen LUXEMBURGER
war die politisch vielfältigste, ein Ausdruck auch der
Schwäche
des nun zum politischen Führers ausersehenen WENZEL
(1378-1400/19). Der Luxemburger Zweig
erlosch 1383, die Stammlande wurden nach einer von der Witwe Johanna
von Brabant mitgestalteten Übergangszeit burgundisch. Alle Probleme,
die unter der Regierung des Vaters zurückgestaut statt gelöst
worden waren, und neue zunächst beinahe unlösbare
Schwierigkeiten,
wie das Abendländische Schisma von 1378, brachen über den
jungen
Thronfolger
WENZEL herein. Die nie zum Schweigen gebrachte
innerterritoriale
Adelsopposition löste die entscheidende Herrschaftskrise in
Böhmen
aus (1384/85), im Reich wurde sie gut 10 Jahre später offenkundig
und führte schließlich zur (von WENZEL
nie anerkannten, rechtlich unzulässigen) Absetzung durch ein wittelsbachisch
geführte Kurfürstenfronde (1400 zugunsten König
RUPRECHTS). Bis dahin hatte der innerdynastische Konflikt
schon
mehrere Höhepunkte erlebt. Er wurzelte im Aufstieg der mährischen
Nebenlinie in der zweiten
Generation, zumal in der Gestalt Markgraf
Jodoks (Jobsts; 1375-1411), eines bis heute ziemlich
unbekannten
LUXEMBURGERS.
Jodok vermochte,
ansehnliche Geldmittel als politische Hebel einzusetzen, auch im
Bündnis
mit der Adelsopposition gegen WENZEL.
Zeitweilig betrieb Jodoks Bruder Prokop
(1375-1405) eine eigene Politik. Aus Jodoks
Geld stammte vieles von dem finanziellen Rückhalt, dessen sich Siegmund von Brandenburg erfreute. Dadurch,
aber auch durch Glück
und eigene Tüchtigkeit gewann er 1387 zwar nicht, wie einst
geplant,
Polen, jedoch das Königreich Ungarn mit seinen Nebenländern.
Von dieser bald freilich von den Osmanen bedrängten Basis aus
trieb
er mit WENZEL konkurrierende Politik
im Reich. Nach dem Tod König
RUPRECHTS (1410)
wurden Jodok von Mähren und mit
mehr Glück Siegmund von Ungarn
zu deutschen Königen gewählt (1410-1437). Dieser letzte LUXEMBURGER,
nicht unähnlich dem Großvater Johann,
aber auch in manchem wie sein kaiserlicher Vater, ist auf unsicherer
Basis
ein Mann von Bedeutung geworden. Seine wichtigste Leistung war das
wesentliche
Mitwirken an der Beendigung des Schismas auf dem Konzil von Konstanz
(1414-1418).
SIEGMUND regierte
länger, als die nach dem Tode WENZELS
ausgebrochenen Hussitenkrise dauerte, die Inner-Böhmen und Teile
Mährens
aus der umgebenden katholischen Welt für 15 Jahre gleichsam
herauslöste.
SIEGMUND
gewann Böhmen zurück, kam aber in ein ganz verändertes
Land,
das von der Hochadelsmacht noch stärker als bereits zuvor
geprägt
war. Die einzige Tochter Elisabeth
hatte er bereits 1421 mit Herzog Albrecht V. von
Österreich verheiratet, der als ALBRECHT
II. deutscher König werden und das Jahrhunderte
währende
Kaisertum der HABSBURGER einleiten
sollte.
ALBRECHT
war ein loyaler Erbanwärter und Erbe und ein befähigter
Herrscher,
wie viele seiner Verwandten nach ihm. So fiel der große Komplex
der
böhmischen und ungarischen Länder von einer bedeutenden
Dynastie
an eine noch bedeutendere und gestaltete deren Zukunft wesentlich mit.
In Eifel und Ardennen, im Bitgau an
der Mosel oberhalb
Bernkastel, um Trier, Diedenhofen und Metz gebot der 3. Zweig des MITTELMOSEL-GESCHLECHTS.
An der Saar gehörte ihm die beherrschende Saarburg, dazu
Wallerfangen
und Saarbrücken. Im Niedgau besaß er Forsten um Bouzonville.
Dazu kamen Vogteien der reichsten Klöster des Landes, unter ihnen
St. Maximin, Echternach und Prüm. Trier wäre der rechte
Mittelpunkt
für die Herrschaft der Grafen gewesen, doch das verhinderte
König
und Erzbischof. Deshalb tauschte 963 Siegfried († 998)
die strategisch
günstig gelegene Luxemburgvon St. Maximin ein, um sie ganz
zu einer starken Festung auszubauen. Von dieser Basis aus erweiterte er
Besitz, Herrschaftsrechte und Verwandtschaftsbeziehungen nordwärts
nach Nieder-Lothringen. Sein bedeutendster Gewinn war die Vogtei der
Klöster
Stablo und Malmedy. Von Siegfrieds
Töchtern heiratete Liutgard
den
Grafen von Holland. Evas
Ehe mit den auch im Elsässer Nordgau
begüterten Grafen Vaudemont versprach größeren Einfluss
im Süden.
Kunigunde wurde im Jahre
1000 mit dem Bayern-Herzog Heinrich
vermählt,
der 1002 die Krone erlangte. Diese Verbindung mit dem letzten LIUDOLFINGER
nutzten
die Geschwister der Königin gründlich zu ihrem eigenen
Vorteil.
Als bayerischer Herzog (1004-1009, 1017-1026) trat
Graf Heinrich
noch vor dem Hause VERDUN gleichrangig neben die
Vettern der Linie BAR.
Dietrich
bestieg nach rücksichtsloser Ausschaltung Adalberos von Bar, seines
Mündels, den Metzer Bischofsstuhl (1005-1047), der dem Geschlecht
bis 1072 verblieb. Er erwarb Grafenrechte im unteren Saargau. Mit der
Verwaltung
der bischöflichen Grafschaft Metz betraute er seinen Schwager Gerhard.
Adalbero,
der Propst von St. Paulin,
usurpierte 1008 sogar die Trierer Erzbischofswürde.
Die Verweigerung der Investitur hatte bis 1017 blutige, das Land
verheerende Fehden des Königs und der übervorteilten Vettern
gegen die LUXEMBURGER
zur Folge. Am
Ende kam es zu einem Vergleich, der den Rebellen mit Ausnahme der
erzbischöflichen
Würde von Trier Ämter, Lehen und Pfründen beließ
oder
zurückgab. Das Geschlecht führte in Ober-Lothringen
Graf Friedrich
(† 1019) weiter, Herr der
nördlichen Ardennen, dem seine konradinische
Gemahlin
die oberhessische Herrschaft Gleiberg zugebracht hatte. Von ihren
Söhnen erhielt Heinrich die
Grafschaft
Luxemburg mit den Klostervogteien von St. Maximin, Echternach
und Stablo-Malmedy.
Friedrich
gewann durch Vermählung mit
Gerberga
von Boulogne wertvollen Besitz in Nieder-Lothringen. Seine
Schwester
Otgiva heiratete den französischen Großgrafen Balduin IV.
von Flandern. Imiza
vermählte sich dem süddeutschen
Grafen
Welf. Trotz des
zeitweiligen Verlusts der bayrischen Herzogswürde
konnte also das Haus seine Stellung im Reiche beträchtlich
ausbauen.
Den Griff nach der Krone wagte - zu seinem Schaden - erst Giselberts
Sohn, HERMANN VON SALM (1081-1088).
Die zeitweilige Verbannung der REGINARE nutzte das
MITTELMOSEL-GESCHLECHT
zum Ausgreifen nach Norden. An der Straße
von Trier nach Aachen schuf sich die Luxemburger
Linie östlich von Prüm in der Eifel eine
Grundherrschaft
um Burg Salm. Dazu kamen Güter im Maastale bei Huy und die
Vogtei von Stablo-Malmedy. Wo sich der Weg von Luxemburg durch die
Ardennen
in Richtung Namur und Lüttich gabelt, erhielt Bastogne als
Grafensitz
starke Befestigungen.