HABSBURGER
 

STAMMTAFEL im Anhang Band IX des Lexikons des Mittelalters

EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE Band I.1 Tafeln 38-46
 

Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1815
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HABSBURGER
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[1] DIE ANFÄNGE

Die Adels-Familie der HABSBURGER lässt sich bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen. Bei dem 952 von OTTO I. verurteilten Guntrammus dives (Guntram der Reiche) dürfte es sich um den ersten bekannten HABSBURGER handeln, über den sich Beziehungen zu DAGSBURGERN-EGISHEIMERN und ETICHONEN erschließen lassen. Schon früh verfügten die HABSBURGER über Besitz im Ober-Elsaß und Breisgau ("obere Lande") sowie über die Grafschaft im Klettgau. Um 1020 errichtete Bischof Werner von Straßburg, wohl Schwager von Guntrams Enkel Ratbod ( 1045), am Zusammenfluss von Aare und Reuß die Habsburg ('Habichtsburg'). In diese Zeit fällt die Gründung der Hausklöster Muri und Ottmarsheim. 1108 wird Otto II. erstmals urkundlich "comes de Hauichburc" genannt. Im Zug ihres weiteren Aufstiegs erweiterten die HABSBURGER, in Anlehnung an die STAUFER, ihren Besitz als Erben anderer schwäbischer Geschlechter (LENZBURGER, KYBURGER, zum Teil auch ZÄHRINGER, PFULLENDORFER).
1232/39 kam es zur Teilung zwischen der Älteren und der Jüngeren Laufenburgischen Linie (erloschen 1415).
Die Kämpfe um das zerfallende staufische Schwaben nutzte Rudolf IV. (I.) erfolgreich zur Vergrößerung des habsburgischen Territoriums. Ein einheitlicher Machtbereich im Südwesten des Reiches zwischen Vogesen und Bodensee war im Entstehen, als der Graf 1273 zum römisch-deutschen König gewählt wurde.

[2] DAS KÖNIGTUM RUDOLFS UND ALBRECHTS I.

Die Revindikationen des nach 1245 verlorenen Reichsgutes brachten König RUDOLF I. in Gegensatz zu Ottokar II. Premysl von Böhmen. Nach dessen Überwindung (Dürnkrut, 1278) verlieh RUDOLF die heimgefallenen Reichslehen Österreich und Steiermark 1282 seinen Söhnen Albrecht I. und Rudolf ( 1290), wodurch er seiner Familie im Südosten des Reiches verankerte und in den Reichsfürstenstand erhob. Die Nachfolge Albrechts als König konnte RUDOLF hingegen nicht durchsetzen, zumal er auch die Kaiserkrone nicht zu erlangen vermochte. Albrecht I. widmete sich der Konsolidierung der habsburgischen Herrschaft in den erworbenen Herzogtümern, ohne die Reichspolitik aus den Augen zu verlieren. Nach dem Sieg über König ADOLF VON NASSAU (Göllheim, 1298) erreichte er auch hier sein Ziel und trachtete nun, ein Königtum nach westlichem Vorbild aufzurichten, unter Zurückdrängung des kurfürstlichen Einflusses.
Nach ALBRECHTS Ermordung (1308) abermals vom Königtum abgedrängt, bewarben sich die HABSBURGER 1314 erneut um die Krone, doch unterlag Friedrich der Schöne nach einer Doppelwahl dem WITTELSBACHER Ludwig dem Bayern (Mühldorf, 1322). Damit schieden die HABSBURGER für 100 Jahre aus dem Wettbewerb um die Krone aus.

[3] Landesherrschaft, Territorialpolitik und dynastische Teilungen:
Eine Periode der Festigung bedeutete die Herrschaft Albrechts II. ( 1358), während die kurze Regierung seines ältesten Sohnes Rudolf IV. (1365) politischen und kulturellen Aufschwung (vor allem für die Residenzstadt Wien) brachte. Mit Urkundenfälschungen (Privilegium maius, 1358) hoffte der Herzog, seinen Schwieger-Vater Kaiser KARL IV. zur Anerkennung einer herausragenden Stellung der habsburgischen Herzogtümer innerhalb des Reichsgefüges zu bewegen (Erzherzog).
1379 schlossen Rudolfs Brüder Albrecht III. und Leopold III. den Vertrag von Neuburg an der Mürz, der eine Periode herrschaftsschwächender Teilungen einleitete. Der älteren albertinischen Linie fielen die Gebiete des Donauraumes zu, der jüngeren leopoldinischen die westlichen Stammlande und die neueren Erwerbungen.
Dem Ziel einer Landverbindung zwischen den westlichen und östllichen Besitzungen waren die HABSBURGER im 14. Jahrhundert recht nahe gekommen:
1335 Erwerb von Kärnten, 1363 von Tirol, gleichzeitig Festsetzung im späteren Vorarlberg, 1368-1382 Ausbau der schwäbischen Positionen (sogenanntes Vorder-Österreich; Landgrafschaft Breisgau, Freiburg, Landvogtei Ober- und Nieder-Schwaben, Land zwischen Neckar und Donau) und erstes Ausgreifen nach Süden (Inner- Istrien, Windische Mark, Triest).
Die drohende Gefahr eines habsburgischen Herzogtums Schwaben rief die Eidgenossenschaft auf den Plan. Die Auseinandersetzungen des 14. und 15. Jahrhundert (Sempach, 1386, Näfels, 1388) brachten den HABSBURGERN empfindliche Besitzverluste (1415 Aargau mit der Habsburg, 1460 Thurgau). 1474 mußte Herzog Sigismund den eidgenössischen Besitzstand anerkennen (sogenannte Ewige Richtung).
1411 waren durch Teilung der leopoldinischen Linie in einen steirischen und tirolischen Zweig drei habsburgische Länderkomplexe entstanden, deren divergierende Ziele und Notwendigkeiten zu inneren Kämpfen führten.

[4] Die Übernahme des römisch-deutschen König- und Kaisertums durch die Habsburger im 15. Jahrhundert:
Mit Albrecht V. (II.), der als Schwieger-Sohn Kaiser SIEGMUNDS zur Herrschaft (ebenso in Böhmen und Ungarn) berufen wurde, kam 1438-1439 wieder ein HABSBURGER auf den deutschen Thron.
Sein Nachfolger Friedrich V. (III.) aus der steirischen Linie stand einer Reihe kaum zu bewältigender Aufgaben gegenüber, bei denen sich Reichs- und Hausmachtinteressen in unauflöslicher Weise miteinander verknüpften. Zwar gelang ihm als letztem Herrscher die Kaiserkrönung in Rom, doch wurde er durch die Auseinandersetzungen um sein Mündel Ladislaus Postumus ( 1457) und die Kämpfe mit seinem Bruder Albrecht VI. ( 1463) in die Defensive gedrängt. Durch den Verlust Nieder-Öterreichs an Matthias Corvinus (1485) und den drohenden Verkauf Tirols an Bayern (1487) in höchste Gefahr geraten, konnte die habsburgische Herrschaft dank der Zähigkeit des Kaisers und einer veränderten politischen Lage 1490 wieder in einer Hand vereinigt werden.
Durch die Vermählung seines Sohnes Maximilian I. mit der burgundischen Erb-Tochter Maria (1477) schuf FRIEDRICH III. die entscheidende Grundlage für den internationalen Aufstieg der HABSBURGER, die das flämisch-niederländische Territorium des Herzogtums Burgund erringen konnten (Friede von Arras, 1482). Zu den habsburgischen Herrschaftstraditionen im Südwesten, in den Ostalpen- und Donauländern des Reiches traten nun, bedingt durch das Erbe des burgundischen Gegensatzes zu Frankreich, westeuropäischen Interessen.
G. Scheibelreiter


Quellen:
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Reg. Habsburgica I, 1: Die Reg. der Gf.en v. H. bis 1281, bearb. H. Steinacker, 1905

Literatur:
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O. Redlich, Rudolf v. H., 19652
A. Lhotsky, Gesch. Österreichs 1281-1358, 1967
A. Lhotsky, Das Haus H. (Aufsätze und Vorträge 2, 1971)
A. Wandruszka, Das Haus H. Gesch. einer europ. Dynastie, 1978
Die Zeit der frühen H., 1279-1379 [Kat. 1979]
Zöllner7, 114-155
G. Hödl, H. und Österreich 1273-1493. Gestalten und Gestalt Österreichs im SpätMA, 1988
Die H. Ein biograph. Lex., hg. B. Hamann, 1988.


Deutsches Herrscher-Geschlecht, hat angeblich seinen Namen von dem noch in Ruinen vorhandenen Schlosse Habsburg (Habichtsburg) bei Schinznach an der Aare, das der Bischof von Straßburg, Werner, aus dieser Dynastie um 1027 erbaut haben soll. Zunächst Grafen in Südwest-Deutschland; mit RUDOLF I. (1273-1292), ALBRECHT I. (1298-1308) und 1440 bis 1806 (mit einer Unterbrechung 1742/45) im Besitz der deutschen Königs- bzw. Kaiserkrone. 1282 begründeten die HABSBURGER in Österreich und Steiermark ihre Hausmacht, zu der unter anderem Kärnten (1335) und Tirol (1363) kamen. 1477 erwarben die HABSBURGER die Niederlande und die Frei-Grafschaft Burgund. 1521/22 überließ KARL V. die österreichischen Erblande seinem Bruder FERDINAND, der 1526 auch in Ungarn und Böhmen König wurde. So spalteten sich die HABSBURGER in eine spanische (1700 ausgestorben) und eine österreichische Linie (1740 in weiblicher Erbfolge fortgesetzt, seit 1780 Haus HABSBURG-LOTHRINGEN). Durch die November-Revolution 1918 in Österreich-Ungarn wurden die HABSBURGER (Karl I.) abgesetzt. Restaurationsversuche Karls I.und Ottos von Habsburg scheiterten.

Krieger Karl-Friedrich:
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"Die Habsburger im Mittelalter"

Die materiellen Herrschaftsgrundlagen des Geschlechts beruhten schon früh auf zwei Besitzzentren. Das eine bestand aus dem sogenannten "Eigen", altem Allod- oder Eigengut zwischen Reuss und Aare, das von der Habsburg und den Burgen Wildegg und Brunegg geschützt wurde, sowie aus der weltlichen Schutzherrschaft (Vogtei) über das Benediktiner-Kloster Muri. Das andere setzte sich aus einem umfangreichen Güterkomplex im Ober-Elsass zusammen, der sich zwischen Basel und Straßburg und vor allem am linken Rheinufer entlang (mit einigen rechts-rheinischen Besitzungen) erstreckte und der mit wichtigen Herrschaftsrechten, wie den Vogteien über die Klöster Ottmarsheim, Murbach und die Stadt Straßburg sowie der Landgrafschaft im Ober-Elsass, ausgestattet war. Dazu kamen weiterer Streubesitz mit Vogteirechten im Breisgau, die Grafschaft im Klettgau (zwischen Rhein, Wutach und Randen) und später die Grafschaften in Zug, Schwyz und Unterwalden sowie Besitzungen im Frickgau und die Vogtei über das Frauenstift Säckingen. Als in den Jahren 1232 bis 1238/39 die Brüder Albrecht IV. und Rudolf III. eine Landesteilung vornahmen, wurde zwar die nun entstehende Nebenlinie Habsburg-Laufenburg (ausgestorben im Jahre 1415) mit der Grafschaft im Zürichgau und den Vogteien über das Kloster Ottmarsheim sowie über Sempach, Willisau und Laufenburg ausgestattet; die Machtstellung der Hauptlinie, der auch der spätere König RUDOLF als Graf Rudolf IV. angehörte, wurde hierdurch jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt.