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Gästebuch
DIEGO DE ALMAGROS ZUG NACH
CHILE

Die ersten Weißen, die nach Chile kamen,
waren Spanier, die von Cuzco aus unter widrigsten Bedingungen
über die Anden nach Süden vorstießen. Sie standen unter der
Führung Diego de Almagros, eines Kampfgefährten der Pizarros,
der als Entschädigung für seine Verdienste um die Eroberung des
Inkareiches ein neu zu gründendes Königreich Neu-Toledo
angeboten bekam, sofern er es sich selbst eroberte. Anstatt des
erhofften Goldes und der Reichtümer wurde das Unternehmen zu
einem Desaster, Almagro sah sich um seinen Lohn betrogen. Voller
Haß und Rachegefühle kehrte er daraufhin nach Cuzco zurück, um
sich sein Recht mit dem Schwert zu verschaffen. Sein Aufstand
gegen die Pizarros mißlang, Diego de Almagro wurde
gefangengenommen und auf der Plaza von Cuzco hingerichtet und
gevierteilt. Der Chronist der Eroberung Perus, Fray Celso Gargia,
hat uns einen kurzen Bericht von diesem ersten Versuch einer
Eroberung Chiles überliefert:
»Für das UNTERNEHMEN NEU-TOLEDO hatten sich genug Spanier
gemeldet. Sie alle hofften, dort noch mehr Schätze als in Peru
zu finden. Paullo Topa, ein Bruder des Inkaherrschers Manco,
wurde mit drei Spaniern vorausgesandt, um den Weg zu erkunden. Es
folgte eine Schar von 150 Mann, die unter dem Befehl eines
Offiziers namens Saavedra stand. Ihr wieder folgte Almagro mit
seiner Truppe. Einige Verstärkungen sollten nachkommen. Auf dem ersten Teil ihres Marsches benutzten
die Spanier die große Kriegsstraße der Inkas, die durch das
Tafelland weit nach Süden führte. Dann aber begannen die
Bergpässe, wo keine Spur einer Straße, ja eines Weges zu finden
war. Hindernis um Hindernis türmte sich hier auf: tiefe und
wilde Schluchten, um deren Wände sich ein Steig neben Abgründen
zu schwindelnden Höhen hinaufwand; Bergbäche, welche über die
Abhänge brausten und manchen mit sich in die Tiefe rissen;
dunkle Fichtenwälder, die kein Ende zu haben schienen; ödes
Tafelland, wo es weder einen Busch noch einen Strauch gab. Hier
wehten eisige Winde, die durch Mark und Bein gingen. Je höher die Spanier kamen, desto
durchdringender wurde die Kälte. Manche verloren die Nägel, ja
sogar ganze Gliedmaßen. Andere wieder erblindeten, nachdem sie
Schneefelder überschritten hatten, viele glaubten, in der
dünnen Luft ersticken zu müssen. Da es hier nichts gab, das als
Nahrung dienen konnte, stellte sich auch noch der Hunger ein.
Schließlich wurde die Hungersnot so groß, daß niemand mehr
davor zurückscheute, Pferdefleisch zu essen. Schlachten mußte
man die Tiere erst gar nicht, da die meisten erfroren. Aus der wüsten Einöde des Gebirges gelangten
die Spanier in das grüne, ungefähr 13 Grad südlicher Breite
gelegene Tal von Coquimbo. Hier stießen sie endlich auf Dörfer.
Doch wie groß war ihre Enttäuschung, als sie in den elenden
Hütten nur gedörrte Ratten, übel schmeckende Beeren und in
Töpfen eine breiartige Masse fanden, die von Maden durchsetzt
war. Immerhin waren die Indianer als Lasttiere zu gebrauchen. Sie
wurden je zehn zusammengekettet und mußten die Lasten der
erschöpften Spanier tragen. Da die meisten vom Hunger
ausgemergelt waren, hielten sie nicht lange durch und sanken bald
daraufhin tot zu Boden. Im Tal von Coquimbo wurden Almagros Truppen
von den Verstärkungen eingeholt. Diese standen unter dem Befehl
des Rodigro de Orgonez, eines trefflichen Soldaten, der an der
Erstürmung Roms teilgenommen hatte. Nun im Besitz eines
stattlichen Heeres, sandte Almagro einen starken Trupp aus, das
Land gegen Süden hin zu erkunden und, wenn möglich,
Lebensmittel herbeizuschaffen. Dieser Trupp kehrte nach zwei Monaten zurück
und brachte wenig erfreuliche Nachrichten über die südlichen
Gegenden von Chile mit. Sie waren hundert Leguas weit
vorgedrungen, wobei sie nur auf elende Dörfer gestoßen waren.
Lebensmittel gab es in diesem Lande nur wenig, Gold überhaupt
keines. Selbst an Tieren herrschte in den undurchdringlichen
Wäldern Mangel. Nun fühlte sich Almagro abermals betrogen. In
ein Land hatte man ihn gesandt, in dem es kein Gold gab, in ein
Land, in welchem der Hunger regierte! Das war die ihm zugedachte
Statthalterschaft! Wahrscheinlich war es die Hoffnung der
Pizarros gewesen, daß er hier elend umkam. Zu diesen
Überlegungen kam noch, daß die Soldaten zu murren begannen und
die Rückkehr forderten. Saavedra und Orgonez stellten sich auf
ihre Seite. So gab Almagro den Befehl zur Rückkehr und
wandte sich nach Norden. Er war jetzt entschlossen, sich sein
Recht zu verschaffen, wenn es sein mußte, auch mit dem Schwert
in der Hand. Sein Ziel war Cuzco. Um den Gefahren der Bergpässe zu entgehen,
nahm Almagro jetzt den Weg entlang der Küste und marschierte mit
seinen Soldaten durch die schreckliche Wüste von Atacama, wo
mehrere Soldaten verdursteten. Nachdem die Leiden dieses Marsches
überwunden waren, erreichte er die etwa 60 Leguas von Cuzco
entfernte Stadt Arequipa.« Der nächste, der sich an die Eroberung Chiles
heranwagte, war Pedro de Valdivia. Sein Vorstoß war von Dauer,
womit sich die Spanier nach äußerst blutigen Kämpfen mit
Indianern im Lande festsetzen konnten. Doch dies ist eine andere
Geschichte.
Der vollständige Text nach einer Übersetzung
von Ernst Bartsch wurde 1996 von Evamaria Grün herausgegeben uns
ist unter dem Titel Die Entdeckung von Peru 1526-1712 in
der Edition Erdmann in K. Thienemanns Verlag, Stuttgart und Wien,
erschienen.
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