Während der Jemen bereits seit längerer Zeit als Geheimtip
unter Globetrottern gilt, ist über das Nachbarland Oman nur
wenig bekannt. Wer indes wahrhat, daß dieses Sultanat auf der
Arabischen Halbinsel liegt, am Eingang zum Persischen Golf, in
dem wird bereits eine ungefähre Vorstellung reifen, was ihn dort
erwarten mag. Es ist die Rede von ergiebigen Ölquellen, dem
Schwarzen Gold, das all den märchenhaften Reichtum
hervorgezaubert hat, für den die Ölscheichs bekannt sind:
Wunder aus Tausendundeiner Nacht wird er zu erleben sich wähnen
und will all die sagenhaften Schätze des Orients vor Augen
geführt wissen, die auf jahrtausendealten Karawanenwegen quer
durch die Wüste transportiert wurden. Das Land der Königin von
Saba, das es einmal war, zieht es sich als ein schmaler
Küstenstrich längs des Arabischen Meeres hin, eine uralte
Handelsbrücke zwischen dem Indischen Ozean und dem Roten Meere
bildend. Hier flossen dereinst die Warenströme des Morgenlandes
vom indischen Subkontinent nach der afrikanischen Ostküste und
umgekehrt, und auch als der Seeweg nach Indien gefunden war,
ebbte der Warenverkehr längst nicht ab, sondern schwang sich
mehr noch zu neuer Blüte auf. Seit alters her tasteten sich
arabische Seefahrer auf ihren Dhaus längs der zerklüfteten
Küste um die Arabische Halbinsel herum und stellten auf schwer
schiffbaren Routen die erste Handelsverbindung zwischen dem Golf
von Oman und dem jordanischen Akaba her, von wo aus die Waren
dann auf dem Landweg nach Alexandria oder durch das Jordantal bis
nach Damaskus gelangten, welches seinen sagenhaften Reichtum
nicht zuletzt diesem Umstand verdankte. Doch schon viel früher
findet man in babylonischen Urkunden des Landes von Magan
Erwähnung getan, und mit Kupfer beladene Lastkähne fuhren hin
nach Mohenjodaro im Industal. Felix arabia, "glückliches
Arabien", nannten es die Römer, wegen des Weihrauchhandels,
der seit dem Altertum hier blühte und seinen Bewohnern einen
erklecklichen Reichtum bescherte.
In Fortsetzung ihrer glorreichen Vergangenheit
haben die Golfstaaten weitere Berühmtheit, leider eine etwas
traurige, erst in unserer Zeit erlangt, als Geburtsstätten des
internationalen Terrorismus, dem ersprießlicher Nährboden, von
dem fanatische Moslems, den Köpfen einer Hydra gleich, ihren
Ausgang nehmen. Ungeachtet einer allgemein erhöhten
Gefährdungssituation aufgrund terroristischer Anschläge, die
für den gesamten Nahen und Mittleren Osten gilt, hat das
Auswärtige Amt speziell für den Oman keine Reisewarnung
herausgegeben, reisen wir doch zu einer Zeit, da der irakische
Staatschef Saddam Hussein den Amerikanern soeben ins Netz
gegangen ist, aber genau dieser Umstand hätte die
Tourismusbranche zu erhöhter Wachsamkeit aufrufen sollen. So
betreten wir denn unser Reiseland mit äußerst gemischten
Gefühlen, denn auch die jüngste Geiselnahme mehrerer
Sahara-Touristen liegt noch nicht allzuweit zurück. Ein etwas
unbehagliches Gefühl wird von Anbeginn an unser ständiger
Begleiter sein, auch wenn der Oman sich bemüht, nicht in die
Aktivitäten des al-Qaida-Netzwerks hineingezogen zu werden;
viele wissen, worauf sie sich eingelassen haben, nehmen es aber
billigend in Kauf. Des Menschen Natur muß wohl so beschaffen
sein, daß er für sich keinen Grund erkennt, warum es
ausgerechnet ihn erwischen sollte. Doch auch bei sachlicher
Abwägung aller Risiken ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines
terroristischen Anschlags zu werden, als außerordentlich gering
einzustufen. Aber genau dieses geringe Restrisiko wiederum ist
es, das bei vielen einen geradezu prickelnden Reiz auslöst, der
geeignet ist, den Genuß eines Reiseerlebnisses noch zu steigern.
Was Bedenkenträgern für einen Frevel gilt, gerät
Lebenskünstlern zum Elexier, und Elexiere des Teufels scheinen
es in der Tat zu sein, die uns dazu verleiten, uns in die
"Höhle des Löwen" zu wagen. Soeben stand nämlich auf
der Titelseite der in der Abflughalle ausliegenden Zeitung zu
lesen, daß amerikanische Staatsbürger nun auch aufgefordert
würden, das Nachbarland Saudi-Arabien zu verlassen, und es steht
zu befürchten, daß die Woge der Feindseligkeiten gegen
westliche Staatsbürger nun auch auf die angrenzenden Emirate
überschwappt. Schließlich sieht man uns nicht an, daß wir
keine Amerikaner sind.
Hinter jeder der zwielichtigen Gestalten im
Wartesaal des Frankfurter Flughafens könnte sich in der Tat ein
potentieller Flugzeugentführer verbergen, was bei den
verschärften Sicherheitskontrollen jedoch äußert
unwahrscheinlich ist. Von den zahlreichen Indern unter den
Passagieren droht eher keine Gefahr auszugehen, zu weich sind
ihre Gesichter im Vergleich zu denen der Araber. Auch die
zahlreich in Erscheinung tretenden Reisegäste westlicher
Herkunft sind kaum mehr als ein Häuflein
"Lebensmüder", zumeist Menschen auf dem Absprung, die
überwiegend nichts anderes wollen als ihrem heimischen
Weihnachtsrummel entgehen. Das Flugzeug ist fast ausgebucht,
allein die befürchtete Bombenexplosion, sie bleibt aus; die
Reise mit Zwischenlandung in Dubai verläuft planmäßig.
Unmittelbar nach Ankunft in Muscat werden die Visaformalitäten
abgewickelt, wobei sich, nicht gerade auf die Belange des Gastes
abgestimmt, lange Warteschlangen an den Schaltern bilden. Wer
dabei den Fehler begeht, die Visagebühren in Euro zu entrichten,
zahlt bedeutend mehr als in Landeswährung.
Nach nur mit viel Geduld zu ertragenden
Verzögerungen gewinnen wir auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel
erste Eindrücke von der sogenannten Capital Area rund um
Muscat, der Hauptstadt des Oman, die vornehmlich wegen ihrer
modernen, im arabischen Stil gehaltenen Architektur besticht und
wie eine Neuauflage aus Tausendundeiner Nacht auf den Besucher
wirkt. Alles was hier künstlich hell erleuchtet ist, ist
ausnahmslos ebenso märchenhaft wie prunkvoll, und auch die fast
ausschließlich neuwertigen Fahrzeuge, die durchweg der gehobenen
Mittelklasse angehören, lassen unschwer erkennen, welcher
Reichtum im Lande herrscht. Wie wird es darum bestellt sein,
sollte das Öl irgendwann nicht mehr so reichlich fließen? eine
Frage, die sich derzeit noch kaum stellt. Ein Rückfall ins
Beduinentum wird wohl auch dann nicht zu befürchten sein, denn
bis dahin hat sich hier soviel Reichtum angesammelt, daß das
Land von seinem riesigen Vermögen noch auf Jahre hinaus zehren
kann, zumal, wenn die Mittel langfristig sinnvoll angelegt
werden.
Omans Hauptstadt besteht nicht nur aus dem
historischen Alt-Maskat, sondern gleich aus mehreren Orten, die
alle zusammen die Hauptstadtregion bilden: dazu gehören neben
dem modernen Muscat Mutrah, Ruwi, Qurum, wo auch unser Hotel
liegt, al-Khuwair und Bowshar. Im Ortsteil al-Khuwair befinden
sich überwiegend Banken, Ministerien und Botschaften, die
architektonisch, ohne dabei aufdringlich zu wirken, mehr als
überschwenglich sind. Einem Erlaß des Sultans zufolge darf kein
öffentliches oder privates Gebäude gebaut werden, das nicht
seiner Art und Bauweise nach dem arabischen Baustil treu ist. Auf
diese Weise soll verhindert werden, daß verfremdende Elemente
sich in die Bauweise einschleichen und es zu einem Stilbruch in
der überkommenen Architektur kommt. Auf Erhalt der Naturräume
hingegen wurde in der Hauptstadtregion weniger geachtet. So hat
etwa die Erbauung der neuen Autobahn, die sich kilometerlang am
Meer hinzieht, dem natürlichen Mangrovenbestand einigen Abbruch
getan. Dem muß zugute gehalten werden, daß es in der ganzen
Stadt nicht ein Hotel gibt, das über einen eigenen
Strandabschnitt verfügt: eines von vielen Beispielen, wie sich
Entscheidungen eines einzelnen, nämlich des Sultans, zum Wohle
aller auswirken.
Bei al-Azaiba befindet sich die mit Abstand
größte Moschee des Landes, die
Sultan-Qaboos-Moschee, zu der auch
Nichtmuslimen Zutritt gewährt wird. Diese Moschee, mit der sich
Sultan Qaboos ein Denkmal seiner selbst gesetzt hat, hat
Milliardenbeträge verschlungen, so daß ihre Erbauung auch im
eigenen Land nicht unumstritten war, und sie hat gleich mit zwei
Superlativen Eingang ins Guinness-Buch der Rekorde gefunden:
aufgrund des größten freihängenden Kronleuchters, der je eine
Moschee geziert hat, sowie des größten geknüpften Teppichs der
Welt. Edelster Carara-Marmor hat hier Verwendung gefunden, der
von spiegelnder Politur ist, und man ist halb geblendet vom Glanz
des Bauwerks, wo immer die Sonne darauf fällt. Die weitläufigen
Böden sind von einer Ebenheit, daß es den Eindruck erweckt, man
habe eine spiegelnde Wasseroberfläche vor Augen, und dennoch: es
ist dies kein originelles Bauwerk von hohem künstlerischem Rang
es liefert uns allenfalls ein abgeschmacktes Beispiel
dafür, wie mit modernsten technischen Mitteln Wunder und Glanz
der Vergangenheit in neuem Licht erstrahlen können, sofern nur
die gebende Hand eines kunstsinnigen Spenders mitwirkt.
Sultan Qaboos genießt großes Ansehen im
Land. Hielt sein Vater noch beharrlich am Althergebrachten fest,
sich jeglichem westlichen Einfluß widersetzend und der Moderne
den Einzug verwehrend, so zeichnet sich sein Sohn gerade durch
das Gegenteil aus. Seit den siebziger Jahren, als Qaboos durch
einen Putsch gegen den eigenen Vater an die Macht kam, boomt das
Land: Krankenhäuser, Schulen und Behörden schießen wie Pilze
aus dem Boden. Zur Durchführung der gewaltigen Vorhaben, die
sich das Sultanat zur Aufgabe gemacht hat, wurden
dreihunderttausend indische Gastarbeiter ins Land geholt, denn
der bevölkerungsschwache Oman hätte nicht genügend
Arbeitskräfte bereitstellen können, um dieses immense Wachstum
anzukurbeln. Die Inder gaben auch den Grund dafür, warum
Moscheen nicht wie in der übrigen arabischen Welt betreten
werden dürfen, denn sie hinterlassen auf Schritt und Tritt ihr
Unreines, ganz, wie sie es von zu Hause gewohnt sind. Zudem hat
die Beschäftigung von immer mehr Indern im Land dazu geführt,
daß viele Omanis ohne Job sind, was den Sultan wiederum dazu
veranlaßt hat, Indern die Ausübung bestimmter Berufe,
beispielsweise im öffentlichen Nahverkehr, zu untersagen: ein
Modell, das bald auch bei uns Schule machen könnte. Im Oman
bekommt ein Arbeitsloser trotz des großen Reichtums des Landes
nichts an Arbeitslosenunterstützung, sondern er fällt der
Familie zur Last. Der Staat ist nicht nur größter, sondern auch
begehrtester Arbeitgeber, denn, man höre und staune:
Staatsbeamte können hier zum Teil bereits ab vierzig in Rente
gehen, und das bei voller Auszahlung ihrer Altersbezüge. Leider
ist der Sultan trotz seiner vielen guten Eigenschaften bislang
ehelos geblieben und hat noch keinen Thronerben gezeugt. Niemand
weiß bis heute, wer einmal sein Nachfolger werden wird, obwohl
dieser testamentarisch bereits feststeht; wer es ist, ruht in
einem geschlossenen Umschlag, der nicht vor Ableben des Sultans
geöffnet werden darf.
Der Oman blickt auf eine 5000 Jahre alte
Geschichte zurück, deren älteste Zeugnisse gerade die
interessantesten sind, denn sie verweisen in den Bereich der
Archäologie. Gesammelt wurden die Exponate auf einem Hügel
zwischen Medinat Qaboos und Qurum, dort befindet sich, neben
Informationsministerium und Fernsehstudios, das Museum für
omanische Archäologie und Geschichte, welches ausführlich über
den antiken Weihrauchhandel, das traditionelle Kunsthandwerk,
insbesondere die vorgeschichtliche Kupfergewinnung, das von den
Persern übernommene Falaj-System sowie die Verflechtung des
internationalen Überseehandels und nicht zuletzt über die
verschiedenen Bootstypen Auskunft gibt.
Vom Museum geht es weiter nach Mutrah. Die
Nachbarstadt Muscats verfügt zwar über eine ebenso geschützte
Bucht und einen ebenso sicheren Hafen, stand jedoch im Laufe
ihrer Geschichte lange Zeit hinter diesem zurück. Wie Muscat
wird auch Mutrah von zwei die Hafeneinfahrt flankierenden
Festungen bewacht, deren eine allerdings dem Ausbau des Hafens
zum Opfer gefallen ist. Das noch erhaltene portugiesische Fort,
das einst den ganzen Hafen beherrschte, befindet sich in
Staatsbesitz und ist für Besucher nicht zugänglich. Alte Dhaus
sieht man heute kaum mehr im Hafenbecken liegen, statt dessen
sticht um so mehr die Luxusyacht des Sultans ins Auge, die
häufig für Empfänge reserviert ist. Am angrenzenden Strand
dehnt sich der Fischmarkt aus. Nachdem Fisch im Arabischen Meer
noch reichlich vorhanden ist, können die hiesigen Fischer sich
über zurückgehende Fangquoten jedenfalls nicht beklagen. Die
zumeist stattlichen Exemplare der verschiedensten Arten werden
fangfrisch, direkt vor den Augen des Käufers, auf Matten
gebettet, einfach auf dem Boden ausgebreitet. Während in Muscat
die Souks der Anlage des Sultanspalastes zum Opfer gefallen sind,
haben letztere in Mutrah ihren Charakter weitgehend bewahrt. Zu
den Gerüchen des Orients gesellt sich hier noch der Duft von
Weihrauch. Ein lohnendes Mitbringsel sind die sogenannten
Weihrauchbrenner, die es überall zu kaufen gibt.
Am Ende der Corniche, der alten Uferstraße,
beginnt beim kleinen Ort Riyam die alte Paßstraße nach Muscat.
Sie war die erste Teerstraße in Oman und wurde 1929 von den
Engländern gebaut. Die schönste Aussicht auf die Bucht von
Muscat hat man von der Paßhöhe aus. Auf einem vorgelagerten
Felsen hoch über der Stadt steht im Osten der Bucht Fort Jalali,
im Westen Fort Mirani. Beide Festungen wurden an Stelle älterer
omanischer Forts errichtet. Am äußerst westlichen Ende der
Bucht erhebt sich die Festung Sirat al-Gharbiyah, gegenüber auf
der Insel Jazirat Muscat steht eine weitere kleine Wehranlage
namens Sirat al-Sharqiyah. Eine Stadtmauer mit vier Toren, dem
Bab Muthab, Bab Kabir, Bab Saghir und Bab Waljat, riegelte die
Stadt vom Hinterland ab. Die heutige Anlage wurde 1979
rekonstruiert und hat nichts mehr mit dem alten Bauwerk gemein.
In die Verteidigungsanlagen einbezogen war ein System
zusammenwirkender Wacht- und Wehrtürme, die auf den umliegenden
Bergkuppen gruppiert sind. Der Sultanspalast wurde anstelle des
ehemaligen britischen Gouverneurspalastes errichtet, und selbst
Teile der Altstadt mußten Erweiterungsbauten wegen dem
Bauvorhaben weichen. Ich muß mich nicht wiederholen, mit welch
überschwenglicher Pracht auch dieser Palast ausgeführt ist.
Viel zu den farbigen Impressionen trägt, wegen der einzigartigen
Klarheit der Luft, das stechend-grelle Licht bei. Es ist gerade
die Zeit der Wintersonnenwende, doch trotz der kurzen täglichen
Sonnenscheindauer herrschen angenehm milde Temperaturen. Wenn in
der Hitze des Sommers die Luft von Feuchtigkeit geschwängert ist
und undurchdringlicher Dunst die Sicht trübt, flauen die
Kontraste ab, und die Farbtöne wirken blasser. Daher ist der
Winter die ideale Reisezeit für die Arabische Halbinsel.
Die von schwarzen Ophiolithfelsen umrahmte
Hafenbucht von Alt-Maskat und die benachbarte Bucht Mukalla
galten in portugiesischer Zeit als uneinnehmbar, zumal die Lage
des Forts es erlaubte, nicht nur die Bucht, sondern auch das
Gebiet vor den Stadttoren unter Beschuß zu nehmen. Nach der
Einnahme von Hormuz durch die Perser im Jahre 1622 die
Stadt lag auf der gegenüberliegenden Seite des Persischen Golfs
, wurde Muscat zur wichtigsten Rückzugsbastion der
Portugiesen in der Golfregion. Sie erhofften sich vom Ausbau der
Fortifikationen die Aufrechterhaltung ihrer Monopolstellung im
äußerst ertragreichen Gewürzhandel mit Südostasien. Den
Auftakt zum portugiesischen Weltreich gab bereits Vasco da Gamas
Erkundung des Seewegs nach Indien, und wie das Schicksal es
wollte, war es ein Omani, nämlich der berühmte Seefahrer Ahmad
ibn Majid, der Da Gama den weiteren Weg nach Calicut zeigte: ein
folgenschwerer Fehler, wie sich bald danach zeigte! Im Jahre 1510
tauchte nämlich der vorab zum Gouverneur von Ostindien ernannte
Afonso de Albuquerque vor Maskat auf. Gegen ihn war jeder
Widerstand zwecklos, besaß er doch die Kanonen, welche den
Arabern damals fehlten! Die Stadt wurde geplündert und
niedergebrannt. Allen, ob Männern, Frauen oder Kindern, ließ
er, so sie sich ihm auch nur geringfügig widersetzten, harte
Bestrafung zuteil werden, die im Abschneiden von Lippen und Nase
gipfelte, der damals üblichen Form der Körperstrafe. Bis zur
Rückeroberung Muscats durch Sultan bin Saif 1650 blieb die Stadt
Drehscheibe und Angelpunkt des portugiesischen Weltreichs.
Stellvertretend für die Kühnheit arabischer
Seefahrt steht Sindbad der Seefahrer, der aus Sohar stammende
Kaufmann und Entdeckungsreisende, dem es lange vor Marco Polo
gelungen war, auf einer Dhau, dem traditionellen arabischen
Schiff, bis nach China zu segeln; schwer beladen kehrte er nach
dreißig Jahren in seine Heimatstadt zurück, mit Kostbarkeiten,
die bis dahin auch in Arabien unbekannt waren: Seide, Porzellan,
Moschus, Gold und Gewürzen. Der sagenhafte Reichtum Sindbads,
der in Wirklichkeit kein Araber, sondern ein Jude war, weckte
auch die Begehrlichkeit des Kalifen von Bagdad. Als die Häscher
Harun al-Raschids Sindbad unter einem Vorwand festnehmen wollten,
kam es unter den Kaufleuten Sohars zu einem Aufstand, so daß die
Gesandten die Flucht ergreifen mußten; Sindbad aber lebte
hinfort ohne Sorgen.
Einem irischen Abenteurer namens Timothy
Severin, der beweisen wollte, daß im 8. Jahrhundert Seereisen
zwischen Arabien und China möglich gewesen sind, war es
gelungen, Sultan Qaboos davon zu überzeugen, eines dieser
uralten Kauffahrteischiffe, für deren Bau nicht ein einziger
Nagel verwendet wurde, nachbauen zu lassen, um damit die
historische Reise Sindbads nachzusegeln. Bis heute gibt es keine
Baupläne, aus denen zu ersehen wäre, wie Schiffe wie das von
Sinbad gezimmert wurden. Die "Sohar", die nach Sindbads
Heimatstadt benannt wurde, steht heute auf dem Rund des
Kreisverkehrs vor dem Al Bustan Palace Hotel, dem weitaus besten
5-Sterne-Hotel im gesamten Mittleren Osten. Für die Reise von
Muscat nach Kanton benötigte Captain Timothy Severin
siebeneinhalb Monate; er folgte dabei exakt der damaligen
arabischen Handelsroute über die Lakkadiven, die Malabarküste,
Ceylon, die Straße von Malakka bis ins südchinesische Meer. Die
Reise war genauso abenteuerlich wie damals: Krankheit, Hitze,
Stürme, Mastbruch, Wassermangel, Proviantknappheit und Piraterie
gehörten zu den Erlebnissen, die Timothy Severin nach seiner
Rückkehr in Buchform veröffentlichte.
Zurück in Qurum, wo auf der vorgelagerten
Landspitze Ras al-Hamra sensationelle frühgeschichtliche
Ausgrabungsfunde gemacht wurden, die belegen, daß der Mensch
schon vor 5000 Jahren als Jäger und Sammler in Oman lebte,
bleibt noch genügend Zeit für eine ausgedehnte Wanderung an den
kilometerlangen Sandstränden, die so hartgepreßt und glatt
sind, daß sie den sportbegeisterten Jugendlichen als
Fußballfeld dienen.
Im Gebiet um die Haupstadt Muscat liegt auch
der höchste Berg des Oman, der 3009 m hohe Jebel Shams, zentrale
Berggestalt des Jebel-Akhdar-Massivs, ganz im Norden des Landes.
Die Küste am Golf von Oman ist zugleich das Gebiet mit den
höchsten Erhebungen im Sultanat: weite Sandstrände wechseln mit
landschaftlich sehr schönen Steilküsten ab. Unsere Fahrt durchs
Gebirge treten wir in geländegängigen Toyota Land Cruisern an,
die bis zum Rand mit unserer Camping-Ausrüstung vollgepackt
sind. Bald schon verlassen wir die zur Autobahn ausgebaute
Küstenstraße und biegen in Richtung auf das in Dunst getauchte
Gebirge ab, das sich blaß schimmernd hinter dem schmalen
Küstenstreifen verbirgt. Vor dem Hintergrund der großartig
anmutenden Hochgebirgskulisse des Jebel-Nakhl-Massivs ragt auf
einem Felskegel beim gleichnamigen Ort ein uraltes omanisches
Fort auf, dessen Anfänge in die persisch-sassanidische Zeit
zurückreichen. Die persische Herrschaft in Oman währte von der
Regierungszeit Kyros II. bis in die griechische Diadochenzeit.
Den Persern haben die Omanis auch das ausgeklügelte
Falaj-Bewässerungssystem zu verdanken.
Weiter in Richtung Berge zweigt wenige
Kilometer hinter Awabi das Wadi Bani Awf ab. Vom berühmten
Wasserreichtum aus vergangenen Tagen bemerken wir kaum mehr
etwas, da es im ganzen Land seit drei Jahren keine ergiebigen
Niederschläge mehr gegeben hat. Anstelle hochkommenden
Spritzwassers rauben uns heute beim Queren der Furten, wo einst
die Reifen sich tief in die aufgeweichten Schlammassen gruben,
die von den vorausfahrenden Fahrzeugen aufgewirbelten Staubmassen
die Sicht. Zu beiden Seiten der engen Schlucht erstrecken sich
abweisend rötliche Steilwände mehrere hundert Meter senkrecht
in den Himmel, während im tiefen Grund, auf den kaum jemals ein
Lichtstrahl trifft, immergrüne Palmen den Boden säumen, auf dem
sogar ein bescheidener Feldbau möglich ist. Wadis können
Wanderern leicht zum Verhängnis werden, wenn in der Umgebung
größere Niederschlagsmengen fallen, die sich schnell in
reißende Sturzbäche verwandeln können. Die Schlangenschlucht,
ein schmales, tief eingeschnittenes Wadi unweit von hier, wurde
vor einigen Jahren einer Gruppe von Amerikanern, die die
gutgemeinten Warnungen der Einheimischen in den Wind schlugen,
zum Verhängnis. Von der Gewalt der einbrechenden Wassermassen an
den Felsen gedrückt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt, boten
ihre Leichen den Rettungskräften einen schrecklichen Anblick.
In atemberaubenden Steigungen zieht sich die
Straße nun hinauf zum 2030 m hohen Hat-Paß, um sich auf der
anderen Seite, weniger spektakuläre Ausblicke bietend, in den
Ort Tanuf hinabzuschlängeln. Unser junger unerfahrener
Chauffeur, den die anderen Fahrer als Anfänger in die Mitte des
Konvois genommen haben, verpaßt den Anschluß, so daß wir eine
gute halbe Stunde auf Abwegen umherirren, bis wir schließlich,
dem eigenen Erinnerungsvermögen folgend, den richtigen Weg
wiederfinden.
Unser erstes Zeltlager auf dieser Reise
schlagen wir nahe der omanischen
Festung Jabrin auf. Der Zeltaufbau gerät, da
die Dämmerung sich naturgemäß nur über einen kurzen Zeitraum
erstreckt, aufgrund unserer späten Ankunft ins Dunkel. Wo soeben
noch angenehme Sonnenstrahlen den Rücken wärmten, tritt rasch
merkliche Kühle ein; ein leises Frösteln treibt uns alsbald in
den wärmenden Schlafsack. In der Klarheit einer mondlosen Nacht
finden wir lange keinen Schlaf unter den Tausenden von Sternen.
Einem Brautschleier gleich, erscheint das silbrig glänzende Band
der Milchstraße wie an den Himmel geheftet. Jetzt hält der
Mensch Hochzeit mit der Natur, die am Ende doch stets den Sieg
über ihn davonträgt, so daß er sich in ihrem Schoße niemals
auch nur annähernd in Sicherheit wiegen kann.
Ebenso rasch wie im Abendrot des
vorausgegangenen Tages steigt am nächsten Morgen, nach einem
kurzen Grauen, die Sonne über den Horizont. Scharfkantig
zeichnen sich in der morgendlichen Kühle die ersten Umrisse des
Jebel-Akhdar-Massivs ab: ein neuer Tag bricht an, der bald mit
einer ebenso unerbittlichen Hitze aufziehen wird wie des Nachts
die Abkühlung eintrat. Unseren Lagerplatz haben wir bewußt so
gewählt, daß wir den nahegelegenen Sultanspalast von Jabrin
gleich nach dem Frühstück besichtigen können. Ursprünglich
war der im 16. Jahrhundert errichtete Palast gar kein Fort,
sondern er wurde in ein solches umgewandelt, nachdem im
Bruderstreit um die Nachfolge auf dem Sitz des Imam Saif, der
Bezwinger der Portugiesen, seinen Bruder Bilarub zu bekriegen
begann. Letzter war ein Schöngeist und hatte an seinem Hofe
Astrologen, Rechtsgelehrte, Historiker, Mediziner und Poeten um
sich geschart; außerdem war er Begründer einer Theologenschule.
Nachdem Saif mit Rückhalt verschiedener Stammesfürsten zum Imam
gewählt worden war, belagerte er seinen Bruder in dem inzwischen
mit Kanonen bestückten und zum Fort ausgebauten Palast so lange,
bis dieser in seinem "goldenen Käfig" starb. Saif
verlegte daraufhin die Residenz nach Rustaq. Der Palast als
solcher besitzt keine nennenswerten Reize und zeigt im Prinzip
nichts weiter als die Stagnation der arabischen Kultur, die sich
seit dem 12. Jahrhundert nicht wesentlich weiterentwickelt hat.
Noch immer mußte man, und wir schreiben bereits das 17.
Jahrhundert, auf dem Boden sitzen, während man im Europa
derselben Zeit, als der Sonnenkönig in Frankreich einen
glänzenden Hofstaat unterhielt, schon längst auf Stühlen saß.
Von Jabrin erreichen wir die in östlicher
Richtung gelegene archäologische Stätte al-Ayn, die der
Hafit-Periode zuzurechnen ist, welche von 3000-2700 v. Chr.
gedauert hat. Hier finden sich zu Füßen des kolossalen Jebel
Misht, des "Kamm"-Berges, einundzwanzig sogenannte
Bienenkorbgräber, wie zu einer Perlenkette aufgereiht. Alles in
dieser archaischen Umgebung atmet den Hauch des Mystischen, zumal
jene Epoche der Frühgeschichte noch weitgehend im dunkeln liegt.
Zwar gibt es auf Tontafeln der Sumerer Hinweise auf
Handelsverbindungen mit Dilmun, Magan und Meluhha, doch wo Magan
lag, vermochten die Archäologen lange nicht zu entschlüsseln.
Heute glaubt man, daß Magan das Gebiet des heutigen Oman war,
jenes Land also, aus dem das so begehrte Kupfer kam. Man stellte
fest, daß das Metall einiger im dritten Jahrtausend v. Chr. in
Mesopotamien hergestellter Kupfergegenstände aus dem Oman
stammte.
Zurück in Jabrin, erreichen wir in Richtung
Nizwa die
Oase Bahla, wo sich das größte Fort des Oman
befindet, Hisn Tamah, das von der UNESCO in die Liste der
Weltkulturgüter aufgenommen wurde. Das Fort ist zwar noch nicht
wiederhergestellt, doch selbst die Ruinen des in
Lehmziegelarchitektur errichteten Bauwerks sind eindrucksvoll.
Die Oase besitzt die mit dreizehn Kilometern längste Stadtmauer
Omans. Zudem ist Bahla für seine Töpferwaren bekannt,
wenngleich der Beruf des Töpfers im Aussterben begriffen ist.
Von der Oase schlagen wir den Weg ins Gebirge
ein. Dort klebt an den Abhängen des Jebel Akhdar das Bergdorf
Misfah, dessen Ursprünge bis auf die Perserzeit zurückreichen.
Ein alter persischer Wachtturm im höchsten Punkt liefert
hierfür den Beweis. Der alte Ortskern ist vollständig aus
Natursteinen gemauert; enge und winklige Gassen, umgeben von aus
Falaj-Kanälen bewässerten Palmenhainen, bieten dem Photographen
eine Vielzahl an Motiven. Die steigenden Touristenzahlen riefen
in der Vergangenheit unter der einheimischen Bevölkerung einigen
Unmut hervor, und die Fremdenfeindlichkeit hält immer noch an.
So werden auch wir, während wir uns vorsichtig durch die engen
Gassen hindurchtasten, von oben herab aus den Fenstern bespuckt.
Mittlerweile ist das Photographierverbot wieder aufgehoben, doch
wohlfühlen kann man sich in den engen Häuserschluchten kaum.
Auf dem gegenüberliegenden Steilhang sind mehrere astronomische
Uhren aufgestellt, mit denen man früher den Beginn der für die
Bewässerung wichtigen Jahreszeit durch Peilung eines bestimmten
Gestirns herausfinden konnte.
Von Misfah fahren wir nach al-Hamra hinab,
einem noch in traditioneller Lehmziegelbauweise vollständig
erhaltenen Ort, der vor ein paar Jahren nach einer
Flutkatastrophe schwer in Mitleidenschaft gezogen war. Die
Schäden sind bis heute nicht vollständig beseitigt. Auffallend
viele der in der Stadt lebenden Menschen leiden an der durch
Stechfliegen übertragenen ägyptischen Augenkrankheit, die zur
Erblindung führt. Auch junge Leute sind davon betroffen.
Al-Hamra verfügte nie über eine Stadtmauer, leglich ein System
von Wachtürmen auf den umliegenden Bergen und Hügeln sorgte
für Sicherheit.
Durch das Wadi Ghul, einen der schönsten
Streckenabschnitte Omans, fahren wir bei schon niedrigem
Sonnenstand auf den Jebel Shams hinauf, den Berg der Sonne.
Unterhalb des Gipfelplateaus befindet sich der sogenannte
"Grand Canyon" Omans, ein wahrhaft atemberaubendes
Labyrinth von Schluchten, in dem sich die Blicke in der Tiefe
verlaufen. Über das etwa 2000 m hoch gelegene und gegen Winde
völlig ungeschützte Plateau, wo wir auch die Nacht zubringen,
stürzen die teilweise überhängenden Steilwände tausend Meter
tief in den Abgrund nichts für schwache Nerven ,
während sich über uns der Jebel Shams, der mit 3009 m höchste
Berg Omans, nochmals tausend Meter höher in den Himmel erhebt.
Der in der Abendsonne zu Gold erstarrte Berg nimmt in der
aufkommenden Dunkelheit gespenstische Züge an, und nachts kann
es hier bitterkalt werden. Ein umgestürzter Baum liefert
ausreichend Brennholz, um damit ein lang anhaltendes Lagerfeuer
zu entfachen, das bis in die frühen Morgenstunden brennt.
Nachdem der schwache Lichterschein über der Glut
zusammengesunken ist, erblicken wir über uns einen Sternenhimmel
von berauschender Schönheit, wie er sich einzig in der
staubfreien und klaren Luft in Höhen wie dieser zeigt. Als wir
am nächsten Morgen aus unseren Zelten kriechen, hat die Sonne,
obwohl sie noch unwirklich lange Schatten wirft, bereits ihre
wärmende Kraft wiedererlangt, ein Tag von unberührter
Schönheit kündigt sich an. Wie unaufgefordert, wandern wir im
ersten blaßblauen Morgenlicht den Canyonrand entlang, während
hoch in den Lüften ein einzelner Adler seine Kreise zieht. Tief
drunten im Tal kann man ein einsames Dorf erkennen, und
Schwalbennestern gleich krallen sich einige Feldterrassen an den
Steilabstürzen fest, in unzugänglicher Lage den Menschen ein
karges Auskommen sichernd. Längst ist der Quell versiegt, der
sie einst mit Wasser speiste, kein noch so spärlicher Wasserfall
stürzt mehr zu Tal, und die Menschen, die hier heroben ihre
Teppiche zum Verkauf anbieten, haben es schwer, nach
überkommener Sitte ihr Dasein zu fristen.
Nachdem wir diese entrückte Welt ausgiebig
erkundet haben, fahren wir auf demselben Weg, den wir gekommen
sind, wieder ins Tal hinunter. Von der anderen Seite grüßt der
Jebel Misht herüber, hinter dem sich die geheimnisumwitterten
Bienenkorbgräber befinden, die wir tags zuvor in Augenschein
genommen haben. Zurück durch das Wadi Ghul, schlagen wir,
nochmals vorbei an al-Hamra, den Weg nach Nizwa ein, das
besonders im 17. Jahrhundert ein blühendes Zentrum von Religion,
Kunst und Handel war. Eine bedeutendere Rolle spielte Nizwa
bereits im 6. und 7. Jahrhundert als Hauptstadt der
Julanda-Dynastie. Im Jahre 751 wurde Julanda bin-Masud zum Imam
der Ibaditen und Nizwa zu seiner Residenz ernannt, im 12.
Jahrhundert ging diese Vorrangstellung an Bahla verloren. Im 14.
Jahrhundert kam der arabische Weltreisende Ibn Batuta hierher,
und ab dem 17. Jahrhundert war die Stadt Sitz der
Yaruba-Dynastie. Sultan bin Saif bin Malik al-Yaruba war es, der
den mit 40 Metern Durchmesser und 20 Metern Höhe mächtigsten
Turm Omans errichten ließ. Dieses monumentale Festungswerk
konnte niemals eingenommen werden, nicht einmal durch britische
Fliegerbomben Ende der 50er Jahre. Vom Zinnenkranz dieses
Bollwerks mit seinen vielen in die Irre führenden Scheintüren
genießt man einen herrlichen Blick über die Oase bis hin zu den
malerischen Bergen der Umgebung. Die Souks von Nizwa haben durch
moderne Restaurierungsarbeiten viel von ihrem Charme eingebüßt,
auch die Lehmziegel-Stadtmauer hat ihre Ursprünglichkeit
weitgehend verloren.
Nizwa ist unsere letzte Station in Nordoman,
unser Sprungbrett sozusagen in den Süden. Auf zumeist geteerten
Straßen führt unsere weitere Etappe von hier aus in den Dhofar,
durch unendlich monotone Landschaft, in der es weder Sträucher
noch Ansiedlungen noch irgendwelche Spuren einer menschlichen
Behausung gibt. Nur die Pipeline zu unserer Linken ist unser
ständiger Begleiter. Als die Sonne sich wie ausgebrannt dem
Horizont nähert und dem Himmel ein eigenartiges mattblaues
Aussehen verleiht, wird selbst die ständig sich wiederholende
Musik aus dem Lautsprecher, die unser Chauffeur offenbar als
Ausdruck einer inneren Leere in einer für Europäer kaum
nachzuvollziehenden Weise schon zum hundersten Male abspielt, zu
einem Erlebnis, welches selbst dem Nichts noch etwas abzugewinnen
vermag. Eine sich bietende Übernachtungsmöglichkeit in einem
Rasthaus mit allen Vorteilen, welche die Zivilisation für uns
bereithält, vermag zwar nicht den Staub aus Haaren und Kleidern
zu entfernen, hält in uns aber das Gefühl wach, daß wir noch
Menschen sind.
Von unserer Herberge in al-Ghaftain führt die
Straße ziemlich dicht an die Ausläufer der Sandwüste Rub
al-Khali heran, doch sind es zunächst noch relativ niedrige
Dünen, die nach und nach in immer größere übergehen.
Insgesamt setzt sich die Fahrt durch die endlos monotone,
unendliche Weite bis zum Rasthaus Quitbit fort. Dort werden
letzte Wasserreserven gebunkert, ehe es dann von der Teerstraße
ab in die große Sandwüste hinausgeht. Schon gleich zu Beginn,
noch ehe der Reifendruck an die geänderten Pistenverhältnisse
angepaßt worden ist, sanden zwei unserer Fahrzeuge ein. Je mehr
Gas unser Fahrer gibt, desto tiefer graben sich die Reifen in den
Sand, bis wir schließlich mit dem Unterboden aufsitzen. Erst
nachdem eines der anderen Fahrzeuge die festgefahrenen wieder
befreit hat, können wir die Fahrt fortsetzen. Nun muß
endgültig der Reifendruck erniedrigt werden, damit Vorfälle wie
dieser sich nicht laufend wiederholen. Doch wer Erfahrung in
Sachen Wüste hat, weiß nur zu gut, daß dies erst der Anfang
ist. Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, suchen wir
unter einer der letzten Baumgruppen, bevor die Halbwüste
vollends zur Wüste wird, Schutz vor der Sonne, um für unsere
Mittagsrast wenigstens noch den Halbschatten auszunutzen. Die
Verpflegung ist wie alles deutlich spartanischer geworden, doch
wichtiger als zu essen ist es, stets ausreichend zu trinken. Im
grellen Tageslicht verblassen in der Wüste die Farben, doch je
weiter die Tageszeit voranschreitet, desto kräftiger treten sie
in Erscheinung. Schon am späten Nachmittag, kurz vor
Sonnenuntergang, beginnen die Dünen in den schönsten Rottönen
zu leuchten. Hier in der Rub al-Khali, dem "Leeren
Viertel", der größten Sandwüste der Erde, findet man
zugleich die höchsten Dünen der Welt. Kein Besucher wird sich
dem Reiz entziehen können, diese "Sandburgen" zu
bezwingen. Am Abend, als die brütende Hitze allmählich
nachgelassen hat, genießen wir von ganz oben den
Sonnenuntergang.
Es ist ein gar mühsames Unterfangen, sich den
Strapazen einer Dünen-Gratwanderung zu unterziehen, die durchaus
vergleichbar sind mit denen von Alpinisten, die schneebedeckte
Berge besteigen. Bis über die Knöchel eingesunken, rutscht man
bei jedem Schritt wieder einen halben zurück, so daß die
tatsächliche Besteigung viel länger dauert, als der
zurückzulegende Weg Zeit in Anspruch nähme. Als ich nach einer
solchen "Kletterpartie" die im weiten Umkreis höchste
Düne bestiegen habe, sehen meine Kameraden, die lediglich die
viel niedrigere vorgelagerte Düne bezwungen haben, nur noch ganz
winzig aus. Von oben schweift mein Blick hinüber zu den
Nachbardünen, die sich in der untergehenden Sonne wie täuschend
echte Gebirgsketten ausnehmen. Die dazwischen liegenden
Salzebenen sind verblaßt. Die Orientierung gestaltet sich
schwieriger in der Dunkelheit, für anspruchsvolle Umwege bleibt
daher kaum Zeit, schon gar nicht ohne Taschenlampe. Daher ziehe
ich es vor, auf dem Rückweg besser den Tritten zu folgen, die
ich bereits beim Aufstieg hinterlassen habe, anstatt alternative
Routen zu begehen, wenngleich diese durchaus hätten interessant
sein können. Nach einem kurzen Abendrot senkt sich die Nacht
herab, und immer mehr Sterne leuchten auf am Firmament.
Abends beim Lagerfeuer geben unsere
"Gastgeber" sich alle erdenkliche Mühe, unser Herz mit
heimischen Weisen zu erfreuen, doch passen die Gesänge so gar
nicht zu unserer weihnachtlichen Stimmung. Wir Deutschen haben
bekanntlich verlernt, das Weihnachtsfest in der gebührenden
Weise zu feiern, unsere Herzen sind erkaltet, die Gemüter leer.
Wie kann daher Freude aufkommen? Einzig die Faszination des
Feuers, die zurückreicht, seit der Mensch damit umzugehen
gelernt hat, vermag dem gedanklichen Austausch aufzuhelfen, doch
dürfte die Philosophie durch unsere Laiengespräche keinen
wesentlichen Auftrieb erhalten haben. Und während sich das Band
von Mensch zu Mensch enger knüpft, wird sich niemand, der auch
nur zum Sternenzelt aufblickt, des Eindrucks erwehren können,
den die unendlichen Weiten des Alls in ihm hinterlassen. Als die
Glut des Feuers in sich zusammengesunken ist, versinken auch wir,
die letzten Aufrechten, in einen erquickenden Schlaf.
Anderntags, frühmorgens, vernehme ich von
draußen die ersten Stimmen derer, die es zur Morgenröte
hinzieht, doch bedeutungslos ist ein Sonnenaufgang in der Wüste:
zu farblos, zu wenig effektvoll bietet das Naturschauspiel sich
dar, kurz nur und täglich gleich. Auch unser zweiter Tag in der
Rub al-Khali verläuft nicht viel anders als der erste, größer
noch sind allein nur die Dünen. Fahrerische Kunststücke,
Glanzleistungen des Tiefsandfahrens, vollbringen unsere Fahrer
allemal, und bald ist auch der Skeptischste unter uns von der
Ungefährlichkeit des Unternehmens überzeugt und verfällt ganz
diesem Rausch, im hurtigen Auf und Nieder eine Düne nach der
anderen bezwingen zu wollen, steil hinab und weniger steil nach
oben. Mit steigender Drehzahl müssen dazu die Mulden angefahren
werden, in der Hoffnung, mit Vollgas die Kuppen zu nehmen; heult
ein Motor erst auf, ist dies ein sicheres Anzeichen dafür, daß
das Fahrzeug alsbald im Hang steckenbleibt. In diesem Fall muß
umgekehrt und erneut Anlauf genommen werden. Eine halbe Stunde
Wartens ist durchaus kein Zeitraum, bis sämtliche Fahrzeuge
wieder freigekommen sind. Meistens muß dazu auch ausgestiegen
und mit vereinten Kräften angeschoben werden.
Phantastische Anblicke tun sich auf, nachdem
wir auch die höchsten Sandberge erklommen haben: weiße
Salzseen, vom roten Sand verblasenes weißes Gestein, vereinzelte
grüne Büschel; und immer wieder tauchen Dromedare auf, so will
es das ewig gleiche Bild der Wüste. Wie zu einer
Gebirgslandschaft reihen sich immer mächtigere Sandstöcke
aneinander, während zwischendrin Sand völlig zu fehlen scheint.
Kein Nachdenken vermag zu erfassen, wie weit sich dieses Gebiet
nach Nordwesten erstreckt, den Kern der Arabischen Halbinsel
umfassend. Die Rub al-Khali, es ist wie ein schöner Traum, hat
uns ganz in ihren Bann geschlagen.
Auf- und Absitzen, so vergeht die Zeit!
Dazwischen, in dichte Staubwolken gehüllt, über Kiesflächen,
auf denen die Reifenspuren tiefe Rillen hinterlassen, hinweg,
nimmt unser Konvoi einen uns unbekannten Weg, nur mit Hilfe von
GPS die vorgegebenen Wegepunkte ansteuernd, einer Technologie
vertrauend, ohne die solches nicht möglich wäre. Kein
Menschenleben weit und breit! Ein Nomadenzelt ist alles, was uns
den Tag über begegnet, ansonsten sind die Geräusche des Windes
das einzige, was die Lautlosigkeit unterbricht. Die Klänge
arabischer Musik aus den Lautsprechern rufen Phantasiebilder aus
Tausendundeiner Nacht hervor: fliegende Teppiche, Dschinns und
Fakire, die mit Flötentönen Schlangen beschwören, und Stunden
erlebter Einsamkeit vermitteln eine Vorstellung, wie das Leben in
der Wüste vor Zeiten ablief. Hier in der Rub al-Khali, wo es
kaum Leben gibt, wartet die Natur mit geologischen
Merkwürdigkeiten auf, aus Sand gepreßten Steinkugeln, die in
ihrem Innern Quarzkristalle bergen, sogenannte Geoden. Sie liegen
zuhauf zwischen den Dünen und sind beliebte Mitbringsel,
wenngleich sie nicht ausgeführt werden dürfen. Was die Natur im
Laufe von Jahrtausenden gebildet hat, vermag der Mensch mit einem
Steinwurf zu zerstören, um es danach achtlos liegenzulassen.
Gegen Abend machen wir uns abermals zu einer Dünenwanderung auf;
von einem spektakulären Grat ziehen sich riesige, endlos
scheinende Sanddünen hin, Hunderte von Metern hoch, die
höchsten und spektakulärsten, die es auf der Welt gibt.
Unser Lager haben wir diesmal unweit einer
Stadt namens Fasad geschlagen, in die wir bald am Morgen
hineinkommen. Sie wirkt verlassen, doch können wir hier
wenigstens unseren Müll deponieren. Wie es der Zufall will,
erleben wir kurz nach Abfahrt unsere erste Reifenpanne, der sich
im Laufe des Tages, getreu Murphys Gesetz, noch zwei weitere
hinzugesellen. Doch sind die Ersatzräder jeweils schnell
gewechselt, zumal das Beheben von Reifenpannen zum täglichen
Handwerkszeug eines jeden echten Offroaders gehört.
Unser nächstes Ziel ist die Wüstenstadt Ubar
nahe dem heutigen Shisr. Ihrer wird schon im Koran gedacht; sie
soll wegen ihres Reichtums und der Lasterhaftigkeit ihrer
Bewohner von Gott vernichtet worden sein. Entdeckt wurde die am
Kreuzungspunkt ehemaliger Karawanenstraßen liegende
Ausgrabungsstätte durch Satellitenaufnahmen der Raumfähre
Challenger. Die Funde, die hier gemacht wurden, weisen auf
weitreichende Handelsverbindungen hin, unter anderem fand man in
Shisr die wohl ältesten Schachfiguren der Welt. Die spärlichen
Ruinen, die sich über einer wasserführenden Grotte erheben,
sind von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgewiesen worden.
Vergleiche mit Atlantis, wie "Lawrence von Arabien" sie
anstellt, sind jedoch stark übertrieben und meines Erachtens
verfehlt, denn der Umfang der Stadt, wenn man von einer Stadt
überhaupt sprechen will, kann jedenfalls nicht groß gewesen
sein. Bemerkenswert ist in jedem Fall die Steinbauweise der
Gebäude, die zuletzt als Karawanserei gedient haben, eine
Besonderheit, die man in jener Gegend, wo sonst alles aus Lehm
errichtet wird, nicht erwarten würde.
Mit Shisr haben wir das Gebiet der Dünen nun
endgültig hinter uns gelassen. Auf einer mit Wüstenlack
überzogenen Steinwüste setzen wir unseren Weg fort. Etwa 2000
km haben wir auf unserer Fahrt in den Süden Omans bisher
zurückgelegt. Dabei ist die Höhe unmerklich auf nahezu 1000 m
über dem Meeresspiegel angestiegen. Ebenso unmerklich ist die
Geröllwüste in eine Zeugenberglandschaft übergegangen. Auf dem
Hochplateau, welches wir überqueren müssen, gelangen wir in den
Ort Mudayy, wo hauptsächlich Inder leben, zu denen die Omanis,
wie bereits erwähnt, ein gespaltenes Verhältnis haben.
Plötzlich wankt ein Bettler auf uns zu, auch so etwas gibt es,
trotz des großen Reichtums im Sultanat.
Unbeirrt setzen wir unsere Fahrt fort, der
feine Staub von den vorausfahrenden Fahrzeugen ist lange Zeit
unser ständiger Begleiter. Unsere vollklimatisierten Fahrzeuge
bieten zwar jeden erdenklichen Schutz gegen Hitze und
Austrocknen, allein gegen das Eindringen von Staubpartikeln sind
alle Schutzvorkehrungen zwecklos. Unsere Fahrer haben sich gegen
den feinen Sand bestens gewappnet, sie tragen eine Art Shesh um
Mund und Nase gewickelt. Da ich nichts gegen den Staub bei mir
habe und man mir offenbar anmerkt, wie sehr ich dagegen
ankämpfe, bietet mir unser Chauffeur spontan sein Gesichtstuch
an, ein Freundschaftsdienst, den ich nicht zurückweise, denn die
unausgesetzte Belastung dieser Art kann einem einen solchen
Wüstentrip ordentlich verleiden. Überhaupt sollte man einem
Araber am besten überhaupt nichts abschlagen, wenn man ihn nicht
beleidigen will, er wird nichts Unmögliches fordern.
Die Zeugenberglandschaft, die wir befahren,
ist nun allmählich einem Hochplateau gewichen, das
mäanderförmig von tief eingeschnittenen Wadis durchzogen wird.
Obwohl wir gewiß gerne eine Wanderung in eines der Täler machen
würden, läßt unser "Expeditionsleiter" nicht einmal
einen Photostop zu, bis wir am Jebel al-Qamar angelangt sind.
Dies ist einer der östlichen Ausläufer des Hadramaut und
bildete vor noch nicht allzulanger Zeit die natürliche Grenze
zum Jemen, ein Gebiet, das auch nach dem Ende der früher
üblichen Stammesfehden immer noch vermint ist. Heute überwindet
den Jebel al-Qamar eine der spektakulärsten Bergstrecken Omans,
die sich in zahlreichen Spitzkehren durch das Wadi Afawl
hinabzieht, dabei einen Höhenunterschied von gut 500 m
überwindend, bis sie bei Mughsayl, wo sie aus dem Gebirge
austritt, das Meer erreicht. An den grandiosen Abhängen des
Gipfelplateaus wachsen zahlreich die typischen Drachenblutbäume.
Während des Monsuns kann es an der zerklüfteten Küste, bei den
sogenannten "Blowholes", zu fontänenartigen, bis zu 10
m hohen Ausbrüchen des Meerwassers kommen, das sich vermöge der
Brandung durch die Löcher im weichen Kalkgestein Austritt
verschafft. Ein markanter Felsüberhang an jener Stelle bildet
den Schauplatz zu diesem bei schwachem Seegang leider
ausbleibenden Naturschauspiel. Dafür entschädigen die
kilometerlangen weißen Sandstrände westlich von Salalah, das
wir nach gut 40 Kilometern erreichen.
Für die Stadt, die nach Muscat Sultanssitz
war, gilt das gleiche, wie wir es schon von der Hauptstadt gesagt
haben: die Moderne hat hier ebenso Einzug gehalten wie im Norden.
Die Stadt beherbergt viele Inder, und da sich gerade die
Gelegenheit bietet, nutzen wir die Zeit nach Ankunft für
Einkäufe und Erledigungen, ich insbesondere, um einen der
zahlreichen Barbiere aufzusuchen. Der Geschäftstüchtigkeit von
Indern sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Wollte ich zu
Beginn eigentlich nur einen Trockenhaarschnitt, bin ich am Ende
doch nicht ohne Gesichts- und Kopfmassage davongekommen, gegen
Entrichtung des vierfachen Aufpreises natürlich. Dabei ist
gerade die Kunst des Massierens eine ureigene indische
Angelegenheit, worauf sich dieses Volk trefflich versteht, und
wegen des Islams bei Männern Männersache. Ehe ich es mich
versehe und wohl auch, weil ich zu allem nur Ja und Amen sage,
ist mir eine Maske aufgetragen. Danach wird meine
Gesichtsmuskulatur unter Verwendung verschiedener Öle, die
vornehmlich nach Kokosmilch duften, wie ein Brotteig
durchgeknetet, die Augenbrauen gekniffen und an den Wangen
gezerrt. Ohne daß ich es recht mitbekomme, brennt meine Haut
plötzlich wie Feuer, so als würden mich Tausende
Akupunkturnadeln stechen. Nach einer langwierigen Zeremonie,
während der mein mich behandelnder Masseur fortgesetzt den Raum
verläßt und ihn nach kurzem wieder betritt, ich weiß nicht aus
welchem Grund, werde ich schließlich, mit dem selbstgefälligen
Lächeln eines großen Meisters, in Ehren entlassen und fühle
mich danach, nach all dem Schlagen und Hämmern, wie neugeboren.
Am nächsten Morgen widmen wir uns den wenigen
Sehenswürdigkeiten, die die Stadt zu bieten hat. Die von einem
privaten Spender erbaute Shanfari-Moschee ist kein Zeugnis von
hohem künstlerischen Wert: ein bloßer Aufguß von
Althergebrachtem, ist sie lediglich eine in ein modernes Gewand
gekleidete, ohne die Schwierigkeit der Herstellung
hervorgebrachte Imitation, die vielleicht der Eitelkeit eines
einzelnen schmeichelt, aber keine wirklich neuen Akzente setzt.
An alten Häusern, die denen im Jemen recht ähnlich sehen,
findet man kaum noch Zeugnisse in Salalah. Etwas außerhalb, hoch
über der Stadt, befindet sich auf einem Hügel, unter der
darüber erbauten Moschee, das sogenannte Hiobsgrab, jenes
Propheten aus dem Alten Testament, der, obgleich er alles, was er
besaß, verlor, dennoch seinen Glauben an Gott niemals aufgab.
"Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen", soll
er, der Versuchung des Teufels widerstehend, den Boten
geantwortet haben. Der Fußabdruck des Hiob, den uns der Wächter
voller Stolz zeigt, ist wohl eher in den Bereich der Fabel zu
verweisen, als daß er den gewöhnlich Sterblichen von seiner
Echtheit zu überzeugen vermag. Wäre da nicht dieser Dunst, so
hätte man von diesem "biblischen" Ort einen
ausgezeichneten Blick auf die Stadt. Im Anschluß an unseren
Besuch fahren wir wieder zurück, durch eine an Sodomsäpfeln
reiche Gegend, die von zahlreichen verlassenen Termitenhügeln
übersät ist. Termiten ernähren sich von absterbenden Bäumen,
bevorzugen demnach Gebiete fortschreitender Verwüstung. Aufgrund
der globalen Erwärmung blieb jedoch auch in diesem Jahr der
Monsun weitgehend aus, ein Umstand, der nicht zuletzt den
Termiten die Nahrungsgrundlage entzog. Auch Raubvögel kann man
in dieser Gegend noch häufig finden. Die Falknerei wurde in Oman
jedoch niemals wirklich ausgeübt, wohl auch wegen des fast
völligen Fehlens von jagdbarem Wild.
Der Sultanspalast darf nicht betreten werden,
auch der zugehörige Strandabschnitt ist für die Allgemeinheit
gesperrt. Direkt an den Palastbezirk angrenzend, schräg
gegenüber, befindet sich der neuangelegte Souk. Die am meisten
gehandelte Ware ist Weihrauch, aber auch andere arabische
Gerüche werden an den Mann, oder besser gesagt, an die Frau
gebracht. Fast völlig eingeebnet worden sind der alte
Weihrauchhafen und was von der Siedlung al-Baleed noch
übriggeblieben ist. Insgesamt wenig spektakuläre Reste, wurden
sie dennoch von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Betreten
werden können sie derzeit noch nicht. Was noch erhalten ist,
stammt vorwiegend aus islamischer Zeit, darunter die Moschee mit
den tausend Säulen, aber auch Spuren aus der Römerzeit sind
zutage getreten. Die Stadt Dulfar, wie sie dereinst hieß, von
Marco Polo als großartig und schön gepriesen, war damals
Umschlagplatz für Pferde und hellen Weihrauch. Durch ihre Lage
an gleich zwei Lagunen begünstigt, verfügte sie über einen
geschützten natürlichen Hafen. Mit einem Abstecher zu den vor
der Stadt gelegenen Bananenplantagen, wo man auch Kokosnüsse zu
kaufen bekommt oder erfrischendes Kokoswasser trinken kann,
beenden wir unsere Stadtrundfahrt.
Am frühen Nachmittag verlassen wir Salalah
auf unserem Weg zurück in den Norden. Ein Abstecher zu den
Quellen von Ain Razat enttäuscht insofern, als wegen der dort
bestehenden Bilharziosegefahr ein Baden in den Süßwasserteichen
nicht möglich ist. Zudem werden die aus vielen Erdlöchern
entspringenden Quellen in einem gemauerten Kanal gefaßt, was den
Ort des Eindrucks der Ursprünglichkeit beraubt und die Idylle,
die ihm ohne dies anhaften würde, zerstört, nicht zuletzt auch
durch den liegengebliebenen Unrat.
Von Ain Razat geht es hinab zur Lagune Khor
Rouri, wo einst der alte Weihrauchhafen Samhuram lag. Der Sage
nach soll sich hier ein Palast der Königin von Saba befunden
haben. Heutigentags wird der Zutritt des Meeres, der früher
mühsam freigehalten werden mußte, durch eine Sanddüne
verhindert. Die Lagune war beidseitig von zwei ins Meer
vorspringenden Tafelbergen flankiert, auf denen sich noch Reste
ehemaliger Befestigungsanlagen befinden, deren Aufgabe es war,
die einstige Hafeneinfahrt zu sichern. Samhuram war zwar nur
einer von mehreren Häfen, aus denen Weihrauch verschifft wurde,
doch erlaubte er aufgrund seiner Lage die lückenlose Kontrolle
des gesamten Warenumschlags in die südjemenitische Stadt Qana.
Die Zeiten, als man noch ohne weiteres durch den Zaun schlüpfen
konnte, um die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen
Ausgrabungen zu besichtigen, gehören der Vergangenheit an, die
Aufpasser werden schon unruhig, sobald jemand auch nur Anstalten
trifft, sich der Umzäunung zu nähern.
Samhuram, das griechische Moscha an der
sachalitischen Küste, war eine Gründung der Könige von
Hadramaut auf dem Gebiet von Zafar, der antiken Umschreibung des
heutigen Dhofar. Der Anfang der als Hafen- und Handelskolonie
gegründeten, von einer Mauer umschlossenen Stadt geht auf das 1.
Jh. v. Chr. zurück, was zeitlich so gar nicht mit der Lebenszeit
der historischen Königin von Saba übereinstimmen will, die
König Salomo, der im 8. Jh. v. Chr. gelebt hat, mit einer
Karawane von vierundsechzig Kamelen besucht haben soll, wie es in
der Bibel und auch im Koran geschrieben steht und wie es der
römische Historiker Plinius berichtet. Insofern ist die Anlage
sogar jünger als die von al-Baleed, welches von Marco Polo und
auch von Ibn Batuta als große und geschäftige Stadt beschrieben
wurde. Die Befestigungen an der Hafeneinfahrt sind sogar noch
jüngeren Datums und gehen auf die Abbasidenzeit zurück. So ist
es einmal mehr an der Zeit, mit einem Mythos aufzuräumen, der in
unseren Tagen vielleicht noch fortdauern mag, sich aber als
Irrtum herausgestellt hat, nämlich, daß wir uns hier an dem
lange im Dunkel der Geschichte liegenden Ort befinden, den
bereits die Füße der legendären Königin von Saba betreten
haben, was schon allein daraus erhellt, daß die grob behauenen
Steine königlichen Prunks unwürdig sind. Auch der einst aus
strahlend weißen, heute von den Monsunregen schwarz verfärbten
Felsblöcken errichtete Tempel, der wahrscheinlich dem im Jemen
verehrten Mondgott Sin geweiht war, kann nicht darüber
hinwegtäuschen, daß der Ort bei weitem nicht die ihm
zugemessene Bedeutung besaß, obgleich sich von hier aus der
gesamte Weihrauchhandel inmitten feindlichen Gebiets
kontrollieren ließ. Warum die Anlage, die nur drei- bis
vierhundert Jahre überdauert hat, aufgegeben wurde, ist nicht
bekannt, hängt aber vermutlich mit einer politischen Wende im
Jemen zusammen.
Unweit von Khor Rouri schlagen wir direkt am
Strand unsere Zelte auf. Dort eignet sich das Meer vortrefflich
zum Baden, was wegen der gefährlichen Unterströmung an weiten
Teilen der Küste sonst nicht möglich ist. Die feinsandigen
Strände entfalten in der glühenden Mittagshitze eine
blendend-weiße Farbe, zu welcher das türkisgrüne Meer einen
wundervollen Kontrast bildet. Was aber das weitaus Angenehmste
ist: sie sind über weite Strecken völlig menschenleer, ein
Paradies für alle, welche die Abgeschiedenheit suchen. Holz für
ein Lagerfeuer findet sich nicht gerade reichlich, sollte es
hingegen jemand wagen, im Oman einen intakten Baum zu fällen, so
drohen ihm hohe Haftstrafen. Wohl aufgrund des eingeschlossenen
Harzes entwickeln die lodernden Flammen eine dottergelbe Farbe.
In der Nacht legt sich der stürmische Wind, der bei unserer
Ankunft das Aufbauen der Zelte so sehr erschwerte, und als ich in
den frühen Morgenstunden nach draußen trete, sehe ich, während
der Große Wagen genau mit der Deichsel nach unten zeigt, über
dem Meer das Kreuz des Südens.
Nach dem Aufstehen reicht die Zeit kaum für
ein erfrischendes Bad; nach einem kurzen Frühstück brechen wir
auf, und über Gesteinsbrocken und Trümmer hinweg suchen sich
unsere Land Cruiser ihren Weg durch den Canyon, hinauf zur
Hauptstraße. Auf dieser geht es erst einmal ein ganzes Stück
weit ins Landesinnere hinein, da ein Weiterkommen längs der
Steilküste hinter Mirbat nur noch per Boot möglich ist. In der
Ortschaft Taqah müssen wir unsere Reifen flicken. Das Taqah
Fort, früher Sitz eines Wali, wirkt im Unterschied zu den
Anlagen, die wir in Nordoman gesehen haben, recht bescheiden.
Immer der Weihrauchstraße folgend, treffen wir schließlich im
Wadi Dauka, das zusammen mit al-Baleed und Samhuram in die Liste
der Weltkulturgüter aufgenommen worden ist, auf eine größere
Ansammlung von Weihrauchbäumen. Das Harz dieser Bäume war es,
das epochemachende Geschichte geschrieben hat. Die Angelsachsen
haben für Weihrauch ein eigenes Wort geschaffen, sie nennen es
Francinsense, zu deutsch "Duft der Franken." Dieser
Name dürfte auf die Kreuzfahrerzeit zurückgehen, als Weihrauch,
den insbesondere die Kirchen sehr zu schätzen wußten, ein
begehrtes Handelsgut war, mit dem sich im Abendland hohe Gewinne
erzielen ließen, was wiederum den Levantestädten einen nicht
geringen Reichtum bescherte.
Eine mächtige Wolkenfront ist mittlerweile
aufgezogen, und nicht selten bereiten Wolkenbrüche Reisen wie
dieser ein jähes Ende. Wieder vergehen Stunden endloser
Monotonie auf staubigen Pisten, bis wir schließlich, die
Ölfelder von Marmul hinter uns lassend, unvermutet an einer
phantastischen Abbruchkante des Küstengebirges stehen. Wer
hätte das in dieser Einöde erwartet! Unseren Augen bietet sich
in der bereits untergehenden Sonne ein prächtiges Farbenspiel:
ein traumhaftes Panorama aus unterschiedlichen Grau- und
Beigetönen. Aus mit schwarzem Wüstenlack überzogenem
Kalkgestein, das sich in phantastischen Steilwänden über dem
flachen Küstenstrich erhebt, hat die Winderosion im Laufe von
Jahrmillionen skurrile Figuren herausgearbeitet. Unter
angsterweckenden Überhängen zeigt sich uns die Natur von ihrer
monumentalsten Seite. Unser heutiger Übernachtungsplatz liegt in
dem östlich des Ortes Fadhi gelegenen Wadi Shuwaymiyah, aus dem
es, ähnlich einer Sackgasse, keinen Ausgang gibt. Tief in den
Schluchten des Wadis hat die Wassererosion im Fels buchtenartige
Steilkessel hinterlassen, Höhlen ausgewaschen, die von
prächtigen Stalaktiten überdacht sind; längs des ehemaligen
Flußlaufs gedeihen Palmen, deren Grün die kalkweißen
Felswände vor dem Hintergrund des tiefen Himmelsblaus in einem
einzigartigen Kontrast erscheinen läßt. Zwischen den
perlweißen Steilwänden haben sich freistehende Zeugenberge
herausgeschält, deren Abdachungen wie schwarze Kapuzen aussehen.
Die fein zermahlenen, im Laufe von Äonen zerriebenen und vom
Winde verwehten Sandmassen lehnen sich, Schutthalden gleich,
gegen die höhlenzerfressenen Wände, zu denen es kein
Hinaufkommen gibt, es sei denn mit Haken und Seil. Ein unter
einem Wasserfall gelegener Palmenhain, der von einer
schwefelhaltigen Quelle gespeist wird, bildet eine Art
natürliches Schwimmbecken, in dem es auch Wasserschlangen geben
soll. Wer nach längerer Zeit wieder einmal mit Süßwasser in
Berührung kommen möchte, kann hier natürlich gern ein
erfrischendes Bad nehmen.
Auf dem gleichen Weg, den wir ins Wadi
hineingefahren sind, kommen wir aus diesem auch wieder heraus.
Wir wählen nun den weiteren Weg durch den Sahil al-Jazir längs
der omanischen Küste. Auf ihm stößt man vereinzelt auf
Lagunen, die nicht zuletzt auch für Ornithologen interessant
sind und deren etliche sogar gänzlich vom Meer abgeschnitten
sind. Eine typische Vertreterin ihrer Art ist die sogenannte
"Pink Lagoon" bei al-Kahil, die ihren Namen der
eigentümlichen, von einer Algenart herrührenden Färbung
verdankt. Bei Ras Madrakah, wo die Landschaft überwiegend
vulkanischen Ursprungs ist und fast aussieht wie auf dem Mond,
schlagen wir direkt am Meer, in einer felsigen Bucht mit feinstem
Sandstrand, unser Lager auf. Die ganze Gegend ist reich an
Ophiolithen, die hier in einer lila bis anthrazitfarbenen, zum
Teil ins Graugrüne gehenden Farbe leuchten, eingebettet in ein
Meer von hellstem Sand. Nachts gesellt sich zum Knistern des
Lagerfeuers noch das angenehme Rauschen der Brandung.
Erstes Ziel des morgenden Tages sind die
Klippen über Ras Madrakah. Der ganze Küstenstrich hat etwas
Wildromantisches an sich; ein gestrandeter griechischer Frachter,
der tief drunten langsam vor sich hin rostet, macht den
Aufenthalt auf den windigen Klippen zu einem besonderen Erlebnis,
trägt viel zu dieser Stimmung von Weltabgeschiedenheit bei.
Aufgrund der zahlreichen Reifenpannen müssen wir nun einen
längeren Stop einlegen. An den Tankstellen geschieht das
Reifenwechseln oft noch auf herkömmliche Art mit primitiven
Hilfsmitteln, so daß viel Zeit und Geduld erforderlich ist. Man
sollte es nicht für möglich halten, aber selbst in der Wüste,
auf schnurgerader Straße, geschehen noch Unfälle. Zuerst kommt
es mir so vor, als ob eins unserer Fahrzeuge in den Unfall
verwickelt wäre, der sich da vor meinen Augen abspielt. Ein mit
Fisch beladener Pick-up fährt einfach auf die Teerstraße hinaus
und prallt frontal mit einem entgegenkommenden Personenkraftwagen
zusammen. Es tut einen gewaltigen Schlag, zwei Fahrzeuge wirbeln
durch die Luft, der Fisch liegt über die Straße verteilt. Eine
aufgebrachte Menschenmenge läuft schreiend zusammen, um den
schwerverletzten Beifahrer des Unglücksfahrzeuges aus dem
Führerhaus zu bergen. Keiner weiß zu diesem Zeitpunkt, ob und
wann er seinen schweren Verletzungen erliegen wird. Die weitaus
meisten Unfälle in der Wüste ereignen sich jedoch nicht etwa
aufgrund menschlichen Versagens, sondern durch über die Straße
laufende Kamele. Wegen der Unfallgefahr, die aus querenden
Kamelen resultiert, ist es gefährlich, bei Nacht durch die
Wüste zu fahren. Die gesetzliche Regelung sieht vor, daß, wenn
der Unfall sich bei Dunkelheit ereignet, der Kamelhalter
verantwortlich ist, ereignet er sich am Tage, der Halter des
Fahrzeugs.
Nach eintöniger Fahrt durch eine an
Eindrücken arme Geröllwüste wechselt endlich das
Landschaftsbild wieder, und erneut tauchen erste Dünen auf. Sie
gehören zu den Wahiba Sands, neben der Rub al-Khali der zweiten
großen Sandwüste im Oman. Unsere Mittagsrast halten wir diesmal
unter einem Akazienbaum, von einer Herde Ziegen umringt. Diese
sind so frech, daß sie, würde ihnen nicht Einhalt geboten, am
liebsten noch aus unseren Tellern und Schüsseln fressen würden.
Nach dem Mahl werden die Reste den Ziegen verfüttert, doch dann
herrscht Hauen und Stechen unter ihnen, und ich denke mir: In
vielerlei Hinsicht verhalten wir Menschen uns, die wir uns für
die Krone der Schöpfung halten und es eigentlich besser machen
könnten, auch nicht viel anders. Nach einem kurzen Aufenthalt am
Strand, um von den Beduinen Fisch einzukaufen, gelangen wir
schließlich in eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch, eine Art
"Skulpturenpark", wo die Natur buchstäblich steinerne
Plastiken in den Sand gesetzt hat: Köpfe, die auf überaus
schlanken Hälsen sitzen, die täuschend echte Nachbildung einer
Schildkröte und mehrere andere phantasievolle Gestalten. Nach
Überquerung einer für die Halbinsel Bar al-Hikman typischen
ebenen Sandfläche geraten wir in ein Areal, auf dem sich
ausgedehnte Salzpfannen gebildet haben. Ich breche ein Stück
Salzkruste ab und koste davon: unverkennbar Salz!
Weiter geht es, zunächst noch über harte
Piste, bis wir schließlich das Gebiet der eigentlichen Wahiba
Sands erreichen. Anfangs versuchen unsere Fahrer ohne
Erniedrigung des Reifendrucks durch die Dünen zu kommen, gerade
so, als würden die Naturgesetze plötzlich nicht mehr gelten;
speziell unserem Fahrer mißlingt der Versuch, wir bleiben, da
wir zuviel an Geschwindigkeit eingebüßt haben, in den
Sandmassen stecken. Wer aber den Schwung einmal verloren hat, dem
gelingt es in der Regel nicht mehr, erneut Fahrt aufzunehmen,
denn die Räder drehen nur noch durch. Als wir dann entsprechend
Luft abgelassen haben, nehmen wir erneut Anlauf, und siehe da, es
gelingt uns, das Fahrzeug freizubekommen. Doch die Freude währt
nicht lange. Nach abschüssiger Fahrt verlieren wir über der
nächsten Dünenkante erneut an Schwung und versacken tief im
Sand. Wieder ist es unser Fahrer, der die Probleme hat, wohl weil
er der Unerfahrenste ist, und wieder sieht man Araber durch die
Wüste laufen. Danach passieren abermals Dinge, die einem zu
denken geben: wir geraten in ein Sandloch, aus dem es kein
Entrinnen gibt. Nahezu alle Fahrzeuge versinken in den
Sandmassen, doch mindestens ein freies Fahrzeug wird benötigt,
um die anderen freizuschleppen. Unserem Reiseleiter, der selbst
einer der Fahrer ist, gelingt es als erstem, freizukommen und
sich auf eine Sanddüne zu retten. Nach und nach schaffen es auch
die anderen. Fast alle sind wir nun ausgestiegen und versuchen
aus Leibeskräften, die Fahrzeuge durch Anschieben zu bewegen.
Doch wenn ein Fahrzeug erst mit dem Unterboden aufsitzt,
sämtliche Räder sich tief eingegraben haben und alle vier
Räder nur noch durchdrehen, hilft nichts mehr. Nur durch
stundenlanges schweißtreibendes Schaufeln könnte es dann
gelingen, den Radstand soweit zu erniedrigen, daß die Räder
wieder greifen. Wir wären aber nicht imstande, dieses Spiel
lange durchzuhalten, denn die Sonne neigt sich bereits zum
Horizont; also bleiben wir heute nacht hier, wo wir sind, nahe
Ras Ruways.
Das Lagerfeuer will in dieser Nacht nicht so
recht brennen, und es dauert eine Ewigkeit, bis sich Glut bildet.
Doch ist Feuer in der Wüste das einzige, was dem Menschen Licht
ins Dunkel bringt, wohltuende Wärme spendet und einander sozial
näherrückt. Jetzt versöhnen auch die sich wieder, die sich
tagsüber feind waren, und der Mensch findet zurück zur
Harmonie. Am nächsten Morgen sind unsere Zelte von kondensiertem
Tau durchnäßt, wohl wegen der großen Nähe zum Meer. Wir
können daher unser Lager erst abbrechen, nachdem die rasch
aufkommenden Sonnenstrahlen die Wassertröpfchen zum Verdunsten
gebracht haben. Fahl und blaß liegt die Wüste vor uns, als sich
die Sonne frühmorgens über den Horizont erhebt, und erneut
beginnen die Strapazen einer Wüstendurchquerung, inmitten der
Dünen. Ständig bleibt eines der Fahrzeuge im Sande stecken, und
stets ist es ein Fiasko, es wieder freizubekommen. Doch das Meer
ist nicht weit. Bald sind die Klippen erreicht, die an jener
Stelle, wo die Wüste bis ans Meer heranreicht, nicht aus Fels,
sondern aus gepreßtem Sand, sogenannten Aeolianiten, besteht.
Dieser weiche Sandstein läßt sich sogar von Hand brechen und
schuppt plattenförmig ab. Hier, an den Gestaden des Arabischen
Meeres, hat die Wind-erosion in dem weichen Material, in Form von
Windschliff, deutliche Spuren hinterlassen, so daß man glauben
könnte, es sei ein Volk von Riesen mit Rechen darüber
hinweggezogen. Schwärme von Möwen und andere Seevögel
bevölkern den Strand, und beim geringsten Anzeichen einer
Annäherung fliegt der ganze Schwarm kreischend auf, wie in
rhythmischen Fontänen zu den auslaufenden Wellen. Noch immer
ziehen die Fischer, zumeist über die Küste verstreut lebende
Beduinen, Fische verschiedenster Art in Massen aus dem Meer, das
einen nahezu unerschöpflichen Reichtum birgt. Unsere Land
Cruiser nehmen den Weg direkt an der Küste entlang, auf dem
harten Sandstrand, teils zu Füßen der Klippen, zwischen
verstreut liegenden Felsen hindurch, teils auch auf nassem, von
weißen Schaumkronen bespültem Meersand. Unaufhörlich rollen
die gischtgekrönten grünen Wogen heran, ein Schauspiel, welches
die Natur nach ewig gleichem Gesetz schon seit Jahrmillionen
zelebriert. Die Luft ist von einer einzigartigen Klarheit, die
Sicht aufs Meer schier unbegrenzt, bis an den Horizont reichend,
so daß auf spiegelglatter Fläche gar die Erdkrümmung zu
erkennen ist. Nichts, soweit das Auge reicht, stört diese
Idylle, nicht einmal ein Schiff ist draußen auf dem Meer zu
entdecken. Außer einigen Beduinen, deren Gesichter selbst im
Lachen noch finster wirken, und einem gestrandeten Wal sind
während des ganzen Tages, mit Ausnahme des ungetrübten
Badevergnügens wohlgemerkt, keine nennenswerten Eindrücke zu
vermelden.
Nach weitgehend eintöniger Fahrt, bereits
unkend, daß uns nun der Wind aus den Segeln genommen scheint,
nehmen wir, nachdem wir die letzten Kilometer nur mehr auf
Teerstraßen zurückgelegt haben, bei Kap Ras al-Hadd erneut
Tuchfühlung mit dem Meer auf. Hier, auf der äußerst östlichen
Landspitze der Arabischen Halbinsel, erhebt sich eine dramatisch
schöne Steilküste, unter der sich nach Südwesten
kilometerlange Sandstrände hinziehen, die am späten Nachmittag
in gleißendes Licht getaucht sind, während sich nach Norden
tiefblaues Meer ausdehnt, das tosend an die steil und in
Überhängen ins Meer abstürzende Klippenküste brandet. Funde,
die gleich an mehreren Ausgrabungsstätten auf der flachen
Landzunge gemacht wurden, reichen bis ins 4. Jahrtausend v. Chr.
zurück. Es wird angenommen, daß sich nahe Ras al-Hadd auch der
Ausfuhrhafen für das im Wadi Samad gefundene Kupfer befand. Die
Handelsverbindungen reichten bis ins Industal, wie sich anhand
gefundener Keramiken leicht nachweisen läßt. Das Kap selbst
bietet eine ausgezeichnete Aussicht auf die draußen auf dem Meer
um die Landspitze segelnden Schiffe, und die Zahl der Fahrzeuge,
die diese Stelle, seit der Mensch zur See fährt, passiert haben
mögen, mag ins Unermeßliche reichen. Soeben läuft eine Dhau an
uns vorüber, doch leider unter Motor: ein ungewohnter Anblick,
so ganz ohne Segel! Doch am Wind scheint es nicht zu liegen, oder
aber, dieser wird durch den Kapeffekt nur vorgetäuscht. Am Meer
entlang lassen sich, dem Hochufer folgend, einsame Spaziergänge
unternehmen, wo man außer Möwen auf kein anderes Lebewesen
trifft. An einem Abbruch endet unser Ausflug jäh: Unter uns
breiten sich im flutenden Gegenlicht endlose weiße Sandstrände
aus, welche von den Grünen Riesenmeeresschildkröten zur
Eiablage aufgesucht werden. Der flach zum Meer abfallende Strand
südwestlich von uns zieht sich um die ganze Halbinsel herum,
aufgrund seiner Ausdehnung ein idealer Ort also für ein sicheres
Versteck.
Unser heutiger Campingplatz, Ras al-Junayz,
ist ein eigens ausgewiesener Ort, um diese vom Aussterben
bedrohten Schildkröten bei ihrem nächtlichen Treiben zu
beobachten. Das Weibchen legt etwa dreimal im Jahr ein Dutzend
Eier, die Hauptlegezeit währt von Mai bis Juni, doch soll es
auch um diese Jahreszeit noch hinreichend Gelegenheit geben,
einige Exemplare dieser mitunter ältesten Spezies auf Erden
beobachten zu können. Schildkröten kommen, ihrem Instinkt
folgend, der sie immer wieder an dieselbe Stelle zurückführt,
wo sie geschlüpft sind, zur Eiablage an Land. Die Zahl der
Jungen, welche nach dem Schlüpfen das Erwachsenenalter
erreichen, liegt unterhalb des Promillebereichs; die
Geschlechtsreife tritt erst im Alter von 25-30 Jahren ein. Da
unser Camp direkt am Strand liegt, müssen wir nur wenige Meter
zu Fuß zurücklegen, um das Schauspiel im Schutz der Dunkelheit
aus nächster Nähe verfolgen zu können. Im Mondlicht einer
angenehm lauen Silvesternacht lagern wir uns also in Grüppchen
aus zwei bis drei Personen im Sand, um das "aufregende"
Geschehen mitzuerleben. Tatsächlich haben wir Glück, denn bald
schon ruft uns der Aufseher zu der Stelle, wo ein Muttertier sich
soeben an Land begeben hat, um an einem geeigneten Platz einen
Trichter für das Gelege auszuheben. Nachdem es etwa ein Dutzend
Eier gelegt hat, buddelt es den ausgehobenen Trichter sorgfältig
wieder zu, um buchstäblich alle Spuren, die den Legeplatz
verraten könnten, bis zur Unkenntlichkeit zu verwischen, so daß
Feinde, zu denen an Land vor allem der Wüstenfuchs gehört,
nicht in Verlegenheit kommen, das Versteck zu entdecken. Als
weiteres Täuschungsmanöver gräbt die Schildkröte noch einen
Scheintrichter, ehe sie sich wieder ins Meer zurückzieht. Viele
Menschen scheinen von so einem Urerlebnis ziemlich angetan, und
wer hätte gar gedacht, daß es so viele nach Mitternacht
hierherziehen würde, um diesem Naturschauspiel beizuwohnen? Die
Vielzahl der Besucher wirkt sich aber auf uns, die wir es gewohnt
waren, bislang immer und überall die einzigen zu sein,
störender aus als auf die Schildkröten.
Am nächsten Morgen brechen wir nach unserer
letzten Zeltübernachtung auf dieser Reise auf nach Sur. Ab Ras
al-Junayz haben wir zunächst wieder reine Teerstraße vor uns.
Welch ein Kontrast zu den Fahrten quer durch die Wüste! Wenn
man, aus Richtung al-Ashkhara kommend, sich Sur nähert, einer
modernen Stadt mit alter Bausubstanz, fallen sogleich die für
ganz Oman typischen Wachtürme auf, die sich auf nahezu allen
Erhebungen über der Stadt in ihrer näheren Umgebung befinden,
ohne irgendeine Verbindung untereinander außer durch Sicht, und
die recht reizvoll erscheinen, weil sie aus Materialien errichtet
sind, welche die Natur selbst zur Verfügung stellt. Direkt vor
al-Ayjah müssen wir hart nach links schwenken, da wir durch die
Lagune daran gehindert werden, die Stadt auf geradem Wege zu
erreichen. Sur hat erst Bedeutung erlangt, nachdem Qalhat von den
Portugiesen zerstört worden war, und galt lange Zeit als
Hochburg des Schiffsbaus, wo lange noch nach dessen Hochblüte
nach uralter Tradition die typischen Dhaus gefertigt wurden. Kaum
ein Omani will sich jedoch diesem Handwerk mehr verschreiben,
daher besteht die Gefahr, daß das alte Wissen verwässert und
irgendwann ganz verlorengeht. Zum Glück haben einige Inder sich
jener aussterbenden Kunst angenommen und führen, wenngleich
unter recht kommerziellen Aspekten, die alte Tradition fort. Bei
Löhnen, für die ein stolzer Omani kaum die Hand rühren würde,
arbeiten sie zu Stundensätzen, unter denen auch ein größeres
Schiff zu einem vergleichsweise günstigen Preis erschwinglich
ist. Die Traditions-Dhau Fatah al-Khair vom Ghandjah-Typ, eine
der letzten ihrer Art im Verkehr zwischen Indien und Ostafrika,
steht aufgebahrt am Strand der Lagune, ihre Wiederinbetriebnahme
wäre aufgrund der hohen Unterhaltskosten für den Erhalt ihrer
Seetüchtigkeit zu kostspielig. Mithin spürt man in den alten
Dhauwerften deutlich, wie der Zahn der Zeit an ihnen nagt und wie
die alte Welt der Beduinen, von der westlichen Welt verdrängt,
sich mehr und mehr zu Ende neigt. Ein Volk, das sich ohnehin auf
wenig eigenes berufen kann, mit Ausnahme der Verbreitung des
Dezimalsystems, saugen die Araber alles, was an irdischen Gütern
über sie ausgestreut wird, begierig in sich auf, und der Westen
hat alle Not, sich die im alten Orient schlummernden Märkte zu
erschließen, denn auch der Ferne Osten ist mit Produkten
vertreten, mit denen zu konkurrieren ihm nicht immer leicht
gemacht wird. Seine malerische Lagune und die traditionell weiß
getünchten Häuser der Altstadt ausgenommen, hat Sur, außer
zwei kleineren Forts, nicht viel zu bieten, so daß sich ein
längerer Aufenthalt rein um der Stadt willen kaum lohnt. Aus
seiner Geschichte sei vielleicht noch erwähnt, daß sich hier im
vorigen Jahrhundert eine nicht unbedeutende Minderheit
wahhabitischer Saudis festzusetzen suchte, um sich politisch zu
etablieren, ein Bestreben, dem die Engländer einen Strich durch
die Rechnung machten.
Im Osten des Oman, der sogenannten
ash-Sharqiyah, wo wir uns gerade befinden, liegt das Wadi Bani
Khalid, wegen seiner palmenbestandenen türkisgrünen
Wasserbecken eines der schönsten im ganzen Land. Wir erreichen
es, wenn wir auf der Strecke von al-Kamil nach Ibra rechts der
Hauptstraße dem Weg ins östliche Hajar-Gebirge folgen.
Zunächst noch eine weite Kiesebene, verjüngt sich das
ausgetrocknete Flußbett allmählich, genauer gesagt nach gut 30
Kilometern, zur engen Schlucht. Früher mußte, wer hierherkommen
wollte, eine zwei- bis dreitägige Fußwanderung einplanen. Doch
diese Zeiten gehören der Vergangenheit an, bedauerlicherweise,
muß man sagen, denn seitdem die Teerstraße hierherführt,
finden sich zunehmend größere Touristengruppen hier ein, die
dem Ort viel von seiner Ursprünglichkeit rauben. Das Wadi Bani
Khalid hat nämlich die Besonderheit, daß es, was sich nur von
wenigen Wadis behaupten läßt, über einen ansehnlichen
Wasserreichtum verfügt. Doch zu einem erfrischenden Bad in dem
kühlen Naß mag keine rechte Lust aufkommen, wenn man sich vor
Augen führt, daß dies in der arabischen Welt nicht gern gesehen
und argwöhnisch beäugt wird. Was sich aber in jedem Fall
empfiehlt, ist eine Wanderung durch die enger werdenden
Schluchten, was stets auch mit einiger Kletterei verbunden ist.
Das im hellen Sonnenschein türkis leuchtende Wasser nimmt sich
im Schatten der Steilwände fast schwarz aus. Auch eine Höhle
unweit des Eingangs gibt es zu erkunden. Für einen längeren
Aufenthalt mit eventueller Übernachtung ist der hintere Teil des
Wadis jedoch ungeeignet, da man nirgendwo zelten kann. Somit
fühlen wir uns angesichts der knappen Zeit, die uns noch
verbleibt, zur Eile gedrängt, denn zum krönenden Abschluß
wollen wir uns ein letztes Mal dem kurzen Spiel der Dünen
überlassen, und nochmals geht es hinaus in die rote Ramlat
al-Wahiba. Unser letztes Übernachtungsziel ist das Golden Desert
Camp, in dessen Nähe die begehrtesten Rennkamele Omans
gezüchtet werden. Die Treiber reagieren äußerst empfindlich
auf Verstöße gegen das Rücksichtnahmegebot den Tieren
gegenüber, die mit menschlichen Ausscheidungen möglichst nicht
in Berührung gebracht werden sollten. Selbst das kurze
Aussteigen will man uns verwehren, woraufhin es zu einem heftigem
Wortwechsel, ja sogar zum Streit mit ihnen kommt, dem wir als die
Klügeren, ohne uns groß aufzuhalten, aus dem Wege gehen. In der
Abendsonne fangen die Dünen in einem kräftigen Rot zu leuchten
an. Nach einigen absichtlich eingelegten, nur unserem Vergnügen
dienenden Steilfahrten in der schon einsetzenden Dämmerung sehen
wir von einer Anhöhe aus unvermutet das fortähnliche
Wüstencamp unter uns. Der Hausherr empfängt uns, nachdem er uns
auf den ausgebreiteten Teppichen Platz zu nehmen gebeten hat, mit
duftendem arabischen Kaffee. Die Unterkunft ist recht bescheiden,
doch verglichen mit dem harten Matrazenlager der vergangenen Tage
eine erquickende Wohltat, an die man sich erst wieder gewöhnen
muß.
In der nächsten Frühe soll uns zum
glücklichen Ende der Reise Gelegenheit gegeben werden, zusammen
mit einigen Beduinen einen morgendlichen Ausritt auf dem Kamel zu
unternehmen. Besonderes Ungeschick beweist hierin eine unserer
Damen, denn anstatt sich an der Decke festzuhalten, versucht sie
sich im Rodeo, was sie, kaum im "Sattel" sitzend,
Sekunden später bereut, indem sie, Glück im Unglück, im hohen
Bogen abgeworfen, auf dem Steißbein landet. Furchtsam geworden,
gebricht es nun einigen anderen, die sich vordem kühn und
wagemutig deuchten, am gehörigen Mut, das geplante
"Husarenstückchen" auszuführen, und sie ziehen den
Kameltreibern die Dollars wieder aus den Händen, die sie ihnen
schon zugesteckt hatten. Das Kamel gilt deswegen für arrogant
und trägt die Nase ganz hoch, weil es als einziges zu den
neunundneunzig Namen, die Allah vom Koran zugewiesen werden,
seinen hundertsten Namen kennt. Nach diesen schmerzhaften
Erfahrungen neigt sich auch unser Abenteuerurlaub langsam dem
Ende zu. Nachdem wir ein Stück des Wegs zurück auf die
Hauptstraße gefahren sind, geht es in rascher Fahrt weiter, der
Hauptstadt entgegen. Einen kurzen Abstecher zu einigen auf dem
Wege liegenden Sehenswürdigkeiten können wir aber zeitlich noch
einlegen.
Unter den historischen Ortskernen der
Sharqiyah-Oasen nimmt al-Mudayrib an Schönheit eine
Vorrangstellung ein. Der Ort liegt zwischen zwei Hügeln
eingebettet und wird von zahlreichen Wehrtürmen überragt, so
daß es den Anschein hat, als bestünde er ausschließlich aus
Mauern und Türmen. Einst gürtete ihn eine Stadtmauer mit drei
Stadttoren. Während der Blütezeit des Ostindienhandels bauten
sich vornehme Familien eigene Wehrburgen, die von
zinnengekrönten, mit Schießscharten versehenen Mauern umgeben
waren. Vom Reichtum dieser Familien zeugen noch heute die
kunstvoll geschnitzten Haustüren, für die eigens aus Ostafrika
stammendes Holz eingeführt wurde.
Hinter al-Mudayrib sind die schwarzen
Lavaberge zu Ende, eine steppenähnliche Landschaft zieht auf.
Bei der Oase Fanja, die sich hinter dem Sumail-Paß
verbirgt, der den westlichen vom östlichen Hajar trennt, ist
auch mein Filmmaterial zu Ende, rechtzeitig zum Ende der Reise.
Fast wäre ich versucht gewesen, mich zu dem Satz hinreißen zu
lassen, daß dieser letzte Abschnitt der abenteuerlichste auf der
ganzen Reise war. Unserem Fahrer nämlich, der zuletzt in Sur den
Anschluß verpaßt hatte, scheint die Angst, erneut abgehängt zu
werden, noch immer im Nacken zu sitzen. Daß er bei Tempo 120 mit
einem Sicherheitsabstand von nur 10 Metern seinem Vordermann
nicht noch hintendrauf fährt, grenzt an eines der ungelösten
Rätsel aus Tausendundeiner Nacht. Als wir am späten Nachmittag,
mit einem Bein bereits im Flugzeug, in die Capital Area um
Muscat zurückkommen, uns wie in einem Triumphzug gleichsam als
Sieger fühlend, die die Rub al-Khali und die Ramlat al-Wahiba im
Schlepptau hinter sich herziehen, bleibt etwas von mir mit Wehmut
in der Wüste zurück, etwas, wonach wir in der Hektik unserer
Großstädte vergeblich suchen und das uns wie magisch immer
wieder nach dorthin zurückzieht, wo am Ende alles endet.