Nach
diesen Regelungen zog er in Richtung Baktra gegen Bessos weiter, wobei er unterwegs die Drangiana und
Gedrosien unterwarf. Auf seine Seite brachte er auch die
Arachoten und setzte über sie Menon als Satrapen. Er kam sogar
bis zu den den Arachoten benachbarten Indern, doch war der Marsch
zu diesen Völkern wegen des dichten Schneefalls nur unter
größten Strapazen für die Soldaten und Mangel an Verpflegung
durchführbar. Auf Nachrichten von erneutem Abfall in der Areia
hin - Satibarzanes sei mit 2000 Reitern, die ihm Bessos gegeben
hatte, wieder in das Land eingefallen - schickte er gegen die
Aufständischen den Perser Artabazos zusammen mit Erigyios und
Karanos, zwei Hetairen; mit ihnen sollte auch Phrataphernes,
Satrap von Parthien, in die Areia einmarschieren. Es kam dabei zu
einem harten Kampf zwischen Erigyios sowie Karanos mit ihnen
Leuten und Satibarzanes, und nicht eher gaben die Barbaren nach,
bis Satibarzanes im Zweikampf mit Erigyios zusammengeriet und von
Erigyios durch einen Speerstoß ins Gesicht getötet wurde. Jetzt
erst wichen die Feinde und stoben in wilder Flucht davon.
Inzwischen rückte Alexander gegen das
Kaukasusgebirge vor, wo er eine Stadt gründete und ihr den Namen
Alexandreia gab. Darauf opferte er den Göttern, welchen der
Brauch zu opfern gebot, und überstieg dann das Gebirge. Zum
Satrapen des Landes hatte er zuvor Proexes, einen Perser ernannt,
während als militärischer Kommandant Neiloxenes, ein Hetaire,
mit einer Abteilung zurückgelassen worden war.
Das Kaukasusgebirge ist, wie Aristobulos
angibt, ebenso hoch wie irgendein Gebirge Asiens und großenteils
an dieser Stelle unbewaldet. Der Kaukasus selbst bildet einen
langen Gebirgszug; und so wird auch behauptet, der Taurus, der
Kilikien von Pamphylien scheidet, hänge mit diesem Kaukasus
zusammen, ähnlich wie eine Reihe anderer hoher Gebirge, die, von
diesem Kaukasus getrennt, nach der Gewohnheit der Völker
verschieden benannt werden, die sie bewohnen. In dem genannten
Kaukasus nun wächst, wie Aristobulos berichtet, nichts als
Silphion und Tereminthen, aber dennoch war er reich bevölkert,
und auf ihm weideten Schafe wie Rinder in großer Zahl; Schafe
nämlich haben eine Vorliebe für Silphion, und wenn sie die
Pflanze schon von weitem wittern, laufen sie darauf zu und
fressen die Blüten ab, ja sie scharren selbst die Wurzeln aus
dem Boden und verzehren auch die. Daher führt man in Kyrene die
Schafherden möglichst weit weg von Plätzen, an denen man
Silphion anbaut, ja man umzäunt die Plantagen, um zu verhindern,
daß die Schafe in die Nähe gelangen und in die Pflanzungen
einbrechen, denn für die Kyrenaier ist Silphion besonders
wertvoll.
Bessos, der bei sich noch die an der
Verhaftung des Dareios mitschuldigen Perser hatte, dazu an 7000
Baktrer und daische Hilfstruppen aus der Gegend jenseits des
Tanais, suchte das Gebiet im Vorland des Kaukasus zu verwüsten,
um durch eine tote Zone zwischen sich und Alexander und dazu
durch Mangel und Not diesen an weiteremVorrücken zu hindern.
Dieser jedoch ließ sich dadurch nicht beeindrucken und
marschierte trotzdem, obgleich dies wegen der Schneemassen und
des Mangels an Nötigstem nur unter größten Schwierigkeiten
möglich war. Auf die Meldung nun, Alexander sei bereits in
nächster Nähe, überschritt Bessos den Oxus, verbrannte darauf
die Fährschiffe und suchte sich nach Nautaka in der Sogdiana
zurückzuziehen. Ihm folgten Spitamenes und Oxyartes mit ihren
Leuten, Reitern aus der Sogdiana, dazu Daer von jenseits des
Tanais. Die baktrischen Reiter hatten sich, sobald sie von den
Fluchtabsichten des Bessos hörten, jeder für sich nach Hause
begeben.
Nach Drapsaka gelangt, ließ Alexander sein
Heer rasten und rückte dann nach Aornos und Baktra vor, den
größten Plätzen im baktrischen Gebiet. Er nahm beide im ersten
Anlauf und ließ eine Besatzung auf dein Burgberg von Aornos
zurück, zu deren Kommandant er Archelaos, Sohn des Androkles,
einen Hetairen, ernannte. Zum Satrapen über die anderen Baktrer,
die sich ihm anstandsos unterwarfen, machte er den Perser
Artabazos.
Er selbst zog zum Fluß Oxus. Dieser
entspringt im Kaukasus und ist in Asien der größte Strom von
denjenigen, an die Alexander oder seine Leute je kamen, außer
den indischen Flüssen: Diese sind ja bekanntlich die größten
überhaupt. Der Oxus mündet in das Meer bei Hyrkanien. Als man
ihn überqueren wollte, erschien dies als völlig unmöglich,
denn seine Breite beträgt bis zu sechs Stadien; seine Tiefe
entspricht dieser Breite keineswegs, er ist im Verhältnis dazu
viel tiefer, zugleich sandig und seine Strömung stark, so daß
Brückenfundamente, im Sande kaum fest zu verankern, durch die
Strömung leicht aus dem Boden herausgespült wurden. Erschwerend
machte sich auch der Mangel an Baumaterial bemerkbar; es
bedeutete ziemliche Verzögerung, wollte man erst aus weiter
Entfernung alles zum Brückenbau Erforderliche heranschaffen. So
ließ Alexander die Lederhäute sammeln, die die Soldaten zum
Zelten benutzten, sie mit möglichst trockenem Stroh füllen,
dann sorgfältig zusammenschnüren und vernähen, um ein
Eindringen des Wassers zu verhindern. Gefüllt und vernäht,
ermöglichten sie tatsächlich das Übersetzen der ganzen Armee
innerhalb von fünf Tagen.
Vor dem Überschreiten aber hatte Alexander
die ältesten, nicht mehr einsatzfähigen seiner Makedonen
ausgesondert und sie sowie die freiwillig bei ihm gebliebenen
Thessaler nach Hause entlassen. Auch sandte er Stasanor, einen
der Hetairen, in die Areia, um Arsakes, den Satrapen,
festzunehmen; denn, wie es schien, trieb dieser Sabtage. Stasanor
wollte wollte selbst die Satrapie übernehmen.
aus Arrian: Der Alexanderzug - Indische
Geschichte, Buch III, Kap. 28-29; Griechisch und deutsch.
Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Wirth und Oskar von
Hinüber; ARTEMIS VERLAG, München und Zürich.