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Stoppt den Anabolikamißbrauch!
Es wächst eine junge Generation in der westlichen Welt heran, die nicht mehr viel taugt, die alles Überkommene über Bord kippt, gewaltbereit ist, sinn- und ziellos umherirrt, ohne sich um wahre Inhalte zu bemühen, und die daher anfällig ist für jegliche Art von Betäubung, um wenigstens irgendeine Zuflucht zu haben: ohrenbetäubende Musik, ausschweifende Sexualität, Alkohol und Drogen. Man beobachtet parallel dazu eine Desorientierung des Werteverhaltens, eine Flucht in äußere Werte: Materialismus, Wissenschaftsgläubigkeit, Anerkennung des Kapitalismus als der Radikalform egoistischen Denkens und eine Hinwendung zu zweifelhaften Erfolgskonzepten und Schönheitsidealen. Wir wollen uns im folgenden ausschließlich auf die zwei letzteren konzentrieren und die Wechselbeziehung zwischen beiden analysieren, die nicht zu verkennen ist: Erfolg durch Schönheit. Bei Filmschauspielern ist es bereits zu einer Selbstverständlichkeit geworden, daß man sich die Zähne abschleifen läßt und sie mit Porzellan überkront, daß die Nase, wie bei Michael Jackson, bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wird, daß, wie bei Pamela Anderson, der Busen mit Silikon auf ein Übermaß gebracht wird, und was Prominenten, die in gewisser Weise Vorbildcharakter haben, sonst noch alles einfällt. Halt, einen hätten wir fast vergessen, Arnold Schwarzenegger, der mit seinen Muskelbergen, trotz seiner mangelhaften Qualitäten als Filmschauspieler, es bis zum Action Hero gebracht hat und mit den Dummen Millionen abkassiert. Woher nun rührt beim Menschen jenes Verlangen nach dem Übermenschen, das zu sein, was man nicht ist und niemals sein kann, weil die Natur es verwehrt, indem sie den Riegel der Erbanlagen vorschiebt.
Es gibt Untersuchungen, wonach immer mehr junge Menschen an Schulen und Ausbildungsstätten Anabolika zu sich nehmen, um ihr unbefriedigendes Äußeres zu verbessern und damit ihr Image und ihr demoliertes Selbstwertgefühl zu steigern. Wer mehr darstellt, gilt mehr! So ist es in der Tat übersteigertes Geltungsbedürfnis, welches als Triebfeder hierfür angesehen werden muß. Doch um welchen Preis! Anabolika oder anabole Steroide, auch Androgene genannt, sind männliche Sexualhormone, die beim Mann für die sekundären Geschlechtsmerkmale, den Bartwuchs, die Libido und das Sexualverhalten, aber auch für Aggressionen und Mord und Totschlag verantwortlich sind. Ihr Hauptvertreter, das Testosteron, wird in den männlichen Keimdrüsen produziert, aber auch in der Nebennierenrinde. Auch der weibliche Organismus produziert dort, wenngleich in weitaus geringerem Maße, männliche Sexualhormone. Werden diese Hormone nun künstlich zugeführt, stellt der Körper daraufhin die körpereigene Produktion ein. Die Folge davon ist, daß beim Manne die Größe der Hoden schrumpft, sich eine weibliche Brust entwickelt und er schließlich gänzlich verweiblicht, auch in seiner sexuellen Leistungskraft soweit nachläßt, daß er ohne weitere künstliche Zufuhr von Anabolika hoffnungslos der Impotenz preisgegeben ist. Die Verweiblichung rührt in der Regel daher, daß der Überschuß an Testosteron in Östrogene umgewandelt wird, also in weibliche Sexualhormone. Dies sind aber nicht die einzigen Folgen übertriebenen Mißbrauchs. Auch das Krebsrisiko wird erhöht, und es können die inneren Organe angegriffen werden, Leber- und Herzschäden auftreten. Bei vielen Fitneßsportlern fällt sofort auf, daß sie Mißbrauch treiben, wenn sie plötzlich von Akne befallen werden, Haarausfall bekommen, oder wenn sich um den Bauchbereich trotz aller Diäten eine nie dagewesene Wassermenge ansammelt. Es gibt aber auch Sekundärschäden: Gelenkabnutzungen, die daraus resultieren, daß aufgrund des übertriebenen Muskelwachstums auch ein Kraftzuwachs erfolgt, der den Sportler zu höheren Belastungen verleitet, denen die Gelenke nicht mehr gewachsen sind. Häufig werden dann aufwendige Behandlungen notwendig, mit denen der Betroffene, wie auch durch die übrigen Spätfolgen, das ohnehin angeschlagene Gesundheitswesen unnötigerweise belastet. Nicht nur der Körper erleidet Schädigungen, sondern auch die Psyche. Angefangen von Irritationen des Seelenzustandes und Aggressionsausbrüchen, bergen diese persönlichkeitsverändernden Drogen auch die Gefahr von Sexualverbrechen und Morden in sich. In den sogenannten Fitneßzeitschriften, die an sich verboten gehörten, werden immer wieder die Konsequenzen beschrieben, zu denen Anabolikamißbrauch führen kann, zugleich wird aber so getan, als hätten die darin abgebildeten Muskelmänner ihr Aussehen auf natürliche Weise erreicht. Besondere Gefahren ergeben sich, wenn Frauen, die von Natur aus nicht dazu bestimmt sind, männliche Wesen zu sein, Anabolika zu sich nehmen: Haarwuchs an Stellen, wo er normalerweise unerwünscht ist, eine tiefe Stimmlage sowie eine allgemeine Vermännlichung, sehr zum späteren Leidwesen, treten ein. Durch kontinuierlich über einen längeren Zeitraum eingenommene Anabolika, den sich eigentlich nur Personen, die über ein entsprechendes finanzielles Polster verfügen, leisten können, wird dem Gesicht ein jugendlich frisches Aussehen verliehen, der Alterungsprozeß scheinbar verlangsamt, ein zusätzlicher Anreiz für viele, sich ihrem ungetrübtem Genuß hinzugeben. Anfangs ist bei Männern auch häufigerer Geschlechtsverkehr das ausschlaggebende Stimulans. Aber der Schein trügt. Immer wieder liest man in der einschlägigen Literatur vom Tod erfolgreicher Bodybuilder. Zudem sind es meist Leute aus den unteren Schichten der Bevölkerung, Geringverdiener, die sich auf der Karriereleiter emporarbeiten möchten wie ihre großen Vorbilder Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone. Die Armen ahnen freilich nicht, daß die Gewalttaten, die diese der Öffentlichkeit präsentieren, von einem Großteil der Bevölkerung mit Abscheu betrachtet werden. So ist auch hier wieder die Korrelation zwischen dem Bildungsstand und der sozialen Herkunft offenkundig, denn die beiden Vorgenannten sehen ja nicht gerade intelligent aus, werden aber den breiten Massen als Idole und Vorbilder angepriesen. Wollte einer der beiden sich doch gar zum amerikanischen Präsidenten emporschwingen.
Und obwohl all dies vor aller Augen ausgebreitet liegt, und obwohl die Aufklärung genauso breit gefächert ist wie bei Drogen-, Tabak- oder Alkoholkonsum, huldigen weiterhin Scharen junger Menschen, geradezu als wären sie verblendet, einer Lebensphilosophie, die ins Abseits führt, ohne Rücksicht auf Verluste, weder der eigenen noch der anderer. Manch einer erreicht seinen Traumkörper trotz jahrelangen Trainings dennoch nicht, so daß alle durch den Mißbrauch über die Jahre hinweg eingehandelten Nachteile die Verwendung von Anabolika als Muskelstimulans im nachhinein fragwürdig erscheinen lassen. Besonders bedenklich ist es, wenn Trainingsanfänger, die über das Amateurstadium kaum jemals hinausgelangen, sich bereits in einer frühen Phase, ohne sich vorher eine gewisse Grundkonstitution zugelegt zu haben, Präparate zuführen. Manche Autoren sprechen im Zusammenhang mit dem Absetzen anaboler Steroide von einer hundertprozentigen Reversibilität aller negativen Begleiterscheinungen. Tatsache jedoch scheint zu sein, daß sich die Spermienqualität selbst nach Jahren noch nicht voll wiederhergestellt hat, sondern nur zu etwa 80%. Als Dauerfolgeerscheinung scheint damit ein Rückgang der Libido einherzugehen. Die Frage des Aussetzens nach sogenannten Kuren oder die Beibehaltung der Injektionen über den vorgeschriebenen Zeitraum hinaus mündet für jene, die eine sexuelle Beziehung unterhalten, in einen besonderen Teufelskreis, weil die vorübergehende Impotenz (die man natürlich durch Einnahme von Viagra u.ä. kompensieren kann) zu lange andauert, um ein befriedigendes Sexualleben über die Dauer der Wiedererlangung der normalen Funktion hinweg aufrechterhalten zu können. So kann es für viele zum Alptraum werden, wenn sie die Medikamente deswegen nicht absetzen dürfen, weil sie Angst haben müssen, zu versagen oder den Partner zu verlieren.
In Deutschland ist die mißbräuchliche Anwendung von wachstumsfördernden Präparaten - bedauerlicherweise, muß man sagen (andere mögen das anders sehen) - legal, sofern der Betreffende sie nur für den Eigengebrauch verwendet und nicht damit handelt, und das, obwohl sie sich in ihrer Wirkung und Gefährlichkeit, vor allem im Hinblick auf die psychische Abhängigkeit (wer einmal damit angefangen hat, muß sie immer nehmen, weil sich sonst die Muskulatur zurückbildet) so gut wie von keinem der anderen Betäubungsmittel unterscheiden, deren Mißbrauch nach dem Betäubungsmittelgesetz unter Strafe gestellt ist. Niemand muß also bei Bekanntwerden des Mißbrauchs mit Anabolika mit einer Strafanzeige rechnen, und das, obwohl es zu einer Anklage neben einer Urin- bzw. Blutprobe eigentlich keines weiteren Beweises bedarf; die persönliche Erscheinung und das Verhalten des Betreffenden geben hinreichend Aufschluß über den wahren Sachverhalt. Denn es kann einer jahrelang Krafttraining betreiben, er wird niemals in kurzer Zeit diesen Muskelzuwachs erzielen wie jemand, der der Natur durch künstliche Beigaben auf die Sprünge hilft. Wird zuzüglich festgestellt, daß jemand sich seltsam ernährt, etwa nahezu fettfreie Speisen zu sich nimmt, ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß er dies im Zusammenhang mit Anabolikamißbrauch tut. Diese Stoffe lassen sich bis zu mehreren Wochen im Blut nachweisen, ähnlich wie bei gedopten Sportlern die B-Probe zu einem unstrittig positiven Ergebnis führt.
Aus sportlicher Sicht ist Doping Wettbewerbsverzerrung, denn diejenigen, die ihre Gesundheit nicht schädigen wollen, haben den Nachteil des schlechteren Abschneidens bei Wettkämpfen. Sie werden somit durch unlauteren Wettbewerb um die unter gleichen Voraussetzungen errungenen Siegeslorbeeren gebracht. Doch Menschen mit geringem Rechtsbewußtsein kennen keine Siegerehre, sie verkennen die Wirklichkeit und glauben fest an den eigenen Sieg, der keiner ist, oder an ihre besondere Veranlagung. Das Schlimmste jedoch ist, daß diejenigen, die einen Sieg nur deswegen errungen haben, weil sie gedopt waren, von der getäuschten Öffentlichkeit auch noch als glorreiche Sieger gefeiert werden, was den Betreffenden die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns vor Augen verschwimmen läßt und sie aufgrund ihrer Uneinsichtigkeit sogar noch zu einer Steigerung ermuntert, oft zum großen Nachteil der Betroffenen. Wenn Sport also nur noch darin besteht, um jeden Preis zu siegen und zu blenden, dann bedeutet dies das rasche Ende des Sports. Wenn gar die breite Masse derartige Verstöße lediglich als Kavaliersdelikt ansieht, so ist zu sagen: "Jede Nation hat diejenigen Sportler, die sie verdient - erinnert dies nicht stark an DDR-Zeiten?"
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