Begraben: St-Denis (ihr Herz in Nantes)
Älteste Tochter des Herzogs
Franz II. von der Bretagne aus seiner 2. Ehe mit der Margarete
von Foix, Tochter von Graf Gaston IV.
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 656
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Anna (Anne de Bretagne), Herzogin der Bretagne, dann
Königin von Frankreich
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* 1477, + 1514
Nantes Blois
Begraben: St-Denis (ihr Herz in Nantes)
Als Tochter Herzog Franz II.
wurde
sie 1486 von den bretonischen Landständen als zur Erbfolge im Herzogtum
berechtigt erklärt und in der Folgezeit stark in die Auseinandersetzungen
zwischen dem französischen Königtum und ihrem Vater, der die
Unabhängigkeit seines Landes durch Bündnisse mit auswärtigen
Gegnern Frankreichs bewahren wollte, verwickelt. Nach der Niederlage und
dem Tod Franz' II. und trotz des Vertrages
von Verger (1488), der die Feindseligkeiten zwischen der Bretagne und Frankreich
beenden sollte, setzte sie die Selbständigkeitsbestrebungen ihres
Vaters fort: im Dezember 1490 ließ sie sich per procuram dem römischen
König
MAXIMILIAN antrauen. Das führte zur Neuaufnahme des bretonischen
Krieges durch Frankreich, das nicht bereit war, eine habsburgische
Bedrohung im Westen hinzunehmen. Ohne wirksame Unterstützung durch
MAXIMILIAN
erlag die Bretagne rasch dem französischen Angriff; ihre Besetzung
brachte den territorialen Anschluß des französischen Königsstaates.
Anna
entschloß sich, dem Drängen des französischen Königs
auf Heirat nachzugeben (Dezember 1491), um die Leiden ihres Landes zu beenden
und ihm ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zu erhalten. Die
erneute Vermählung Annas
erregte
in Europa großes Aufsehen, wozu vor allem zahlreiche Flugschriften
von seiten beider Parteien beitrugen: Besonders die von MAXIMILIAN
nahestehenden deutschen Humanistenkreisen ausgehende Polemik gegen den
angeblichen französischen "Brautraub" löste in Deutschland eine
frühe Welle von Reichspatriotismus aus.
Nach dem Tode Karls VIII. (1498)
ließ Ludwig
XII. sofort seine Ehe mit Jeanne
de France, der Tochter von Ludwig
XI., annullieren, um Anna
im
Januar 1499 zu heiraten. Aus dieser Ehe hatte Anna
eine
Tochter, Claude,
die 1506 mit Franz von Angouleme, dem
späteren Franz I., verlobt wurde.
Die Bretagne kehrte nach dem Ehevertrag an die Gatten zurück. Claude
hinterließ sie ihrem Sohn Franz,
und das Herzogtum wurde 1532 endgültig wieder an das Königreich
angeschlossen. - Anna, obwohl klein
und leicht hinkend, beeindruckte ihre Zeitgenossen durch Schönheit
und Majestät; sie hielt glänzend Hof und förderte Künstler
und Dichter.
Fürstinnen wirken am schönsten auf Münzbildern,
Denkmälern und höfischen Porträts; wer sich seine Illusionen
bewahren will, verzichtet besser auf das Studium von Akten und zeitgenössischen
Quellen, ungeschmeichelten Bildunterlagen. Auch von Anne
de Bretagne gibt es in der Bibliothek von Metz eine wunderschöne
Bronzemedaille; sie wurde anläßlich ihrer Vermählung mit
Ludwig XII. gegossen und zeigt ein zartes, geistvolles Frauenantlitz,
die hohe Stirn unverhüllt von dem kostbaren Brautschleier. In Wirklichkeit
war die Bretonin unterdurchschnittlich klein, sie neigte zum Fettansatz
und hinkte... die Zeitgenossen rühmen ihren unüberwindlichen
Eigensinn, ihre Beständigkeit in Freundschaften und ihre Willensstärke.
Unter den vielen Bewerbern, die die reiche Erbin umschwärmten, erwählte
sich die 15-jährige zum Gemahl Karl VIII.
Als er bald nach seiner unseligen Neapel-Expedition starb, bekundete Anne
ihren Schmerz in schwarzer Trauerkleidung, im Gegensatz zu den bisherigen
Königin-Witwen, die sich zum Zeichen der Trauer stets in vollkommenes
Weiß gekleidet hatten. Anne wählte
sich als zweite Gatten König Ludwig XII.,
obwohl er noch mit Johanna von Frankreich verheiratet
war. Die Scheidung wurde vollzogen, und Ludwigs
zweite
Ehe mit Anna wurde ungewöhnlich
glücklich. Sie ernannte als erste französische Königin eine
größere Anzahl von Hofdamen zu ihrer Begleitung und wachte sittenstreng
über das Leben am Hofe. Ihren beiden Töchtern
Renee und Claude gab sie
eine ausgezeichnete Erziehung; groß war ihr Einfluß auf ihren
königlichen Gemahl, der in seinen politischen Entscheidungen oft ihrem
Rat folgte. Der Vermählung ihrer Tochter
Claude mit Franz von Angouleme,
dem Sohn der ehrgeizigen Ludowika von Savoyen, hat sie sich energisch widersetzt
- die Verbindung kam erst zustande, als Anne de
Bretagne im Schlosse von Blois gestorben war.
Anna von der Bretagne – ... 1. Ehe
Anne de Bretagne
Gemahlin Karls VIII.(* 1470; König 1483-1498)
Geboren: 25. Januar 1476, Nantes – Heirat: 6. Dezember 1491, Langeais –
+ 9. Januar 1514, Blois
Am Hof von Nantes hatte man auf einen Sohn gehofft. Margarete
von Foix, zweite Gemahlin des Herzogs der Bretagne, Francois
II. von Etampes, aber bringt eine Tochter zur Welt: Anna.
Die offensichtliche Begehrlichkeit des mächtihen
Nachbarn wird daurch nur noch gesteigert. Dem bretonischen Herzog gelingt
es, dessen Wünsche mit Hilfe Englands und des Römischen Reiches
abzuwehren, schon jetzt lockt er mit einer künftigen ehelichen Verbindung
mit seiner kleinen Tochter. 1480 verspricht er sie dem ältesten Sohn
des englischen König Eduard. 1483
aber wird der Verlobte von seinem Onkel Richard
ermordet. Der Herzog muß einen anderen Mann für
Anna suchen. Er wählt MAXIMILIAN
VON ÖSTERREICH, der beim Tod seines Vaters Kaiser werden
soll.
Anna wird ganz in
der Tradition der Bretagne mit ihren alten Mythen und Legenden erzogen,
sehr früh aber auch von Gelehrten, Dichtern und Gebildeten umgeben.
Mit Francoise de Dinan wird sie einer sehr fähigen Gouvernante anvertraut.
Man unterrichtet sie in Tanz, Musik, Dichtkunst, führt sie in die
Stickerei und Weberei ein. Frühreif und intelligent beweist sie von
Kindesbeinen an Willensstärke. Mit sieben Jahren ist sie ein Mädchen
mit hellen Augen, zartem Teint und großer Natürlichkeit im Benehmen.
Das Lernpensum wird anspruchsvoll. Sie paukt Geschichte und die Institutionenkunde
der Bretagne zwischen zwei Lehrstunden in Literatur oder Naturkunde. Man
bringt ihr Latein, Griechsich und die Anfangsgründe des Hebräischen
bei. Man schult sie in der Kunst zu schreiben, sich zu kleiden, sich zu
benehmen. Kurz: man bereitet sie, da in der Bretagne das salische Recht
nicht gilt, auf die Rolle der künftigen Fürstin dieses Landes
vor.
Zwischen Frankreich und der Bretagne sind zu jener Zeit
die Beziehungen auf dem Nullpunkt. Zweifellos mit großer Erleichterung
nimmt der bretonische Hof daher die Nachricht auf, daß Ludwig
XI. am 30. August 1483 gestorben ist. Er ist nicht allein in
seiner Freude über König Ludwigs XI.
Tod.
Auch Ludwig, der Herzog
von Orleans, freut sich. Ludwig XI.
hatte
ihn zur Heirat mit seiner mißgestalteten Tochter
Johanna
genötigt.
Kaum ist der König gestorben, nimmt er Geheimverhandlungen mit dem
bretonischen Herzog auf, um sich von der lästigen Bürde - seiner
Frau Johanna - zu befreien. Gleich
nach der Annullierung der Ehe will er Anna,
die Erbin des Herzogtums Bretagne heiraten, ein Angebot, für
das der väterliche Herzog durchaus empfänglich ist. Man hat dabei
allerdings nicht mit Anna de Beaujeu
gerechnet, die ihrem Vater, sagt man, ähnelt und mit ihrem Mann Pierre
die Regentschaft für ihren kleinen Bruder Karl
VIII. führt. Zwei Jahre lang wird sie die Rebellion der
Barone schüren, die der Marschall de Rieux anführt. Anna
von Beaujeu hat am 28. Oktober 1484 mit einer Adelsrevolte den
Vertrag von Montargis unterzeichnet, der vorsieht, daß das Herzogtum,
sollte der bretonischeHerzog Franz II.
ohne männliche Erben sterben, an den König von Frankreich fällt.
Wie auch imer: der Herzog der Bretagne ist nicht mehr der jüngste
und will seine Nachfolge bestellen. Er beruft die Stände nach Renens
ein. Am 8. Februar 1486 wird Anna zur Herzogin und alleinigen
Erbin der Herzogskrone proklamiert. Am 10. Februar leistet sie ihren
Eid und wird in der Kathedrale gekrönt. Französische Truppen
rücken ins Herzogtum ein. Sie erobern Nantes und Vannes, belagern
Chateaubriand und Fourgeres und ziehen schließlich in Dinan und Rennes
ein. Am 28. Juli 1488 werden die bretonischen Truppen in Saint-Aubin-du-Cormier
geschlagen. Ein harter Vertrag, der "Traite du Verger" vom 19. August 1488,
knebelt die Bretagne: Anna und ihre
Schwester Isabella dürfen keine
Heirat "zum Mißvergnügen des Königs" schließen. Eine
Heirat mit Ludwig von Orleans wäre
eine solche. Die Beaujeux sind glänzenden Politiker. Und hier geht
es um ein großes unabhängiges Herzogtum. Es wird sicher nicht
leicht sein, es mit Frankreich zu vereinen, wenn überhaupt, dann geht
das nur über eine Fürstenhochzeit. Mit anderen Worten, das Regentenpaar
will Anna für ihren Schützling
Karl
- und nicht für Herzog Ludwig von Orleans.
Ersatzweise sieht der Vertrag vor, daß der Herzog
der Bretagne dem französischen König, wie ein Vasall, den Lehenseid
schwören muß. Doch Franz II. bleibt
dies erspart, er stirbt zwei Wochen später, am 9. September 1488.
Anna,
die ihre Mutter zwei Jahre zuvor verloren hat, ist mit zwölf Jahren
nun Waise und muß ihr Schicksal selbst in dei Hand nehmen. Der Regentschaftsrat,
den ihr Vater berufen hat, um ihr zur Seite zu stehen, hofft, anstelle
dieses Kindes regieren zu können. Aber bei seinem ersten Zusammentritt
verlangt Anna, daß ihr Rechenschaft
abgelegt wird. Mit fester Hand zeichnet sie sie gegen: eine Herrscherin
ist geboren.
In der gefährlichen Lage des zur Hälfte von
französischen Truppen besetzten Landes beeilt sich Anna,
die Verträge zu erneuern, die ihr Vater mit England, Kastilien und
dem Kaiser egschlossen hat. Sie bekommt Hilfe. Am 3. Dezember 1489 unterzeichnet
Karl
von Frankreich den Frankfurter Vertrag. Wenn der Krieg mit dem
"Ausland" damit auch beendet scheint, so geht der Bürgerkrieg der
Bretonen weiter. Unzählige Schwierigkeiten tun sich auf, und dier
junge Prinzessin beschließt im Frühjahr 1490, ihr Herzogtum
zu bereisen, es besser kennenzulernen, sich aber auch bekanntzumachen,
sich zu zeigen. In wenigen Wochen gelingt es der Vierzehnjährigen,
die Bretagne um ihre Person zu einen. Im Juli 1490 beruft die Herzogin
die Stände ein, die die Lage befrieden, indem sie Ehren und Ämter
an die einen wie die anderen verteilen. Viele aber glauben, es wäre
gut, wenn die junge Frau heiraten würde. Anna
ist mit Geschichten aus ritterlichen Romanen aufgewachsen, wurde in einer
eleganten Umgebung erzogen. Sie hat eine sehr christliche Ansicht über
die Ehe. Sie denkt sicher mehr an Staatsräson als an eine Liebesheirat.
Jedenfalls heiratet sie am 16. Dezember 1490 in Saint-Pierre
zu Rennes in einer Prokurations-Hochzeit MAXIMILIAN
VON HABSBURG. Der Vertreter des Bräutigams steckt sein
nacktes Bein in das Bett, auf dem die Herzogin ruht, und nimmt dann an
der Hochzeitsmesse teil. Annas Ehe
mit MAXIMILIAN ist eine offensichtliche
Mißachtung des Vertrages "du Verger", der vorsah, daß sich
die bretonische Prinzessin nicht ohne Zustimmung des französischen
Königs verheiraten dürfe. Der Kreig flackert wieder auf. Annas
Lage ist verzweifelt: keine Armee, kein Geld. In den belagerten Städten
drohen die schlecht besoldeten deutschen und englischen Truppen mit dem
Abzug. Die Heirat wird nie vollzogen. Es gibt einen neuen Bewerber, und
auch dabei spielt Ludwig von Orleans
eine Rolle.
Wie schon Ludwig XI.
hatten die Beaujeu Ludwig von Orleans
von der Politik ferngehalten. Wütend hatte er sich mit an die Spitze
einer Adelsrevolte gestellt - auch Frankreich hat seine Rebellen -, die
zum "verrückten Krieg" geführt hatte, den die Beaujeux siegreich
beendeten. Drei Jahre lang war Ludwig von Orleans
eingekerkert gewesen und hatte es letztlich nur seiner ungeliebten Ehefrau
Johanna
zu
verdanken, daß er freikam. Johanna
hatte über ihre Schwester Anna von Beaujeu
hinweg direkt an ihren Bruder, König Karl
VIII., appelliert. Karl hatte
den Schwager wieder in Ganden aufgenommen, es allerdings zur Bedingung
gemacht, daß fortan alle Versuche, sich von Johanna
zu trennen, zu unterbleiben hätten. Jetzt wird Herzog
Ludwig von Orleans ausgesandt, sich bei Anna
- um die er selbst gefreit hatte - zum Fürsprecher der französischen
Heirat zu machen. In ihrer Verzweiflung bleibt Anna
keine andere Möglichkeit. "Wie glücklos muß ich sein",
soll sie geklagt haben, "gezwungen zu werden, einen Mann zum Gemahl zu
nehmen, der mir so übel mitgespielt hat." Wie wichtig Frankreich diese
Ehe ist, zeigt, daß Karl damit
den deutschen Kaiser gleich doppelt brüskiert: Um Anna
heiraten zu können, muß er die noch unter seinem Vater beschlossene
Verbindung mit MAXIMILIANS Tochter
Margarete
widerrufen.
Die war aber schon 1483 als Dreijährige - den Sitten der Zeit entsprechend
- nach Frankreich gekommen, um ihre Stellung als Königin vorbereitet
zu werden [Später sollte sei als Regentin der Niederlande zu einer
ebenso glänzenden wie erbitterten Gegnerin
König
Ludwigs XII. - des jetzigen Herzogs von Orleans - und
König
Franz' I. werden.]. Anna
dagegen ist gar formell
MAXIMILIANS
Frau.
Die Verlobung findet dennoch am 17. November 1491, die
Heirat am 6. Dezember im Schloß Langeais statt. In einem Kleid aus
Goldbrokat, das mit siebzig Zobelfellen gefüttert ist, tritt
Anna vor den Traualtar. Der päpstliche Dispens, der die
Ehe mit MAXIMILIAN annulliert, trifft
erst
eine Woche später ein. Am 8. Februar 1492 wird Anna
in Saint-Denis gekrönt und zieht tags darauf feierlich in Paris ein.
Eine Klausel des Ehevertrags sieht vor, daß Anna
im
Falle eines kinderlosen Todes des Königs nur dessen Nachfolger oder
den nächsten Thronerben heiraten darf, und Ludwig
von Orleans steht in der Thronfolge unmittelbar hinter Karl
VIII.
Während das Volk von Paris lauthals seine Freude
über die "kleine Königin" verkündet, fühlen sich die
Bretonen eher verraten und verkauft. Der Groll findet seinen Anführer
in Jean de Rollan. Die Frage wird diplomatisch gelöst. Denn: Karl
VIII. interessiert sich - die Beaujeux raufen sich darüber
die Haare - für Italien, wo sich zwei Familien den Thron von Neapel
streitig machen.
Am 10. Oktober 1492 bringt Anna
einen Sohn zur Welt, der auf den Namen Charles
Orland getauft wird. Sollte der Herzog von Orleans Thronhoffnungen
gehegt haben, so sind sie nun in weite Ferne gerückt. Diese Geburt
bringt der Königin hohes Ansehen bei den Hofleuten Karls
ein und Vorteile gegen Anna von Beaujeu,
die sie haßt. Mit diesem Thronerben wird die Königin zur unbestrittenen
Herrin eines Hofes, den sie schon durch ihre natürliche Autorität
bezaubert, den sie aber verändern möchte. Sie führt Ehrendamen
ein. Sie bestätigt ihre Neigung zu Luxus, indem sie ihr Mobiliar,
ihren Schmuck, ihre erwählten Kleider dem jüngsten Zeitgeschmack
anpaßt. Dichter, Schriftsteller, Gelehrte - darunter viele Bretonen
- sind im Louvre zu Gast, wo Anna Empfänge und Feste gibt. Immer aber
bleibt sie auch eine vorbildliche Mutter und Ehefrau.
Dann kommt der Italienfeldzug ihres Mannes, der Neapel
erobern will, auf das er gewisse Rechte zu haben glaubt. Am 29. August
1494 zieht Karl von Lyon aus
und am 22. Februar 1495 zieht er in Neapel ein, läßt sich dort
groß feiern, muß aber angesichts der Übermacht der antifranzösischen
Liga eilends zurückkehren, um eine Katastrophe zu vermeiden. Anna
hat ihm während seiner Abwesenheit Tag für Tag geschrieben. Für
sie ist das italienische Abenteuer ihres Mannes der Anfang einer schlimmen
Zeit. Während Karl fort ist, erleidet
sie eine Totgeburt. Dann stirbt Charles Ormond
bei
einer Epedimie in Amboise. Der Thron hat keinen Erben mehr. Im Frühjahr
1496 folg eine neue Schwangerschaft. Man bemüht sich mit bestem medizinischem
Können um die Königin. Der Bub, der im Herbst zur Welt kommt,
kränkelt und stirbt einen Monat später in Plessis-lez-Tours.
Schon in dieser ersten Ehe wird der Leidensweg der Königin
deutlich: ihre immer wieder enttäuschte Hoffnung einen Thronfolger
in die Welt zu setzen. Drei Söhne hat sie geboren und eine Tochter.
Keines dieser Kinder erlebt das vierte Jahr. Das qualvolle Ringen wird
bis an ihr Lebensende fortgehen. Ihr Mann zieht sich etwas von ihr zurück.
Anna
erlebt bittere Tage der Niedergeschlagenheit. Ihr einziges Vergnügen
besteht darin, ihre Schätze zu betrachten, die Karl
aus
Italien mitgebracht hat: Wandteppiche, Gemälde, Skulpturen, Schnitzereien
aus Efenbein. Sie betet viel, meditiert stundenlang. Dann wird der König
krank. Die Ärzte sprechen von einseitiger Lähmung.
Karl
erholt sich, während Anna
wieder
eine Tochter zur Welt bringt, die wieder alsbald stirbt.
Am 7. April 1498 schlägt Karl
mit
der Stirn gegen einen niedrigen Türpfosten seines Schloßes Amboise.
Neun Stunden ringt er mit dem Tod, ehe er in der Nacht den Geist aufgibt.
Nur 28 Jahre ist er alt geworden. Frankreich hat keinen König mehr.
Es hat aber auch keinen Thronfolger. Die direkte Linie der VALOIS
ist zu Ende.
Anna ist Königin-Witwe
von Frankreich. Sie ist aber nach wie vor Herzogin der Bretagne.
Zwei Tage nach dem Tod ihres Mannes bestellt sie durch Verordnung erneut
die Kanzlei des Herzogtums Bretagne, die fünf Jahre zuvor aufgehoben
worden war. Wie in ihrem Heiratsvertrag vorgesehen, kehrt Anna
heim in ihr - autonomes - Herzogtum. In ihrem Heiratsvertrag hatte aber
auch die Klausel gestanden, daß sie nur den Nachfolger des Königs,
ihres verstorbenen Mannes würde heiraten dürfen. Und dieser Nachfolger
ist Ludwig von Orleans, der noch mit
der verkrüppelten Königs-Tochter Johanna
verheiratet ist.
Anna von der Bretagne – ... 2. Ehe
Anne de Bretagne
Zweite Gemahlin Ludwigs XII. (* 1462; König 1498-1515)
Geboren: 25. Januar 1476, Nantes – Heirat: 8. Januar 1499, Nantes –
+ 9. Januar 1514, Blois
Am 7. April 1498 ist Karl VIII.
verstorben. Ludwig, Herzog von Orleans,
ist nun Ludwig XII. von Frankreich.
Er will sich von seiner ungeliebten Frau Johanna
befreien, um Anna von der Bretagne
heiraten zu können. Briefe werden ausgetauscht, geheime Unterhandlungen
geführt. Drei Monate nach seiner Krönung kommt es zu einer Vereinbarung:
Anna
akzeptiert ihn zu heiraten wenn es ihm gelingt, binnen Jahresfrist seine
Ehe mit Johanna lösen zu lassen.
Der König zieht seine Truppen aus der Bretagne zurück. Wenn nach
diesem Jahr die Annullierung nicht stattgefunden hat, wird die Bretagne
in völlige Unabhängigkeit entlassen. Ludwig
XII. läßt sich da auf ein gewagtes Spiel ein.
Am 15. September 1498 zieht Anna
unter dem Beifall der Bretonen in Rennes ein. Seit dem Frieden von 1491
ist das Land wieder wohlhabend geworden. Die Herzogin hat das Vermächtnis
ihres Vaters erfüllt: keine Armut sowie Ruhe und Wohlstand. Sie läßt
bretonische Münzen schlagen, umgibt sich mit einer Leibwache, baut
eine bretonische Armee auf und gestaltet das Schloß von Nantes um,
wo sie fähige Verwalter und Leute von Bildung um sich sammelt.
Ludwig XII. verliert
derweilen keine Zeit, seine Ehe mit Johanna
wird von Rom getrennt. Am 7. Januar 1499 wird der Ehevertrag mit Anna
in Nantes unterzeichnet. Die stolze Bretonin hat es verstanden, ihre Rechte
zu verbriefen. Anna bleibt alleinige
Herrin ihres Herzogtums. Eine Klausel hält fest, daß die Erbfolge
für die Bretagne auch durch eine Frau geschehen kann. Die Hochzeit
findet tags darauf am 8. Januar 1499 in der Schloßkapelle von Nantes
statt - ohne großen Pomp, angesichts des Trauerjahres der Königin-Witwe
und neuen Königin. Anna wird zum
zweiten Mal Königin von Frankreich. Ludwig,
seit langem in sie verliebt, läßt sie die Geschicke Frankreichs
mitgestalten, zugleich aber mit harter Hand ihr Herzogtum verwalten.
Während Ludwig
- auch er ist von der italienischen Obsession befallen - triumphal in Mailand
einzieht, bringt Anna am 13. Oktober
1499 in Romorantin eine Tochter Claude
zur Welt. Dann begleitet sie ihren Mann nach Lyon, an die Ufer der Loire,
vor allem nach Blois, wo Gemächer und Gärten speziell für
sie neu ausgestattet und angelegt werden. Anna
ist der Mittelpunkt eines ebenso brillanten wie vielköpfigen Hofes.
An die hundert hochadelige Damen und Demoiselles begleiten sie auf allen
Reisen. Sie überträgt ihnen Vertrauensstellungen, die bislang
allein Männern vorbehalten waren, verheiratet die jungen Frauen vorteilhaft,
die sie unter ihren Schutz genommen hat. Sie gründet sogar den weiblichen
Orden "la Cordeliere".
Empfänglich für Luxus, verliebt in die Kunst,
läßt Anna ihre Appartements
neu ausstatten, beschäftigt italienische und bretonische Künstler.
Sie protegiert Pierre le Baud, der für sie eine Geschichte der Bretagne
schreibtund Antoine Dufour, der unter ihrer Ägide ein Werk über
"illustre Frauen" verfaßt. Sie versammelt Musiker, Dichter, Wissenschaftler,
bestellt zahlreiche und kostbare Gemälde, Wandteppiche, Schmuckstücke,
Kleider. Die Königjn gestattet sich auch Träume: sie sieht sich
wie die Damen der Ritterromane als Befreierin. Sie will nichts weniger
als Griechenland erobern, dann Konstantinopel von den Türken befreien.
Der Traum verfolgt sie hartnäckig. Selbst ein Schiff wird gebaut und
ausgerüstet, aber die "Cordeliere" kommt in einen Sturm und muß
umkehren. Ihr liebevoller Gemahl läßt Anna
am 18. November 1502 in der Basilika von Saint-Denis (zum zweiten Mal)
krönen. Und wieder zieht sie feierlich in Paris ein, das fest dekoriert
ist, Mysterienspiele, Schaustücke udn Turniere organisiert.
Die Außenpolitik ist nicht problemlos. Die französische
Armee in Italien hat kapitulieren müssen. In den Verträgen von
Blois soll den französischen Ansprüchen in Italien ein Ende gesetzt
werden. Trotzdem wird Ludwig nach Genua
gegen die "Heilige Liga" marschieren, die der streitbare Papst Julius II.
ins Leben gerufen hat.
Anna ist mit Familienangelegenheiten
wohlbeschäftigt. Sie verhandelt, um ihre Tochter Claude,
die gerade zwei Jahre alt ist, mit KARL VON HABSBURG
(dem
späteren Kaiser KARL V.) zu verheiraten.
Dessen Eltern besuchen Frankreich, und es kommt zu einem großen Empfang,
an dem auch Franz von Angouleme (der
spätere Franz I.) teilnimmt.
Ludwig
XII. hat ihn an den Hof gerufen, denn wenn er keinen Sohn hat,
wird ihm dieser Verwandte auf den Thronn folgen. Für Franz
ist dies der erste Auftritt bei Hofe. Die Situation ist aus späterer
Sicht nicht ohne Pikanterie: Franz
ist dabei, als seine künftige Frau Claude
an seinen künftigen Erzfeind KARL V.
verlobt wird.
Die französische Thronfolge ist immer noch nicht
gesichert. Anna von der Bretagne hat
ihre Hoffnung auf einen Sohn nicht aufgegeben. Louise von Savoyen, Franz'
von Anghouleme Mutter ihrerseits hofft, daß es dazu nicht
kommt. Der Haß der beiden Frauen - deren jede ihr Kind auf dem Thron
sehen will - ist legendär, und Anna
treibt mit Louise ein grausames Spiel. Sie war im Juli 1499 sogar auf Louises
Sommersitz Romorantin gezogen, damit diese dabei sein sollte, wenn Anna
mit dem Thronfolger niederkäme. Als Anna
dann
von Claude entbunden wurde, konnte
Louise aufatmen. Und 1503 notiert sie kurz, knapp und triumphierend in
ihr Tagebuch: "Anna, Königin
von Frankreich, hatte in Blois am Tage der Heiligen Agnes einen
Sohn, aber er kann die Erhöhung meines Caesaren nicht verhindern,
denn er hatte kein Leben."
Ludwig XII. ist krank,
und das königliche Paar hat schließlich fast die Hoffnung aufgegeben.
Ludwig
unterzeichnet - sehr zum Mißfallen von Anna
- ein Testament, das die Heirat
Claudes mit
KARL
VON HABSBURG annulliert, die nun
Franz
von Angouleme bestimmt wird. Am 21. Mai 1506 findet die Verlobung
statt. Anna bereist gerade ihr Herzogtum.
Von ihren pausenlosen Schwangerschaften erschöpft, leidet sie an Nierenkoliken.
Trotz der Schmerzen kämpft sie für die Annullierung dieser Verlobung.
Vergebens. Am 21. Januar 1508 hat sie wieder ein totgeborenes Kind,
zwei Jahre später eine Tochter. Die Krankheit verschlimmert sich.
Anna
stirbt am 9. Januar 1514 im Schloß von Blois mit 38 Jahren.
Einen Monat später wird sie in Saint-Denis bestattet, ihr Herz aber
in Nantes.
Der Weg, so scheint es, ist frei für Franz
von Angouleme. Da entscheidet sich zum Entsetzen der Louise
von Savoyen der inzwischen 52-jährige König, noch einmal zu heiraten.
Hartmann P. C.: Seite 30,34,35
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"Französische Könige und Kaiser der Neuzeit"
Im Ehevertrag von 1491 wurde festgeschrieben, dass
Anna nach dem Tod des Königs nur dessen Nachfolger oder
den nächsten Thronerben heiraten dürfe, damit das Herzogtum Bretagne
bei der Krone verbleiben könne.
Nach dem Tode Karls VIII.
war Anna in die Bretagne zurückgekehrt
und hatte begonnen, dort wieder ihre Stellung als Souverän einzunehmen.
Nach der Annullierung der Ehe
Ludwigs XII. am 17.12.1498 und nachdem der Papst auch den nötigen
Ehedispens für die Heirat von Ludwig
und Anna, die wegen ihrer engen Verwandtschaft
nach dem kanonischen Recht verboten war, erteilt hatte, wurde am 8.1.1499
die Hochzeit gefeiert. In einem ausführlichen Ehevertrag war festgelegt
worden, dass Anna weiterhin allein
die Herrschaft der Bretagne, verbunden mit allen Einkünften, innehaben
würde und nach ihrem Tod durch eine detaillierte Erbschaftsregelung
die Unabhängigkeit der Bretagne vom Königreich gewahrt bliebe.
6.12.1491
1. oo Karl VIII. König von Frankreich
30.6.1470-7.4.1498
Longueville
17.1.1499
2. oo 2. Ludwig XII. König von Frankreich
27.6.1462-1.1.1515
Kinder:
1. Ehe
Karl-Orland
10.10.1492-6.12.1495
Karl
8.9.1496-2.10.1496
Franz
Ende 1497- bald
Anna
20.3.1498-bald
2. Ehe
Claudia de France Erbin der Bretagne
14.10.1499-20.7.1524
18.5.1514
oo Franz I. König von Frankreich
12.9.1494-31.3.1547
Sohn
21.1.1508- jung
Renata
25.10.1510-12.6.1575
Blois
28.6.1528
oo Ercole II. d'Este Herzog von Ferrara
4.4.1508-3.10.1559
Sohn
21.1.1512 totgeboren
Literatur:
-----------
Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft
1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 453,456,458,469
- Fraser Antonia: Die sechs Frauen Heinrichs VIII. Claasen Verlag
GmbH Hildesheim 1995 Seite 47,87,150 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia:
Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen
um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 8,80, 82-97,99,102,104-109,111-117,119-122,124-129,131,134-138,140-158,162,170,191,414,435,439-442,446,
450,459 - Perez Joseph: Ferdinand und Isabella: Spaniens Katholische
Könige. Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 252 - Tamussino
Ursula: Margarete von Österreich. Diplomatin der Renaissance Verlag
Styria Graz Wien Köln 1995 Seite 38-42,79,236,271,274 - Tamussino
Ursula: Maria von Ungarn. Ein Leben im Dienst der Casa de Austria Verlag
Styria Graz Wien Köln 1998 Seite 11,20 - Treffer Gerd: Die
französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18.
Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 216-221,229-231
- Treffer Gerd: Franz I. von Frankreich Herrscher und Mäzen
Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1993 Seite 20,22,27,30,32,39,42,55,63,
97,102,164,226,241 -