Anna von Bretagne                                    Königin von Frankreich
------------------------                                   Herzogin der Bretagne
25.1.1476-9.1.1514
Nantes      Blois

Begraben: St-Denis (ihr Herz in Nantes)
 

Älteste Tochter des Herzogs Franz II. von der Bretagne aus seiner 2. Ehe mit der Margarete von Foix, Tochter von Graf Gaston IV.
 

Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 656
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Anna (Anne de Bretagne), Herzogin der Bretagne, dann Königin von Frankreich
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* 1477, + 1514
Nantes    Blois

Begraben: St-Denis (ihr Herz in Nantes)

Als Tochter Herzog Franz II. wurde sie 1486 von den bretonischen Landständen als zur Erbfolge im Herzogtum berechtigt erklärt und in der Folgezeit stark in die Auseinandersetzungen zwischen dem französischen Königtum und ihrem Vater, der die Unabhängigkeit seines Landes durch Bündnisse mit auswärtigen Gegnern Frankreichs bewahren wollte, verwickelt. Nach der Niederlage und dem Tod Franz' II. und trotz des Vertrages von Verger (1488), der die Feindseligkeiten zwischen der Bretagne und Frankreich beenden sollte, setzte sie die Selbständigkeitsbestrebungen ihres Vaters fort: im Dezember 1490 ließ sie sich per procuram dem römischen König MAXIMILIAN antrauen. Das führte zur Neuaufnahme des bretonischen Krieges durch Frankreich, das nicht bereit war, eine habsburgische Bedrohung im Westen hinzunehmen. Ohne wirksame Unterstützung durch MAXIMILIAN erlag die Bretagne rasch dem französischen Angriff; ihre Besetzung brachte den territorialen Anschluß des französischen Königsstaates. Anna entschloß sich, dem Drängen des französischen Königs auf Heirat nachzugeben (Dezember 1491), um die Leiden ihres Landes zu beenden und ihm ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zu erhalten. Die erneute Vermählung Annas erregte in Europa großes Aufsehen, wozu vor allem zahlreiche Flugschriften von seiten beider Parteien beitrugen: Besonders die von MAXIMILIAN nahestehenden deutschen Humanistenkreisen ausgehende Polemik gegen den angeblichen französischen "Brautraub" löste in Deutschland eine frühe Welle von Reichspatriotismus aus.
Nach dem Tode Karls VIII. (1498) ließ Ludwig XII. sofort seine Ehe mit Jeanne de France, der Tochter von Ludwig XI., annullieren, um Anna im Januar 1499 zu heiraten. Aus dieser Ehe hatte Anna eine Tochter, Claude, die 1506 mit Franz von Angouleme, dem späteren Franz I., verlobt wurde. Die Bretagne kehrte nach dem Ehevertrag an die Gatten zurück. Claude hinterließ sie ihrem Sohn Franz, und das Herzogtum wurde 1532 endgültig wieder an das Königreich angeschlossen. - Anna, obwohl klein und leicht hinkend, beeindruckte ihre Zeitgenossen durch Schönheit und Majestät; sie hielt glänzend Hof und förderte Künstler und Dichter.


Frauen der Weltgeschichte: Seite 26
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ANNA DE BRETAGNE
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25.I.1477-9.I.1514

Fürstinnen wirken am schönsten auf Münzbildern, Denkmälern und höfischen Porträts; wer sich seine Illusionen bewahren will, verzichtet besser auf das Studium von Akten und zeitgenössischen Quellen, ungeschmeichelten Bildunterlagen. Auch von Anne de Bretagne gibt es in der Bibliothek von Metz eine wunderschöne Bronzemedaille; sie wurde anläßlich ihrer Vermählung mit Ludwig XII. gegossen und zeigt ein zartes, geistvolles Frauenantlitz, die hohe Stirn unverhüllt von dem kostbaren Brautschleier. In Wirklichkeit war die Bretonin unterdurchschnittlich klein, sie neigte zum Fettansatz und hinkte... die Zeitgenossen rühmen ihren unüberwindlichen Eigensinn, ihre Beständigkeit in Freundschaften und ihre Willensstärke. Unter den vielen Bewerbern, die die reiche Erbin umschwärmten, erwählte sich die 15-jährige zum Gemahl Karl VIII. Als er bald nach seiner unseligen Neapel-Expedition starb, bekundete Anne ihren Schmerz in schwarzer Trauerkleidung, im Gegensatz zu den bisherigen Königin-Witwen, die sich zum Zeichen der Trauer stets in vollkommenes Weiß gekleidet hatten. Anne wählte sich als zweite Gatten König Ludwig XII., obwohl er noch mit Johanna von Frankreich verheiratet war. Die Scheidung wurde vollzogen, und Ludwigs zweite Ehe mit Anna wurde ungewöhnlich glücklich. Sie ernannte als erste französische Königin eine größere Anzahl von Hofdamen zu ihrer Begleitung und wachte sittenstreng über das Leben am Hofe. Ihren  beiden Töchtern Renee und Claude gab sie eine ausgezeichnete Erziehung; groß war ihr Einfluß auf ihren königlichen Gemahl, der in seinen politischen Entscheidungen oft ihrem Rat folgte. Der Vermählung ihrer Tochter Claude mit Franz von Angouleme, dem Sohn der ehrgeizigen Ludowika von Savoyen, hat sie sich energisch widersetzt - die Verbindung kam erst zustande, als Anne de Bretagne im Schlosse von Blois gestorben war.


Treffer Gerd: Seite 216-221,229-231
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„Die französischen Königinnen“

Anna von der Bretagne – ... 1. Ehe

               Anne de Bretagne
 

Gemahlin Karls VIII.(* 1470; König 1483-1498)

Geboren: 25. Januar 1476, Nantes – Heirat: 6. Dezember 1491, Langeais –

                          + 9. Januar 1514, Blois

Am Hof von Nantes hatte man auf einen Sohn gehofft. Margarete von Foix, zweite Gemahlin des Herzogs der Bretagne, Francois II. von Etampes, aber bringt eine Tochter zur Welt: Anna.
Die offensichtliche Begehrlichkeit des mächtihen Nachbarn wird daurch nur noch gesteigert. Dem bretonischen Herzog gelingt es, dessen Wünsche mit Hilfe Englands und des Römischen Reiches abzuwehren, schon jetzt lockt er mit einer künftigen ehelichen Verbindung mit seiner kleinen Tochter. 1480 verspricht er sie dem ältesten Sohn des englischen König Eduard. 1483 aber wird der Verlobte von seinem Onkel Richard ermordet. Der Herzog muß einen anderen Mann für Anna suchen. Er wählt MAXIMILIAN VON ÖSTERREICH, der beim Tod seines Vaters Kaiser werden soll.
Anna wird ganz in der Tradition der Bretagne mit ihren alten Mythen und Legenden erzogen, sehr früh aber auch von Gelehrten, Dichtern und Gebildeten umgeben. Mit Francoise de Dinan wird sie einer sehr fähigen Gouvernante anvertraut. Man unterrichtet sie in Tanz, Musik, Dichtkunst, führt sie in die Stickerei und Weberei ein. Frühreif und intelligent beweist sie von Kindesbeinen an Willensstärke. Mit sieben Jahren ist sie ein Mädchen mit hellen Augen, zartem Teint und großer Natürlichkeit im Benehmen. Das Lernpensum wird anspruchsvoll. Sie paukt Geschichte und die Institutionenkunde der Bretagne zwischen zwei Lehrstunden in Literatur oder Naturkunde. Man bringt ihr Latein, Griechsich und die Anfangsgründe des Hebräischen bei. Man schult sie in der Kunst zu schreiben, sich zu kleiden, sich zu benehmen. Kurz: man bereitet sie, da in der Bretagne das salische Recht nicht gilt, auf die Rolle der künftigen Fürstin dieses Landes vor.
Zwischen Frankreich und der Bretagne sind zu jener Zeit die Beziehungen auf dem Nullpunkt. Zweifellos mit großer Erleichterung nimmt der bretonische Hof daher die Nachricht auf, daß Ludwig XI. am 30. August 1483 gestorben ist. Er ist nicht allein in seiner Freude über König Ludwigs XI. Tod. Auch Ludwig, der Herzog von Orleans, freut sich. Ludwig XI. hatte ihn zur Heirat mit seiner mißgestalteten Tochter Johanna genötigt. Kaum ist der König gestorben, nimmt er Geheimverhandlungen mit dem bretonischen Herzog auf, um sich von der lästigen Bürde - seiner Frau Johanna - zu befreien. Gleich nach der Annullierung der Ehe will er Anna, die Erbin des Herzogtums Bretagne heiraten, ein Angebot, für das der väterliche Herzog durchaus empfänglich ist. Man hat dabei allerdings nicht mit Anna de Beaujeu gerechnet, die ihrem Vater, sagt man, ähnelt und mit ihrem Mann Pierre die Regentschaft für ihren kleinen Bruder Karl VIII. führt. Zwei Jahre lang wird sie die Rebellion der Barone schüren, die der Marschall de Rieux anführt. Anna von Beaujeu hat am 28. Oktober 1484 mit einer Adelsrevolte den Vertrag von Montargis unterzeichnet, der vorsieht, daß das Herzogtum, sollte der bretonischeHerzog Franz II. ohne männliche Erben sterben, an den König von Frankreich fällt. Wie auch imer: der Herzog der Bretagne ist nicht mehr der jüngste und will seine Nachfolge bestellen. Er beruft die Stände nach Renens ein. Am 8. Februar 1486 wird Anna zur Herzogin und alleinigen Erbin der Herzogskrone proklamiert. Am 10. Februar leistet sie ihren Eid und wird in der Kathedrale gekrönt. Französische Truppen rücken ins Herzogtum ein. Sie erobern Nantes und Vannes, belagern Chateaubriand und Fourgeres und ziehen schließlich in Dinan und Rennes ein. Am 28. Juli 1488 werden die bretonischen Truppen in Saint-Aubin-du-Cormier geschlagen. Ein harter Vertrag, der "Traite du Verger" vom 19. August 1488, knebelt die Bretagne: Anna und ihre Schwester Isabella dürfen keine Heirat "zum Mißvergnügen des Königs" schließen. Eine Heirat mit Ludwig von Orleans wäre eine solche. Die Beaujeux sind glänzenden Politiker. Und hier geht es um ein großes unabhängiges Herzogtum. Es wird sicher nicht leicht sein, es mit Frankreich zu vereinen, wenn überhaupt, dann geht das nur über eine Fürstenhochzeit. Mit anderen Worten, das Regentenpaar will Anna für ihren Schützling Karl - und nicht für Herzog Ludwig von Orleans.
Ersatzweise sieht der Vertrag vor, daß der Herzog der Bretagne dem französischen König, wie ein Vasall, den Lehenseid schwören muß. Doch Franz II. bleibt dies erspart, er stirbt zwei Wochen später, am 9. September 1488. Anna, die ihre Mutter zwei Jahre zuvor verloren hat, ist mit zwölf Jahren nun Waise und muß ihr Schicksal selbst in dei Hand nehmen. Der Regentschaftsrat, den ihr Vater berufen hat, um ihr zur Seite zu stehen, hofft, anstelle dieses Kindes regieren zu können. Aber bei seinem ersten Zusammentritt verlangt Anna, daß ihr Rechenschaft abgelegt wird. Mit fester Hand zeichnet sie sie gegen: eine Herrscherin ist geboren.
In der gefährlichen Lage des zur Hälfte von französischen Truppen besetzten Landes beeilt sich Anna, die Verträge zu erneuern, die ihr Vater mit England, Kastilien und dem Kaiser egschlossen hat. Sie bekommt Hilfe. Am 3. Dezember 1489 unterzeichnet Karl von Frankreich den Frankfurter Vertrag. Wenn der Krieg mit dem "Ausland" damit auch beendet scheint, so geht der Bürgerkrieg der Bretonen weiter. Unzählige Schwierigkeiten tun sich auf, und dier junge Prinzessin beschließt im Frühjahr 1490, ihr Herzogtum zu bereisen, es besser kennenzulernen, sich aber auch bekanntzumachen, sich zu zeigen. In wenigen Wochen gelingt es der Vierzehnjährigen, die Bretagne um ihre Person zu einen. Im Juli 1490 beruft die Herzogin die Stände ein, die die Lage befrieden, indem sie Ehren und Ämter an die einen wie die anderen verteilen. Viele aber glauben, es wäre gut, wenn die junge Frau heiraten würde. Anna ist mit Geschichten aus ritterlichen Romanen aufgewachsen, wurde in einer eleganten Umgebung erzogen. Sie hat eine sehr christliche Ansicht über die Ehe. Sie denkt sicher mehr an Staatsräson als an eine Liebesheirat.
Jedenfalls heiratet sie am 16. Dezember 1490 in Saint-Pierre zu Rennes in einer Prokurations-Hochzeit MAXIMILIAN VON HABSBURG. Der Vertreter des Bräutigams steckt sein nacktes Bein in das Bett, auf dem die Herzogin ruht, und nimmt dann an der Hochzeitsmesse teil. Annas Ehe mit MAXIMILIAN ist eine offensichtliche Mißachtung des Vertrages "du Verger", der vorsah, daß sich die bretonische Prinzessin nicht ohne Zustimmung des französischen Königs verheiraten dürfe. Der Kreig flackert wieder auf. Annas Lage ist verzweifelt: keine Armee, kein Geld. In den belagerten Städten drohen die schlecht besoldeten deutschen und englischen Truppen mit dem Abzug. Die Heirat wird nie vollzogen. Es gibt einen neuen Bewerber, und auch dabei spielt Ludwig von Orleans eine Rolle.
Wie schon Ludwig XI. hatten die Beaujeu Ludwig von Orleans von der Politik ferngehalten. Wütend hatte er sich mit an die Spitze einer Adelsrevolte gestellt - auch Frankreich hat seine Rebellen -, die zum "verrückten Krieg" geführt hatte, den die Beaujeux siegreich beendeten. Drei Jahre lang war Ludwig von Orleans eingekerkert gewesen und hatte es letztlich nur seiner ungeliebten Ehefrau Johanna zu verdanken, daß er freikam. Johanna hatte über ihre Schwester Anna von Beaujeu hinweg direkt an ihren Bruder, König Karl VIII., appelliert. Karl hatte den Schwager wieder in Ganden aufgenommen, es allerdings zur Bedingung gemacht, daß fortan alle Versuche, sich von Johanna zu trennen, zu unterbleiben hätten. Jetzt wird Herzog Ludwig von Orleans ausgesandt, sich bei Anna - um die er selbst gefreit hatte - zum Fürsprecher der französischen Heirat zu machen. In ihrer Verzweiflung bleibt Anna keine andere Möglichkeit. "Wie glücklos muß ich sein", soll sie geklagt haben, "gezwungen zu werden, einen Mann zum Gemahl zu nehmen, der mir so übel mitgespielt hat." Wie wichtig Frankreich diese Ehe ist, zeigt, daß Karl damit den deutschen Kaiser gleich doppelt brüskiert: Um Anna heiraten zu können, muß er die noch unter seinem Vater beschlossene Verbindung mit MAXIMILIANS Tochter Margarete widerrufen. Die war aber schon 1483 als Dreijährige - den Sitten der Zeit entsprechend - nach Frankreich gekommen, um ihre Stellung als Königin vorbereitet zu werden [Später sollte sei als Regentin der Niederlande zu einer ebenso glänzenden wie erbitterten Gegnerin König Ludwigs XII. - des jetzigen Herzogs von Orleans - und König Franz' I. werden.]. Anna dagegen ist gar formell MAXIMILIANS Frau.
Die Verlobung findet dennoch am 17. November 1491, die Heirat am 6. Dezember im Schloß Langeais statt. In einem Kleid aus Goldbrokat, das mit siebzig Zobelfellen gefüttert ist, tritt Anna vor den Traualtar. Der päpstliche Dispens, der die Ehe mit MAXIMILIAN annulliert, trifft erst eine Woche später ein. Am 8. Februar 1492 wird Anna in Saint-Denis gekrönt und zieht tags darauf feierlich in Paris ein. Eine Klausel des Ehevertrags sieht vor, daß Anna im Falle eines kinderlosen Todes des Königs nur dessen Nachfolger oder den nächsten Thronerben heiraten darf, und Ludwig von Orleans steht in der Thronfolge unmittelbar hinter Karl VIII.
Während das Volk von Paris lauthals seine Freude über die "kleine Königin" verkündet, fühlen sich die Bretonen eher verraten und verkauft. Der Groll findet seinen Anführer in Jean de Rollan. Die Frage wird diplomatisch gelöst. Denn: Karl VIII. interessiert sich - die Beaujeux raufen sich darüber die Haare - für Italien, wo sich zwei Familien den Thron von Neapel streitig machen.
Am 10. Oktober 1492 bringt Anna einen Sohn zur Welt, der auf den Namen Charles Orland getauft wird. Sollte der Herzog von Orleans Thronhoffnungen gehegt haben, so sind sie nun in weite Ferne gerückt. Diese Geburt bringt der Königin hohes Ansehen bei den Hofleuten Karls ein und Vorteile gegen Anna von Beaujeu, die sie haßt. Mit diesem Thronerben wird die Königin zur unbestrittenen Herrin eines Hofes, den sie schon durch ihre natürliche Autorität bezaubert, den sie aber verändern möchte. Sie führt Ehrendamen ein. Sie bestätigt ihre Neigung zu Luxus, indem  sie ihr Mobiliar, ihren Schmuck, ihre erwählten Kleider dem jüngsten Zeitgeschmack anpaßt. Dichter, Schriftsteller, Gelehrte - darunter viele Bretonen - sind im Louvre zu Gast, wo Anna Empfänge und Feste gibt. Immer aber bleibt sie auch eine vorbildliche Mutter und Ehefrau.
Dann kommt der Italienfeldzug ihres Mannes, der Neapel erobern will, auf das er gewisse Rechte zu haben glaubt. Am 29. August 1494  zieht Karl von Lyon aus und am 22. Februar 1495 zieht er in Neapel ein, läßt sich dort groß feiern, muß aber angesichts der Übermacht der antifranzösischen Liga eilends zurückkehren, um eine Katastrophe zu vermeiden. Anna hat ihm während seiner Abwesenheit Tag für Tag geschrieben. Für sie ist das italienische Abenteuer ihres Mannes der Anfang einer schlimmen Zeit. Während Karl fort ist, erleidet sie eine Totgeburt. Dann stirbt Charles Ormond bei einer Epedimie in Amboise. Der Thron hat keinen Erben mehr. Im Frühjahr 1496 folg eine neue Schwangerschaft. Man bemüht sich mit bestem medizinischem Können um die Königin. Der Bub, der im Herbst zur Welt kommt, kränkelt und stirbt einen Monat später in Plessis-lez-Tours.
Schon in dieser ersten Ehe wird der Leidensweg der Königin deutlich: ihre immer wieder enttäuschte Hoffnung einen Thronfolger in die Welt zu setzen. Drei Söhne hat sie geboren und eine Tochter. Keines dieser Kinder erlebt das vierte Jahr. Das qualvolle Ringen wird bis an ihr Lebensende fortgehen. Ihr Mann zieht sich etwas von ihr zurück. Anna erlebt bittere Tage der Niedergeschlagenheit. Ihr einziges Vergnügen besteht darin, ihre Schätze zu betrachten, die Karl aus Italien mitgebracht hat: Wandteppiche, Gemälde, Skulpturen, Schnitzereien aus Efenbein. Sie betet viel, meditiert stundenlang. Dann wird der König krank. Die Ärzte sprechen von einseitiger Lähmung. Karl erholt sich, während Anna wieder eine Tochter zur Welt bringt, die wieder alsbald stirbt.
Am 7. April 1498 schlägt Karl mit der Stirn gegen einen niedrigen Türpfosten seines Schloßes Amboise. Neun Stunden ringt er mit dem Tod, ehe er in der Nacht den Geist aufgibt. Nur 28 Jahre ist er alt geworden. Frankreich hat keinen König mehr. Es hat aber auch keinen Thronfolger. Die direkte Linie der VALOIS ist zu Ende.
Anna ist Königin-Witwe von Frankreich. Sie ist aber nach wie vor Herzogin der Bretagne. Zwei Tage nach dem Tod ihres Mannes bestellt sie durch Verordnung erneut die Kanzlei des Herzogtums Bretagne, die fünf Jahre zuvor aufgehoben worden war. Wie in ihrem Heiratsvertrag vorgesehen, kehrt Anna heim in ihr - autonomes - Herzogtum. In ihrem Heiratsvertrag hatte aber auch die Klausel gestanden, daß sie nur den Nachfolger des Königs, ihres verstorbenen Mannes würde heiraten dürfen. Und dieser Nachfolger ist Ludwig von Orleans, der noch mit der verkrüppelten Königs-Tochter Johanna verheiratet ist.
 

Anna von der Bretagne – ... 2. Ehe

               Anne de Bretagne
 

Zweite Gemahlin Ludwigs XII. (* 1462; König 1498-1515)

Geboren: 25. Januar 1476, Nantes – Heirat: 8. Januar 1499, Nantes –

                          + 9. Januar 1514, Blois

Am 7. April 1498 ist Karl VIII. verstorben. Ludwig, Herzog von Orleans, ist nun Ludwig XII. von Frankreich. Er will sich von seiner ungeliebten Frau Johanna befreien, um Anna von der Bretagne heiraten zu können. Briefe werden ausgetauscht, geheime Unterhandlungen geführt. Drei Monate nach seiner Krönung kommt es zu einer Vereinbarung: Anna akzeptiert ihn zu heiraten wenn es ihm gelingt, binnen Jahresfrist seine Ehe mit Johanna lösen zu lassen. Der König zieht seine Truppen aus der Bretagne zurück. Wenn nach diesem Jahr die Annullierung nicht stattgefunden hat, wird die Bretagne in völlige Unabhängigkeit entlassen. Ludwig XII. läßt sich da auf ein gewagtes Spiel ein.
Am 15. September 1498 zieht Anna unter dem Beifall der Bretonen in Rennes ein. Seit dem Frieden von 1491 ist das Land wieder wohlhabend geworden. Die Herzogin hat das Vermächtnis ihres Vaters erfüllt: keine Armut sowie Ruhe und Wohlstand. Sie läßt bretonische Münzen schlagen, umgibt sich mit einer Leibwache, baut eine bretonische Armee auf und gestaltet das Schloß von Nantes um, wo sie fähige Verwalter und Leute von Bildung um sich sammelt.
Ludwig XII. verliert derweilen keine Zeit, seine Ehe mit Johanna wird von Rom getrennt. Am 7. Januar 1499 wird der Ehevertrag mit Anna in Nantes unterzeichnet. Die stolze Bretonin hat es verstanden, ihre Rechte zu verbriefen. Anna bleibt alleinige Herrin ihres Herzogtums. Eine Klausel hält fest, daß die Erbfolge für die Bretagne auch durch eine Frau geschehen kann. Die Hochzeit findet tags darauf am 8. Januar 1499 in der Schloßkapelle von Nantes statt - ohne großen Pomp, angesichts des Trauerjahres der Königin-Witwe und neuen Königin. Anna wird zum zweiten Mal Königin von Frankreich. Ludwig, seit langem in sie verliebt, läßt sie die Geschicke Frankreichs mitgestalten, zugleich aber mit harter Hand ihr Herzogtum verwalten.
Während Ludwig - auch er ist von der italienischen Obsession befallen - triumphal in Mailand einzieht, bringt Anna am 13. Oktober 1499 in Romorantin eine Tochter Claude zur Welt. Dann begleitet sie ihren Mann nach Lyon, an die Ufer der Loire, vor allem nach Blois, wo Gemächer und Gärten speziell für sie neu ausgestattet und angelegt werden. Anna ist der Mittelpunkt eines ebenso brillanten wie vielköpfigen Hofes. An die hundert hochadelige Damen und Demoiselles begleiten sie auf allen Reisen. Sie überträgt ihnen Vertrauensstellungen, die bislang allein Männern vorbehalten waren, verheiratet die jungen Frauen vorteilhaft, die sie unter ihren Schutz genommen hat. Sie gründet sogar den weiblichen Orden "la Cordeliere".
Empfänglich für Luxus, verliebt in die Kunst, läßt Anna ihre Appartements neu ausstatten, beschäftigt italienische und bretonische Künstler. Sie protegiert Pierre le Baud, der für sie eine Geschichte der Bretagne schreibtund Antoine Dufour, der unter ihrer Ägide ein Werk über "illustre Frauen" verfaßt. Sie versammelt Musiker, Dichter, Wissenschaftler, bestellt zahlreiche und kostbare Gemälde, Wandteppiche, Schmuckstücke, Kleider. Die Königjn gestattet sich auch Träume: sie sieht sich wie die Damen der Ritterromane als Befreierin. Sie will nichts weniger als Griechenland erobern, dann Konstantinopel von den Türken befreien. Der Traum verfolgt sie hartnäckig. Selbst ein Schiff wird gebaut und ausgerüstet, aber die "Cordeliere" kommt in einen Sturm und muß umkehren. Ihr liebevoller Gemahl läßt Anna am 18. November 1502 in der Basilika von Saint-Denis (zum zweiten Mal) krönen. Und wieder zieht sie feierlich in Paris ein, das fest dekoriert ist, Mysterienspiele, Schaustücke udn Turniere organisiert.
Die Außenpolitik ist nicht problemlos. Die französische Armee in Italien hat kapitulieren müssen. In den Verträgen von Blois soll den französischen Ansprüchen in Italien ein Ende gesetzt werden. Trotzdem wird Ludwig nach Genua gegen die "Heilige Liga" marschieren, die der streitbare Papst Julius II. ins Leben gerufen hat.
Anna ist mit Familienangelegenheiten wohlbeschäftigt. Sie verhandelt, um ihre Tochter Claude, die gerade zwei Jahre alt ist, mit KARL VON HABSBURG (dem späteren Kaiser KARL V.) zu verheiraten. Dessen Eltern besuchen Frankreich, und es kommt zu einem großen Empfang, an dem auch Franz von Angouleme (der spätere Franz I.) teilnimmt. Ludwig XII. hat ihn an den Hof gerufen, denn wenn er keinen Sohn hat, wird ihm dieser Verwandte auf den Thronn folgen. Für Franz ist dies der erste Auftritt bei Hofe. Die Situation ist aus späterer Sicht nicht ohne Pikanterie: Franz ist dabei, als seine künftige Frau Claude an seinen künftigen Erzfeind KARL V. verlobt wird.
Die französische Thronfolge ist immer noch nicht gesichert. Anna von der Bretagne hat ihre Hoffnung auf einen Sohn nicht aufgegeben. Louise von Savoyen, Franz' von Anghouleme Mutter ihrerseits hofft, daß es dazu nicht kommt. Der Haß der beiden Frauen - deren jede ihr Kind auf dem Thron sehen will - ist legendär, und Anna treibt mit Louise ein grausames Spiel. Sie war im Juli 1499 sogar auf Louises Sommersitz Romorantin gezogen, damit diese dabei sein sollte, wenn Anna mit dem Thronfolger niederkäme. Als Anna dann von Claude entbunden wurde, konnte Louise aufatmen. Und 1503 notiert sie kurz, knapp und triumphierend in ihr Tagebuch: "Anna, Königin von Frankreich, hatte in Blois am Tage der Heiligen Agnes einen Sohn, aber er kann die Erhöhung meines Caesaren nicht verhindern, denn er hatte kein Leben."
Ludwig XII. ist krank, und das königliche Paar hat schließlich fast die Hoffnung aufgegeben. Ludwig unterzeichnet - sehr zum Mißfallen von Anna - ein Testament, das die Heirat Claudes mit KARL VON HABSBURG annulliert, die nun Franz von Angouleme bestimmt wird. Am 21. Mai 1506 findet die Verlobung statt. Anna bereist gerade ihr Herzogtum. Von ihren pausenlosen Schwangerschaften erschöpft, leidet sie an Nierenkoliken. Trotz der Schmerzen kämpft sie für die Annullierung dieser Verlobung. Vergebens.  Am 21. Januar 1508 hat sie wieder ein totgeborenes Kind, zwei Jahre später eine Tochter. Die Krankheit verschlimmert sich. Anna stirbt am 9. Januar 1514 im Schloß von Blois mit 38 Jahren. Einen Monat später wird sie in Saint-Denis bestattet, ihr Herz aber in Nantes.
Der Weg, so scheint es, ist frei für Franz von Angouleme. Da entscheidet sich zum Entsetzen der Louise von Savoyen der inzwischen 52-jährige König, noch einmal zu heiraten.


Im Dezember 1490 auf dem Wege der Prokuration mit Kaiser MAXIMILIAN I. vermählt, fiel Karl VIII. von Frankreich mit einem Heer in die Bretagne ein, stellte das Herzogtum in den unmittelbaren Herrschaftsbereich des Königs und erzwang die Vermählung mit Anna, der Erbin der Bretagne. Anna bewahrte der Bretagne verschiedene Sonderrechte. Über sie gab es etliche Spottlieder.

Hartmann P. C.: Seite 30,34,35
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"Französische Könige und Kaiser der Neuzeit"

Im Ehevertrag von 1491 wurde festgeschrieben, dass Anna nach dem Tod des Königs nur dessen Nachfolger oder den nächsten Thronerben heiraten dürfe, damit das Herzogtum Bretagne bei der Krone verbleiben könne.
Nach dem Tode Karls VIII. war Anna in die Bretagne zurückgekehrt und hatte begonnen, dort wieder ihre Stellung als Souverän einzunehmen.
Nach der Annullierung der Ehe Ludwigs XII. am 17.12.1498 und nachdem der Papst auch den nötigen Ehedispens für die Heirat von Ludwig und Anna, die wegen ihrer engen Verwandtschaft nach dem kanonischen Recht verboten war, erteilt hatte, wurde am 8.1.1499 die Hochzeit gefeiert. In einem ausführlichen Ehevertrag war festgelegt worden, dass Anna weiterhin allein die Herrschaft der Bretagne, verbunden mit allen Einkünften, innehaben würde und nach ihrem Tod durch eine detaillierte Erbschaftsregelung die Unabhängigkeit der Bretagne vom Königreich gewahrt bliebe.
 
 
 

   6.12.1491
  1. oo Karl VIII. König von Frankreich
          30.6.1470-7.4.1498
Longueville

  17.1.1499
  2. oo 2. Ludwig XII. König von Frankreich
             27.6.1462-1.1.1515
 
 
 
 
 

Kinder:
1. Ehe

  Karl-Orland
  10.10.1492-6.12.1495

  Karl
  8.9.1496-2.10.1496

  Franz
  Ende 1497- bald

  Anna
  20.3.1498-bald

2. Ehe

  Claudia de France Erbin der Bretagne
  14.10.1499-20.7.1524

18.5.1514
   oo Franz I. König von Frankreich
       12.9.1494-31.3.1547

  Sohn
  21.1.1508- jung

  Renata
  25.10.1510-12.6.1575
  Blois

 28.6.1528
    oo Ercole II. d'Este Herzog von Ferrara
        4.4.1508-3.10.1559

  Sohn
  21.1.1512 totgeboren
 
 
 
 

Literatur:
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Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 453,456,458,469 - Fraser Antonia: Die sechs Frauen Heinrichs VIII. Claasen Verlag GmbH Hildesheim 1995 Seite 47,87,150 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 8,80, 82-97,99,102,104-109,111-117,119-122,124-129,131,134-138,140-158,162,170,191,414,435,439-442,446, 450,459 - Perez Joseph: Ferdinand und Isabella: Spaniens Katholische Könige. Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 252 - Tamussino Ursula: Margarete von Österreich. Diplomatin der Renaissance Verlag Styria Graz Wien Köln 1995 Seite 38-42,79,236,271,274 - Tamussino Ursula: Maria von Ungarn. Ein Leben im Dienst der Casa de Austria Verlag Styria Graz Wien Köln 1998 Seite 11,20 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 216-221,229-231 - Treffer Gerd: Franz I. von Frankreich Herrscher und Mäzen Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1993 Seite 20,22,27,30,32,39,42,55,63, 97,102,164,226,241 -
 
 
 
 
 
 
 


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