Rene I. von Anjou                                König von Neapel (1435-1442)
------------------------                              Herzog von Lothringen und Bar, Anjou und Graf von Maine
10.1.1408-10.7.1480                            Graf von Provence
Angers    Aix
 

2. Sohn des Königs Ludwig II. von Anjou-Neapel und der Jolanthe von Aragon, Tochter von König Johann I.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 727
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Rene, Herzog von Anjou und Graf von Maine, Herzog von Lothringen und Bar, Graf von Provence,
-------------------------------------------------------- König von Neapel, König von Jerusalem
* 26. Januar 1409, + 10. Juli 1480
Angers                   Aix-en-Provence

2. Sohn Ludwigs II. von Anjou und der Yolande von Aragon

1. oo 1420 Isabella von Lothringen

2. oo 1454 Jeanne de Laval

Rene von Anjou verlor mit neun Jahren den Vater (1417), wurde von seinem Großonkel, Kardinal Ludwig von Bar (+ 1430) adoptiert und fungierte als Erbe von Bar. Das Herzogtum Lothringen, das er durch Heirat mit Isabella, der Tochter Karls II. von Lothringen, gewann, wurde ihm von Antoine de Vaudemont, der sich als Neffe des Herzogs von Burgund auf die stärke burgundische Militärmacht stützen konnte, streitig genmacht. In der Schlacht von Bulgneville (1431) unterlegen, verbrachte Rene von Anjou fünf Jahre in burgundischer Gefangenschaft (1431-1436).
Die Ansprüche Renes von Anjou auf Neapel rückten der Realisierung näher, als Johanna II. kurz vor ihrem Tode Rene von Anjou (anstelle seines 1434 verstrobenen Bruders Ludwig III.) adoptierte und damit die Politik des übermächtigen Konkurrenten Alfons V. von Aragon eine zeitlang durchkreuzte. Renes Gemahlin Isabella rückte, gestützt auf das Bündnis mit dem Herzog von Mailand, Filippo Maria Visconti, mit einer kleinen Flotte gegen Alfons von Aragon vor, der am 5. August 1435 in der Seeschlacht von Ponza durch Kontingente Genuas besiegt wurde (Einzug Isabellas in Neapel, 18. Oktober 1435). Rene von Anjou, der sich nach dem Loskauf aus der Gefangenschaft nach Neapel begab (19. Mai 1438), geriet unter wachsenden militärischen und politischen Druck des erneut vordringenden Aragonesen (der den Visconti längst auf seine Seite gezogen hatte) und mußte sich Ende 1442 geschlagen in die Provence zurückziehen.
Am französischen Hof spielte Rene von Anjou während der Endphase des Hundertjährigen Krieges als bedeutender Ratgeber seines Schwagers Karls VII. eine gewichtige Rolle. Er war neben Karl I. von Maine [Einwurf: Renes Bruder] das Haupt der einflußreichen Hofpartei der 'ANGEVINEN'. Mit England schloß Rene von Anjou einen Waffenstillstand (1444), der durch die Vermählung seiner Tochter Margarete mit Heinrich VI. (1445) besiegelt wurde und dem Hause ANJOU die Rückgewinnung der Grafschaft Maine brachte. Trotz dieser Verbindung zum Hause LANCASTER beteiligte sich Rene von Anjou 1449 an der französischen Rückeroberung der Normandie.
Nach dem Tode Alfons' (1458) nahm Rene von Anjou erneut den Kampf um Neapel auf. Der Feldzug seines Sohnes Johann in Kalabrien scheiterte jedoch (Niederlage bei Troia/Apulien), 1462). Als die katalanischen Städte, die sich gegen König Johann II. von Aragon erhoben hatten, Rene von Anjou die Krone anboten, entsandte er 1466 Johann als künftigen König nach Barcelona, der aber 1470 verstarb, ohne seine Position konsolidiert zu haben. Rene von Anjou überlebte auch seinen zweiten Sohn Ludwig, sowie den Enkel und präsumptiven Thronerben Nikolaus, den Sohn von Johann. In seinen letzten Lebensjahren war Rene von Anjou in der Provence wachsenden Pressionen von seiten seines Neffen Ludwig XI. von Frankreich, der mit Zähigkeit die Annexion der angevinischen Länder betrieb, ausgesetzt.
Die von vielen politischen Mißerfolgen überschattete politische Tätigkeit Renes von Anjou stand im Zeichen der weitgespannten Erbansprüche und Ambitionen des Hauses ANJOU, die sich vor allem auf den Mittelmeerraum richteten (Neapel-Sizilien) und mit dem Titular-Königtum von Jerusalem noch einmal an den Kreuzzugsgedanken anknüpften. Rene von Anjou, der sich durch sein Erbe "am geographischen Schnittpunkt mehrerer Kulturen" (S. Lefevre, in: DLFMA²) befand, setzte durch sein glanzvolles, von engster persönlicher Beziehung zu Dichtung und Kunst geprägtes Mäzenatentum zum einen (in Anknüpfung an die reiche Stiftungstätigkeit des Vaters) die Traditionen des französischen Königshauses der VALOIS fort (geistliche Stiftungen, Memorialwesen) und betonte dabei stark den Charakter ritterlicher Adelskultur (Ritterorden, Turniere mit allegorischer Sinngebung), erschloß sich zum anderen der italiensichen Renaissance und förderte so die ideelle Legitimation und Propagierung des angevinischen Herrschaftsanspruchs.


Rene I. wurde 1417 Graf von Guise und 1419 von seinem Großoheim, Herzog Heinrich von Bar (+ 1430) zu seinem Mitregenten und Erben eingesetzt und erhielt 1431 von seinem Schwiegervater Lothringen. Anton von Vaudemont, der Brudersohn Karls II., erhob Ansprüche auf Lothringen, bekriegte Rene und nahm ihn am 2.7.1431 bei Bulgneville gefangen. Beide Parteien unterwarfen sich dem Schiedsspruch Philipps von Burgund, der aber nur eine Vermählung Jolanthes, der Tochter Renes I. mit Friedrich, dem Sohne Antons, zu Stande brachte. Dann wurden die Streitenden 1434 vom Kaiser SIGISMUND vor das Baseler Schiedsgericht beschieden, wo Rene, der zeitweilig aus der Haft entlassen war, vom Kaiser mit Lothringen belehnt wurde. Anton von Vaudemont aber wandte sich von neuem an Philipp von Burgund, der Rene I. befehlen ließ, sich wieder in seinem Gewahrsam in Dijon zu stellen, was dieser 1435 tat. Zur selben Zeit war ihm durch den Tod Johannas II. (+ 2.2.1435) und seines Bruders Ludwigs III. Ableben (+ 15.11.1434) der Thron von Neapel nebst Anjou und Provence zugefallen. Als Philipp ihn nicht frei ließ, ernannte er seine Gemahlin Isabella zur Regentin, doch sah sie sich sofort von Alfons V. von Aragon, der ebenfalls Ansprüche auf das Erbe machte, angegriffen. Rene vermittelte in seiner milden Haft 1435 den Frieden von Arras zwischen dem königlichen Schwager Karl VII. von Frankreich und Philipp von Burgund. Inzwischen hatte Rene gegen ein Lösegeld 1437 die Freiheit erlangt und war am 9.5.1438 in Neapel gelandet. Allein mehr und mehr gewann Alfons V. das Übergewicht; 1442 mußte Rene ihm das Königreich überlassen und nach der Provence zurückkehren. Er stand als Herzog von Lothringen-Bar gegen die Bischöfe von Metz und Verdun und scheiterte zusammen mit Karl VII. vor Metz. Er war auch Titular-Graf von Barcelona und Fürst von Piemont. Er bewegte 1449 den Gegenpapst Felix V. zum Rücktritt, womit das letzte Papstschisma endete. Er erwarb 1443/44 Commercy und zog sich nach dem Tode seiner ersten Frau ganz aus Lothringen zurück, das er seinem ältesten Sohn Johann übergab. Er geriet gegen seinen notorisch verschlagenen königlichen Neffen Ludwig XI., verlor 1475 Anjou an ihn, stand zu ihm während der burgundischen "Ligue du Bien public" und geriet damit gegen den Sohn. Er war 1467/70 Gegen-König von Aragon-Valencia und wurde von den rebellierenden Katalanen gekürt. Er näherte sich zeitweise Burgund, um den königlichen Neffen abzublocken, beließ aber letztlich sein Testament zu dessen Gunsten. Er stiftete 1448 zu Angers den Ritterorden des halben Mondes, zog sich mehr und mehr aus der Politik zurück, die ihm nie gelegen hatte, um seinen künstlerischen Neigungen nachgehen zu können. Er malte und belebte die alte provencalische Troubadour-Lyrik neu und war selbst in dieser Richtung tätig. In gewisser Weise hat er sich und seine Epoche, worin sich bedeutsamste Wandlungen vollzogen, überlebt. Er lebt bis heute in der Erinnerung des Volkes verklärt, wie kaum ein anderer KAPETINGER.

Ehlers Joachim: Seite 307,312,328,333,335,338
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter."

Aus dem Kreis der ANJOU bildete sich die erste equipe Karls, der 1415 auf einer Provence-Reise auch in Beziehung zu Rene von Anjou getreten ist, jenem politisch glücklosen "König Rene", der Karl doch nahezu für seine ganzes Leben verbunden blieb.
Herzog Karl war Bourguignon, hatte aber seine Erbtochter Isabella gleichwohl Rene von Anjou zur Frau gegeben, dem auch das Herzogtum Bar gehörte. Diesen Schwager Karls VII. bat Jeanne, er möge sie zum König bringen. Rene schlug ihr das zwar ab, aber der Empfang am lothringischen Hof hob ihr Ansehen.
Da sich Rene von Anjou noch in Gefangenschaft Philipps des Guten befand, mußte seine Familie ihre Position am Königshof schon deshalb stärken, um den Verhandlungen über die Freilassung Nachdruck zu verleihen.
Eben war das durch den Vertrag von Arras ausgeblieben, weil durch Amnestien keine Kriegsbeute mehr anfiel und der König mit seiner Personalpolitik zu verstehen gab, daß auch der Staat nicht als solcher betrachtet werden durfte. Auf diesem Boden der Unzufriedenheit und der nicht erfüllten Erwartungen bildete sich um die Herzöge von Bourbon und von Alencon eine Opposition, der bald selbst Rene von Anjou und der 1439 zum Grafen von Dunois erhobene Bastard von Orleans angehörten. Johann von Alencon hatte seinen in der Normandie gelegenen Besitz durch den Krieg eingebüßt und auch andere Güterverluste nach 1435 nicht ersetzt bekommen, der Herzog von Bourbon sah seine Verteidigung Karls VII. gegen Philipp den Guten nicht durch hinreichenen Einfluß im Conseil belohnt, Dunois warf dem König Untätigkeit im Falle des seit Azincourt in englischer Gefangenschaft festgehaltenen Herzogs von Orleans vor, und durch seine burgundische Gefangenschaft während der Jahre 1431-1437 hatte Rene von Anjou hohe Lösegeldverpflichtungen auf sich nehmen müssen, die ihm der König niemals erleichterte.
Am 28. Januar 1442 auf einer Versammlung in Nevers erhielt Karl von Orleans Beihilfen zu seinen Lösegeldzahlungen, wurden auch Dunois und Rene von Anjou abgefunden. Man einigte sich zunächst nur auf einen Waffenstillstand, zu dessen Sicherung der englische Hof die Verlobung Heinrichs VI. mit Margarethe von Anjou forderte, der Tochter Renes und Nichte Karls VII.
Heinrichs VI. persönliche Entscheidung, seinem Schwiegervater Rene von Anjou Maine auszuliefern, um dafür ein auf 20 Jahre angelegtes Bündnis mit ihm und Karl von Anjou zu erreichen, stieß in England auf lebhafte Kritik.

Kendall Paul Murray: Seite 68,372,424
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"Ludwig XI. König von Frankreich 1423-1483."

Turnieren, Tanzvergnügen, Banketten und Spaziergängen durch die Felder am sonnigen Morgen saß ein Mann mit rosigem Apfelgesicht vor, "der gute König Rene", das fünfunddreißig Jahre alte Oberhaupt des Hauses ANJOU, Bruder Karls, des Grafen von Maine, und Maries, der Königin von Frankreich. Fürst malerischer Mißgeschicke, nannte er sich selbst König von Neapel, hatte es aber kläglich versäumt, dem Titel auch Inhalt zu verleihen; und dem Herzog von Burgund schuldete er noch ein enormes Lösegeld aus der Tasche heraus, daß er vor fünfzehn Jahren von dem Herzog gefangengenommen worden war [Sein Großvater, Ludwig I., Herzog von Anjou und jüngerer Sohn des gefangenen Königs Johann, war von der Königin von Neapel an Kindesstatt angenommen worden als Erbe dieses Königreichs und der Grafschaft Provence (damals ein Lehen des Heiligen Römischen reiches Deutscher Nation). Die Adoption umfaßte gleicherweise den jetzt trägerlosen Titel eines Königs von Jerusalem und sogar einen Anspruch auf das Königreich Ungarn. Rene selbst war durch die Eheschließung mit Isabella, der Erbin Lothringens, in den Besitz der Herzogtümer Bar und Lothringen gelangt. Nachdem sein älterer Bruder Ludwig III. im Jahr 1434 in Italien gestorben war, konnte sich Rene nun König von Neapel (und Jerusalem), Graf der Provence und innerhalb Frankreichs Herzog von Anjou, Bar und Lothringen nennen.
Unglücklicherweise war er damals Gefangener des Herzogs von Burgund. Ritterlicher Prunkentfaltung ergeben, hatte er einen Kavallerieangriff gegen das mörderische Kanonen- und Bogenschützenfeuer in der Schlacht von Bulgneville 1434 geleitet und war dabei sofort in Gefangenschaft geraten. Er verbrachte seinen Gefangenenzeit mit stundenlanger Glasmalerei, Lektüre und Niederschrift von Gedichten, bis ihn der Herzog von Burgund 1437 gegen ein Lösegeld von 400.000 Goldkronen freiließ und ihm gestattete, in das Königreich Neapel zu segeln, das von König Alfons V., König von Aragonien, einem weiteren Prätendenten auf dieses Königreich, angegriffen wurde. Obwohl ihn der Papst, Florenz und Genua unterstützten, hatte Rene Mißhelligkeiten mit seinen italienischen Herren, behandelte potentielle Bundesgenossen schlecht und verstand seine Feldzüge nicht zu führen. Als wäre er ein Paladin des 13. Jahrhunderts, warf er Alfons von Aragonien den Fehdehandschuh vor die Füße und überließ ihm die Bestimmung von Zeit ud Ort der Schlacht, ihm, der zwar nur über halb soviel Hilfsquellen wie Rene verfügte, ihm aber als Soldat und Politiker um das Doppelte überlegen war. Im Jahre 1442 wurde Rene zurück nach Frankreich getrieben, völlig mittellos und immer noch mit Lösegeldschulden an den Herzog von Burgund belastet.]. Liebhaber glänzender Äußerlichkeiten des Lebens, war Rene Meister im Organisieren von Turnieren, Festlichkeiten und all jenen kuriosen Unterhaltungen, womit Feudalherren die Größe ihrer Stellung hervorzukehren pflegten. Sein Haushalt wies ein Truppe glänzend kostümierter Mohren und einen Zwerg, Triboulet, auf, dessen Kopf "nicht mehr als eine große Orange" maß. Rene legte Gärten an, bemalte Glas und verfaßte romantische Allegorien in Prosa und in Versen. Gönner und Künstler zugleich, unterstützte er eine ganze Reihe von Verseschmieden und Malern, Bildhauern und Musikanten; "er hatte in seinem Gefolge nur Leute, die sich vorzüglich auf Zeitvertreib verstanden".
Zur gleichen Zeit, im frühen April, kam auch der alte König Rene eilends und voller Furcht in Lyon angereist, um seinen Frieden zu machen. Ludwig hieß ihn freudig willkommen [Renes treuer neapolitanischer Anhänger Giovanni Cossa, Seneschall der Provinz, der über lange Erfahrungen im Umgang mit dem König von Frankreich verfügte, übernahm die geschickte Formulerung von Renes Entschuldigungen. "Sire", so erklärte er im Augenblick der Begrüßung, "wundern Sie sich nicht, daß mein Herr, der König, Ihr Onkel, geäußert hat, er wolle den Herzog von Burgund zu seinem Erben machen; es war ihm geraten worden, so zu handeln, vor allem von mir, nachdem ich gesehen habe, daß Sie, der Sohn seiner Schwester und daher sein Neffe, ihm so großes Unrecht zugefügt haben, indem Sie die Schlösser von Angers und Bar an sich gerissen und ihn auch in allen anderen Dingen so schlecht behandelt haben. Wir wollen das Geschäft mit dem Herzog von Burgund so gestalten, daß Sie auch davon erfahren hätten, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, uns unser Recht zuteil werden zu lassen und anzuerkennen, daß der König, mein Herr, Ihr Onkel ist; aber niemals hatten wir im Sinn, die Sache abschließend zu regeln". Als jemand, der weiß, was treue Diener sind, schätzte Ludwig Cossas unerschrockene Verteidigung seines Herrn gebührend ein und ließ die Erklärung "ohne weiteres und klugerweise" gelten.]. Innerhalb weniger Tage stimmte König Rene zu, die Provence seinem kinderlosen Neffen, dem Grafen von Maine, zu überlassen, und sie bei Maines Tod in den Herrschaftsbereich Frankreichs übergehen zu lassen. Rene verzichtete gleichermaßen auf alle Bindungen an den Herzog von Burgund. Als Gegenleistung setzte ihm der König von Frankreich eine betrrächtliche Pension in Höhe von 60.000 Francs jährlich aus.
Als der alte König Rene, jener bezaubernde Künstler aus verklungenen Zeiten auf dem Königthron, im Juli 1480 starb, fielen doe Herzogtümer von Anjou und Bar durch entsprechende Vereinabrungen an Ludwig XI.
 
 
 
 

 24.10.1420
  1. oo Isabella von Lothringen, Tochter des Herzogs Karls I.
          1410-28.2.1453

        Sie war zeitweise Regentin in Lothringen und Neapel.
 

 10.11.1454
  2. oo Johanna von Montfort, Tochter des Grafen Guido XIV. von Leval
        10.11.1433-   1498
 
 
 
 
 

10 Kinder:
1. Ehe

  Johann II. Herzog von Lothringen
  2.8.1425-13.12.1470

  Ludwig Markgraf von Pont-a-Mousson
  16.10.1427-   1444/45

  Nikolaus Titular-Herzog von Bar
  2.11.1428- um 1431

  Jolanthe Herzogin von Lothringen und Bar
  2.11.1428- nach 22.2.1483

  1444
  oo Friedrich VI. Herzog von Vaudemont
       1428-31.8.1470

  Margarete
  23.3.1429-25.8.1482

24.5.1445
  oo Heinrich VI. König von England
      6.12.1421-21.5.1471

  Karl Titular-Graf von Guise
  1431-   1432

  Isabella
       -

  Renatus
        -

  Luise
        -

  Anna
         -
Illegitim

  Johann Markgraf von Pont-a-Mousson
         -   1536

  Johanna Dame de Mirabeau
         -    1470

  Magdalena Gräfin von Montferrand
          - nach 1515
 
 
 
 

Literatur:
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Brambach Joachim: Die Borgia. Faszination einer Renaissance-Familie. Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 41,73 - Calmette, Joseph: Die großen Herzöge von Burgund. Eugen Diederichs Verlag München 1996 Seite 177,179,228,287,331 - Cleugh James: Die Medici. Macht und Glanz einer europäischen Familie. Bechtermünz Verlag 1996 Seite 67,69,81,92,95,96,215 - Ebhardt Bodo: Der Wehrbau Europas im Mittelalter. Das Standardwerk der Burgenkunde Stürtz Verlag GmbH Würzburg 1998 Band I Seite 270,294,297, 302,308,309 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 307,312,328,333,335,338,340, 357,369 - Ehlers Joachim/ Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 332,341,347,357,359 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 407,409,413,420,424,435,443,452,460 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 59,438 - Kendall Paul Murray: Ludwig XI. König von Frankreich 1423-1483 Verlag Callway München 1979 Seite 68,71,85,157,165,169,172,181, 217,228,232,271,314,334,366,372,424,466,477,483,499,514,518 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Teil IV Seite - Perez Joseph: Ferdinand und Isabella: Spaniens Katholische Könige. Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 22 - Saller Martin: Königin Isabeau. Die Wittelsbacherin auf dem Lilienthron Nymphenburger Verlagshandlung GmbH, München 1979 Seite 263,323 - Schelle, Klaus: Karl der Kühne. Burgund zwischen Lilienbanner und Reichsadler. Magnus Verlag Essen Seite 37,50,77,112,120,128,137,140,178,196,214 - Vones Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter 711-1480. Reiche - Kronen - Regionen. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1993 Seite 198,200,219 -



Mohr Walter: Teil IV Seite 60,61,73-79,85-87
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"Geschichte des Herzogtums Lothringen"

Da im Herzogtum Bar das weibliche Erbfolgerecht galt, gab es hier berechtigte Ansprüche. Schließlich machte aber die gleichnamige Tochter Yolandes, die mit Herzog Ludwig von Anjou verheiratet war, dem Kardinal einen Vermittlungsvorschlag: er sollte einen ihrer Söhne als seinen Erben adoptieren, und ihre Mutter würde dafür auf ihren Prozeß verzichten. Man wählte dazu den zweiten Sohn Yolandes, Reinhard aus, und die Adoption wurde durchgeführt. Durch eine Verbindung mit dem benachbarten Lothringen konnte das erreicht werden, und da dort eine Erbin existierte, ergab sich ganz natürlicher Weise der Plan, durch eine Heirat Reinhards mit Isabella eine Vereinigung der Herzogtümer Lothringen und Bar herbeizuführen. So begannen schließlich Verhandlungen, die am 20. Mai 1418 zur Vorformulierung der Bedingungen führten. Der Kardinal hatte Reinhard urkundlich das Erbe des Herzogtums Bar zu garantieren, und die Vasallen des Herzogtums hatten ihn bereits den Treueid zu leisten. Ebenso sollte der lothringische Herzog seinen Vasallen den Treueid auf seine Tochter Isabella als seiner Nachfolgerin und deren Gemahl Reinhard abfordern. Sobald Reinhard nach Bar kommen würde, war ihm das Land zu übereignen. Der eigentliche Heiratsvertrag kam am 20. März 1419 zustande. Am 11. April 1419 übertrug der Kardinal das Herzogtum Bar an seinen Neffen Reinhard, der dort im Juni eintraf. Am 14. Oktober 1420 wurde die Hochzeit zwischen Reinhard und Isabella gefeiert.
Der Tod Herzog Karls brachte für Herzog Reinhard von Bar die testamentarisch festgelegte Nachfolge im Herzogtum Lothringen. Reinhard hatte zwar im Jahre 1429 versucht, zu einer Einigung mit Graf Anton von Vaudemont zu gelangen, beide hatten damals am 20. August ihre Differenzen an ein Schiedsgericht übertragen, aber offensichtlich war ein Abschluß nicht gelungen. Es fanden dann noch einige Verhandlungen zwischen den Parteien zu Beginn des Jahres 1431 statt, aber dann nahm Anton am 22. Februar 1431 offen den Anspruch auf, Herzog von Lothringen zu sein, und forderte das Land auf, ihn als solchen anzuerkennen. Im Gegenzug gegen das Auftreten Antons verlangte er am 13.April 1431 von ihm die Huldigung für die Grafschaft Vaudemont, die vom Herzogtum Bar lehensabhängig war, und schon am nächsten Tag, am 14. April, erklärte er ihm den Krieg. Er erhielt dabei die Unterstützung des französischen Königs und des Markgrafen Jakob von Baden. Für Anton trat der Herzog von Burgund ein. So brachte Anton mit burgundischer Hilfe ein starkes Heer zusammen und besiegte am 2. Juli 1431 in der Schlacht bei Bulgneville, südlich von Neufchateau, wobei Herzog Reinhard von Antons Streitkräften gefangengenommen, aber diesen von den burgundsichen Truppen entrissen und nach Dijon gebracht wurde.
Herzog Reinhard fand sich zunächst einer langen, nur mit großen Mühen zu lösenden Gefangenschaft gegenüber. Die Regierung im Herzogtum übernahm die Herzogin Isabella. Herzog Philipp von Burgund wurde indessen von verschiedenen Seiten in der Angelegenheit Reinhards gedrängt, so daß er sich veranlaßt sah, etwas nachzugeben: der lothringische Herzog erhielt provisorisch seine Freiheit wieder. Am 6. April 1432 verpflichtete er sich, zum 1. Mai 1433 in die Gefangenschaft zurückzukehren und in der Zwischenzeit keine Zurüstungen oder sonstige Schritte zu unternehmen, die es ihm erlauben würden, dieses Versprechen nicht einzuhalten. Hierzu mußte er seine beiden Söhne als Geiseln stellen, des weiteren hatten die voranstehenden Mitglieder des lothringischen Adels die Einhaltung des Abkommens zu garantieren und dem Burgunder mußten die Burgen Clermont, Bourmont, Chatillon und die Stadt Charmes ausgeliefert werden. Am 16. April gaben dann 30 lothringische Adlige die geforderte Garantie ab, am 25. kamen die beiden Söhne Reinhards in Dijon an, am 30. gab Herzog Philipp seine Unterschrift unter das Entlassungsdokument. Reinhard begann sofort mit der Ordnung der Verhältnisse im Herzogtum, wozu an erster Stelle die Entschädigungsverpflichtungen gehörten, die ihm durch den letzten Krieg entstanden waren. Auch verstärkte er die Bundesgenossenschaft mit dem Markgarfen Jakob von Baden, indem er und seine Gemahlin Isabella deren Schwester Katharina, die Gemahlin Jakobs, die Nachfolge in Lothringen gemäß dem in Herzog Karls II. Testament vorgesehenen Fall zusicherten und auch vier Burgen als Pfand für das noch nicht gezahlte Heiratsgut Katharinas einräumten.
Anton von Vaudemont ging deshalb sofort auf neue burgundische Vorschläge ein und nahm den Schiedsspruch Herzog Philipps zwischen ihm und Herzog Reinhard an, dem seinerseits nichts anderes übrig blieb, als am 10. Oktober 1432 sich mit Anton über die Anerkennung eines solchen Schiedsgerichts zu einigen und sich dann im Januar 1433 an den Hof Herzog Philipps nach Brüssel zu begeben, um weitere Verhandlungen zu führen. Auch Graf Anton war dort erschienen, wo es durch Vermittlung des burgundischen Herzogs am 13. Febnruar zu einem Abkommen zwischen beiden kam. Darin wurde eine Heirat zwischen Friedrich, dem Sohn des Grafen, und Yolande, der ältesten Tochter des Herzogs vereinbart. Offensichtlich besaß der Burgunder im Augenblick ein Interesse darn, das ganze Problem noch weiter bestehen zu lassen. Angesichts des Nachgebens des lothringischen Herzogs wurde von ihm vorerst nicht die Rückkehr in die Gefangenschaft verlangt, sie wurde später auf den 27. Februar 1434 festgesetzt und gleichzeitig wurde am 1. Juli 1433 in Ausführung des Abkommens mit Graf Anton der Ehevertrag zwischen Friedrich von Vaudemont und Yolande abgeschlossen.
Am 23. April 1434 verlieh nach Verhandlungen in Konstanz Kaiser SIGISMUND das Herzogtum Lothringen unbeschadet der Rechte des Grafen von Vaudemont als Reichslehen an Herzog Reinhard. Der Graf von Vaudemont legte gegen die Entscheidung des Kaisers Protest ein, die zugleich eine Entscheidung gegen den Herzog von Burgund war, den SIGISMUND jetzt zum Reichsfeind erklärte und gegen den er im Juni 1434 ein Offensivbündnis mit dem französischen König Karl VII. schloß. Herzog Reinhards Name erscheint indessen im Rahmen dieser Auseinandersetzungen nicht. Diese Entwicklung war natürlich nicht nach dem Sinn des Burgunders, der sich weiterhin in der lothringischen Frage auf das ihm übertragene Schiedsgericht berufen konnte. Er ließ noch die Frist bis zum 25. Dezember 1434 verstreichen, dann wurde Reinhard für den gleichen Tag des folgenden Jahres vorgeladen und erhielt gleichzeitig die Aufforderung, sich sofort in Dijon wieder als Gefangener zu stellen. Er kam dieser Aufforderung nach und wurde jetzt in strenger Haft gehalten. Gleichzeitig eröffnete sich für ihn die Nachfolge im Herzogtum Anjou und im Königreich Sizilien. Wegen seiner Gefangenschaft ernannte er seine Gemahlin Isabella am 4. Juni 1435 zur Statthalterin in Neapel. Sie begab sich auch sofort nach Unteritalien, um die Ansprüche ihres Gemahls zu wahren. Die Verwaltung Lothringens übernahm auf des Herzogs Anordnung die Bischöfe von Metz und Verdun. Inzwischen verwandten sich für eine Freilassung Reinhards beim burgundischen Herzog eine Reihe von französischen Großen und auch der König selbst. Das hat dann die Haltung Herzog Philipps doch insoweit beeinflußt, daß er bei der Aufnahme französisch-burgundischer Friedensverhandlungen in Arras dem lothringischen Herzog zugestand, Bevollmächtigte dorthin zu entsenden. Von französischer Seite wurde die Forderung erhoben, ihn in den Frieden einzubeziehen. Als aber am 21. September 15435 die Einigung zwischen Frankreich und Burgund zustande kam, erklärte der Burgunder gleichzeitig, er betrachte den lothringischen Herzog nicht in den Frieden eingeschlossen. Von französischer Seite mußte man das hinnehmen, doch konnte Karl VII. diesen Ausgang nicht verwinden, er behielt in seiner weiteren Politik die Befreiung Reinhards im Auge.
Im Mai 1436 war eine erste konkrete Formulierung der burgundischen Forderungen erfolgt. Neben der Bedingung eines außerordentlich hohen Lösegeldes zeigten sich da noch Absichten Herzog Philipps auf das Herzogtum Bar und die Markgrafschaft Pont-a-Mousson. Trotz dieser Schwieirgkeiten gingen die Verhandlungen weiter, aber erst im November 1436 gab es Anzeichen eines burgundischen Nachgebens, Reinhard erhielt wiederum eine vorläufige Freilassung auf sechs Wochen, während deren er in Lille weitere Verhandlungen mit Philipp führen sollte. Hierfür mußte er seinen ältesten Sohn als Geisel stellen, die Festungen von Neufchateau, Gondrecourt und Clermont übergeben und wiederum die Garantie von 30 lothringischen Adeligen beibringen. Er konnte am 8. November 1436 Dijon verlassen. Ende November trat er von Pont-a-Mousson aus, begleitet von einigen Räten, die Reise nach Lille an, wo er zu Weihnachten eintraf. Auch der Graf von Vaudemont war dorthin gekommen, und außerdem hatte der französische König eine Gesandtschaft abgefertigt. Am 28. Januar 1437 mußte Reinhard einen harten, sehr drückenden Vertrag unterschreiben. Alle seine Besitzungen in Flandern trat er dem Burgunder ab, sein Lösegeld wurde auf 400.000 Golddukaten festgesetzt, die in vier Raten gezahlt werden sollten, wofür sich wiederum eine Reihe von Adeligen als Garanten verpflichten mußten, und auch die Burgen Neufchateau, Clermont, Preny und Longwy blieben im Besitz des Burgunders. Für die Markgrafschaft Pont-a-Mousson und eine Reihe von weiteren Plätzen sollte Reinhard innerhalb eines Jahres die Huldigung leisten, sobald nachgewiesen sei, daß sie burgundische Lehen seien, und schließlich mußte er noch auf Lebenszeit ein Bündnis mit Philipp eingehen. Am 3. Februar gab dieser zu dem Vertrag sein Einverständnis, worauf die offizielle Freilassung erfolgte. Gleichzeitig wurde eine Ehe zwischen Reinhards ältestem Sohn Johann und Philipps Nichte Maria von Bourbon geschlossen, was eine Verminderung der Lösegeldsumme um 100.000 Taler eintrug, die auf die Eheausstattung angerechnet wurden. Der Bündnisvertrag zwischen den beiden Herzögen wurde am 7. Februar geschlossen. Damit war nun auch die Nachfolgefrage in Lothringen gelöst, das Reinhard verblieb, womit sich der Graf von Vaudemont abfinden mußte.
Nach seiner Freilassung bereitete der lothringische Herzog eine Expedition nach Italien vor, deren Durchführung sich aber durch mannigfache Schwieirgkeiten noch lange verzögerte. Die Bischöfe von Metz und Verdun wurden erneut in der Regentschaft bestätigt, zusammen mit dem Regentschaftsrat. Nach einem Abkommen mit dem Grafen Anton hat Reinhard Lothringen verlassen, am 12. April 1438 brach er von Marseille aus zur Überfahrt nach Genua auf und gelangte von dort nach Unteritalien. Das Unternehmen schlug indes zu seinem Nachteil aus, er mußte im Juni 1442 aus Neapel flüchten, begab sich nach Florenz, sah jedoch schließlich das Hoffnungslose seiner Lage ein und ging Ende Oktober nach der Provence.
Gleichzeitig hatte sich der französische König beim Herzog von Burgund für die Belange Herzog Reinhards eingesetzt, wobei es um das restliche Lösegeld für dessen Entlassung aus der burgundischen Gefangenschaft ging. Die Verhandlungen darüber hatten während des Aufenthaltes des Königs in Nacy begonnen, sie wurden dann  in Chalons-sur-Marne fortgesetzt, und am 6. Juli 1445 kam man im Rahmen einer allgemeinen Regelung des französischen Verhältnisses zu Burgund auch zu einer für Reinhard zufriedenstellenden Abmachung, wobei ihm der Rest des Lösegeldes erlassen wurde. Er scheint zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Lothringen geweilt zu haben. Am 1. Juli 1445 übertrug er die Regierung der Herzogtümer Lothringen und Bar an seinen ältesten Sohn Johann als Generalstatthalter, wenig später, am 21. November 1445, erhielt dieser zur Stärkung der Stellung noch die Markgrafschaft Pont-a-Mousson zum ständigen Besitz. Reinhard selbst zog sich nach S-Frankreich zurück.
In Lothringen selbst trat dann nach eine Änderung mit dem Tode der Herzogin Isabella am 28. Februar 1453 ein. Nach lothringischem Recht fiel das Herzogtum damit an ihren Sohn Johann. Herzog Reinhard allerdings vertrat den Standpunkt, er und seine verstorbene Gemahlin hätten sich ihre Besitzungen gegenseitig geschenkt, so daß er als Überlebender das Recht besäße, über Lothringen zu verfügen. Diese Ansicht stellte er gleichwertig neben das Recht der weiblichen Nachfolge, durch das nach altem lothringischen Gewohnheitsrecht den Nachkommen Isabellas die Nachfolge gesichert sei. Das war wohl nur eine Vorsichtsmaßnmahme, um seiner Familie für eventuelle künftige Vorfälle entsprechende Ansprüche zu sichern. Imerhin übergab er aus solchen Gründen schon jetzt, am 26. März 1453, das Herzogtum Lothringen seinem Sohn Johann. Reinhard behielt sich noch das Herzogtum Bar vor, wo er am 24. August 1456 zu seinem Stellvertreter in der Verwaltung den Sohn des Grafen von Vaudemont ernannte.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


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