Odo I.                                                      Graf von Chartres und Tours (975-996)
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950-12.3.996
 

Begraben: Marmoutier, Abtei
 

Jüngster Sohn des Grafen Theobald I. von Blois und der Liutgard von Vermandois, Tochter von Graf Heribert II.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1354
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Odo I., Graf von Blois-Champagne
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     + 12. März 996

Begraben: Marmoutier, Abtei

Sohn und Erbe von Tedbald I. ‚Tricator‘, dem Grafen von Tours, Blois, Chartres und Chateaudun, und Ledgarde, Tochter Heriberts II. von Vermandois

Seine Geschwister waren Hugo, Erzbischof von Bourges, und Emma, Gräfin von Poitiers und Gemahlin des Herzogs Wilhelm IV. Eisenarm von Aquitanien.
Aus Odos Ehe mit Bertha von Burgund ging Odo II. hervor.

980/84 erbte Odo I. von seinem Onkel mütterlicherseits, dem Pfalzgrafen Heribert III. dem Älteren, die Grafschaft Omois (Chateau-Thierry), die Abtei St-Medard de Soissons und wohl auch die Grafschaft Reims sowie Fiskalgut in Lothringen (Commercy). Mit seinem Vetter Heribert dem Jüngeren, Grafen von Troyes und Meaux, unterstützte Odo I. die Eroberungspolitik König Lothars I. von Frankreich in Lothringen (985) und hielt den Grafen Gottfried von Verdun gefangen. Nach 987 führte Odo I. eine Schaukelpolitik zwischen Hugo Capet und seinem Konkurrenten Karl von Nieder-Lothringen, entriß 990 dem neuen König die Grafschaft Dreux und versuchte, erfolglos, sich Meluns zu bemächtigen (991). Im Komplott mit Bischof Adalbero von Laon, strebte Odo I. vergeblich nach dem Titel des 'dux Francorum' (993). - Nach dem Tode des Grafen heiratete seiner Witwe Bertha König Robert II., von dem sie 1004 getrennt wurde.



Brandenburg Erich: Tafel 2 Seite 4
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VIII. 10 b. ODO I., Graf von Blois 975
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           * ca. 950, + 996 12. III.

Gemahlin: ca. 983 Bertha, Tochter König Konrads von Burgund (siehe VIII 59)



Werner Karl Ferdinand: Seite 475
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"Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

VIII. Generation
6-9
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Von den Kindern, die Liutgard/Ledgard, die Tochter Heriberts II., aus ihrer 2. Ehe mit Graf Tedbald von Blois, Chartres, Chateaudun, Vicomte von Tours hatte, ist der Älteste, der den Namen des Vaters trug, schon 962 (im Sommer) in der Schlacht bei Ermentrouville gefallen, im Kriege seines Vaters mit dem Herzog der Normandie.
Kaum viel später als er dürfte Hugo geboren sein, der nicht erst "vor 978 5. II.", wie Brandenburg meint, sondern schon 969 Erzbischof von Bourges wurde, vgl. A. Gandilhon, Catalogue des actes des archeveques de Bourges anterieurs a l'an 1200, Bourges-Paris 1927, Seite XIX.
Wir dürfen annehemen, daß Hugo von vornherein für die geistliche Laufbahn bestimmt war, da Tedbald dem Vater in seinen Grafschaften folgen sollte. Erst durch Tedbalds frühen Tod wurde Odo, in dem wir, im Gegensatz zu Brandenburg, den jüngeren Bruder Hugos zu sehen haben, zum Nachfolger im väterlichen Machtbereich.
Brandenburg gibt zu Hugo keinen Todestag, nur das Todesjahr 985. Den richtigen Todestag, I 2, gibt das Nekrolog von Notre-Dame de Chartres (vgl. Gandilhon, 1. c., der aber irrierweise dieser Angabe den vermeintlichen Eintrag eines Carrulars der Abtei Marmoutier bei Tours vorzieht. Es handelt sich um das absolut unzuverlässige Werrk von Dom C. Chantelou, Cartulaire tourangeau, Tours 1879, das keineswegs eine Rekonstruktion des verlorenen Cartulars der Abtei Marmoutier für die Touraine darstellt.)
Zur 2. Ehe Berthas, die sich nach Odos I. Tod mit Robert II. verband (die Ehe wurde auf päpstliches Betreiben, nach anfänglichem Widerstand König Roberts, wegen zu naher Verwandtschaft aufgelöst) vgl. Bradenburg X 137 (Seite 67).
Bemerken wir, daß Bertha aus ihrer Ehe mit Odo nie einen Sohn namens "Robert" hatte, wie Brandenburg IX, 9 angibt. Einziger, vermeintlicher Beleg ist eine Zeugenliste inder von Newman, Catalogue des actes de Robert II., 135f. als Fälschung des 12. Jahrhunderts eingestuften Urkunde von 989: S Hugonis regis, S. Oddonis comitis, S. Roberti filii eius, S. Tedbaldi filii eius, S. Oddonis, alterius filii eius. Man hat längst bemerkt, daß das alterius nur zwei Söhne Odos I. voraussetzt, Tedbald II. und Odo II. In Robert sah man den an die falsche Stelle gesetzten Robert II., Sohn König Hugos. In Wahrheit ist für "filii eius" bei Robert vicecomitis zu lesen, und gemeint ist der Aussteller der Urkunde, der Vicomte Robert von Blois, der ohne diese von uns vorgeschlagene Richtigstellung in der Subskription seiner Urkunde gar nicht erschiene!
Da Tetbald II. kurz vor seinem Tode 1004 zum Bischof von Chartres gewählt worden war und vergebliche Versuche unternahm, die päpstliche Genehmigung zu erlangen, wird seine Geburt und damit das Datum der Ehe Berthas mit Odo I. früher als c 983 (so Brandenburg) anzusetzen sein. In einer Urkunde, die wie die eben zitierte vom Vicomte Robert von Blois für die Abtei Notre Dame d'Evron (Dep. Mayenne) ausgestellt wurde (Cartulaire de S.-Pere de Chartres, ed. B. Guerard, 1, 77-79), erscheinen nebeneinander, in der durchaus unverdächtigen Zeugenliste, nach Herzog Hugo (Capet), Graf Odo und seinem Bruder, dem Erzbischof Hugo von Bourges, S. Letgardis comitissae, S. Berte comitisse.
Man hat diese Urkunde auf 985 datiert, ausgehend von dem in ihr erwähnten Tod des Abtes Wibert von S.-Pere. Das Jahr von dessen Tod ist aber gar nicht enau bekannt; der Herzog datiert seine Abtszeit bis c 980, die letzte datierte Urkunde, die ihn nennt, ist von 967 III 8.
Es ergibt sich, daß nicht nur Ledgard, die Gattin Tedbalds I., bis c 980 gelebt hat (siehe oben VII, 7), sondern daß um diese Zeit Odo I., seit 975 Graf von Blois, schon mit der burgundischen Königs-Tochter Bertha vermählt war.



Glocker Winfried: Seite 300,324
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"Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

VI, 23 BERTHA
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* c 967/68, + nach 1010

1. oo c 984 ODO I., Graf von Blois, + 996 III 12

2. oo 997 Anfang König Robert II. von Frankreich (seit 996), * c 970, + 1031 VII 7 (Ehe 1004 IV wegen zu naher Verwandtschaft geschieden)

Die Filiationsbelege für Bertha, Tochter der Mathilde und König Konrads, hat Diener, Könige Nr. 15, zusammengestellt.
Zu Berthas Heirat mit Graf Odo I. von Blois, vgl. Landsberger, Odo S. 17, Anm. 55; das Jahr von Berthas Vermählung mit Odo hat Werner VIII, 6-9 näher bestimmt. Berthas zweite Ehe mit König Robert II. von Frankreich bezeugt Richer IV c. 108, S. 328.
Zur Scheidung des Paares wegen zu naher Verwandtschaft - beide stammten im Verhältnis 3 : 3 von König HEINRICH I. ab - vgl. Pfister, Etudes S. 57 und 70, sowie jetzt Dhondt, Femmes S. 48 f.



Odo I. nannte sich Markgraf und führte Fehden und Kriege um Bretagne brutal weiter, behauptete seine Lehnshoheiten, machte 983 den Krieg um Lothringen mit, stützte 987 das Königtum der KAPETINGER, um das er sich selbst vergeblich bemüht hatte. Er löste sich mehr und mehr aus der Hoheit der KAPETINGER.

Werner Karl Ferdinand: 509,517-520,525
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"Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

Einer der robertinischen Großvasallen, Graf Odo von Blois und Tours, erhielt das Kloster von Hugo Capet, setzte vor 984 Cluniazensermönche ein und machte es zur Begräbnisstätte seiner Dynastie.
Entsprechend den Wünschen der neuen Fürsten und nicht mehr nach denen des Königs oder des Herzogs wurden jetzt Bischöfe und Äbte ernannt oder vielmehr "gewählt". Der Graf von Anjou leitete dier Wahlen in Angers, während der Graf von Blois und Tours seinen Druck auf das Erzbistum von Tours ausübte. Nachdem er seinen Einfluß auch auf das nördliche Berry ausgedehnt hatte, brachte er zweimal einen Bruder auf den Bischofsstuhl von Bourges: Richard, den Halbbruder Tedbalds, und Hugo, den Bruder des Grafen Odo I. Den ROBERTINERN blieb nur die Oberherrschaft über diese Gebiet, die ihnen entglitten waren.
Odo I., der Sohn Tedbalds von Blois, versuchte ebenfalls, den Markgrafentitel zu führen, aber trotz seiner großen Macht ohne bleibenden Erfolg. Seinen zahlreichen Grafschaften in Neustrien und Francien fehlte ein gemeinsames ethnisches Unterscheidungsmerkmal, auch wenn er, als einziger neben den ROBERTINEERN, östlich und westlich der Seine begütert war. Sein Vetter Heribert III. aber nannte sich comes Francorum in Analogie zu dux Francorum und wurde vom KAROLINGER-König zum Pfalzgrafen ernannt. Dieser Titel blieb dem Geschlecht der Grafen von Blois als Erben der HERIBERTINER. Sie wurden damit in der Francia immerhin die Begründer einer ganzen Region im heutigen Wortsinn: der Champagne.
Es ist zu beachten, daß Tedbald dabei auf die Vermittlung seines Sohnes Odo zurückgriff, der damit in den Umkreis der KAROLINGER einbezogen wurde.
Lothar förderte Heribert III., der 967 in Troyes und Meaux seinem Bruder Robert nachfolgte, dann Heribert IV., den Sohn Roberts von Meaux, der um 980 bis 983 in alen Grafschaften seines Onkels Heribert III. die Nachfolge antrat, und schließlich Odo I., der 974 oder 975 seinen Vater Tedbald beerbte.
Vermittler zwischen dem Kaiserreich und Hugo Capet war dabei Erzbischof Adalbero von Reims, der Lothar besonders feindlich gesonnen war, weil sein Bruder Gottfried bei dem Versuch Verdun gegen die Angriffe der Truppen des Königs, Odos von Blois und Heriberts IV. zu verteidigen, in Gefangenschaft geraten war.

Schieffer Rudolf: Seite 215,217,222
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"Die Karolinger"

Ob sich Lothar damals unter dem Druck seiner wichtigsten Gefolgsleute, Heribert von Meaux-Troyes und Tedbald von Blois (+ 973/75) sowie dessen Sohn Odo I., und vermutlich gegen den Rat des seit 969 amtierenden Erzbischofs Adalbero von Reims, sogleich grundsätzlich entschlossen hat, dem neuen Kaiser, seinem Vetter OTTO II., das alte Lothringen abzuringen, steht dahin.
Als Lothar indes sah, daß sich im Mai 984 ohne Rücksicht auf seine Wünsche eine Einigung Heinrichs des Zänkers mit den aus Italien zurückkehrenden Kaiserinnen Adelheid und Theophanu anbahnte, ging er zum offenen Angriff über und besetzte im Verein mit seinen Anhängern Heribert IV. von Troyes, dem Sohn des gleichnamigen Grafen (+ 980/84), und Odo I. von Blois die Stadt Verdun.
Falls Karl von Nieder-Lothringen gehofft hatte, mit der Einnahme der Königsstadt Laon einen allgemeinen Umschwung zu seinen Gunsten einzuleiten, sah er sich bald enttäuscht, denn sein aktiver Anhang blieb spärlich und umfaßte im französischen Hochadel offenbar nur die Grafen Heribert IV. von Troyes (seinen mutmaßlichen Schwager) und Odo I. von Blois, die schon seinem Bruder eifrig zur Seite gestanden hatten.

Ehlers Joachim: Seite 31,48
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"Die Kapetinger"

Kampfbereit waren dagegen die Garfen Heribert von Troyes und Odo von Blois, als sie sich 988 mit Karl von Nieder-Lothringen verbündeten, und gefährlich war auch die Gegnerschaft Erzbischof Seguins von Sens.
Anders als seine Rivalen aus dem Hause ANJOU stellte sich Odo gegen Hugo Capet und nahm König Lothars Nichte Bertha zur Frau, eine Tochter König Konrads von Burgund. Als Odo 996 während der Kämpfe gegen Fulko Nerra von Anjou starb, rief Bertha Robert II. zu Hilfe, der sie nach dem Tod seines Vaters 996 heiratete.

Holtzmann Robert: Seite 297-300,305
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"Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"

Den Dank hat Hugo Capetdem Erzbischof Adalbero von Reims und dem Deutschen Reich schon gleich nach der Wahl abgestattet: er verzichtete feierlich auf Lothringen und gab dem Reiche Verdun wieder heraus und ordnete auch an, daß der Graf von Verdun, Markgraf Gottfried, Vater des Bischofs und Feind Karls, nun endlich die Freiheit wieder erhielt. Freilich die beiden Vettern Heribert von Troyes und Odo von Chartres, denen Gottfried anvertraut war, zwei Gegner Hugos, ließen sich erst die Abtretung einiger Ortschaften, die dem Bistum Verdun gehörten, versprechen, um sie gegen das Deutsche Reich zu befestigen; und als Theophanu die Erfüllung dieser Zusage verbot, machten sie sogar einen Anschlag gegen die Kaiserin, um sie in ihre Gewalt zu bringen. Die Wachsamkeit des Erzbischofs von Reims hat das verhindert.
Mit der Sache Karls ging es weiter bergauf. Er gelangte auch in den Besitz von Soissons, dessen Bischof Guido fliehen mußte, und die beiden alten Gegner Hugos, Heribert von Troyes und Odo von Chartres, traten auf seine Seite. Hugo gewann ferner den Grafen Odo von Chartres durch die Abtretung von Dreux und vielleicht noch manchen anderen Anhänger der KAROLINGER.
Die Einberufung der Synode nach Mouzon (Frühjahr 995) hat einiges Aufsehen gemacht und gab zwei gefährlichen Gegnern der KAPETINGER, die vor kurzem noch auf ihrer Seite gestanden hatten, Anlaß zu einem Anschlag gegen sie. Graf Odo von Chartres und Bischof Adalbero (Ascelin) von Laon waren beiden Verschwörer. Odo hatte von Hugo einen wertvollen Gefangenen zur Bewachung erhalten, den jungen KAROLINGER Ludwig, Sohn Karls von Nieder-Lothringen, und es scheint, daß das die ehrgeizigen Pläne in ihm weckte, zu denen er sich mit Adalbero verband. Die beiden wollten die Könige Hugo und Robert, die die Synode zu besuchen beabsichtigten, in Mouzon gefangennehmen und der Herrschaft berauben; Ludwig (ein Kind) sollte das westfränkische Reich, Odo das Herzogtum Franzien, Adalbero das Erzbistum Reims erhalten. Sie behaupteten, dabei im Einverständnis mit der deutschen Reichsregierung zu handeln, und es ging das Gerücht, daß OTTO III. mit einem Heer über Metz herankomme. Dieses Gerücht war zweifellos falsch; ob und inwieweit die Verschwörer sich überhaupt mit der Reichsregierung verständigt hatten, ist sehr fraglich. Eine Thronerhebung des Kindes Ludwig hätte den deutschen Einfluß in Frankreich wiederhergestellt und mag in Interesse des Reiches gelegen haben. Das ganze abenteuerliche Vorhaben der beiden Verschwörer fiel in sich zusammen, da das Komplott den französischen Königen verraten wurde. Hugo und Robert reisten nicht nach Mouzon, verboten auch ihren Bischöfen den Besuch der Synode, Adalbero wurde verhaftet, die Burg von Laon wieder durch Hugo besetzt, der junge Ludwig nach Orleans zurückgebracht, wo er in der Gefangenschaft gestorben ist.

Pognon Edmond: Seite 105,131-133,219,251-256
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"Hugo Capet König von Frankreich"

Ohne sich entmutigen zu lassen, entschloß sichLothar, Lothringen allein aus eigener Kraft zu erobern. Er rief seine Vasallen zusammen. Hugo leistete dem Aufruf keine Folge, aber seine eigenen Vasallen zu Chartes und Blois, die Grafen Odo und Heribert, leisteten dem König Folge, der sie zur Belohnung für ihre Unterstützung unmittelbar mit den Grafschaften von Troyes und und Meaux belehnte. Hugo hatte allem Anschein nach nichts, um zwei seiner bedeutendsten Grafen davon abzubringen, eine von seiner eigenen Politik divergierende zu verfolgen oder sie daran zu hindern, Lehen anzunehmen, die von ihm unabhängig waren Odo und Heribert spielten in dem Feldzug die erste Rolle. Unter ihnen nahmen die königlichen Truppen Verdun ein. Graf Gottfried von Verdun und Siegfried von Luxemburg wurden gefangengenommen und Odo und Heribert zur Bewachung übergeben.
Das erste Lehen setzte sich aus den Gütern des Hauses CHARTRES zusammen, das sich auf einen Vicomte zurückführt, der einst mit dem Schutz von Tours beauftragt war. Es machte seine  Weg. Mit Tedbald dem Betrüger stieg es zu Grafen von Tours, Blois und Chartres auf. Tedbald Sohn Odo I., der, wie wir sahen von König Lothar Lehen direkt übertragen erhält, ist Herr eines Landes von viel größerer Ausdehnung als die königliche Domäne und macht dem KAPETINGER das Leben schwer. Darüberhinaus durchschneidet er dessen Verbindungen mit Maine, über das der König sich die unmittelbare Oberhoheit im Prinzip zu erhalten zu haben scheint und das von da an in Anarchie versinkt, bis es im kommenden Jahrhundert der Normannenherrschaft anheimfällt.
Unter dem Vorwand, Hugo gegen Karl von Nieder-Lothringen zu helfen, hatte sich Odo von Chartres Dreux geben lassen. Nun, 991, nimmt er Melun, das Bindeglied zwischen Chartres und Provins, zwischen Beauce und Brie. Glücklicherweise hat er einen Feind in Garf Fulko von Anjou, der ihm Tours neidet; außerdem haben es beide auf die Bretagne abgesehen. Der KAPETINGER verbindet sich mit Fulko und erhält sogar von Richards Normannen Unterstützung. Die beiden geschickten Krieger nehmen Melun wieder, das seinem legitimen Eigentümer, dem treuen Buchard von Vendome zurückgegeben wird.
Jahre später bedroht Odo die Krone unmittelbar. Bischof Adalbero (Ascelin) von Laon packte wieder einmal die Verräterei; er will das Königreich an OTTO III. ausliefern. Als Lohn für seine Unterstützung soll Odo zum Herzog der Franken erhoben werden. Hugo und Robert bekommen Wind von dem Komplott, verschonen unerklärlicherweise Adalbero, verbünden sich aber mit Fulko gegen Odo. Der Krieg bringt den Grafen von Chartres, der an Angina Pectoris erkrankt ist und sein Ende herannahen fühlt, an den Rand des Ruins. Voller Unruhe um die Zukunft seiner Kinder will Odo nun sein Haus mit der Krone versöhnen. Er bietet den Königen durch eine Gesandtschaft Abbitte und handgreifliche Reparationen an, die dem bedürftigen KAPETINGER immer willkommen sind. Hugo hätte angenommen. Aber Robert stellt sich äußerst entrüstet und zeigt sich unzugänglich. Als die Abgesandten nach Tours zurückkehren, ist ihr Herr bereits gestorben.
Richer IV 40
Inzwischen kam Odo, den es nach dem Besitz von Dreux gelüstete, zum König und stellte sich sehr betrübt darüber, daß sich ihm keine Aussicht zeugte, Laon einzunehmen, indem der Sturmbock nicht zu gebrauchen gewesen, das Heer keine Zuversicht habe und die Stadt wegen ihrer unzugänglichen Lage allen Angriffen trotze. Der König war sehr niedergeschlagen und bat Odo um Hilfe. Er versprach ihm reichlich Lohn, falls er Streitkräfte schaffen und die Stadt erobern wolle; und wenn er gleich jetzt um eine Gnade bitten wolle, so solle er sie unverzüglich erhalten. Da erklärte Odo, er wolle in kürzester Frist Laon angreifen und einnehmen, sofern er von dem König nur die Burg Dreux erhalte. Der König, begierig nach der Ehre des Sieges, verleiht ihm auf seine Bitte den Ort. Den Versprechungen in betreff der Stadt Laon trauend, überläßt er ihm denselbe in öffentlicher Versammlung, und Odo macht sich ebenfalls öffentlich anheischig, die verlorene Stadt in kurzem für den König wieder zu erobern. Nun zog Odo unverweilt nach der ihm vom König überlassenen Burg, ließ sich von den Burgmannen Treue schwören und legte eine Anzahl anderer Leute hinein, auf die er sich fest verlassen konnte. Fortan leistete er nun dem König gute Dienste. Inzwischen blieb sein Vorhaben ohne Erfolg; denn Laon ging noch früher durch Verrat über, und unvorhergesehene Vorfälle gaben den Dingen eine andere Wendung.
Richer IV 94.
Odos Tod
Während er hier fleißig darüber beratschlagte, was er in betreff derer tun sollte, die er dem Könige als Geiseln für die Friedensverhandlungen überliefert hatte, litt er bei dem Wechsel der Jahreszeit an einer Verschleimung und wurde von der Halsentzündung ergriffen. Diese Krankheit hat ihren eigentlich Sitz im Innern der Kehle und beginnt mit einem Entzündungsfluß, verursacht aber dann Anschwellungen, bald der  Kinnbacken udn der Wangen, bald auch des Brustkastens und der Lungen, die mit großen Schmerzen verbunden sind. Ist eine solche Anschwellung eingetreten, so wird die Krankheit bei der Wiederkehr des Fiebers am dritten Tage, den ersten abgerechnet, tödlich. Von dieser Krankheit wurde ergriffen; heftige Schmerzen im Halse plagten ihn, und die Entzündung der Luftröhre benahm ihm die Stimme. Die Schmerzen gingen nicht, aufwärtssteigend, in den Kopf über, sondern wandten sich nach der Brust und erfaßten sehr heftig Lunge und Leber. Seine Krieger wurden dadurch in die tiefste Trauer versetzt, die Diener jammerten, die Weiber schrieen und klagten laut, weil sie ihren Herrn verloren, ohne daß dieser seine Angelegenheiten hatte ordnen könen, so daß seine Kinder nicht hoffen durften, ihm in der Herrschaft nachzufolgen, weil die Könige noch volle Zornes gegen den Vater waren und Fulko in seinem Übermute auf alle Weise den Frieden störte. Doch sandte Odo, da er sich schon dem Tode nahe fühlte, Eilboten an die Könige, um fußfällig für ihn zu bitten und für alles von ihm Verschuldete die reichlichste Genugtuung zu versprechen. Der alte König wollte die angebotene Genugtuung annehmen, wurde aber durch seinen Sohn, der gegen Odo erzürnt war, davon abgebracht. Daher verwarf er die Anträge der Gesandten gänzlich und schickte sie unverrichteter Sache zurück. Ehe sie aber noch zu Odo kamen, starb dieser am vierten Tage nach dem Ausbruch der Halsentzündung, nachdem er sich als Mönch hatte einkleiden lassen. So war das Ende dieses Mannes. Die Leiche wurde unter zahlreicher Begleitung der Seinen zum heiligen Martin gebracht und im Kloster Marmoutiers bei Tours bestattet.

Ehlers Joachim: Seite 36,47
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"

Um die Mitte der 80-er Jahre entließ Graf Odo I. von Blois-Tours-Champagne das ehrwürdige Marmoutier, eine Gründung des heiligen Martin von Tours, in den cluniazensischen Verband.
Lothar meinte einen neuen Ansatz karolingische Revisionspolitik wagen zu dürfen, weil einstige ROBERTINER-Vasallen ihn stützten. Heribert III. von Vermandois und Odo, der Sohn Tedbalds von Blois, drängten ihren König zur Expansion nach Lothringen, denn sie selbst hofften dort auf Gewinne.
 
 
 
 

 983
  oo 1. Bertha von Burgund, Tochter des Königs Konrad
          967/68- nach 1010
 
 
 
 

Kinder:

  Theobald II. Graf von Blois (996-1004)
  ca 985-30.9.1004

  Odo II.
  ca 990-15.11.1037

  Dietrich
      - nach 996

  Agnes
          -

  oo Guido Vizegraf von Tours
              -
 
 
 

Literatur:
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Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 67 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 31,42,48 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 36,47,54,63 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 84,87,93 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 300,324 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 297-300,305,324,455 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 108-109 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 27,105,108,110,118,131-133,191,219,242-247,249,251-256,264 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 215,217,222 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 172,190 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 381 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 75 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 220 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 509,517-520,525 -