Älteste Tochter des Kaisers
KARL I. DER GROSSE aus seiner 2. Ehe mit der Hildegard,
Tochter von Graf Gerold
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1054
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Rotrud (Hrotrud; Pseudonym am Hof ‚Columbia‘)
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* 775, + 6. Juni 810
Tochter KARLS DES GROSSEN und der Hildegard
781 auf Anregung der byzantinischen
Kaiserin Irene mit Konstantin VI. verlobt,
vom Eunuchen Elissaios im Griechischen unterrichtet. Das Eheversprechen
wurde 787 gelöst, wobei unklar bleibt, ob auf Betreiben KARLS
oder Irenes.
Alkuin widmete seinen Kommentar zum Johannesevangelium
der gebildeten Rotrud (Angilbert, carm.
II, 33: “Rotthrud carmen amat, mentis clarissima
virgo“) und ihrer Tante Gisela.
Rotruds
Verbindung mit Graf Rorico
(RORGONIDEN) entstammte Ludwig
(* um 800), der spätere Abt von St-Denis.
Literatur:
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G. Tessier, Recueil des actes de Charles II le Chauve,
III, 1955, 39f. – G. Musca, Le trattive matrimoniali fra Carlo Magno ed
Irene di Bisanzio, Annali della Facolta di Lettere e Filosofia dell’Univ.
di Bari 7, 1961, 83-127 – W. Ohnesorge, Abendland und Byzanz, 1963, II,
65-67 – J. Fleckenstein, Karl der Große und sein Hof (Braunfels,
Karl der Große I, 1965), 24-50 – W. Berschin, Gr.-Lat. MA, 1980,
136f. – P. Classen, Karl der Große, Das Papsttum und Byzanz, 1988
– R. Schieffer, Die Karolinger, 1992.
II. Generation
4
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Zu Rotrud
vgl. Tessier 3,39f. Zur Verlobung W. Ohnsorge, Abendland und Byzanz, 1963,
11,65-67.
Zu Graf Rorico (Brandenburg
"Graf von Maine, + nach 832") vgl. Werner, KdG 1,137f.: Rorico begegnet
noch in einer Urkunde 839 III 1. (ebd. 137, Anm. 2).
Sein Tod lag zeitlich dem Todesdatum
LUDWIGS
DES FROMMEN (840 VI 20) nahe, vgl. MG
SS 15,468. Er wurde auch erst spät Graf von Maine, war vorher Graf
von Rennes. Man sollte also in bezug auf seine Verbindung mit der schon
810 verstorbenen Rotrud
nicht vom "Grafen von Maine" sprechen, wie das häufig geschieht. Es
ist nicht sicher, daß er, als er am Hofe KARLS
weilte, schon Graf war.
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Rotrud, die den Namen
ihrer Urgroßmutter,
Karl Martells
erste Gattin Chrodtrud, geerbt hatte,
war als Kind mit dem byzantinischen Prinzen Konstantin
VI. verlobt. Sie war die Geliebte Rorikos von Maine,
den sie später heiratete.
Konecny Silvia: Seite 79,85
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"Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die
politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen
Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."
KARLS Patriciustitel
wurde von Irene anerkannt und ihr Sohn
Konstantin
VI. mit KARLS Tochter Rotrud
verlobt. Auf byzantinischer Seite gewann man gegenüber KARL
Einfluß in Italien, gegen den man zumalen machtlos war, die vage
Aussicht auf eine spätere Heirat. Im Grunde handelte es sich also
um einen Akt reiner Diplomatie. Der diplomastische Erfolg aber lag vor
allem auf Seiten KARLS, deshalb ging
er wohl so bereitwiillig auf die Verlobung ein. Er unterließ eine
Gegenforderung, um die byzantinische Anerkennung nicht zu gefährden,
die sein Prestige im eigenen Reich fördern mußte und für
ihn eine zusätzliche Legitimierung darstellte. Demzufolge sparte man
auch nicht an Aufwand, denm Ernst an dem Projekt zur Schau zu stellen,
der kaum den Tatsachen entsprach. Rotrud
wurde nämlich in griechischer Sprache unterrichtet und auf ihre Stellung
als Gattin des griechischen Kaisers vorbereitet. Als 787 jedoch eine griechische
Gesandtschaft die Braut holen kam, zog KARL
sich von der Verlobung zurück.
Die gebildetste der Schwestern aber war wohl Rotrud,
die vermutlich über Griechischkenntnisse verfügte. An sie schrieb
Alkuin des öfteren. Zuweilen gab er ihr in seinen Briefen den Beinamen
Columba. Sie mag er auch in einem Gedicht gemeint haben, wo er eine KARLS-Tochter
erwähnt, die Astronomie betreibt. Als Rotrud
bei ihrer Tante Gisla in Chelles weilte,
übersandte Alkuin den beiden Frauen einen Kommentar zum Johannesevangelium.
Beide befaßten sich also mit schwierigen theologischen problemen.
Riche Pierre: Seite 170
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"Die Karolinger"
KARL liebte das Familienleben und kümmerte sich selbst um die Erziehung seiner Söhne und Töchter. Wie Einhard schreibt, "speiste er zu Hause niemals ohne sie und machte ohne sie niemals eine Reise". Der Biograph fährt dann fort; "Da seine Töchter sehr schön waren und vom Vater zärtlich geliebt wurden, ist es seltsam, daß er keine von ihnen einem seiner Gefolgsleute oder einem Fremden zur Frau geben wollte. Er sagte, er könne ohne ihre Gesellschaft nicht leben, und behielt alle bis zu seinem Tod bei sich im Hause. Dabei mußte er aber, sonst vom Glück begünstigt, die Tücke des Schicksals erfahren." So verband sich seine Tochter Rotrud heimlich mit Graf Rorico von Maine, und Bertha, de ihrem Vater sehr ähnlich war, wurde die Geliebte des Hofdichters Angilbert und bekam von ihm mehrere Kinder, unter denen der spätere Historiograph Nithard war.
Schieffer Rudolf: Seite 81,84,90,108
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"Die Karolinger"
Auch die Königstochter Rotrud,
die den Namen ihrer Urgroßmutter, Karl Martells
erster Gattin Chrotrud, geerbt hatte,
wurde eine glazvolle Zukunft angebahnt, als KARL
in Italien eine Abmachung miz Byzanz traf, die eine spätere Ehe Rotruds
mit
dem jungen Kaiser Konstantin VI.
vorsah.
In Kauf genommern wurden dabei Spannungen mit den Byzantinern,
die dazu führten, daß die geplante Übergabe der seit sechs
Jahren verlobten Königstochter Rotrud
an Gesandte aus Konstantinopel unterblieb. Die nirgends genannten Gründe
dürften in der byzantinischen Verärgerung über das Eingreifen
KARLSin
Benevent wie auch in der fränkischen Verstimmung über den Ausschluß
von dem eben am Bosporus geplanten ökumenischen Konzil zur Beendigung
des Bilderstreites zu suchen sein, vielleicht auch schon in der Abneigung
KARLS,
überhaupt eine seine Töchter aus dem Haus zu geben.
Bei den insgesamt 7 Töchtern, die über das
Kindesalter hinausgelangten, sind ähnliche Unterscheidungen nicht
zu erkennen, denn sie werden gleichrangig als Stolz ihres Vaters erwähnt,
und nachdem sich die Verlobung Rotruds,
der Ältesten, mit dem byzantinischen Kaiser
Konstantin VI. zerschlagen hatte, ist keine von ihnen zu einer
vollgültigen Ehe gelangt. So wissen wir denn nur von informellen Verbindungen
verschiedener Prinzessinnen wie Rotruds,
die mit dem neustrischen
Grafen Rorico einen Sohn Ludwig hatte,
oder Berthas, die dem Hofkapellan Angilbert
die Söhne Nithard und Hardnit schenkte.
810 starben nacheinander seine hochgeschätzte
Schwester
Gisela, Äbtissin von Chelles,
seine älteste Tochter Rotrud und
auch noch sein Sohn Pippin, der König
des einst langobardischen Italien.
800
oo Roriko Graf von Maine
-1.3.839
Kinder:
Ludwig Abt von St. Denis (840-861)
800-9.1.867
Literatur:
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Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag
Darmstadt 1996 Seite 23,24,220,246,248 - Dahn Felix: Die Franken.
Emil Vollmer Verlag 1899 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter.
Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegfried:
Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974,
Seite 27,138 - Fleckenstein Josef, Karl der Große und sein
Hof (Braunfels, Karl der Große I, 1965), Seite 24-50 - Herm,
Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien,
New York 1987, Seite 129, 149,169,178,287,306 - Illig Heribert:
Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der
Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite
138 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers.
R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 11,82,134 - Konecny
Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische
Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie
vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien
1976, Seite 75,85 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt
Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991,
Seite 129, 150,170,233 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 79,81,84,90,108,145 - Schnith
Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern
zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 37,41 -
Wies
Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen
1986, Seite 94, 206,226,254,259,262,268 - Wies Ernst W.: Otto der
Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite
252 -