PERCHE
Lexikon des Mittelalters:
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Perche
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Landschaft in Nord-Frankreich, im Grenzbereich der Normandie, des Maine
und des Chartrain (Chartres) gelegen, gehörte kirchlich zu den
Diözesen Sées, Le Mans und Chartres.
Als feuchte,
dichtbewaldete geographische Zone war der 'Saltus Perticus' im
frühen
Mittelalter ein ungesicherter und dünnbesiedelter
»Grenzwald«,
der Eremiten, aber auch »Gesetzlosen« Zuflucht bot. Im Zuge
des Wiederauflebens des Einsiedlertums im späten 11. und im
12. Jh. erfolgte ein erneuter Zustrom von Religiosen; einer von
ihnen, Bernhard von Abbeville
(44. B.), gründete für seine
Schüler 1114 die strenge Abtei Tiron, die zum Haupt einer
bedeutenden monastischen Kongregation wurde.
Im Laufe des 11. und 12. Jh. wurden Burgi bei Burgen und Prioraten
begründet; eine Welle der Urbarmachung vollzog sich. Grundbesitzer
(hospites) treten hervor, die
Leibeigenschaft verschwindet. Doch blieb
die Verteilung der Besiedlung im 13. Jh. unausgeglichen; den
neugeschaffenen kleinen, aber dichtbesiedelten Pfarreien standen
weiterhin weiträumige Urpfarreien gegenüber, deren
dünnbesiedeltes Gebiet noch großenteils aus
Heideflächen und Waldungen bestand.
Der Saltus Perticus war offenbar nie ein Pagus im administrativen
Sinne, wenngleich sich bei Gregor
von Tours (Vita des hl. Avitus) die
Bezeichnung 'pagus Perticus '
findet. Die ersten Seigneurien treten am
Ende des 10. Jh. auf. Am bedeutendsten waren die Herrschaften
Bellême, eng verbunden mit dem Herzogtum Normandie, und Nogent,
als
deren erster Inhaber Rotrou I.
faßbar ist.
Die Herrschaft Nogent
wurde bald mit der Vicomté Châteaudun, die vom Bischof von
Chartres lehnsabhängig war, vereinigt.
Am Ende des 11. Jh.
nahm Geoffroy von
Châteaudun
und Nogent, nach Erwerb von
Bellême, den Titel des Grafen von Perche an, den seine Nachkommen
bis
1217 führten.
Die aus weitverstreuten Besitzungen und
lehnsabhängigen Herrschaften bestehende Grafschaft, die nur
bedingt mit
dem alten Saltus Perticus identisch war, wurde 1217 mit der Krone
vereinigt, bald aber für einen (kinderlos verstorbenen) Sohn
Ludwigs des Heiligen
als Apanage ausgetan. Als solche erhielt Karl von Valois,
der Bruder Philipps des
Schönen,
dann sein Sohn Karl von
Alençon die Grafschaft Perche.
Als
Bestandteil des Herzogtums
Alençon teilte die Grafschaft Perche dessen Geschicke. Von den
Engländern gegen Ende des Hundertjährigen Krieges
besetzt,
wurde sie von König Heinrich V. an Thomas
Montagu, Earl of Salisbury,
übertragen.
1449 kehrte sie an das Haus VALOIS-ALENCON
zurück. Von
Ludwig XI. wegen der Umtriebe des Herzogs von
Alençon mehrfach konfisziert, wurde die Grafschaft Perche 1525
definitiv
mit der Krone vereinigt.
G. Devailly