GLOUCESTER
Lexikon des Mittelalters:
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Gloucester
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Stadt und Abtei OSB im westlichen England, am Anfang des
Severnaestuars; Earldom.
I. Stadt und Abtei:
Vorgängersiedlung war das römische Glevum bzw. Glevum Castra,
Legionslager, später Colonia. In der frühen
angelsächsischen Zeit entstand auf den Resten der verfallenen
Römerstadt und unter Nutzung ihrer Befestigung eine neue Siedlung
(Gleavanceaster, Gleowceaster); sie beherbergte seit dem späten 7.
Jh. ein monasterium (minster)
und gehörte zum mercischen Unter-Königreich der Hwicce. Doch
erst im frühen 10. Jh. tritt Gloucester als bedeutendere
frühstädtische Siedlung auf, wohl infolge der Förderung
durch die
Domina
Æthelflæd von Mercia, die ein zweites monasterium gründete, das sie
mit den (vor den Dänen geretteten) Oswald-Reliquien ausstattete.
Gloucester wurde zum Vorort der Grafschaft Gloucestershire und
königliches Verwaltungszentrum; bis hin zu Eduard dem Bekenner
residierten englische Könige oft in der nahegelegenen Pfalz
Kingsholm und hielten in Gloucester Versammlungen der curia regis (»gemots«) ab. Auch nach der
normannischen Eroberung blieben die engen Beziehungen der Stadt zum
Königtum erhalten (zum Beispiel Weihnachten 1085 Aufenthalt Wilhelms I., der hier den
Befehl zur Aufzeichnung des Domesday Book gab; 1216 Krönung Heinrichs III.), nicht
zuletzt infolge der Kontrolle des Severn-Üübergangs der
Straße
nach Wales. Gloucester
diente in den Feldzügen gegen Wales als
Nachschubbasis und spielte auch in den baronialen Aufständen unter Heinrich III.
und Eduard
II.
eine Rolle. Die bestehende Burg (mit Motte und Bailey) wurde zu
Beginn des 12. Jh. von Walter
von Gloucester,
der
der mächtigen Familie der erblichen Sheriffs von Gloucestershire
angehörte, gebaut. Auch die alte Abtei St. Peter's wurde in
dieser Zeit neuerrichtet und entwickelte sich zu einer der
größten Benediktiner-Abteien Englands.
In der Stadt wurden
zahlreiche neue kirchliche Einrichtungen (drei
Bettelordens-Klöster im 13. Jh.) und mehrere neue Pfarrkirchen
begründet (damit stieg die Zahl der Pfarreien auf insgesamt elf),
und es entstand (wohl vor 1270) eine starke, wohl nur im Bereich der
Tore in Stein ausgeführte Wallbefestigung, die
einschließlich der westlichen Vorstädte und der Burg etwa 60
ha umfaßte und die Burgbefestigung umschloß. Aufgrund der
508 burgenses, die um 1100
belegt sind, kann die Einwohnerzahl für
diese Zeit auf ca. 3.000 geschätzt werden. Die Entstehung von
Vorstädten im 12. und frühen 13. Jh. an den
Ausfallstraßen außerhalb der Mauer ließ die
Bevölkerung weiter anwachsen. 1150 ist das erste Hospital genannt,
zur Zeit
Heinrichs
II.
wurde eine Brücke errichtet. Der Wohlstand
der Stadt beruhte auf reicher Gewerbe- und Handelstätigkeit
(Eisengewerbe (Eisen) im nahen Forest
of Dean, Handel mit
landwirtschaftlichen Produkten, See- und Binnenhandel in begrenztem
Umfang, Verteilerfunktionen für den Nahhandel mit den kleineren
Marktorten des nördlichen Gloucestershire
und der angrenzenden Gebiete von Herefordshire und Worcestershire).
Eine Schicht reicher, eifersüchtig auf die eigenverantwortliche
Regelung ihrer Angelegenheiten bedachter Kaufleute und
Handelsbürger bildete sich bis zum späten 12. Jh. heraus; sie
erlangten das Privileg der selbständigen Erhebung fester
königlicher Steuern (feorm)
und - durch Charta von 1200 - das Recht zur Wahl zweier bailiffs. In den Jahren um 1320
verfügte Gloucester
wohl über 4.000 Einwoner und nahm nach Besitz und Steueraufkommen
den 16. Platz unter Englands Städten ein. Wie andere Städte
erlebte auch Gloucester im
Spät-Mitelalter einen wirtschaftlichen Rückgang; ein
Wiederaufstieg begann im frühen 16. Jh. (Getreidehandel auf dem
Severn, Mützenmacherei). Die Ausbildung der städtischen
Verfassungsinstitutionen kulminierte in der königlichen Charta von
1483, die der Stadt eine vom Mayor
geführte Verwaltung sowie die
Kontrolle über das städtische Umland (inshire mit über 30
Dörfern und Weilern) zugestand. Die Aufhebung der monastischen
Institutionen in den späten 30-er Jahren des 16. Jh. bedeutete
einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Stadt, Bauten und
Besitzungen der St. Peter's Abbey wurden 1541 zur Ausstattung des
neugegründeten anglikanischen Bistums Gloucester
verwendet.
N.M. Herbert
II. Earl, Earldom:
Der Titel des Earl
of Gloucester
wurde 1122 von König Heinrich I. für seinen
illegitimen Sohn, Robert von Gloucester,
geschaffen. Dessen Sohn William
FitzRobert folgte
1147, der auch Kaiserin Mathilde
unterstützte und sich fast bis zu seinem Lebensende (1183) loyal
gegenüber Heinrich
II. verhielt. Sein Erbe ging an seine drei Töchter
über, wobei schließlich eine Tochter seiner zweiten Tochter
den Titel des Earl an die Familie
CLARE 1217 vererbte.
Alle
Titel der Familie fielen bei dem Tod Earl
Gilberts
(1314) wieder an die
Krone zurück.
Das Earldom von Gloucester
wurde 1337 kurzzeitig für Hugh
de Audley, Ehemann einer der
Töchter von Gilbert,
erneuert, der jedoch 1347 ohne
männliche Nachkommen starb.
1385 machte König Richard II. seinen Onkel Thomas
von Woodstock zum Duke of
Gloucester
und bald nach dessen Tod wurde einer
seiner Günstlinge, Thomas
Despenser, 1397 Earl of Gloucester,
ein Titel, der nach Richards
Absetzung 1399 verschwand. Die nun folgenden Dukes of Gloucester
waren Brüder des
Königs (1414 Humphrey,
1461 Richard [III.]).
R.L. Storey