DEVON (DEVONSHIRE)
Lexikon des Mittelalters:
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Devon (Devonshire)
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Drittgrößte Grafschaft in England,
gehört zu den drei
englischen Grafschaften, die eine Nord- und eine Südküste
besitzen.
Die isolierte Lage der Grafschaft im Südwesten des
Landes und ihre große Entfernung vom Regierungszentrum (von
Exeter, dem Zentrum der Grafschaft, sind es 170 Meilen bis Westminster)
bestimmten ihre Entwicklung im Mittelalter und waren der Grund für
ein durch starken Regionalismus gekennzeichnetes polit. Leben.
Der Name »Devon« leitet sich ab von den Dumnonii ('Volk des
Landes'), einem keltischen Volksstamm. In der angelsächsischen
Chronik werden 823 die Einwohner von Devon »Defnas«
genannt, und 851 ist erstmals der Name des shire, Defenascir, belegt. Eine der
am wenigsten erhellten Phasen der altenglischen Geschichte ist die
angelsächsische Landnahme im östlichen Teil des keltischen
Königreiches von Dumnonia, das die Grafschaft von Devon werden
sollte. Die West-Sachsen (Wessex) scheinen den Osten des Gebietes
614-658 besiedelt zu haben; 661 waren sie bis in den Westen von Exeter
vorgedrungen, als sie sich nach der Schlacht von Posentesbyrig
(Posburg) überall im »roten« Land von Devon
niederließen. 682 scheint die Eroberung ihren Abschluß
gefunden zu haben.
Unter König
Ine (688-726) wurde die
abschließende
Unterwerfung des nördlichen Devon durchgeführt und König Æthelstan (925-939) markierte
den Fluß
Tamar als westliche Grenze der Grafschaft. Die früheste bekannte
Handlung einer englischen Oberherrschaft innerhalb der Grenzen der
Grafschaft ist eine Verleihungs-Urkunde König Æthelheards aus
dem Jahre 729. Im 3. Viertel des 8. Jh. wurde Devon in die politische
Organisation von Wessex eingegliedert, und 1086 bestanden 32 hundreds in der Grafschaft.
Devon wurde zwischen 851 (in diesem Jahre wird erstmals ein earl erwähnt) und 1016 von
den Dänen angegriffen, jedoch siedelten diese nicht auf Dauer.
Nach der normannischen Eroberung (1066) leistete die Stadt Exeter noch
Widerstand, der von Wilhelm dem
Eroberer
jedoch rasch unterdrückt werden konnte. Er errichtete eine Burg in
der Stadt und setzte zu ihrer Aufsicht Balduin
de Meules als ersten
normannischen sheriff von Devon ein. Sein Enkel Balduin de Redvers war
der Führer eines Aufstandes gegen König
Stephan von Blois
(1136) in der Grafschaft und wurde von Kaiserin
Mathilde 1141 zum earl von Devon ernannt.
In der Zeit von 1150-1350 erfolgte ein ausgedehnter Landesausbau in
Devon; in dieser Periode wurden die meisten der 70 boroughs, die im Mittelalter in
der Grafschaft entstanden, gegründet. Es war auch die Zeit des
Aufstiegs bedeutender Adels-Familien, die im Spät-Mittelalter das
politische Leben in Devon bestimmen sollten.
Die bemerkenswerteste und
reichste war die Familie COURTENAY
(Courtenay, Abschnitt B),
eine
Seitenlinie des großen französischen
Adels-Geschlechts,
die sich 1161 in Sutton (Berkshire) niederließ. Die
Blütezeit der Familie fiel in das 13. bis 15. Jh.
1335 erhielt Hugh de Courtenay
den Titel 'earl of Devon'.
Der Höhepunkt der Familie war mit
earl Edward
(1377-1419) erreicht, der
die
bedeutendste Machtstellung in der Grafschaft innehatte. Er und seine
Verwandten hatten fast völlig das Amt des sheriffs, die Friedens- und
Geschworenenkommissionen und die Vertretung der Grafschaft im
Parliament in ihre Hand gebracht. Devon hatte im Verhältnis zu
seiner Größe wenige im Parliament
vertretene boroughs (nur
Exeter, Barnstaple, Plympton und Totnes konnten seit 1295 auf eine
kontinuierliche parlamentarische Tradition zurückblicken), aber
Devon hatte auch weniger als andere Grafschaften Vertreter im Parliament, die nicht aus der
Grafschaft selbst stammten. Im 15. Jh. war nur eins von acht
Parlaments-Mitgliedern nicht landsässig.
Die Beherrschung der lokalen politischen Führungsschicht durch die
earls aus dem Hause COURTENAY wurde am Beginn des
15. Jh. durch eine Reihe von Krisenfällen in der Adels-Familie
erschüttert, und der Versuch, die Kontrolle in den vierziger und
fünfziger Jahren des 15. Jh. wiederzuerlangen, führte zu
einem erbitterten Kampf zwischen den Häusern
COURTENAY und BONVILLE,
der die Grafschaft in ständige Unruhen stürzte, die im
Bürgerkrieg von 1455 kulminierten, in dessen Verlauf die Ermordung
des Nicholas Radford of Upcott,
»das bekannteste Privatverbrechen des 15. Jh.« in England,
stattfand. Die Ereignisse in Devonshire beeinflußten für
kurze Zeit die politische Situation des gesamten England. Es gelang den
earls jedoch nicht, ihre
lokale Vorherrschaft zurückzugewinnen, und die Verhältnisse
in der Grafschaft waren im weiteren 15. Jh. vergleichsweise friedlich.
- Zu den bedeutenden Zinnvorkommen in Devon vgl. die Ausführungen
im Artikel Cornwall (Abschnitt II).
A.J. Kettle