CUMBERLAND


Lexikon des Mittelalters:
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Cumberland
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Landschaft und Grafschaft
[1] Unter britischer Herrschaft:
C
umberland (lateinisch Cumbria), das Land der Cumbrer oder Briten, umfaßte das heutige Gebiet Nordwest-Englands und Südwest-Schottlands, es lag zwischen den Gebieten der Engländer, Pikten und Schotten und verblieb auch in angelsächsischer Zeit unter der Herrschaft einheimischer britischer Könige.
Der britische Name Strathclyde für dieses Land der Cumbrer leitete sich von der Abgrenzung des Gebiets durch das Clyde-Tal im 8. Jh. ab, er erscheint zuerst 872 in den »Annals of Ulster« (ed. Hennessy, fälschlich unter 871, richtig aber 872), als der »rex Britanorum sratha Cluade« starb. Das Gebiet unterstand dem Bischofssitz Glasgow. Die bedeutendste Burganlage Ail Cluaithe (später Dumbarton), »the fort of the Britons«, wurde 870 von Wikingern aus Dublin eingenommen, das britische Königreich blieb aber in Abhängigkeit von Schottland bestehen. Die skandinavische Eroberung des südlichen Northumbrien ermöglichte es den Briten, ihr Gebiet auf seine größte Ausdehnung zu erweitern, wovon zwei Grenzsteine zeugen (»Clach nam Breatann«, 'Britons' Stone'), oberhalb von Loch Lomond und Rere Cross in Stainmore, an der Grenze zwischen Yorkshire und Westmorland.
927 beanspruchte in Eamont bei Penrith der englische König Æthelstan (ca. 894-939) die Oberherrschaft »inter alia« gegenüber Owain, dem König von Strathclyde, über das Grenzgebiet zwischen Westmorland und Cumberland.
945 verwüstete der englische König Edmund C
umberland und übergab es dem schottischen König Malcolm I.
In C
umberland folgte noch bis 1018 (Tod von Owain) eine Reihe von Königen, die offenbar von den Schotten abhängig waren. Der letzte den Titel »König der Cumbrianer« tragende Herrscher war Duncan, Enkel und Nachfolger (1034) des schottischen Königs Malcolm II.
Das Gebiet C
umberlands südlich des Solway war seit 1050 unter englischer Kontrolle, aber die lokale Herrschaft wurde von Leuten britischer, schottischer, englischer und vielleicht auch skandinavischer Herkunft ausgeübt. Einer dieser lokalen Machthaber, Cospatrick, Sohn von Uhtred, stellte um 1050 als Lord von Allerdale ein writ aus (Harmer, Anglo-Saxon Writs, Nr. 121).
Nach der normannischen Eroberung von 1066 fielen die Schotten häufig in dieses Gebiet ein. 1092 eroberte es schließlich König Wilhelm II. Rufus, der in Carlisle die älteste normannische Burg errichten ließ, womit tatsächlich die Grenze zu Schottland gezogen war.
Der Name »C
umberland« ging dann auf das Gebiet südlich vom Solway über, das östlich an Westmorland grenzte. 1133 wurde von König Heinrich I. das Bistum Carlisle errichtet, indem er einen Teil von der Diözese Glasgow abtrennte.
P. Sawyer

[2] Englische Grafschaft:
Die Ursprünge der mittelalterlichen Grafschaft C
umberland liegen in der königlichen Verwaltung des Gebietes um Carlisle durch einen sheriff, der von den normannischen Königen eingesetzt wurde und zuerst um 1128-1130 nachweisbar ist.
Zur selben Zeit wurde ein königlicher sheriff für das nördliche Westmorland (das obere Eden-Tal) bestellt, mit Sitz auf Burg Appleby. Große Gebiete der beiden späteren Grafschaften C
umberland und Westmorland wie zum Beispiel Gilsland, Allerdale, Copeland und das ganze südliche Westmorland (Kentdale) lagen außerhalb der Distrikte, die direkt von königlichen Beamten verwaltet wurden. Doch verbanden sich im Laufe des 12. Jh. allmählich das nördliche und das südliche Westmorland zur gleichnamigen Grafschaft, während die verschiedenen feudalen Herrschaftsgebiete im Westen und Norden von Westmorland mit den frühesten sheriff-Bezirken zur Grafschaft von Cumberland verschmolzen. Von 1226-1227 wurden Ritter aus Cumberland und Westmorland gewählt, die an Versammlungen teilnahmen. Diese dürfen als Vorläufer des allgemeinen Parliaments, wie es seit 1250 existierte, angesehen werden. So machte die ältere Einteilung von »Cumbria« (die übrigens seit 1974 wieder neu entsteht) zwei Grafschaften Platz, in Übereinstimmung mit den englischen Grafschaften zwischen Yorkshire und dem Kanal, die schon vor der normannischen Eroberung von 1066 eingerichtet worden waren.
C
umberland, die nördlichere der beiden Grafschaften, teilte ihre angloschottische Grenze seit ca. 1157 mit ihrer Nachbar-Grafschaft im Osten, Northumberland. Durch den Vertrag von York (1237) erhielt der König von Schottland einen beträchtlichen cumbrischen Besitz, den Honor von Penrith. Die anhaltenden Kriege zwischen England und Schottland seit 1296 führten zur Errichtung der sheriff-Organisation, die durch die Befehlshaber (wardens) der westlichen Mark (entsprechend den Befehlshabern der östlichen und vielleicht der mittleren Marken, letztere war östlich der Pennine-Wasserscheide) sowie die Schaffung von earldoms für lokale Adlige von bewährtem militärischen Können ergänzt wurde.
Das erste dieser earldoms war Carlisle, das für Andrew de Harcla 1322 geschaffen wurde. Doch nach seiner Hinrichtung wegen Verrats im Jahre 1323 vergingen 74 Jahre, bis die englische Krone Ralph de Neville of Raby zum Earl of Westmorland erhob. Dieser wurde zum Begründer einer Familie, die bis zum unrechtmäßigen Aufstieg der nördlichen earls (1571) an der Macht blieb.
Das Earldom von C
umberland wurde 1525 für Henry Clifford geschaffen, dem Haupt einer Adels-Familie, die an der nordwestlichen Grenze seit der Regierung Eduards I. eine bedeutende Stellung einnahm.
Derartige große Magnaten waren im mittelalterlichen C
umberland allerdings selten; vielmehr war das Vorherrschen zahlreicher, relativ armer Adels-Familien typisch - einige von ihnen (zum Beispiel die DACRES) stiegen während des 14. und 15. Jh. jedoch in den Hochadel auf. Unterhalb dieser festgefügten Adels-Familien, die sich einer beträchtlichen Unabhängigkeit erfreuten, rangierte eine Schicht von Grundeigentümern oder kleineren Gutsbesitzern, die, besonders in den Dörfern des Lake Districts, als statesmen bezeichnet wurden.
G.W.S. Barrow