CONSTABLE, LORD HIGH
Lexikon des Mittelalters:
********************
Constable, Lord High
---------------------------
englisches erbliches Hofamt
Während der comes stabuli
('Stallmeister') des Franken-Reiches ein Amtsträger am
Königshof war (vgl. comes, Abschnitt II, 1; Connétable),
bezeichnete das Wort »constabularius«
(Constable) jedoch
bei den Normannen der Eroberungszeit
unspezifisch den Befehlshaber einer Burg oder einer Schar von Rittern.
Das erbliche Hofamt des Constable of
England entstand wahrscheinlich während der Regierung König Heinrichs I. (1100-1135)
mit Walter, Sohn des Roger de Pîtres, der
als »constabularius, princeps militiae domus regiae«
betitelt wird; von dessen Sohn ging das Amt an das Haus BOHUN
über, um im 14. Jh. an die Familie
STAFFORD zu gelangen.
Mit der
Hinrichtung des Edward
Stafford, Duke of Buckingham
(†
1521), verschwand das Amt;
es hat
sich lediglich als Bestandteil des Zeremoniells am Krönungstag
erhalten.
Dagegen lebt das Amt des Lord
High Constable of Scotland noch in der Familie HAY, Earls of Erroll,
fort.
Die vornehmste Funktion des Constable
war die Aufsicht über die militärische Disziplin, wobei dem Constable
der Marshal
(Marschall) zur Seite stand. Außerdem besaß der Constable
die Jurisdiktionsgewalt bei Streitfällen, die sich um
Verträge zwischen den captains
und ihren Söldnern, um die
Verteilung der Beute und die Lösegeldforderungen für
Gefangene entspannen. Diese Rechtsprechung von Constable
und Marshal ist schon
für die Zeit kurz nach dem Ausbruch des Hundertjährigen Kriegs
(1339) belegt. Die spektakulärsten Fälle dieses Court of Chivalry waren private
Anklagen wegen Verrats ('appeals'
of treason), wobei die
Entscheidung durch sorgfältig durchgeführte gerichtl.
Zweikämpfe der Parteien herbeigeführt wurde.
Eine dritte
Bedeutung erlangte das Amt, als König
Eduard IV., in
Übergehung des erblichen Titels Staffords,
John Tiptoft mit einer
neuen
umfassenden Jurisdiktionsgewalt bei Klagen wegen Verrats betraute,
welche den Namen »Tiptoft« berüchtigt machte.
Das Amt des Constable
spielte auch politisch eine Rolle, was 1297 zum Ausdruck kam, als der Constable
und der Marshal Eduards I. Befehl, das
Heer ohne den König in die Gascogne zu führen,
mißachteten. Dieser Zwischenfall mag noch bis ins frühe 16.
Jh. nachgewirkt haben, als man König
Heinrich VIII. davon
überzeugte, daß die Ansprüche des Herzogs von
Buckingham auf das Amt des Constable
»sehr anmaßend und gefährlich« seien.
A. Harding