CANTERBURY, VERTRAG VON
Lexikon des Mittelalters:
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Canterbury, Vertrag von (15. August 1416)
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Bündnisvertrag zwischen dem deutschen
König SIEGMUND
und dem englischen König
Heinrich
V.; der Vertrag wurde im folgenden Jahr von den
Kurfürsten mit
Ausnahme WENZELS
bestätigt. Den politischen Hintergrund für den
Vertragsabschluß bildete der erneute Ausbruch des Krieges
zwischen
Frankreich und England (Hundertjähriger
Krieg), der durch die
Schlacht bei Azincourt (Agincourt,
25. Oktober 1415) einen Höhepunkt
erfahren hatte. Der durch diesen englisch-französischen Gegensatz
gefährdete
Ablauf der Verhandlungen auf dem Konstanzer Konzil (Konstanz, Konzil
von), welches das Abendländische Schisma beenden sollte, bewog König
SIEGMUND, zwischen
Frankreich und England zu vermitteln.
Zur Erreichung
dieses Ziels begab sich SIEGMUND
1415
nach Frankreich,
anschließend reiste er (als erster deutscher König) nach
England
(Ankunft: 1. Mai 1416). Ein großer Teil des Sommers verging mit
fruchtlosen Verhandlungen, da SIEGMUND
zunächst an seiner
Neutralität festhielt. Im August gab er jedoch diese Haltung auf
und
beschloß, zugunsten Englands Partei zu ergreifen.
Die Vertragsbedingungen stipulierten:
1. ein ewiges Schutz- und
Trutzbündnis zwischen SIEGMUND
und
Heinrich V.
sowie beider Erben;
2.
ein Handelsbündnis zwischen den Untertanen beider Kronen, das zur
Ausbreitung des beiderseitigen Handels beitragen sollte;
3. die
gegenseitige Unterstützung zur Rückgewinnung von Rechten in
Frankreich, das heißt die Unterstützung der englischen
Thronansprüche
einerseits, der Rekuperationswunsch hinsichtlich von (dem Reich durch
Frankreich entfremdeten) Rechten und Gebieten andererseits.
Obwohl als Defensivbündnis angelegt, war der faktisch offensive
Charakter des Vertrags klar. Der Vertrag wurde zur Zeit seines
Abschlusses nicht in großem Ausmaß bekannt. Seine
praktische
Wirkung war jedoch äußerst gering, sie bestand vornehmlich
in
einer Irritation Frankreichs, das sich nun gegen SIEGMUND
wandte. Als
Heinrich V.
etwas später
SIEGMUND um militärische Hilfe ersuchte,
bekam er diese nicht. Beim Konstanzer Konzil führte das Abkommen
jedoch zum Sinken des internationalen Ansehens König SIEGMUNDS und zur
Verschlechterung der Beziehungen der Konzils-Nationen untereinander.
C.T. Allmand