STAMMTAFEL im Anhang Band IX des Lexikons des Mittelalters
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 116
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Portugal
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Reich im W-Teil der Iberischen Halbinsel
I. LANDESBEGRIFF. BESIEDLUNG UND ENTSTEHUNG DER GRAFSCHAFT UND DES KÖNIGREICHES
Die Grafschaft (später Königreich) Portugal
erstreckte sich südlich von Galicien; natürliche Grenze ist im
N der Fluß Minho, im S bildete nach Erreichen der Flüsse Douro,
Mondego und Tajo sowie nach Eroberung des Reino do Algarve schließlich
die Atlantikküste die Grenze, während die O-Grenze erst in Auseinandersetzungen
mit dem Königreich Kastilien-Leon, aus dessen Reichsverband sich Portugal
herausgelöst hatte.
Als nach der arabischen Invasion von 711 die allmähliche
Wiederinbesitznahme des Landes im 9. Jh. in den wüsten Zonen vom Königreich
Asturien her durch das Instrument der Pres(s)ura geschah, wurden 868 auch
das Gebiet um die Stadt Porto (Portucale) durch den Grafen von Vimara Peres,
den ersten Begründer der Burg Guimaraes (879), und 878 das
Gebiet um die Stadt Coimbra durch den Grafen Hermenegildo Gutierres
zur Repoblacion eingenommen. Seither hielt sich in diesen, dem wechselhaften
Verlauf der Reconquista unterworfenen Regionen, die in loser Abhängigkeit
zu den Königreichen Asturien, Leon und Galicien standen, eine (gebietsmäßig
noch nicht klar umrissene) Grafengewalt, die zum Teil partikularistischen
Tendenzen zeigte, durch Einheirat in das Königshaus ihren Vorrang
gegenüber dem regionalen Adel zu festigen suchte und zeitweise sogar
Einfluß auf die Reichspolitik gewinnen konnte, was aber erst dem
Grafen
Mendo Goncalves (961-1008), im Verein mit dem ebenfalls nach Eigenständigkeit
strebenden galicischen Adel, in stärkerem Maße gelingen sollte.
Die Verhältnisse in den portugiesischen Gebieten
traten Mitte des 11. Jh. klarer in den Blick, als sich durch die Eroberungspolitik
König
Ferdinands I. von Leon, die in der endgültigen Einnahme
Coimbras mit dem Erreichen der Mondego-Linie gipfelte (1064), die Frage
der Eingliederung dieser Gebiete in das leonesische Reich stellte. Hatte
Ferdinand I. schon zwischen 1047 und
1050 gegenüber Graf Mendo Nunes seinen Herrschaftsanspruch
zur Geltung bringen müssen, so konnte infolge der Reichsteilung nach
seinem Tod die Zugehörigkeit der Grafschaft nur sichergestellt werden,
als sein Sohn Garcia I., der Galicien
als Königreich erhalten hatte, den aufständischen portugiesischen
Adel unter Graf Nuno Mendes; Mendos Sohn, 1071 in der Schlacht
von Pedroso besiegen konnte. Dieser Sieg, dessen unmittelbare Folge durch
den Tod des Nuno Mendes das Aussterben der portugiesischen Grafenhauses
im Mannesstamm war, bereinigte die Situation zwar nicht grundlegend, da
Garcia
schon bald von seinen Brüdern vertrieben wurde, doch sicherte er vorerst
die Oberhoheit des leonesisch-kastlischen Königtums.
Nachdem Garcia 1070
den Metropolitansitz von Braga wiedererrichtet hatte, um seinem Reich eine
unabhängige Kirchenstruktur zu sichern, war auf lange Sicht unbewußt
die Voraussetzung für die Errichtung einer Landeskirche geschaffen
worden, die Eigenständigkeitsbestrebungen begünstigte. Unter
der Regierung von Garcias Bruder Alfons
VI. von Kastilien-Leon sollten die Regionen Portugal und Coimbra
der Aufsicht landfremder Grafen unterstellt werden: Raimund von Burgund
erhielt zuerst als Gemahl von Alfons' Tochter
Urraca
die Grafengewalt über Galicien, Portugal und Coimbra, konnte sich
im Endeffekt allerdings mit seiner zentralisierenden, französischen
Einfluß forcirenden Adels- und Kirchenpolitik nicht durchsetzen,
so daß er auf Galicien beschränkt wurde; an seine Stelle trat
1096 in den Grafschaften Portugal und Coimbra sein Vetter Heinrich von
Burgund, Gemahl von Alfons'
illegitimer
Tochter Teresa, der aktiv die Geschicke
seiner Herrschaftsbereiche zu bestimmen suchte, aber den Widerstand des
einheimischen Adels letztlich nicht überwinden konnte und sich zunehmend
auf die Politik im Königreich Kastilien-Leon (Kampf um eine Nachfolgeregelung
in seinem Sinne) konzentrierte. Er starb
1112, ohne seine Herrschaft
in Portugal und Coimbra konsolidiert zu haben. Da Heinrichs Sohn
und Erbe; Alfons Henriques, noch minderjährig
war, folgte ihm in Portugal seine Witwe Teresa
nach, die die Grafschaft zuerst mit dem Titel einer Infantin, dann seit
1117) als Königin regierte, aber fortwährend in Konkurrenz mit
ihrer Halbschwester Urraca, nun Königin
von Kastilien-Leon, stand.
Entscheidend für das Unabhängigkeitsstreben
der Grafschaften sollte die Herausbildung einer Adelsgenossenschaft mit
Kern in den nördlichen Gebieten sein, die zunehmend ein Zusamemngehörigkeitsgefühl
entwickelte und sich aus den mächtigen Familien rekrutierte, die die
Repoblacion, den "Repovoamento", nach Süden getragen und umfangreichen
patrimonialen Besitz in Anbindung an die großen klösterlichen
Grundherrschaften gebildet hatte. An erster Stelle sind für das beginnende
12. Jh. die Ribadouro, Maia, Marnel, Sousa und Baiao, für eine etwas
spätere Zeitr die Bragancoes zu nennen, die wegen ihrer Besitzgliederung
äußeren Eingriffen in die kirchliche Struktur, vor allem wenn
sie von Reformkräftzen unter Führung französischer Mönche
getragen wurden, lange ablehnend gegenüberstanden und erst unter Beteiligung
des einheimischen Klerus allmählich zu einem Arrangement mit ihnen
fanden. Königin Teresa ging unterdessen
aus Gründen der Machterhaltung ein immer engeres Bündnis mit
dem galicischen Adel ein und brachte Mitglieder der königstreuen Grafenfamilie
von TRABA in die wichtigsten Herrschaftspositionen: Ihren Geliebten
Fernando Perez de Traba machte sie (unter dem Titel eines Grafen, dux
oder consul) zum Herrn von Portugal und Coimbra, dessen Bruder Bermudo
Perez zu ihrem Schwiegersohn. Als sie jedoch schließlich, vom Kriegsglück
verlassen, dem neuen König von Kastilien-Leon, Alfons
VII., 1127 einen Lehnseid leisten mußte, also in die Vasallität
gezwungen wurde, entlud sich der Zorn des oppositionellen portugiesischen
Adels in der Schlacht von Guimaraes (24. Juni 1128), durch die die Königin
entmachtet und ihre galicischen Anhänger außer Landes getrieben
wurden.
Neben Paio Mendes, dem Erzbischof von Braga, trat der
Infant
Alfons Henriquez (Alfons I.), der 1125 die Schwertleite erhalten
hatte, als Führer des Adelsheeres und zentrale Kristallisationsfigur
der portugieissichen Adelsopposition bei der Befreiung Portugals aus der
Unterdrückung durch die als "fremd" empfundenen galicischen und leonesischen
Magnaten hervor. Durch eine Kapitulation vom 27. Mai 1128 an den zur MAIA-Familie
gehörenden Erzbischof von Braga, seine Kirche und somit an die Adelsgenossenschaft
gebunden, regierte der Infant Alfons
nach seinem Sieg das Land als 'princeps' und nahm damit eine Oberhoheit
in Anspruch, durch die er sich zwar von seinen adligen Mitkämpfern
abhob, aber noch nicht den letzten Schritt zum immer wieder angekündigten
Königtum vollzogen hatte. Im folgenden Jahrzehnt bestand die Hauptsorge
neben der Konsolidierung der Herrschaft nach innen vor allem in der Absicherung
der Eigenständigkeit gegenüber dem kastilisch-leonesischen Reichsverband
unter Alfons VII., der 1135 durch die
Kaiserkrönung in Leon seinen weitgespannten Herrschaftsanspruch untermauert
hatte. Ein Ausgleich zwischen den beiden Reichen kam zwei Jahre später
zustande, als durch den Friedensvertrag von Tuy, der während eines
Herrschertreffens auf dem Minho am 4. Juli 1137 geschlossen wurde, der
bestehende Status quo bewußt als Schwebezustand festgeschrieben,
formal durch Elemente der Fidelität (Freundschaftsversprechen und
Treueid) und durch in der Zukunft zu schließende lehnsrechtliche
Bindungen abgesichert wurde, ohne daß diese Bindungen jemals noch
mit konkreten Inhalten gefüllt worden wären. Damit war der Weg
geebnet zur Annahme des Königtitels, der als Folge des Sieges über
die Mauren in der Schlacht von Ourique (25. Juli 1139) für Alfons
I. in der Kanzlei Verwendung fand, ohne daß jedoch eine
formelle Wahl oder Königserhebung nachzuweisen wäre. Die notwendige
Absicherung der neuen Würde durch eine päpstliche Schutznahme,
die die Unabhängigkeit des Königreiches gegenüber anderen
weltlichen Mächten garantiert hätte, ließ allerdings noch
lange auf sich warten, da der Papst den neuen König weiterhin als
'dux'
anredete und offensichtlich der außenpolitischen Entwicklung
nicht vorgreifen wollte. So erfolgte die endgültige Anerkennung des
portugiesischen Königtums erst 1179 durch das Schreiben "Manifestis
probatum" (JL 13420), durch das Papst Alexander III. dem König die
Erfüllung der seit 1143 vorgetragenen Bitte gewährte und unter
Betonung der jährlichen Zinszahlung feststellte, daß das "regnum
beati Petri iuris existat", was das Aufhören der Zinszahlungen nicht
verhindern konnte, denn in der Realität hatte
Alfons I. seine königliche Stellung, die Alfons
VII. 1143 durch den Vertrag von Zamora anerkannt hatte, schon
längst durch den Landesausbau, hartnäckige Kriegsführung
mit dem leonesischen Nachbarreich, gerschickte Außenpolitik udn den
Aufbau einer Landeskirche unter der Leitung Bragas unangreifbar geacht.
II. DAS KÖNIGREICH UNTER DER HERRSCHAFT DES HAUSES BURGUND
Mit der Errichtung des Königtums war seit der Mitte
des 12. Jh. eine gezielte Fortsetzung der Reconquista einhergegangen, die
bereits 1147 zur Eroberung von Santarem und (mit Hilfe eines Kreuzfahrerheeres)
von Lissabon geführt hatte und durch einen gezielten Ausbau der Kirchenstruktur
mit Errichtung weiterer Bistümer und Klöster zur besseren organisatorischen
Durchdringung des Landesausbaus begleitet werden sollte, wobei dem Zisterzienserorden
sowie vor allem dem Ritterorden der Templer eine besondere Bedeutung zufiel.
Die Ausdehnungspolitik Portugals nach Osten mit der Einnahme von Evora
durch
Geraldo Sem Pavor (1165) brachte das Königreich zwangsläufig
mit dem leonesischen Reich Ferdinands II. in
Konflikt, der seinerseits die Expansion in Richtung der alten muslimischen
Herrschaft Badajoz betrieb. Die vorübergehende Gefangenschaft König
Alfons' I. in Leon (1169) gefährdete so ernsthaft seine
Regierung, daß er auch nach seiner Freilassung und bis zu seinem
Tode (8. Dezember 1185) die eigentliche Leitung der Staatsgeschäfte
seinem Sohn und Nachfolger Sancho I. (1185-1211)überlassen
mußte. Der große Sieg bei Santarem über die ALMOHADEN
(1183) und die wieder mit Unterstützung von Kreuzfahrern durchgesetzte
Eroberung weiterer muslimischer Stützpunkte in Algarve führte
zur Einrichtung eines weiteren Bistums in Silves (1189) und zur Erweiterung
des Königstitels ("Dei gratia Portugalie, Silvii et Algarvbi rex").
Trotz großen äußeren Drucks verstand
es das Königtum vor allem unter der Regierung Alfons'
II. (1211-1223); die innere Konsolidierung des vergrößerten
Reiches durch eine straffe Verwaltung und gesetzgeberische Maßnahmen
zukunftsweisend voranzutreiben und gleichzeitig im Bund mit den Ritterorden
der Reconquista die entscheidenden Impulse zu geben. Erst die Unfähigkeit
Sanchos
II. (1223-1248), die widerstrebenden Interessen im Innern zu
einem Ausgleich zu bringen, ließ eine schwere Krise heraufziehen,
die darin gipfelte, daß er 1245 durch Papst Innocenz IV. auf dem
Konzil von Lyon seiner Regierungsverantwortung als "rex inutilis" entkleidet
und an seiner Stelle sein jüngerer Bruder Alfons,
Graf von Boulogne als Administrator mit der Reichsverwaltung
betraut wurde. Dieser sollte 1248 nach einem Bürgerkriueg und dem
Tod Sanchos als Alfons
III. (1248-1279) den Thron besteigen in Erfüllung des Testament
seines Vaters. Da der König sogleich eine Verständigung mit Kastilien
suchte und 1267 durch die Übereinkunft von Badajoz das Reich von Algarve
seiner Krone endgültig sicherte, darüber hinaus drch eine rigide
Zentralisierungs- und Rekuperationspolitk die unter Sancho
II. verlorengegangenen Positionen für die Königsgewalt
zurückzugewinnen trachtete, brachte seine Regierung die entscheidende
Wende bei der Konsolidierung der staatlichen Grundlagen. Durch die Cortes
von Leiria 1254 gelang es ihm, einen ständischen Konsens herzustellen,
an dem erstmals das Bürgertum, das seine Rückkehr tat- und finanzkräftig
unterstützt hatte, beteiligt war und als Garant der wirtschaftlichen
Entwicklung sowie als Gegengewicht gegen die Interssen von Adel und Klerus
gewonnen werden konnte. Die Errungenschaften seines Nachfolgers
Dinis I. (1279-1325), selbst die letztgültige Regelung
der Grenzziehung mit Kastilien durch den Vertrag von Alcanices (12. September
1297) und der Beginn der expansiven Seepolitik im 14. Jh. wären ohne
die Vorbereitung unter Alfons III. nicht
denkbar gewesen. Andererseits waren auch die zunehmenden Auseinandersetzungen
mit einer Adelsfronde, deren Aufstandsbewegung sich immer wieder um Mitglieder
des Königshauses scharten, durch die unter Dinis
I. nach dem Vorbild Alfons' X. von
Kastilien fortgesetzte Zentralisierungspolitik mit ihrer Einengung
des adligen Spielraums durch die Initiativen Alfons'
III. vorgeformt worden. Obwohl die Regierung Dinis'
I. im Bürgerkrieg enden sollte, war sie eine Epoche höchster
kultureller Blüte in Dichtung, Geschichtsschreibung und Bildung und
markierte einen Neubeginn des landwirtschaftlichen und grundherrschaftlichen
Landesausbaus, sah mit der vom Papsttum gebilligten Gründung des Christusordens
als Nachfolger des aufgelösten Templerordens die Entstehung eines
in Zukunft expansiv ausgerichteten "nationalportugiesischen" Ritterordens
und präfugurierte durch die Schaffung einer Flotte die kommenden Zeiten
portugiesischer Seeherrschaft, die sich allerdings zunächst noch auf
die Kanarischen Inseln konzentrierte. Während das portugiesische Königshaus
sich bis weit in die 2. Hälfte des 14. Jh. mit Schwierigkeiten innerhalb
der eigenen Dyxnastie konfrontiert sah, es andererseits verstand, sich
weitgehend aus den weltpolitischen Auseinandersetzungen herauszuhalten
und selbst den Umwälzungen innerhalb der Krone Kastilien unter Peter
I. fernstand, wurde es unter Ferdinand
I. (1367-1383) dann in verhängnisvoller Weise in die Wirren
auf der Iberischen Halbinsel verstrickt, die sich zu einem Nebenschauplatz
des Hundertjährigen Krieges entwickelt hatte. Der Versuch des Königs
nach der Ermordung Peters I. gegen
die sich dort etablierende TRASTAMARA-Dynastie
eigene Thronansprüche geltend zu machen, und die damit verbundene
Parteinahme für England gegen das mit Frankreich verbündete Kastilien
führte langfristig durch den Vertrag von Elvas/Salvatierra de Magos
(2. April 1383) und die Eheschließung zwischen König
Johann I. von Kastilien und der portugiesischen
Erb-Tochter Beatrix zu kastilischen Nachfolgerechten auf dem
portugiesischen Thron, die sich nach dem Tode Ferdinands
am 22. Oktober 1383 realisieren konnten, aber durch den Aufstand
von 1383 und seine Folgen verhindert wurden.
III. DAS KÖNIGREICH UNTER DER HERRSCHAFT DES HAUSES AVIS
Der Volksaufstand von 1383, dem ein "nationaler" Charakter
zugesprochen und der gern als "revolucao de 1383" bezeichnet wird, wurde
vornehmlich von Adel und Städten getragen und richtete sich gegen
die Oberhoheit der als landfremd empfundenen TRASTAMARA-Dynastie,
unter deren Herrschaft man die Eigenständigkeit des Königreiches
bedroht sah. Der Ermordung oder Vertreibung der bedeutendsten Vertreter
der legitimistischen Partei aus Lissabon folgte die Machtübernahme
durch Joa d'Avis, der als Bastard-Sohn König
Peters I. (1357-1367) und Großmeister des Ritterordens
von Avis zur Leitfigur des portugiesischen Widerstandes aufstieg. Innerhalb
kurzer Zeit konnte er alle anderen Thronprätendenten überflügeln
und, nachdem der Großkanzler Johann das Regras als erfahrener Legist
durch seine "razoes" die Rechtsposition der AVIS-Gegner
zerstört hatte, wurde er von den Cortes von Coimbra am 5. April 1385
zum neuen König Johann I. (1385-1433)
gewählt. Diese Wahl bestätigte er auf dem Schlachtfeld durch
den entscheidenden Sieg von Aljubarotta (14. August 1385), als er ein kastilisches
Invasionsheer unter Führung König Johanns
I. vernichtend schlug und so, ungeachtet der späteren,
sich bis 1431 hinziehenden portugiesisch-kastilischen Ausgleichsverhandlungen,
die Grundlage für die ungebrochene Fortdauer seiner Königsherrschaft
legte. Die endgültige Absicherung erfuhr sein junges Königtum
durch den Büpndnisvertrag von Windsor mit England (9. Mai 1386), der
durch
die Heirat Johanns I. mit Philippa,
der Tochter des Herzogs von Lancaster, bekräftigt wurde, eine Ehe,
deren reiche Nachkommenschaft keinen Zweifel an der Kontinuität des
Herrscherhauses aufkommen ließ.
Sieht man von den wiederholten Eingriffen portugiesischer
Prätendenten in die kastilische und aragonesische Thronfolgekämpfe
während des 15. Jh. ab, richtete sich das Streben der Monarchie im
Sinne eines "capitalismo monarquico portugues" vornehmlich auf expansive
handelspolitische Ziele, die allerdings eng verbunden mit Projektten der
Landnahme waren. Da die Reconquista für Portugal seit dem 13. Jh.
abgeschlossenw ar, suchte man in Konkurrenz zur Krone Kastilien Ausdehnungensgebiete
in N-Afrika, wo durch die Einnahme von Ceuta (1415), Alcacer Ceguer (1458),
Arzila, Larache und Tanger (1471) unter großen Opfern wichtige Stützpunkte
gewonnen werden konnten. Parallel dazu erfolgtedie Expansion nach W-Afrika
durch umfangreiche Entdeckungsfahrten, die den Grundstock für das
"Seaborne Empire" legten und unter Rückendeckung durch den Infanten
Heinrich "den Seefahrer", der als Hochmeister des Christusordens
den Heidenkampf zu organisieren hatte, mit päpstlicher Erlaubnis als
Kreuzzugsunternehmen durchgeführt wurden, was Heinrich
zum Hauptnutznießer des westafrikanischen Handels machte, bevor König
Alfons V. (1446-1481) in diese Position drängte. War sein
Vorgänger Eduard/Duarte (1433-1438)
noch als hochgebildeter "Rei-Filosofo" in die Geschichtsschreibung eingegangen,
hatte sich Alfons erst von einer mächtigen
Regentschaftsregierung zu befreien (Gefecht von Alfarrobeira, 19. Mai 1449),
ohne daß die Abschüttelung hochadlier Herrschaftspartizipation,
die in der Vormachtstelung des Hauses BRAGANZA
begündet lag, vollends gelungen wäre. Dennoch konnte der König
hinfort die rechtlichen, finanziellen und wirtschaftlichen Grundlagen monarchischer
Machtausübung wiederherstellen, so daß es seinen Sohn und Nachfolger
Johann II. (1481-1495) gelingen sollte,
unter Beseitigung adliger Herrschaftskonkurrenz die zentrale Königsgewalt
zu stärken und den Weg zur frühmodernen Staatlichkeit zu ebnen.
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Die Grenzgrafschaft Portucalia im Norden zwischen Tejo
und Minho stand seit 1095 unter der Herrschaft Heinrichs (Henriques)
von Burgund, dessen Sohn Alfons Heinrich
sich 1139 König (Alfons I.) nannte
und die Selbständigkeit Portugals begründete. Mit deutschen und
englischen Kreuzfahrern eroberte er im Kampf gegen die Araber 1147 Lissabon;
1260 wurde Lissabon Residenz, 1267 wurde die bis heute gültige Grenze
mit Spanien festgelegt. Dinis förderte
besonders Handel und Wirtschaft; Alfons IV.
ließ die atlantischen Entdeckungsfahrten in größerem Umfang
beginnen. Dem 1383 ausgestorbenen burgundischen
Herrscherhaus (Ferdinand I.) folgte die Nebenlinie AVIZ
mit
Johann I. Der "Windsorvertrag" von
1386 leitete die noch heute bestehende Anlehnung an England ein. 1415 begann
die Eroberung nordafrikanischen Gebiets (Ceuta), später folgte die
Ausbreitung an der Küste W-Afrikas (Heinrich
der Seefahrer). Ende des
15. Jahrhunderts erreichten die Potugiesen das Kap (Bartolomeu Diaz) und
ließen sich nach Entdeckung des Seewegs nach Indien (Vasco da Gama)
dort in Handelskolonien nieder. Manuel I. (Emanuel
der Große) förderte Kunst und besonders Wissenschaft
und Entdeckungssfahrten. Zum asiatischen und afrikanischen Kolonialbesitz
kam das 1499 (P. A. Cabral) entdeckte Brasilien. Gewaltiger Reichtum floß
infolge des Kolonialhandels nach Portugal; doch auf die Dauer zeigte sich,
daß das kleine Portugal eine zu schmale Basis für das Kolonialreich
war. Die einheimische Wirtschaft war zugunsten des Überseehandels
vernachlässigt worden. Als nach dem Aussterben der Königsdynastie
(Kardinal Heinrich + 1580) die Spanier
Portugal annektierten, wurde es in die spanisch-englisch-niederländischen
Auseinandersetzungen hineingezogen; der portugiesische Handel litt schwer,
und die Molukken, Ceylon und zeitweilig der NO Brasiliens gingen an die
Holländer verloren.
Die Lösung der Vereinigung mit Spanien (1640) durch
Johann IV. aus dem Hause BRAGANCA mit
französischer Unterstützung kam zu spät. Im Innern kam der
Klerus zur Herrschaft; die einheimische Wirtschaft wurde durch den Methuenvertrag
1703 noch stärker von England abhängig; der größte
Teil des Kolonialbesitzes war an die Niederländer und Engländer
verlorengegangen. Der Marques de Pombal (unter Joseph
I.) konnte den Niedergang zwar aufhalten, wurde aber von Maria
da Gloria I. entlassen. 1807 mußte der portugiesische
Hof vor Napoleon I. nach Brasilien
fliehen. Mit englischer Hilfe (A. Wellington) wurden die Franzosen allerdings
(1808/09,1811 endgültig) vertrieben; Johann
VI. kam aber erst 1821 aus Brasilien zurück, das dann 1822
unabhängig wurde. Um die Staatsform der konstitutionellen Monarchie
begann ein langer Streit zwischen Liberalen und Reaktionären. Nach
vorübergehender Stabilisierung der inneren Verhältnisse ging
unter Peter V. und Ludwig
I. der Verfall weiter, besonders der der Finanzen auch unter
Karl
I.; der Kolonialbesitz wurde dank englischer Unterstützung
gehalten. Karl I.
und der Kronprinz
wurden 1908 ermordet und der folgende Manuel II.
1910 abgesetzt.
Vones Ludwig:
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“Geschichte der Iberischen Halbinsel”
Wenden wir uns Galicien und den Territorien zwischen Minho
und Mondego zu, wo sich seit der Presura des 9. Jahrhunderts ein selbstbewußter
Adel unter Führung einiger mächtiger Grafenfamilien herausgebildet
hatte der es immer wieder verstand, die Eigenständigkeit seiner Stellung
gegenüber asturisch-leonesischen Einflüssen zu betonen. War die
Rolle der galicischen Grafengeschlechter bereits während der Wirren
des 10. und beginnenden 11. Jahrhunderts deutlich zutage getreten, so sollte
sich der zwischen Minho und Duero ansässige Adel nachdrücklich
bemerkbar machen, als er die Uneinigkeit der Söhne
Ferdinands I. ausnutzen und die Königsherrschaft Garcias
nicht
anerkennen wollte. Unter Führung des Grafen Nuno Mendes empörte
sich eine starke Gruppe portugiesischer Adliger und unterlag 1071 in der
Schlacht bei Pedroso dem königlichen Aufgebot, da sie die Unterstützung
des um Coimbra begüterten mozarabischen Adels nicht hatte gewinnen
können.
Es gehört zu den Schwierigkeiten der modernen portugiesischen
Geschichtsschreibung, in dieser Epoche den Beginn der eigenen Nationalgeschichte
und der Ausbildung der nationalen Unabhängigkeit, der formacao da
Nacionalidade, suchen zu wollen, was dem mittelalterlichen Denken nicht
gerecht werden kann. Zwar sollte man eine historische Kontinuität
in den Gebieten um die Stadt Portucale von der Presura durch den Grafen
Vimara Peres im Jahre 868 bis zu Nuno Mendes, dem letzten direkten
Abkömmling der alten Grafengeschlechter, der in Pedroso sein Leben
verlor, nicht in Abrede stellen, doch war die Eingliederung dieser Territorien
in den asturisch-leonesischen Reichsverband im Grund egenommen wegen derselben
Triebkräfte problematisch wie in Galicien. Widerstreben gegenüber
den Verfügungen und Herrschaftsmaßnahmen, die in Asturien-Leon
oder Kastilien getroffen wurden, nährte sich aus einem adligen Selbstbewußtsein,
das seine Wurzel in den mittlerweile Jahrhunderte alten, eigenständigen
Besitz- und Rechtsverhältnissen hatte, durch die permanente Bedrohung
an der nicht fernen Grenze wachgehalten wurde und in einem genossenschaftlichen
Handeln des Adels seinen Niederschlag fand. Adligen Widerstand aus dieser
Wurzel hatte schon Ferdinand I. zu
bekämpfen gehabt, als er zwischen 1047 und 1050 gegenüber Nunos
Vater,
Mendo Nunes, seinen Herrschaftsanspruch zur Geltung bringen wollte
und den portugiesischen Grafen erst aus seinen angestammten Besitzungen
vertreiben mußte, um den uneingeschränkten Einfluß der
Königsmacht sicherzustellen.
Haus BURGUND 1093-1383
Heinrich Graf von Portugal (1093-1112) |
Teresa Gräfin/Königin von Portugal (1093-1127) |
Alfons I. Heinrich König von Portugal (1112-1185) |
Sancho I. der Volksfreund König von Portugal (1185-1211) |
Alfons II. der Dicke König von Portugal (1211-1223) |
Sancho II. der Mönch König von Portugal (1223-1245) |
Alfons III. der Restaurator König von Portugal (1245-1279) |
Diniz I. der Ackerbauer König von Portugal (1279-1325) |
Alfons IV. der Kühne König von Portugal (1325-1357) |
Pedro I. der Grausame König von Portugal (1357-1367) |
Ferdinand I. der Höfliche König von Portugal (1367-1383) |
Haus AVIS 1385-1580
Johann I. der Unechte König von Portugal (1385-1433) |
Eduard I. König von Portugal (1433-1438) |
Alfons V. der Afrikaner König von Portugal (1438-1481) |
Johann II. der Strenge König von Portugal (1481-1495) |
Manuel I. der Glückliche König von Portugal (1495-1521) |
Johann III. König von Portugal (1521-1557) |
Sebastian König von Portugal (1557-1578) |
Heinrich König von Portugal (1578-1580) |
1580-1640 zu Spanien
Haus BRAGANZA
Johann IV. der Glückliche König von Portugal (1640-1656) |
Alfons VI. der Sieger König von Portugal (1656-1667) |
Pedro II. der Friedliche König von Portugal (1667-1706) |
Johann V. der Großherzige König von Portugal (1706-1750) |
Josef der Reformer König von Portugal (1750-1777) |
Pedro III. König von Portugal (1777-1785) |
Maria I. da Gloria Königin von Portugal (1777-1792) |
Johann VI. König von Portugal (1792-1826) |
Maria II. da Gloria Königin von Portugal (1826-1853) |
Pedro V. der Hoffnungsvolle König von Portugal (1853-1861) |
Ludwig I. König von Portugal (1861-1889) |
Karl I. König von Portugal (1889-1908) |
Manuel II. König von Portugal (1908-1910) |