Karl II. der Lahme                                     König von Neapel (1285-1309)
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1254-5.5.1309
         Neapel

Ältester Sohn des Königs Karl I. von Anjou-Neapel und der Beatrix von Provence, Erbtochter von Graf Raimund Berengar V.
 

Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 984
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Karl II. von Anjou, König von Sizilien (Neapel)
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* 1252, + 5. Mai 1309
               Neapel

Eltern: Karl I. und Beatrice, Gräfin von Provence

1272 mit dem Fürstentum Salerno investiert, übte Karl II. von Anjou mehrmals die Funktionen eines Generalvikars des Königreiches Sizilien aus. Während des auf die Sizilianische Vesper folgenden Kriegs wurde er von dem aragonesischen General Roger de Lauria am 5. Juni 1284 in der Seeschlacht im Golf von Neapel gefangengenommen und im Kastell von Cefalu eingekerkert. 1285 mußte er nach dem Tod des Vaters, dessen präsumptiver Nachfolger er war, und dem des Königs Peter III. von Aragon auf seine Rechte auf Sizilien verzichten und wurde nach Katalonien gebracht und erst November 1288 aufgrund der Verträge von Oloron und Canfranc freigelassen. Als Geisel ließ er den Aragonesen seine Söhen Ludwig, Robert und Raimund-Berengar aus seiner Ehe mit Maria, Tochter König Stefans von Ungarn; sein Erstgeborener Karl Martell blieb frei. Über Frankreich kehrte Karl II. von Anjou in das Königreich Neapel zurück, nachdem er am 29. Mai 1289 von Papst Nikolaus IV. in Rieti zum König von Sizilien und Jerusalem gekrönt worden war. Die Friedensverhandlungen, die er mit den Aragonesen - unterstützt von Coelestin V. und Bonifatius VIII. - führte, schlossen im Juni 1295 mit dem Vertrag von Anagni, der die Freilassung der Geiseln und die Ehe seiner Tochter Bianca mit Jakob II. von Aragon vorsah, aber nicht zur Restitution Siziliens fürte, sondern die Wiederaufnahme der Kämpfe bewirkte. Nach dem Tod Karl Martells und dem Eintritt Ludwigs in die kirchliche Laufbahn ernannte Karl II. von Anjou seinen dritten Sohn Robert zum Generalvikar und übertrug ihm auch die Leitung der militärischen Operationen, die 1302 durch den Vertrag von Caltabellotta unterbrochen wurden, in dem Friedrich III. auf Lebenszeit der Besitz Siziliens zuerkannt wurde. Der Friede gab Karl II. von Anjou die Möglichkeit, die Ansprüche seines Enkels Karl Robert (Caroberto) auf das Königreich Ungarn zu unterstützen und die ANJOU-Herrschaft in Piemont mit Annahme des Grafentitels wiederzuerrichten, während sein Sohn Philipp seine Ansprüche auf das Fürstentum Achaia geltend machte.
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Karl II. der Lahme wurde 1266 Fürst von Salerno, Capua und Tarent, Herzog von Apulien und 1267 Graf von Provence-Forcalquier. Er war fromm, sanft, gütig, der Vater, der ihn verachtete, nannte ihn nur "den Priester" oder auch "den Mönch". Er kränkelte früh und nahm am 5.6.1284 gegen den väterlichen Befehl die Seeschlacht bei Neapel an, wollte beweisen, dass er doch etwas kann und geriet in aragonesische Gefangenschaft. 1285-1288 war Graf Robert II. von Artois, sein Cousin, Regent in Neapel. Durch den Vertrag von Champfranc (28.10.1288) wurde er von Jakob II., an welchen Sizilien nach Peters III. Tode gefallen war, freigelassen gegen die Zusage von Geiseln und 30.000 Mark Silber. Allein Karl erfüllte die Verpflichtungen nicht, nachdem er am 28.5.1289 in Rom gekrönt worden war, sondern nahm den Kampf gegen Aragon wieder auf. Jakob II., durch den Tod seines älteren Bruders Alfons III. in Aragon zur Regierung gelangt (1291), suchte durch eine scheinbare Abtretung Siziliens an Karl (1294) den Frieden mit Rom, ANJOU und Frankreich zu gewinnen, ließ aber gleichzeitig seinen jüngeren Bruder Friedrich II. die Regierung in Sizilien  übernehmen. Karl II. von Anjou erkannte die aragonesische Herrschaft in Sizilien im Friedensvertrag von Caltabellota (29.8.1302) an und behielt den Titel König von Sizilien für das Teilreich Neapel. Er hatte wegen seiner fehlenden Härte als Haupt der Guelfen keine Autorität, sogar Papst Bonifaz VIII., dessen Wahl er förderte, verachtete ihn. Er unterstützte den Enkel in Ungarn, wurde im Land recht beliebt, da er die aufreizende Bevorzugung von Franzosen im Staatsdienst aufgab, die Justiz milderte, um die großen Spannungen, erzeugt durch die brutale Übertragung des französischen Feudalsystems durch Karl I., abzubauen. Er wurde zunehmend träge und unsinnlich, nahm 1307 an der Vernichtung der Templer teil, stiftete 1307 die Universität Avignon und trat den Päpsten Avignon als Residenz ab. Er gewann 1307 von Piemont Achaia-Morea zurück, verstärkte das Kardinalskollegium mit Franzosen, konnte aber 1303 den Sturz von Papst Bonifaz durch den königlichen Vetter nicht verhindern. Ihm folgte sein dritter Sohn Robert.

Norwich John Julius: Seite 300
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"Byzanz"

Als König Karl von Anjou 1285 starb und der Thron an seinen Sohn Karl II. ging, der zu jenem Zeitpunkt Gefangener Peters von Aragon war, verbreitete sich in Konstantinopel zwar eine gewisse Freude; aber vier Jahre später wurde der junge König Karl von Anjou befreit, und es stellte sich heraus, dass er Byzanz ebenso feindlich gesinnt war - und  für das Reich eine ebenso große Bedrohung darstellte - wie vor ihm sein Vater. 1291, in dem Jahr, als Akko als letztes Kreuzfahrerkönigreich fiel, schlug er Nikephoros I. von Epiros ein Bündnis vor, das durch die Eheschließung seines Sohnes Philipp mit Nikephoros' Tochter Thamar gefestigt werden sollte. Für einmal reagierte Andronikos rasch und entsandte die Überreste seines Heers, unterstützt von der genuesischen Flotte, zum Angriff auf die epirotische Hauptstadt Arta. Zu Beginn war dieser Feldzug erstaunlich erfolgreich; es gelang nicht nur, Janina wieder zu gewinnen, sondern auch Durazzo, bevor zum Rückzug geblasen wurde; aber das geplante Bündnis ließ sich nicht verhindern. Bei seiner Heirat mit Thamar im Jahre 1294 wurde Philipp zum Oberherrn über alle griechischen Besitztümer seines Vaters ernannt und erhielt den Titel Fürst von Tarent. Fortan mußte Epiros als neapolitanisches Lehen betrachtet werden. Obwohl diese zweite angevinische Bedrohung Konstantinopels noch kaum Form angenommen hatte, war sie bereits spürbar.
 
 
 
 

 1270
  oo Maria von Ungarn, Tochter des Königs Stephan V.
              -25.3.1323

     Sie wurde zur Stammutter aller ANJOU-Linien.
 
 
 
 

14 Kinder:

  Karl I. Martell König von Ungarn
   9.1271-12.8.1295

  Margarete Erbin von Anjou-Maine
  1273-31.12.1299

16.8.1290
   oo Karl I. Graf von Valois
       12.3.1270-16.12.1325

  Ludwig Bischof von Toulouse (1296-1298)
  9.2.1275-19.8.1298

  Robert
  1277-26.1.1343

  Philipp I. Fürst von Tarent
  um 1278-26.12.1332

  Blanka
         -14.10.1310

1.11.1295
   oo Jakob II. König von Aragon
       um 1262-8.11.1327

  Raimund Berengar
            -   1307

  Johann Geistlicher
      - nach 16.8.1308

  Tristan
  1283/88- jung

  Eleonore
   8.1289-9.8.1341

 1302
  oo Friedrich II. König von Sizilien
      1271-25.6.1336

  Marie
         - nach 1346

    1304
  1. oo Sancho König von Mallorca
           um 1276-4.11.1324

   um 1328
  2. oo Jakob II. von Aragon Baron de Ejerica
           um 1298-   1335

  Peter der Ungestüme Graf von Gravina
  um 1292-29.8.1315 gefallen

  Johann Graf von Gravina (1315-1335)
  um 1294-5.4.1335

  Beatrix
  um 1295- vor 1321

  1. oo Azzo VIII. d'Este
                 -31.1.1308

    1309
  2. oo Bertrand I. von Baux Graf von Montescaglioso
                  -   1351

  3. oo Robert Graf von Vienne
                 -
 
 
 
 

Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 209 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 251 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 262,267, 275 - Herde Peter: Karl I. von Anjou. Verlag Seite 262,267,275 W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz 1979 Seite 18,22,37,65,74, 85,93,106,108-111 - Kiesewetter, Andreas: Die Anfänge der Regierung König Karls II. von Anjou (1278-1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts, Matthiesen Verlag 1999 - Lehmann, Johannes: Die Staufer. Glanz und Elend eines deutschen Kaisergeschlechts, Gondrom Verlag Bindlach 1991, Seite 10,248,357,359 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 187,251 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band III Seite 300,305 - Rösch, Eva Sibylle/Rösch, Gerhard: Kaiser Friedrich II. und sein Königreich Sizilien, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 79 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 1108,1175,1206,1208 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 335,337,342,345-347 -