Einziger Sohn des Königs
Alfons XI. von Kastilien aus seiner 2. Ehe mit der Marie
von Portugal, Tochter von König
Alfons IV.
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1928
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Peter I., König von Kastilien
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* 30. August 1334, + 23. März 1369
Burgos
Montiel
Eltern: König Alfons XI. von Kastilien und Maria von Portugal
Thronfolger nach dem Tode seines älteren Bruders,
erzogen von der Mutter und Bischof Bernabe von Osma. Sein Vater lebte mit
Leonor
de Guzman zusammen. Die bewegte
Regierungszeit Peters (seit 1350) bewirkte,
dass er einerseits als ‚der Grausame‘ (cruel), andererseits als
‚der
Gerechte‘ (justiciero) dargestellt wird. Peters
Förderung
des Seehandels und der städtischen Entwicklung sicherten ihm die Unterstützung
vieler Städte des Reiches, zugleich aber wurde das Land von Pestepedemien
und Kriegen erschüttert, und der Konflikt zwischen der von
Peter I. mit Nachdruck verkörperten Königsgewalt und
den Forderungen des Adels wurde mit großer Härte ausgetragen.
1353 heiratet Peter I. der Grausame Blanche von
Bourbon, lebte jedoch mit Maria de Padilla zusammen.
1350-1353 betrieb Peters Günstling
Juan Alfonso de Albuquerque, der 1351 die während der ganzen
Regierungszeit einzigen Cortes einberief, im Widerspruch zu der von Alfons
XI. in seinen letzten Jahren verfochtenen Politik eine Abkehr
von England und ein Bündnis mit Frankreich, das jedoch am Scheitern
der Ehe des Königs zerbrach. 1352 führte Heinrich,
Graf von Trastamara, ein Sohn Leonors de Guzman und Halbbruder
Peters,
die erste Adelsrebellion an, der sich 1353 Ferdinand
von Aragon und andere Adlige anschlossen, die jedoch scheiterte,
als Peter I. den Toledaner Aufstand
(1355) niederschlug. 1356 brach der Krieg zwischen Peter
I. dem Grausamen und Peter IV. von
Aragon aus: Es gelang
Peter I.,
Tarazona einzunehmen und Zaragoza zu bedrohen, doch willigte er 1357 in
einen kurzfristigen Waffenstillstand ein. 1359 und 1360 führte Peter
I. einen Seekrieg gegen Aragon, belagerte Barcelona, besiegte
die Aufständischen in der 1. Schlacht von Najera (1360), schloß
einen günstigen Friedensvertrag mit Aragon (1361, Terrer) und ein
erstes Bündnis mit
Eduard III. von England
(1362). Gleichzeitig setzte er seinen Verbündeten Muhammad
V. wieder in Granada ein und regelte die Nachfolge in seinem
Reich zugunsten des Sohnes Alfons aus
der Ehe mit Maria de Padilla (+ 1361) bzw. nach dessen Tod, zugunsten
der Töchter
Beatriz, Konstanze
und Isabella. Der Krieg gegen Aragon
brach 1362/64 erneut aus, wobei sich die Überlegenheit Peters
zu
Lande (zeitweise Eroberung von Calatayud, Orihuela, Murviedro usw.) deutlich
zeigte, jedoch eine definitve Entfremdung zu Peter
IV. von Aragon, Frankreich und Heinrich
von Trastamara zutage trat. Heinrich
nahm
1363 Verhandlungen mit französischen Söldnerverbänden auf,
und nach 1366 brach der Konflikt aus: Heinrich,
zusammen mit den von Du Guesclin befehligten französischen Kompagnien
war zunächst siegreich und konnte den Thron für sich beanspruchen.
Peter I. der Grausame floh in die Gascogne, schloß ein
Bündnis mit Eduard, dem 'Schwarzen
Prinzen', besiegte seinen Rivalen in der 2. Schlacht von Najera (April
1376) und erlangte den Thron wieder. Heinrich
kehrte
im Herbst 1367 nach Kastilien zurück, stieß bis in die Nähe
von Toledo vor, besiegte und ermordete Peter I.
in Montiel und vernichtete bis 1371 die letzten Anhänger
Peters in Andalusien und Galicien.
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Peter I. der Grausame
wuchs inmitten der elterlichen Streitigkeiten auf und wurde daher vernachlässigt
erzogen. Er war eine stattliche, kraftvolle Erscheinung, kriegerisch-wild
und wie der Vater und Bruder ein hemmungsloser Frauenheld. 1351 ermordete
er die Stiefmutter Eleonore de Guzman
und leitete damit ein sich steigerndes grausames, blutrünstiges Terrorregime
ein, versuchte letztlich, die gesamte Sippe seines Halbbruders zugunsten
seiner Töchter auszulöschen. Er wurde 1353/54 von den Halbbrüdern
wie ein Gefangener gehalten und gezwungen, alle seine Günstlinge zu
entlassen. Er geriet gegen Adel, Kirche und Städte, deren Privilegien
er beschneiden wollte, erließ etliche gute Gesetze, faßte das
alte kastilische Landrecht neu zusammen und schränkte auch die Macht
der drei kastilischen Ritterorden ein. Peter
besaß eine schnelle Auffassungsgabe, wurde aber mehr und mehr durch
seine blutrünstige Rachsucht verblendet und förderte die Juden,
was das Gerücht nährte, er sei ein untergeschobenes Judenkind.
Peter
I. wurde 1366 von seinem Halbbruder
Heinrich
von Trastamara aus Kastilien vertrieben, kehrte mit englischer
Hilfe zurück und schlug die Aufständischen am 3.4.1367 bei Najera
vernichtend. Nach der Niederlage bei Montiel am 14.3.1369 wurde
Peter bei einer nachfolgenden Unterredung von Heinrich
eigenhändig
niedergestochen.
3.6.1353
1. oo Blanka von Bourbon, Tochter Peters I.
Ende 1339- 1361 vergiftet
Medina Sidonia
Peter steckte sie sofort ins Gefängnis und ließ sie dort ermorden.
1353
2. oo Maria de Padilla, Tochter des Grafen Juan
Garcia von Villagera
- 1361
heimliche Nebenehe
Sie erreichte durch falsche Priestereide die Legitimierung ihrer Töchter; die Begünstigung ihrer Brüder durch König Peter empörte auch den Adel.
1354
3. oo Johanna de Castro, Tochter des Grafen Peter
von Lemos
heimliche Nebenehe - 1374
Kinder:
2. Ehe
Beatrix
1353-
Konstanze
1354- 6.1394
1372
oo Johann Herzog von Lancaster
3.1340-3.2.1399
Isabella
1355-3.11.1393
1372
oo Edmund Herzog von York
5.6.1341-1.8.1402
Alfons
1359-18.10.1362
Beatrix Nonne
-
1369
3. Ehe
Johann
1355- 1405
oo Elvira de Eril, Tochter des Senor Beltran
-
Illegitim
Maria Nonne zu Toledo
-
1424
Sancho
- um
1347
von Isabel de Sandoval
Diego Senor de Sandoval
-
oo Isabel de Salazar, Tochter des Senor Gonzalo
-
Literatur:
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Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seiote 296 - Ferdinandy
Michael de: Philipp II. Bechtermünz Verlag Augsburg 1996 Seite 363
- Perez Joseph: Ferdinand und Isabella: Spaniens Katholische Könige.
Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 43,74,266 - Tuchmann
Barbara: Der ferne Spiegel. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995
Seite 194,215,243 - Vones Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel
im Mittelalter 711-1480. Reiche - Kronen - Regionen. Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1993 Seite 161,167, 170-178,186,203,221,228 -
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Vones Ludwig:
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„Geschichte der Iberischen Halbinsel“
Der frühe Tod Alfons' XI.
machte 1350 wiederum die Einrichtung einer Regentschaft erforderlich, doch
erwiesen sich die Herrschaftsgrundlagen als so stabil, dass die notwendige
Kontinuität beim Regierungswechsel nicht gefährdet schien. Maria
von Portugal, die Mutter Peters I.
(1350-1369), und Juan Alfonso de Albuquerque,
der dem portugiesischen Königshaus angehörte und mütterlicherseits
dem mit dem Adelshaus der LARA DE MOLINA nah verwandten Geschlecht der
MENESES entstammte, versuchten die Regierungsgeschäfte im Sinne des
verstorbenen Königs weiterzuführen. Sie konnten allerdings nicht
vermeiden, dass sich sofort wieder Adelsgruppierungen formierten, die ein
unübersehbares Gegengewicht zur monarchischen Gewalt darstellten.
An die Spitze des Adels trat zuerst mit Ferdinand
von Aragon einer der beiden Söhne der Eleonore
von Kastilien, der als Adelantado Mayor de la Frontera eine
beachtliche Machtposition einnahm. Er machte sich auf den Cortes von Valladolid
von 1351 zum Fürsprecher adliger Forderungen von seiten der Hidalgos,
die schließlich zur Aufzeichnung der Libro Becerro de las Behetrias
(1352) auf der Grundlage mündlicher Erhebungen über die gewohnheitsmäßigen
Rechte, der sogenannten Pesquisas, führten. In diesem Libro wurden
die Besitz-, Einkunfts- und Herrschaftsverhältnisse des kastilischen
Adels nördlich des Duero innerhalb der dem Zugriff der königlichen
Merinos verfügbaren Behetrias - Bezirken, die als Ergebnis einer langen
Entwicklung der direkten, durch lehnrechtliche Formen geregelten Herrschaftsausübung
eines adligen Senor besonders offenstanden - niedergelegt. Diese Aktion
zielte in Wirklichkeit jedoch auf eine Beschneidung der Machtposition des
Juan
de Albuquerque in den kastilischen Merindades, das heißt
im Infantazgo de Valladolid, in Campos (zwischen Palencia und Valladolid),
Carrion und Saldana (in den heutigen Provinzen Palencia und Leon), die
ihm über die Besitzungen seiner Gattin Isabel
de Meneses zugewachsen war. Die Bestandsaufnahme von 1352 verhinderte
in Zukunft einerseits die Entfremdung von Rechten und Einkünften,
ließ aber andererseits, wohl unbeabsichtigt, die adligen Herrschaftsansprüche
kontrollierbar und damit wenig ausbaufähig werden. Hinfort verlor
die Behetria als Machtbasis an Bedeutung, war der Inkorporation durch das
Königtum ausgeliefert und verschwand mit der Zeit praktisch bis auf
wenige Reste, obwohl die ursprünglich geforderten Aufteilungen vorerst
gar nicht durchgeführt wurden. Die Regierung Peters
I. begann also mit einem weiteren Zuwachs der Königsgewalt,
die noch zusätzlich abgesichert war, als man auf den Cortes von Valladolid
(1351) die Städte gewonnen und die Einrichtung eines auf innerstädtischen
Hermandades gegründeten Polizeisystems beschlossen hatte.
Aber Alfons XI. hatte
seinem Sohn nicht nur taugliche Herrschaftsgrundlagen hinterlassen, sondern
auch ein Hypothek, deren Auswirkungen imstande waren, diese ernsthaft zu
erschüttern. Aus einem langjährigen Verhältnis mit seiner
adligen und machthungrigen Konkubine Leonor de
Guzman, die einem vornehmen und einflußreichen Geschlecht
stammte, waren insgesamt sieben Söhne hervorgegangen, von denen die
älteren trotz ihrer illegitimen Geburt schon bald die königliche
Stellung Peters angriffen und ebenso
wie die Söhne der Eleonore von Kastilien
für jede Adelsopposition als Leitfiguren in Frage kamen. Alfons
XI. hatte unter dem Bann Leonors seine
illegitimen Söhne noch bei Lebzeiten mit einer glänzenden Machtfülle
ausgestattet. Dem ältesten Bastard Heinrich
von Trastamara war die Herrschaft über Asturien übertragen,
der jüngere Friedrich zum Meister
des Santiagoordens gemacht worden. Ein enger Vertrauter der GUZMAN-Familie
aus dem Haus der PONCE DE LEON hatte zudem den Maestrazgo des Ordens von
Alcantara inne. Darüber hinaus konnte Leonor
eine Ehe zwischen Heinrich und Johanna
Manuel, der Tochter des Juan Manuel
und
der Blanca de Lara y de la Cerda, zustandebringen, wodurch neben der
MANUEL-Partei die Reste des DE LA CERDA-Anhangs gewonnen wurden.
Zwar fiel Leonor de Guzman 1351 der
Rache der gedemütigten Maria von Portugal
zum Opfer, führte Heinrich von Trastmara
in
der Folgezeit zumeist das unstete Leben eines Flüchtlings, doch sollte
der innere Gegensatz in Kastilien selbst nach der Befriedung des aufständischen
Gijon und der Andalucia nie zur Ruhe kommen und schließlich durch
seine Verquickung mit der Außenpolitik eine bedrohliche Dimension
einnehmen.
An dieser Entwicklung war Peter
I. nicht unschuldig, da er die wohldurchdachten Pläne Albuquerques
in eigenwilliger Weise durchkreuzte, ohne die langfristigen Folgen abzusehen.
Hatte Albuquqerque, nachdem er 1351
Ausgleichsverhandlungen mit England, Navarra und Portugal erfolgreich
abgeschlossen und 1352 durch den Vertrag von Tarazona mit Aragon ein modus
vivendi gefunden worden waren, angesichts der Frontbildungen des Hundertjährigen
Krieges auf die französische Karte gesetzt und diese Allianz durch
die Heirat Peters I. mit Blanche
von Frankreich, der Tochter des Herzogs von Bourbon, zu zementieren
versucht (1353), so brachte der kastilische König das ganze Gebäude
zum Einsturz, als er seine Gemahlin sofort verstieß und in die Arme
seiner Geliebten Maria de Padilla floh. Die Ergebnisse dieses überstürzten
Aktes waren katastrophal: Neben Frankreich wurde auch das Papsttum, das
die Eheschließung gefördert hatte, auf die Seite der Gegner
Kastiliens getrieben; dementsprechend wurde auch der hohe Klerus restlos
verprellt, nachdem der frühere Kanzler und Erzbischof von Toledo,
Gil de Albornez, bereits 1350 nach Avignon hatte weichen müssen und
dort zum Kardinal erhoben worden war; der endgültige Bruch mit Albuquerque,
der sich schon auf den Cortes von Valaldolid angekündigt hatte und
in den Vorgängen um die Heirat offenbar geworden war, zog dessen Sturz
nach sich und beraubte den König seiner verläßlichsten
Stütze gegenüber dem oppositionellen Adel; sowohl die Infanten
von Aragon, das heißt die Söhne der Eleonore
von Kastilien, als auch die GUZMAN-Bastarde konnten erneut solide
Parteiblöcke bilden und ihre Position entscheidend verstärken.
Während Peter I. die personellen
Lücken durch Mitglieder des PADILLA-Anhangs füllte und damit
den Hochadel weiter gegen sich aufbrachte, konnte Tello,
ein jüngerer Bruder Heinrichs von Trastamara,
mit Juana Nunez de Lara - als älteste Tochter der Maria de Haro verkörperte
sie den Zusammenschluß der bedeutenden Adelshäuser LARA und
HARO - die Erbin des Vizcaya-Besitzes heiraten.
Es folgten Jahre politischer Wirren. Sie sahen den zeitweiligen
Zusammenschluß des sich im Zeichen der Ansprüche der Infanten
von Aragon und der GUZMAN-Bastarde intern befehdenden Adels unter
Albuquerque; die Auflösung der Ehe Peters
I. mit Blanche von Frankreich,
und die erneute Heirat des Königs mit Juana
de Castro, was ihm die Unterstützung des Galicien beherrschenden
Adelshauses der CASTRO eintrug, aber auch eine Annäherung an Portugal
bedeutete; den Tod Albuquerques (1354),
dessen Leichnam von seinen aufständischen Anhängern nicht bestattet,
sondern auf ihren Feldzügen wie eine Standarde vorangetragen wurde;
die Verhandlungen von Toro, auf denen eine Adelskoalition Beteiligung an
der Regierung verlangte; die vorübergehende Gefangensetzung des Königs,
der entfliehen, den Spieß umdrehen und schließlich Heinrich
samt seiner TRASTAMARA-Partei außer
Landes treiben konnte, bevor er selbst nach den Fall Toros (Ende Januar
1356) imstande war, seinen autoritären, einzig auf seine Person
zugeschnittene Regierungsstil endgültig durchzusetzen und den Adel
weitgehend von der politischen Führung auszuschließen. Alle
diese heftigen Auseinandersetzungen, die von brutalen Racheakten begleitet
waren, gingen schließlich reibungslos in den kastilisch-aragonesischen
Krieg von 1355-1356, die sogenannte Guerra de los dos Pedros, über,
der die innerkastilischen Gegensätze in eine europäische Koalitionsbildung
hinübergleiten ließ. Einem Bündnis zwischen Aragon, Frankreich
und Heinrich von Trastamara sollte
schon bald eine Allianz zwischen Kastilien, England und Portugal gegenüberstehen.
Nicht gemeinsame Zielsetzung, sondern der gemeinsame Feind bestimmten das
Bild der Politik. Die Annäherung der Infanten von Aragon an Peter
I. und der Versuch, über ihre Ansprüche die innerkastilischen
Verhältnisse zu zerrütten, zeitigten den Anschluß Heinrichs
von Trastamara an Peter IV. von Aragon,
der ihn als seinen Lehnsmann aufnahm und ihm die Güter Ferdinands
von Aragom übertrug. Aragon wurde zum Auffangbecken für
den oppositionellen kastilischen Adel, was Peter
IV. andererseits veranlaßte, von seinen führenden
Vertretern die Abtretung Murcias und wichtiger andalusischer Städte
zu verlangen.
Begleitet wurde diese Entwicklung von einer beispiellosen,
sich über Jahrzehnte hinziehenden Propagandaoffensive der TRASTAMARA-Partei,
durch die das Bild Peters I. in der
spätmittelalterlichen Historiographie - hauptsächlich vermittelt
durch Pero Lopez de Ayala - geprägt werden und der der König
in erster Linie seinen eingängigen Beinamen el Cruel verdanken
sollte. Gewiß waren viele Vorwürfe berechtigt, und niemand kann
leugnen, dass sich der kastilische Monarch dazu hinreißen ließ,
gewissenlos, ja in manchen Fällen fast schon mit aufgeklärter
Rationalität Greueltaten und Morde zu begehen, die einzig der Befriedigung
seiner Rachegefühle oder der Machterhaltung dienten. Als sich Ende
1357 Ferdinand von Aragon mit Peter
IV. aussöhnte und zudem Johanna
Manuel in das feindliche Nachbarreich überwechselte, begann
Peter
I., der akuten Bedrohung seiner Herrschaft durch eine systematische
Ausrottung der kastilischen Adelsopposition zu begegnen, der 1358 Heinrichs
Bruder
Fadrique, Eleonore
von Kastilien, Johann von Aragon
sowie die Töchter des Juan Nunez de Lara zum Opfer fielen. Dennoch
sprengte die Verhaltensweise des kastilsichen Königs keineswegs jeden
zeitgenösssichen Vorstellungsrahmen, wie die gegnerische Propapanda
glauben machen will. Vielmehr schreckte man auch auf der TRASTAMARA-Seite
nicht vor brutalen Gewaltakten zurück, sollte die politische Opportunität
diese erfordern.
Die Argumente der TRASTAMARA-Opposition
zielten über das Vordergründige hinaus auf einen anderen Bereich.
Der Vorwurf der Grausamkeit sollte Peter I. als
Tyrannen kennzeichnen und damit seine Fähigkeit zur Herrschaftsausübung
in Zweifel ziehen. Fehlte dem König aber offensichtlich die Idoneität,
die Eignung, dann mußte alles getan werden, um ihn durch einen geeigneten
Herrscher zu ersetzen - es ist klar, dass dies für die TRASTMARA-Anhänger
nur Heinrich sein konnte. Mit seiner
ganzen Herrschaftsauffassung kam Peter I. einer
solchen Propaganda natürlich sehr entgegen. Die Idee des Rittertums
schätzte er im Gegensatz zu seinem Vater gering, obwohl er bewußt
den Versuch unternahm, sich ebenfalls auf die nach oben drängenden,
niederen Adelsschichten, die Städte und jüdischen Finanziers
beziehungsweise jüdischen Verwaltungsfachleute, die vornehmlich bei
der Steuererhebung eingesetzt und deshalb unbeliebt waren, zu stützen.
Entscheidend beeinflußt worden war sein Herrscherbild durch den Fürstenspiegel
des Aegidius Romanus, den ihm in seiner Jugend sein Lehrer Fray Juan Garcia
de Castrojeriz übersetzt und in komprimierter Form nahegebracht hatte.
Die dort entwickelten Vorstellungen von der Monarchie als bester aller
Herrschaftsformen und der unbegrenzten Gewalt des Monarchen, dem seine
Untergebenen völlige Unterwerfung und Gehorsam schuldeten, lehnte
die Wahl als Begründung der Thronfolge ab und bevorzugten das Erbrecht
sowie die direkte Sohnesfolge. Berücksichtigt man dies, kann man ermessen,
welche Bedeutung der zweite, durch Balladen weitverbreitete Vorwurf der
TRASTAMARA-Propaganda,
Peter
sei
nicht der wirkliche Sohn
Alfons' XI.,
sondern ein Kind jüdischer Eltern (!), das man anstelle der tatsächlich
geborenen Tochter in die Wiege gelegt habe, ein Pero Gil, für das
Selbstverständnis des Königs und seines Anhangs - man sprach
schließlich von emperogilados - haben mußte. Mit dieser Unterstellung
beabsichtigte man nicht nur,
Peter I.
mit Heinrich von Trastamara auf eine
Stufe (oder noch weiter darunter!) zu stellen und so den wichtigsten Einwand
gegen seine Person, der illegitimen Herkunft, die Spitze zu nehmen, sondern
man suchte auch, die monarchische Ideologie an ihrem empfindlichsten Punkt
zu treffen. Folgerichtig schürte die TRASTAMARA-Propaganda
während des Bürgerkriegs antijüdische Sentiments und traf
mit ihren Bemühungen wegen des vermuteten Reichtums der Finanziers
und Berater Peters I., der Unbeliebtheit
der Juden als Steuereinnehmer und einer engstirnigen Ablehnung aus religiösen
Gründen auf breite Zustimmung.
Vorerst waren die politischen Entwicklungen allerdings
noch nicht weit genug gediehen, so dass ein Feldzug Heinrichs
von Trastamara, der unverhohlen mit antijüdischer Tendenz
geführt wurde, in einer Niederlage bei Najera (24. April 1360) endete
und höchstens zu verstärkten Unterdrückungsmaßnahmen
in Kastilien führte. Trotzdem begannen seit dieser Zeit die Warnzeichen
für Peter I. deutlicher sichtbar
zu werden. Der Vertrag von Bretigny (1. Mai 1360), der Frankreich in die
Defensive drängte, sorgte ebenfalls für eine Beruhigung auf der
Iberischen Halbinsel, und selbst ein gelungener Aufstand gegen den mit
Kastilien verbündeten Muhammad V. von Granada
konnte
die Stellung Peters nicht ernsthaft
erschüttern. Hingegen trat mit Karl II. dem
Bösen (el Malo) von Navarra, auf dessen Haus (EVREUX)
das navarresische Königtum seit 1328 übergegangen war, erneut
ein potentielelr Bündnispartner in Erscheinung, dessen Ambitionen
auf das Herzogtum Burgund Anlaß dafür waren, ein Zusammengehen
mit Kastilien als Druckmittel gegen Frankreich einzusetzen.
Als ungemein gefährlich für die innere Ordnung
der Krone Kastilien erwies sich zur gleichen Zeit das Vorgehen Peters
IV. von Aragon. Mit der offiziellen Anerkennung der kastilischen
Thronrechte seines Halbbruders Ferdinand,
der im Gegensatz zu Heinrich von Trastamara von
legitimer Geburt war, schürte er die Diskussion um die Erbfolgefrage,
zumal Peter I. nach der Ermordung der
Blanche
von
Frankreich und dem Tod der
Maria de Padilla selbst nur
über illegitime Nachkommen verfügte. Im Gegenzug gab der kastilische
König vor, bereits vor der Eheschließung mit Blanche
heimlich mit Maria verheiratet gewesen zu sein und brachte die Cortes
dazu, die dieser Verbindung entsprossenen vier Kinder - darunter mit
Alfonso ein Sohn - zu legitimieren. Dise Lösung erwies
sich jedoch als zu einfach, um politisch auf lange Sicht tragfähig
zu sein. Bereits 1363 änderten sich die Machtkonstellationen wieder
grundlegend und lenkten in die alten Bahnen ein. Erfolge Peters
I., die zum Frieden von Murviedro führten (Juli 1363),
wurden aufgewogen durch die nunmehr geheime Anerkennung Heinrichs
von Trastamara als Thronanwärter durch Peter
IV., die daraufhin erfolgte Ermordung Ferdinands
von Aragon und den Tod des Infanten
Alfonso in Sevilla (Oktober 1363). Zwar war der kastilische
König einer Anerkennung seiner möglichen Rivalen durch auswärtige
Mächte längst zuvorgekommen, indem er sich das Erbrecht seiner
drei Töchter ebenfalls vom Adel hatte bestätigen lassen, doch
stand ihm nun ein einziger Thronbewerber gegenüber, der mühelos
alle oppositionellen Kräfte auf sich vereinigen konnte.
Erste Auswirkungen der geänderten Taktik
Peters IV. hatten sich schon Ende August 1363 gezeigt, als sich
Aragon, Navarra und Heinrich von Trastamara im
Bündnis von Uncastillo zusammenfanden, für dessen Erfüllung
der gemeinsame Sieg gegen Kastilien die unabdingbare Voraussetzung war.
Navarra benötigte die Hilfe Aragons gegen Frankreich; Heinrich
von Trastamara mußte Peter IV.
im
Siegfall die Abtretung von Toledo und Murcia sowie Karl
dem Bösen die Übergabe aller Gebiete, die jemals navarresisch
gewesen waren, zugestehen. War diese Absprache angesichts der militärischen
Gegebenheiten vorerst kaumm durchführbar und eher von opportunistischem
Zweckdenken getragen, so wurde ihre Verwirklichung dringend erforderlich,
als 1364 mit Karl V. eine neuer König
von Frankreich gekrönt und schon bald den englisch-navarresischen
Truppen bei Cocherel durch den überragenden Feldherrn Bertrad Du Guesclin
eine vernichtende Niederlage beigebracht wurde. Karl
der Böse geriet unversehens in die Defensive, so dass das
Zusammengehen mit Aragon seine einzige Chance darstellte: Nachdenm aber
in Aragon mit dem Sturz des Bernhard von Cabrera der entschiedenste Fürsprecher
einer Friedenspolitik gegenüber Kastilien ausgeschaltet worden war,
vollzog Peter IV. eine Annäherung
an das wiedererstarkte Frankreich, zumal Heinrich
von Trastamara, der sich lieber an den Sieger hielt, mit vollmundigen
Versprechen kräftig nachhalf.
Schließlich erneuerte der aragonesische König
die geheime Übereinkunft von 1363 und versprach darüber hinaus,
seine Tochter Eleonore dem Infanten
Johann, dem ältesten Sohn Heinrichs,
der sich seit jenen Tagen als Geisel am Barceloneser Hof befand, zur Gemahlin
zu geben. Ergebnis dieser politischen Wende war die Rückführung
Heinrichs
von Trastamara durch französische Söldnertruppen unter
Befehl der Kapitäne Bertrand Du Guesclin und Hugh Calveley sowie des
Marschalls Arnoul d'Augrehem nach Kastilien, wo er sich am 16. März
1366 in Calahorra offiziel als Heinrich II.
zum König proklamieren und Anfang April in Las Huelgas feierlich krönen
ließ. Offiziell wurde das gesamte Unternehmen als Kreuzzug gegen
Granada deklariert, weshalb Du Guesclin, bereits früher von Peter
IV. mit der Grafschaft Borja bedacht, am 29. März von Heinrich
II. die Krone des granadischen Maurenreiches erhalten sollte.
Das verhältnismäßig unproblematische
Vorrücken Heinrichs von Trastamara
und seiner Verbündeten war nur möglich, weil Peter
I. seinem Rivalen die N-Region kampflos überließ
und sich nach Andalusien zurückzog, um von dort den Gegenschlag zu
führen. Dies erwies sich als die falsche Taktik, da der TRASTAMARA
in Kastilien überraschend schnell Fuß fassen, Adel und Städte
auf seine Seite ziehen und bereits Mitte Mai Toledo einnehmen konnte. Flankiert
wurde sein Vorgehen nicht nur durch eine gezielte Propaganda sondern auch
durch die rasante Herausbildung einer neuen, seiner Sache ergebenen Adelsschicht.
Jetzt rächte sich der verheerende Kahlschlag, den Peter
I. durch seine zahlreichen Racheaktionen innerhalb des alteingesessenen
Adels, der nobleza vieja, angerichtet hatte. Dies nutzte Heinrich
II. aus, um als äußeres Zeichen für seine Restaurationspolitik
neue Adelstitel mit den entsprechenden Gebietszuwendungen zu schaffen,
dieselben als königliche Gunstbeweise, die ersten mercedes enriquenas,
an seine Gefolgsleute - die ausländischen Söldnerführer,
die Adligen anderer Reiche auf der Iberischen Halbinsel, seine nächsten
Verwandten und seine adligen Mitstreiter aus dem Bereich der Krone Kastilien
- zu verleihen und sich so einen festen, ihm völlig ergebenen Anhang
zu schaffen. Die bedeutendsten Gebietsherrschaften erhielten der Graf
Alfons von Ribagorza und Denia, ältester Sohn des Infanten
Peter von Aragon, mit dem Marquesado von Villena - darin waren
die früheren Besitzungen des Juan Manuel
aufgegangen
-, Du Guesclin - später zum Herzog von Molina und Condestable von
Kastilien erhoben - mit der Grafschaft Trastamara, Valveley mit der Grafschaft
Carrion, Heinrichs Brüder Sancho
und Tello
mit der Grafschaft Albuquerque
sowie dem Senorio von Ledesma beziehungsweise mit den unter dem Grafentitel
zusammengebundenen Territorien von Vizcaya, Lara, Aguilar und Castaneda.
Darüber hinaus bedachte
Heinrich II. seinen
eigenen Bastardsohn
Alfonso Enriquez
mit den Grafenrechten von Norena und Gijon, um seine Stellung in Asturien
abzusichern. Deutlicher konnte der Versuch, die Adelsherrschaft wieder
in altem Glanz aufstehen zu lassen - wenn auch unter dem unanfechtbaren
Primat der TRASTAMARA -, kaum dokumentiert
werden. Der lange schwelende Bürgerkrieg war in seine entscheidende
Phase getreten.
Der sich immer mehr beschleunigende Verfall seiner Machtposition
veranlaßte Peter I. zur Flucht
von Sevilla über Albuquerque nach Galicien, wo der Graf Fernando von
Castro sein ergebener Statthalter war. Als sich allerdings Hoffnungen auf
portugiesische Hilfe zerschlugen, blieb ihm nichts anders übrig, als
sich ebenfalls an eine ausländische Macht um Untertützung zu
wenden. Für einen solchen Schritt bot sich einzig England an, das
befürchten mußte, durch ein Zusammengehen der kastilischen mit
der französischen Marine die Kontrolle über wichtige Seegebiete
und Handelswege zu verlieren. Deshalb lag es durchaus im übergeordneten
Interesse des Inselreichs, als sein festländischer Statthalter Edward,
Prinz von Wales, Fürst von Aquitanien, Sohn König
Edwards III., seit dem 16. Jahrhundert mit dem Beinamen Schwarzer
Prinz gekennzeichnet, dem kastilischen König im Vertrag
von Libourne (22. September 1366) zusagte, militärisch auf der Iberischen
Halbinsel einzugreifen. Ebenfalls an diesem Abkommen beteiligt war
Karl der Böse, dessen Reich als Durchmarschgebiet für
die anglo-gasconischen Truppen ein hoher strategischer Wert zukam. Während
sich Navarra seine Hilfe sowohl durch Gelldzahlungen als auch durch die
Abtretung von Guipuzcoa und Alava entlohnen ließ, sollte der Schwarze
Prinz als Ersatz für die horrenden Kosten des Unternehmens
den Senorio von Vizcaya übertragen bekommen. Damit hatte die Allianz
gegen Frankreich, Aragon und Heinrich II.,
zu der noch mit Jakob IV. von Mallorca
ein Todfeind Peters IV. stieß,
festen Bestand angenommen. Obwohl Heinrich II.
noch im letzten Moment Navarra auf seine Seite zu ziehen suchte, konnte
der Durchzug des Söldnerheeres nicht verhindert werden, so dass es
am 3. April 1367 zur Entscheidungsschlacht von Najera kam. Heinrich
II. erlitt eine vernichtende Niederlage, sah sich erneut zur
Flucht gezwungen und schien am Ende zu sein.
In dieser für die TRASTAMARA-Sache
desperaten Situation setzte unverhofft der Wandel zum Besseren ein. Im
Hochgefühl des vollkommenen Sieges glaubte Peter
I., die England gemachten finanziellen Zusagen, die sowieso
trotz sofort erhobener Steuer kaum zu erfüllen waren, weitgehend herunterhandeln
oder gar ignorieren zu können. An dieser Frage und an der Weigerung
des Kastiliers, die versprochenen Territorien zu übergeben, zerbrach
die Koalition mit dem Schwarzen Prinzen.
Dieser näherte sich statt dessen Peter IV.
an
und verfolgte nun den Plan, die Krone Kastilien unter England, Aragon,
Portugal und Navarra aufzuteilen. Verheerend wirkte sich jedoch vor allen
Dingen die Freilassung der bei Najera in Gefangenschaft geratenen Adligen
gegen Zahlung kräftiger Lösegelder aus. Nur so ist zu erklären,
dass die TRASTAMARA-Partei nach dem
Abzug des Schwarzen Prinzen im September
1367 fast wieder in alter Stärke dastand, kaum dass seit der Niederlage
von Najera fünf Monate vergangen waren. Nun entwickelte sich zwischen
den beiden Machtblöcken ein Stellungskampf mit verhärteten Fronten,
durch den Kastilien in zwei Teile geteilt wurde: Während
Peter
I. sein Herrschaftszentrum in Andalucia und Galicien hatte,
konnte Heinrich II., der sich der Gunst
des Klerus und einer Vielzahl von Städten erfreute, Kastilien selbst,
Asturien und Leon auf seine Seite ziehen.
Den Ausschlag gab letztlich die Tatsache, dass Frankreich
mit dem Vertrag von Toledo (20. November 1368) seine Unterstützung
Heinrich
II. aufgrund flottenstrategischer Erwägungen erneuerte
und abermals Du Guesclin entsandte. Nachdem Peter
I. am 14. März 1369 die Schlacht von Montiel verloren hatte
und gut eine Woche später - aus der belagerten, aber sicheren Burg
durch arglistige Versprechungen herausgelockt - von seinem Halbbruder eigenhändig
ermordet worden war, wurde der gewaltsame Dynastiewechsel Wirklichkeit.