Begraben: Corbeil
Tochter des Königs Waldemar
I. von Dänemark und der Sophie
von Nowgorod, Tochter von Fürst
Wladimir III.
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 414
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Ingeborg von Dänemark, Königin von Frankreich
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* um 1175, + um 1237 oder 1238
Corbeil
Begraben: Corbeil
Tochter von König Waldemar I. (+ 1182) und Sophia, wohl von Minsk (+ 1198)
oo 14. August 1193 König Philipp II. August von Frankreich
Die wohl auf französische Initiative geschlossene
Ehe wurde von dänischer Seite als Stütze gegen HEINRICH
VI. betrachtet. Doch betrieb Philipp
II. aus rasch zutage getretener Abneigung (vielleicht im Zusammenhang
mit einer nervösen Erkrankung des Königs) die Scheidung, für
die sich eine Versammlung der Großen (5. November 1193) unter Hinweis
auf eine Verwandtschaft Ingeborgs mit
der verstorbenen Gattin des Königs erklärte. Ingeborg
von Dänemark verweigerte aber ihre Zustimmung und appellierte
an den Papst; die dänische Monarchie, die die Anerkennung Ingeborgs
als französische Königin in den folgenden Jahren zu einem ihrer
außenpolitischen Hauptziele machen sollte, richtete ihrerseits eine
Gesandtschaft an den Heiligen Stuhl, der daraufhin dem französischen
König die Aufrechterhaltung der Ehe gebot. Philipp
II., der sich mit für die Zeit ungewöhnlichen Entschlossenheit
über die kanonischen Rechtsvorschriften hinwegsetzte, ging gleichwohl
eine neue Ehe ein. Bald nach der Amtseinführung (1198) wandte sich
Papst Innozenz III. entschieden gegen den König und entsandte einen
Legaten, der schließlich das Interdikt über Frankreich verhängte
(Dezember 1199), das aber wieder aufgehoben wurde, nachdem der König
die Absicht bekundet hatte, die mittlerweile auf Etampes internierte
Ingeborg
von Dänemark künftig korrekt zu behandeln. Nach dem
Mißlingen eines durch den König initiierten Scheidungsprozesses
(Soissons, 121) versuchte Philipp,
Ingeborgs Widerstand durch strenge
Haft und unwürdige Behandlung zu brechen. 1208 ersuchte er den Papst
um die Scheidung. Der Papst, der stets auf Einhaltung der kanonischen Rechtsvorschriften
bestand, teilte erst im Juni 1212 dem König abschließend mit,
daß er die Ehe nicht scheiden könne, da
Ingeborg von Dänemark unter Eid den Vollzug der Ehe erklärt
hatte. Im April 1213 wurde Ingeborg
endlich
freigelassen und wieder als Königin anerkannt, lebte aber vom König
getrennt. Ihr tragisches Schicksal, das die Königin in tiefer Religiosität
und im Bewußtsein ihres königlichen Ranges und der Unauflöslichkeit
des Ehesakraments mit Würde ertrug, war eng mit dem Wechselspiel der
großen Politik verflochten; ihre Freilassung muß im Licht der
französisch-päpstlichen Entente gegenüber der welfisch-flandrisch-englischen
Koalition am Vorabend von Bouvines gesehen werden. - Der berühmte
Ingeborg-Psalter ist ein Hauptwerk der französischen Kunst an der
Schwelle der Gotik.
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Ingeborg wurde aus
unbekannten Gründen nach der Hochzeitsnacht von Philipp
II. August verstoßen. Willige Prälaten schieden das
Paar wegen zu naher Verwandtschaft und der König heiratete 1196 Agnes
von Meran. Daraufhin verhängte der Papst, an den sich Ingeborg
gewandt hatte, das Interdikt über Frankreich. 1213 nahm der König
Ingeborg wieder als Gemahlin zu sich, die seit 1196 als Gefangene
in Etampes gesessen hatte. Dafür legitimierte der Papst die Kinder
von Agnes.
Ehlers Joachim: Seite 161
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"Die französischen Könige"
Von Anfang an war diese Ehe durch eine unverhohlen zur Schau gestellte Abneigung des Königs gegen seine Frau belastet, die ihrerseits jeden Gedanken an Scheidung von sich wies und auf den Rechten einer Königin von Frankreich bestand. Als Philipp sie dennoch vom Hof entfernen ließ, appellierte Ingeborg an den Papst. Der König heiratete trotz erdrückender Rechtsbedenken Coelestins III. und der Öffentlichkeit wegen seiner nach wie vor bestehenden Ehe im Juni 1196 Agnes von Meran. Dies brachte Frankreich im Januar 1198 das Interdikt ein. Als im Mai 1201 endlich die Versammlung zur Klärung der königlichen Eheprobleme zusammentrat, stellte sich bald heraus, dass es kaum positive Stimmen für Philipp geben würde; der König holte deshalb, um einer förmlichen Verurteilung zuvorzukommen, Ingeborg an den Hof zurück, und als Agnes von Meran wenige Wochen später starb, waren die Rechtsgründe für eine künftige päpstliche Pression entfallen.
Pernoud Regine: Seite 20-21,101-102
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"Herrscherin in bewegter Zeit"
Am 13. Januar hatte der päpstliche Legat den Bann
über das Königreich Frankreich verhängt, Grund dafür
war eine Frau.
Am französischen Königshof hatte sich eine
Tragödie abgespielt. Philipp August,
dessen erste Gemahlin gestorben war, hatte erfolgreich um die Hand
Ingeborgs, der Schwester des dänischen
Königs Knut VI., angehalten und sich am 15. August 1193
in Paris feierlich mit ihr vermählt. Was in der Hochzeitsnacht geschah,
ist ein Geheimnis geblieben. Jedenfalls brach König
Philipp am nächsten Tag, als er seine junge Frau erblickte,
die übrigens jedermann sehr liebreizend fand, der kalte Schweiß
aus, und er wurde von einem nervösen Zittern befallen. Unverzüglich
äußerte er seine Absicht, sie zu verstoßen. Es ist eines
der Rätsel unserer Geschichte geblieben. Wie auch immer die dänische
Prinzessin ausgesehen haben mag, das Verhalten des Königs war in jedem
Fall unentschuldbar. Nicht genug damit, dass er sich weigerte, Ingeborg
als seine Gemahlin anzuerkennen, er ging sogar so weit, sie gefangenzusetzen.
Um sich wiederverheiraten zu können, mußte er sich offiziell
von ihr scheiden lassen. Dafür benötigte er jedoch einen plausiblen
Grund. Er behauptete einfach, Ingeborg
sei mit seiner ersten Frau, Elisabeth von Hennegau,
verwandt, und heiratete kurze Zeit später Agnes
von Meran, die Tochter eines deutschen Reichsfürsten -
die übrigens in einem nicht gestatteten Grad mit ihm verwandt war.
Gefällige Prälaten hatten seine zweite Heirat annuliert und die
dritte gutgeheißen.
Doch Ingeborg wandte
sich an den Papst, der nicht anders konnte, als für sie Partei zu
ergreifen. Coelestin III. ließ es aber bei einer Ermahnung und einem
verbalen Verbot bewenden. Als Innocenz III. ihm auf den Heiligen Stuhl
folgte, zog sich die Angelegenheit bereits zwei Jahre hin - Philipps
Hochzeit mit Agnes war am 7. Mai 1196
gefeiert worden. Der neue Papst beschwor den König, sein Unrecht wiedergutzumachen.
Da Philipp sich unbeugsam zeigte, wurde über sein Reich der Kirchenbann
verhängt. Bis zum folgenden September sollte der Bann auf dem Reich
lasten. Erst dann war Philipp bereit,
sich von Agnes zu trennen, so dass der Papst den Bann aufheben konnte.
10 Jahre vor seinem Tod, 1213, hatte
Philipp seiner Gemahlin, Königin
Ingeborg, die ihr zustehende Stellung am französischen
Hof zurückgegeben. Um sie zu verstoßen, hatte er seinerzeit
sämtliche Hintertreppen des weltlichen und des kanonischen Rechts
benutzt, sie eingeschüchtert, bedroht, schließlich zuerst in
der Abtei Cisoing zu Tournai, dann in einem Turm in Etampes gefangengehalten.
Gefällige Prälaten hatten die Ehe annulliert, und Legaten des
Papstes hatten sie wieder für gültig erklärt. 20 Jahre lang
hatte Ingeborg mit eisernem Willen
durchgehalten und mit solcher Hartnäckigkeit ihr Recht gefordert,
dass Philipp schließlich nachgeben
mußte.
Königin war sie und Königin wollte sie auch
bleiben. Und tatsächlich blieb sie bis zu ihrem Tod, der sie 1236,
also sehr viel später als ihren Gemahl, ereilte. Während ihrer
letzten Lebensjahre nannte man sie "die Königin von Orleans",
denn nachdem sie Witwe geworden war, hielt sie sich am liebsten in Orleans
und Corbeil auf. Eine starke Persönlichkeit, diese Königin von
Orleans, wie übrigens viele fürstliche Frauen jener Zeit. König
Philipp scheint ihr während seiner letzten Lebensjahre
treu gewesen zu sein. Er bedachte sie in seinem Testament und nennt sie
darin seine "carissima uxor", seine sehr treue Frau. Was Ludwig
anging,
so behandelte er sie, wie Zeitzeugen einstimmig erklärten, "nicht
wie eine Stiefmutter, sondern wie seine Mutter."
15.8.1193
oo 2. Philipp II. August König von Frankreich
x 21.8.1165-14.7.1223
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 142-144,150 - Ehlers
Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987
Seite 130 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 155,161
- Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515.
Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 161 - Le Goff Jacques:
Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 75,80,304,414,514-515,622,791,797
- Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969
Seite 354,355,357 - Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter
Zeit. Blanca von Kastilien, Königin von Frakreich. Diederichs Verlag
München 1991 Seite 20,85,101,112,205 - Schnith Karl: Frauen
des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997
Seite 257 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen.
Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich
Pustet Regensburg 1996 Seite 113-118 - Winkelmann, Eduard:
Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Philipp von Schwaben und Otto
IV. von Braunschweig 1. Buch Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1873,
Seite 151,212,214,215,529 - Winkelmann, Eduard: Jahrbücher
der Deutschen Geschichte, Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig
2. Buch Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1873, Seite 154,251-253,357,369,387
- Winkelmann Eduard: Kaiser Friedrich II. 1. Band, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt 1963, Seite 482 -