Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 71
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Magdeburg
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Stadt an der Elbe (Sachsen-Anhalt)
B. ERZBISTUM
Spätestens seit 955 verfolgte OTTO
I. den Plan der Errichtung eines Erzbistums in Magdeburg
mit Missionauftrag für die slavischen Gebiete. Der 968 gegen den Widerstand
des Erzbischofs von Mainz und des Bischofs von Halberstadt durchgesetzten
Gründung wurden die Bistümer Brandenburg, Havelberg, Zeitz, Meißen
und Merseburg unterstellt. Über die Besitzungen und Rechte des Mauritiusklosters
hinaus stattete OTTO I. das Erzbistum
großzügig mit Landzuweisungen, königlichen Einkünften
und nutzbaren Rechten aus. Dem König blieb das Recht der Zustimmung
bei Besitzveränderungen und ein eigenkirchenrechtlicher Zugriff auf
das Vermögen des Erzbistums bis zum Wormser Konkordat gewahrt. Er
konnte das Gastungs-, Regalien- und Spolienrecht beanspruchen und die Erzbischöfe
waren zu Hof- und Heerfahrt verpflichtet. allerdings vermochte
Magdeburg, die ihm von
OTTO I. zugedachten Aufgaben nur für kurze Zeit unmittelbar
nach seiner Gründung wahrzunehmen (968-983). Der Slavenaufstand von
983 störte die weitere Entwicklung des Erzbistums nachhaltig. Ohnehin
verlor Magdeburg unter den SALIERN
seine herausragende Stellung im Reich und sogar in Sachsen (bevorzugte
Pfalz wurde Goslar). Die Kirchenreformbewegung wurde (im Anschluß
an die Reform des Klosters Berge) durch die Augustinerchorherren (1116)
und die Prämonstratenser (1129) sowie vor allem durch deren Gründer,
Erzbischof Norbert von Xanten (1126-1134) getragen.
Im 12. Jh. gelang den Erzbischöfen vor allem dem
herausragenden
Wichmann (1152/54-1192) - durch Besitzarrondierung,
unter Ausnutzung der Kolonisation und gestützt auf die entstehende
erzstiftische Ministerialität, die Ausbildung einer Landesherrschaft
(ostelbische Gebiete; im Westen wohl erst während des 13. Jh.). Sie
handelten dabei in der ihnen seit dem Wormser Konkordat zugewachsenen Funktion
als Reichsfürsten, nicht mehr nur als Metropoliten. Auch ihr Verhältnis
zum Königtum war damit (gegenüber dem 10. Jh.) grundsätzlich
und endgültig verändert. Vereinzelte Versuche, auf den Osten
auszugreifen, blieben ohne den gewünschten Erfolg: nach 1109 Erwerbung
von Lebus unter Adelgot (1107-1119); Verlust spätestens 1123/24),
Ansprüche Norberts
über die polnische Kirche (1133) und
die Expansionspläne
Albrechts II. (1205-1232). Unter Wichmann,
Ludolf
(1192-1205/06) und Albrecht II. wurde das Erzbistum in den staufisch-welfischen
Thronstreit
hineingezogen und ging, zunächst entschieden auf der Seite PHILIPPS
VON SCHWABEN, unter Albrecht II. zu OTTO
IV. über.
Während und nach dem Interregnum entwickelte sich
die Verbindung
Magdeburgs zum Königtum
nur gering. Sie wurde erst unter KARL IV. wieder
stärker, der das Erzbistum nachhaltig in seine Personalpolitik einbezog;
seine Eingriffe in Domherren- und Bischofsbesetzungen führten allerdings
bald zu Konflikten. Gleichzeitig war das Erzbistum im 14. Jh. in heftige
Auseinandersetzungen unter anderem mit den askanischen Markgrafen von Brandenburg
sowie - bis zum Episkopat Günthers von Schwarzburg (1403-1445)
- mit den Städten Magdeburg und Halle
verstrickt. Daran anschließende Reformforderungen und Unruhen (gegen
die Versuche der Resitution landesherrlicher Gewalt in den Städten)
leiteten über zur reformatorischen Bewegung, die unter Erzbischof
Albrecht von Brandenburg (1513-1545) zum Durchbruch kam.
Das an der Grenze des sächsischen Stammesgebietes
reichlich vorhandene Kirchengut wurde in erheblichem Umfange zu Servitien
herangezogen. Am Ende der von Westen her über Hildesheim und Braunschweig
oder vom Leinetal über Seesen, Halberstadt und Oschersleben zur Elbe
führenden Straßen lag in der Nähe einer günstigen
Furt seit karolingischer Zeit neben
einem befestigten Königshofe die von Juden, Friesen, Sachsen
und Slawen bevölkerte Kaufmannssiedlung Magdeburg, die schon im 10.
Jahrhundert Rechtsfähigkeit und Zollvergünstigungen erhielt.
Lebhafte Handelsbeziehungen verbanden sie mit Osteuropa, denn jenseits
des Stromes verzweigte sich der Verkehr fächerförmig. Pfalz und
Burggrafenfeste bildeten eine günstige Ausgangsbasis für Kriegszüge
gegen die Liutizen. 937 errichtete OTTO DER GROSSE
in seiner Pfalz das Mauritiuskloster, dessen Schule sich binnen weniger
Jahrzehnte als geistiges Zentrum für die Slawenbekehrung Ansehen verschaffte.
Von hier ging nicht nur die Mission zwischen Elbe, Saale und Oder aus,
sondern mit wechselndem Erfolg predigten deutsche Priester auch den Polen,
Pruzzen und Russen. Im Jahre 968 wurde die erfolgreiche mönchische
Niederlassung zum Sitze eines Erzbischofs umgestaltet. Die Mönche
des Mauritiusklosters siedelte OTTO
südlich von Magdeburg im Johanneskloster zu Berge neu an. Dass er
sich den künftigen Dom zur Grablege erkor, zeigt, welch hoher Rang
seiner Stiftung für die Ostpolitik des Reiches zugedacht war. Die
neue Diözese umfaßte nur einen schmalen, vom Bistum Halberstadt
abgetrennten Streifen sächsischen Gebiets. Dazu kam rechts der Elbe
und unteren Saale vorwiegend sorbisches Land. Für den Burgward Magdeburg
erhielt das Hochstift Immunität und Königsbann, für die
Kaufmannssiedlung Markt-, Münz- und Zollrecht, zwischen Arneburg und
Alsleben Grundherrschaften, Forsten, Burgen und Nutzungen, außerdem
die Salinen bei Halle samt der starken Festung Giebichenstein am rechten
Saaleufer, in der spätere Herrscher hochgestellte Staatsgefangene
zu verwahren pflegten. Güter und Einkünfte in den Sorbengauen
Neletici und der Grafschaft Eilenburg an der Mulde ergänzen dieses
Vermögen. Die Entwicklung des Erzbistums nahm freilich nicht den erhofften
Verlauf. Der Liutizenaufstand des Jahres 983 beschränkte seinen Wirkungsbereich
im Wesentlichen auf linksrheinisches Gebiet. Trotzdem bildete die berühmte
Domschule im Interesse von Reich und Kirche weiterhin Priester, Missionare
und Diplomaten aus. Zum Hofe unterhielt sie durch die Besetzung mehrere
Domherrnstellen mit Hofkapellänen enge Beziehungen. Über die
Erhebung neuer Erzbischöfe entschieden alle Herrscher ohne Rücksicht
auf die Wünsche des Kapitels.
Adalbert | 968- 981 |
Giseler | 981-1004 |
Tagino | 1004-1012 |
Walthard | 1012 |
Gero | 1012-1023 |
Humfried | 1023-1051 |
Engelhard | 1052-1063 |
Werner von Steußlingen | 1064-1078 |
Hartwig von Ortenburg | 1078-1102 |
Hartwig Abt von Hersfeld | 1085-1088 |
Heinrich I. von Assel | 1102-1107 |
Adalgod von Osterburg | 1107-1119 |
Rudgar von Veltheim | 1119-1125 |
Norbert | 1126-1134 |
Konrad I. von Querfurt | 1134-1142 |
Friedrich I. von Wettin | 1142-1152 |
Wichmann von Seeburg + 1194 | 1152-1192 |
Ludolf von Koppenstedt | 1192-1205 |
Albrecht I. von Käfernburg | 1205-1232 |
Burkhard I. von Woldenberg | 1232-1235 |
Wilbrand von Käfernburg | 1235-1254 |
Rudolf von Dingelstädt | 1254-1260 |
Ruprecht von Mansfeld | 1260-1266 |
Konrad II. von Sternberg | 1266-1277 |
Günther I. von Schwalenberg | 1277-1279 |
Bernhard von Wölpe | 1279-1282 |
Sedisvakanz | 1282-1283 |
Erich von Brandenburg | 1283-1295 |
Burkhard II. von Blankenburg | 1295-1305 |
Heinrich II. von Anhalt | 1305-1307 |
Burkhard III. von Mansfeld-Schrapelau | 1307-1325 |
Heideke von Erffa | 1326-1327 |
Otto von Hessen | 1327-1361 |
Dietrich Kagelwit | 1361-1367 |
Albrecht II. von Sternberg | 1367-1372 |
Peter Gelyto + 1387 | 1372-1381 |
Ludwig von Meißen | 1381-1382 |
Friedrich II. von Hoym | 1382 |
Albrecht III. von Querfurt | 1382-1403 |
Günther II. von Schwarzburg | 1403-1445 |
Friedrich III. von Beichlingen | 1445-1464 |
Johann von Simmern | 1464-1475 |
Ernst von Sachsen | 1476-1513 |
Albrecht IV. von Brandenburg | 1513-1545 |
Johann Albrecht von Brandenburg | 1545-1551 |
Friedrich IV. von Brandenburg | 1551-1552 |
Sigismund von Brandenburg | 1553-1566 |
Joachim Friedrich von Brandenburg + 1608 | 1566-1598 |
Christian Wilhelm von Brandenburg + 1665 | 1598-1631 |
Leopold Wilhelm von Österreich | 1631-1638 |
August von Sachsen-Weißenfels | 1638-1680 |