Lexikon des Mittelalters: Band IX Spalte 378
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Würzburg
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II. BISTUM UND HOCHSTIFT
1. Geschichte
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Nach der Ermordung des heiligen Kilian (um 689) setzte,
gefördert von den Herzögen, die angelsächsische Mission
ein. Bonifatius erreichte 742 im Zusammenwirken mit der Staatsgewalt und
dem Papst für die drei Stämme des ehemaligen Thüringerreiches
drei Bischofssitze, von denen sich nur Würzburg
als lebensfähig erwies. Karlmann
dotierte das Bistum u.a. mit 25 königlichen Eigenkirchen; es wurde
in die Mainzer Kirchenprovinz eingegliedert. Erster Bischof wurde der Angelsachse
Burchard; bereits sein Nachfolger
Megingoz war Franke. KARL
DER GROSSE übertrug
Bischof Berowulf (768/69-800) die
Leitung des Missionssprengel Paderborn und die Ausbildung von Missionaren
für Sachsen: die beiden späteren Bischöfe von Paderborn,
Hathumar
(806/07-815) und Badurad (815-862), wurden an der Domschule
ausgebildet. Im frühen 9. Jh. verfügte das Domstift über
eine bedeutende Bibliothek mit vielen angelsächsischen Provenienz
und eine leistungsfähige Schreibschule.
Aus den Machtkämpfen der spät- und nach-karolingischen
Zeit um die Vorherrschaft in Ostfranken leidlich unbeschädigt hervorgegangen,
fand Würzburg unter den OTTONEN
seinen festen Platz in der Reichskirche. Bischof Heinrich I., der
1007 den Osten des Bistums an Bamberg abtreten musste, legte durch die
Abtretungsentschädigungen, eine geschickte Erwerbspolitik, die Nutzung
vom König abgetretener Hoheitsrechte und durch die feste Eingliederung
der alten Klöster in den Bistumsverband die Grundlagen für das
Würzburger
Territorium, das unter den frühen Herrschern aus dem SALIER-Hause,
dem auch Bischof Bruno entstammte, verdichtet werden konnte. Nach Rückschlägen
unter den papsttreuen Bischof Adalbero während des Investiturstreits
bestätigte Kaiser FRIEDRICH BARBAROSSA
dem Bischof Herold 1168 die alleinige oberste Gerichtsbarkeit im
Bistum und Herzogtum Würzburg ("gülden
freyheit"). Dadurch wurde das Ende der hennebergischen Hochstiftsvogtei
besiegelt und eine Entwicklung abgeschlossen, die durch die Ausschaltung
autogener Gewalten vorbereitet worden war. Die Konzentration der Gerichtsbarkeit,
Städtegründungen, Burgenbau und der Aufbau einer Ministerialität,
deren Angehörige mit Aufgaben der Verwaltung und Verteidigung betraut
wurden, führten zur Stärkung der bischöflichen Landeshoheit,
zu welcher auch Bischof Konrad von Querfurt, der den Bischofssitz
aus der Stadt auf den sicheren Marienberg verlegte, beitrug. Bischof
Hermann I. von Lobdeburg (1225-1254) vollendete den Ausbau des
Würzburger
Territoriums;
er zog auch das Burggrafenamt ein. In dieses seit Ende des 11. Jh. bezeugte
Amt, dem die Wahrnehmung der Rechte des Königtums oblag, waren die
Grafen von Henneberg eingesetzt worden; doch war seine ohnehin nie sehr
große Bedeutung in der letzten Zeit seines Bestehens nahezu erloschen.
Seit Ende der Regierungszeit Hermanns I. führten Kämpfe
zwischen Bischof und Stadt und mehrere Schismen, auch Mißwirtschaft
und ein Absinken der Steuerleistungen, zu einer drückenden Verschuldung
des Hochstifts. Deren Belastung ließ das Domkapitel 1441 die Abtretung
des Hochstifts an den Deutschen Orden erwägen. Besonders die Probleme
der Schuldentilgung und Ausgabenkontrolle begünstigten im 15. Jh.
die Entwicklung der Landstände. Die vom Gründer der ersten, kurzlebigen
Würzburger
Universität, Bischof Johann I. von Egloffstein (1400-1411),
in Angriff genommenen kirchlichen Reformen erlitten unter seinen Nachfolgern
Rückschläge. Eine weitgehende Konsolidierung der Hochstiftsfinanzen
gelang Gottfried IV. Schenk von Limpurg (1443-1455) und Rudolf
II. von Scherenberg, der das Hochstift auch gegen Hegemonialansprüche
des Markgrafen Albrecht Achilles zu verteidigen hatte.
Das räumlich nicht überall zusammenhängende,
mit dem viel größeren Diözesangebiet nicht kongruente reichsunmittelbare
Territorium des Bischofs (Hochstift) war durch Schenkungen, Tausch und
Kauf zustande gekommen, erlitt aber auch, vorwiegend durch nicht mehr ausgelöste
Verpfändungen, Verluste. Die Kerngebiete erstreckten sich zwischen
Eltmann und Gemünden (unterbrochen durch das bambergische Zeil, die
Reichsstadt Schweinfurt und die Grafschaft Limpurg-Speckfeld) beiderseits
und bis Marktheidenfeld noch links des Mains, umfassten das Grabfeld, weite
teile der Rhön und ihres Vorlandes, Teile des (heute badischen) Baulandes,
auch exklavierte Gebiete wie Markt Bibart und (bis 1542) die Stadt Meiningen.
Der geistliche Jurisdiktionsbeziehung des Bischofs reichte dagegen von
Schmalkalden und Petersberg bei Hersfeld im Norden bis über Crailsheim
und Lauffen an der Neckar hinaus im Süden, folgte im Westen dem Neckar
bis Eberbach, wurde dann durch das Erzbistum Mainz, das mit der Pfarrei
Kist bis fast vor die Tore Wützburgs
vorgestoßen war ("Mainzer Keil"), unterbrochen. Im Osten war er seit
1007 durch das Bistum begrenzt.
2. Bischöfe
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Sie entstammten bis Mitte des 13. Jh. fast alle aus edelfreien
Geschlechtern, zum Teil den führenden Familien des Reiches (Rudolf
aus dem Hause der KONRADINER 892-908,
Bruno). Einige von ihnen hatten sich in Hofkapelle und Kanzlei auf
ihre Aufgaben vorbereiten können, waren auch zu Kanzlern aufgestiegen.
Als Bischöfe waren die meisten an den Angelegenheiten des Reiches
als Gesandte, Berater auf Reichsversammlungen und auch als Heerführer
beteiligt. Seit der 2. Hälfte des 13. Jh. gehörten die Bischöfe
vorwiegend der hauptsächlich aus der Stiftsministerialität hervorgegangenen
fränkischen Ritterschaft an. Hatte bis in die STAUFER-Zeit
hinein meist der Einfluss des Königs auch bei formellen Wahlen den
Ausschlag bei den Bischofserhebungen gegeben, so setzte sich seit dem Beginn
des 13. Jh. das Wahlrecht des sich mehr und mehr aus der Ritterschaft rekrutierenden
Domkapitels durch, das meist einen aus seinen eigenen Reihen wählte,
dem es in Wahlkapitulationen, erstmals 1225, die Leitlinien seines Handelns
vorschrieb. Päpstliche Provisionen führten zwar zu Konflikten,
kamen bei Widerstand des Domkapitels aber kaum einmal zum Zuge.
In Würzburg trafen alle aus
Thüringen, Sachsen und Hessen kommenden Straßen zusammen, so
dass die Gaue am mittleren Rhein dank ihrer verkehrsgünstigen Lage
eine wichtige Klammer für den Zusammenhalt des Reiches bildeten. Das
trockene, warme Klima der dicht besiedelten, waldlosen Täler und Ebenen
beiderseits des Flusses begünstigte Landwirtschaft und Weinbau. An
das Maindreieck zwischen Würzburg und Schweinfurt schließt im
Norden der von Lößinseln durchsetzte Grabfeldgau an. Im Nordwalde
wuchs er jenseits der Haßberge über Banz und Coburg hinaus.
Am Steigerwald vorbei schob sich der Volksfeldgau bis Bamberg vor. Zwischen
Hallstadt und Forchheim wurde von der Regnitz bis an die Mainquellen der
Radenzgau erschlossen. Sein waldiges Bergland durchquerten von Würzburg
ausgehende Straßen ans Fichtelgebirge zur thüringischen Saale,
nach Böhmen durch die Egerer Pforte und über die Hersbrucker
Pegnitzfurt nach Regensburg. Dahinter lag als natürlicher Schutz gegen
Thüringen, Böhmen und das bayerische Naabtal ein breiter Gürtel
mächtiger Forsten. Am oberen Main waren nach Ausweis der Orts- und
Flurnamen vom Orlagau her sorbische Siedler in Radenzgau und Volkfeld eingesickert,
vielleicht als Zwangssiedler auf Königsboden, westlich der Regnitz
vereinzelt sogar bis an die steinigen Osthänge des Steigerwaldes.
Ihre letzte Erwähnung fällt ins Jahr 1059. Politisch spielten
sie keine Rolle. Im Westen Mainfrankens bildeten die menschenleeren Forsten
von Spessart und Odenwald eine deutliche Grenzzone gegen das untere Maingebiet
und Rheinfranken. Nur am mittleren Neckar gab es leicht begehbare Durchlässe
in den Kraichgau. Im Süden trennten waldreiche, siedlungsarme Erhebungen
die von Jagst und Kocher durchströmte Hohenloher Ebene von Schwaben,
Ellwanger Berge und Fränkische Alb das Ries, oberes Altmühl-
und Rednitztal vom bayerischen Donaulauf.
Das 741 von Bonifatius geschaffene, der Erzdiözese
Mainz unterstellte Bistum Würzburg umfasste zunächst den gesamten
Raum der von Westen her erschlossenen fränkischen Königsprovinz.
Dotiert wurde es von den KAROLINGERN
mit weit verstreuten Ländereien, Kirchen und Zinsen von 23 Königshöfen.
In der Folgezeit übertrugen ihm die Herrscher Reichsgut, Hintersassen,
Zehnten, Eigenklöster und Hoheitsrechte aller Art. Auch der Adel ordnete
den Bischöfen seine geistlichen Stiftungen unter. Im 10. Jahrhundert
erwarb das Bistum Teile der Babenberger Güter. Sein wachsender Reichtum
hatte aber langwierige, zeitweise blutige Auseinandersetzungen mit den
Schweinfurter Grafen zur Folge.
Weitere Schenkungen durch OTTO
III. und
HEINRICH II. machten
es zum eigentlichen Herrn des Landes, zur wichtigsten Stütze der Reichspolitik
in Franken. Außer Markt, Münze, Zoll, Fährrechten und Gerichtsbarkeit
in Würzburg und an anderen Orten erhielt
es Ländereien, Burgen, Grafschaftsrechte, Wildbannbezirke und Forsten
im Gozfeld, Waldsassen-, Warn- und Rangau, an der fränkischen Saale
um die ehemalige Pfalz Salz, im Steigerwald und um Meiningen, aber auch
außerhalb der Diözese. Ihm gehörten sämtliche Männerklöster
des eigenen Sprengels, darunter so bedeutende wie Amorbach, Neustadt und
Münsterschwarzach. Fulda gelang es nach beträchtlichen Verlusten
am Mittelmain und im Banzgau erst dank der Unterstützung durch Mainz,
Würzburgs Jurisdiktion auf das rechte Fuldaufer zu beschränken.
Dessen Bischöfe gehörten zu den angesehensten, einflussreichsten
deutschen Fürsten.
Heinrich (996-1018), der Bruder Heriberts von
Köln, ein in Worms erzogener Rheinfranke, ging aus der Kanzlei und
Hofkapelle hervor. Obwohl er in erster Linie Politiker war, setzte er sich
für die Reform des Klosterwesens ein, die im wesentlichen von landeseigenen
Kräften verwirklicht wurde. Amorbachs Erneuerung ging von Lorsch aus
und wurde durch Abt Richard (1012-1039) weitergeführt, der auch Schlüchtern
und Fulda verwaltete. Die Neugründung auf dem Bamberger Michelsberge
dürfte ebenfalls von ihm beeinflusst worden sein. Als langjähriger
Gast schrieb damals Theoderich aus Fleury in Amorbach geistliche Traktate.
Die Würzburger Domschule
genoss das Ansehen als eine solide, jedoch nicht durch hervorragende
Eigenleistungen ausgezeichnete Anstalt. Zwar stiftete Bischof Heinrich
das Würzburger Kloster Neumünster, aber in seiner Residenz und
in Ansbach bevorzugte er Chorherrenstifte nach der Chrodegangregel. Der
Nachfolger Meinhard (1019-1034) dürfte gleichfalls vornehmer
Herkunft und Hofkapellan gewesen sein.
Burkard + 2.2.754 | um 741- 753 |
Megingaud | 753- 768 |
Berowelf | 768-29.09.800 |
Luderich | 800-27.02. 804 |
Eilwart | 804-14.04.810 |
Wolfger | 810-04.11.832 |
Humbert | 833-09.03. 842 |
Gozbald | 842-20.09.855 |
Arn | 855-13.07.892 |
Rudolf I. | 892-03.08.908 |
Dietho | 908-14.11.931 |
Burkhard II. | 932-25.03.941 |
Poppo I. | 941-14.02.961 |
Poppo II. | 961-23.07.984 |
Hugo | 984-29.08.990 |
Bernward | 990-20.09.995 |
Heinrich I. | 995-14.11.1018 |
Meinhard I. | 1018-22.03.1034 |
Bruno von Kärnten | 1034-27.05.1045 |
Adalbero von Lambach | 1045-1085 |
Meginhard II. | 1085-20.06.1088 |
Eginhard | 1089-28.02.1104 |
Rupert | 1105-11.10.1106 |
Erlongus | 1105/06-29.12.1121 |
Rudger | 1122-1125 |
Gebhard von Henneberg | 1122-1127 |
Embricho von Leiningen | 1127-19.11.1146 |
Siegfried von Querfurt | 1146-20.08.1150 |
Gebhard von Henneberg | 1150-17.03.1159 |
Heinrich II. von Leiningen | 1159-14.04.1165 |
Herold von Hochheim | 1165-03.08.1171 |
Reinhard von Abenberg | 1171-15.06.1184 |
Gottfried I. von Spitzenberg-Helfenstein | 1186-06.03.1190 |
PHILIPP von Schwaben | 1190-1191 |
Heinrich III. von Berg | 03.04.1191-05.06.1197 |
Gottfried II. | 1197-1198 |
Konrad I. von Querfurt | 1198-03.12.1202 |
Heinrich IV. von Osterburg | 1202-20.07.1207 |
Otto von Lobdeburg | 1207-05.12.1223 |
Dietrich von Hohenburg | 1223-20.02.1225 |
Hermann von Lobdeburg | 1225-03.03.1254 |
Iring von Reinstein | 1254-1266 |
Sedisvakanz | 1265-1267 |
Poppo III. von Trimberg | 1267-1271 |
Sedisvakanz | 1271-1274 |
Berthold von Strenberg | 1274-14.11.1287 |
Mangold von Neuenburg | 1287-28.07.1303 |
Andreas von Gundelfingen | 1303-30.11.1314 |
Gottfried III. von Hohenlohe | 1314-04.06.1322 |
Wolfram Wolfskeel von Grumbach | 1322-06.07.1333 |
Hermann II. von Lichtenberg | 1333-21.03.1335 |
Otto II. von Wolfskeel | 1335-23.08.1345 |
Albert von Hohenlohe | 1345-27.06.1372 |
Gerhard von Schwarzburg | 1372-09.11.1400 |
Johann I. von Egloffstein | 1400-22.11.1411 |
Johann II. von Brunn | 1411-09.01.1440 |
Sigismund von Sachsen | 1440-19.11.1443 |
Gottfried IV. von Limburg | 1443-01.04.1455 |
Johann III. von Grumbach | 1455-11.04.1466 |
Rudolf II. von Scherenberg | 1466-29.04.1495 |
Laurentius von Bibra | 1495-06.02.1519 |
Konrad II. von Thüngen | 1519-16.06.1540 |
Konrad III. von Bibra | 1540-08.08.1544 |
Melchior Zobel von Giebelstadt | 1544-15.04.1558 |
Friedrich von Wirsberg | 1558-12.11.1573 |
Julius Echter von Mespelbrunn | 1573-13.09.1617 |
Johann Gottfried I. von Aschhausen | 1617-29.12.1622 |
Philipp Adolf von Ehrenberg | 1623-16.07.1631 |
Franz von Hatzfeld | 1631-30.07.1642 |
Johann Philipp I. von Schönborn | 1642-12.02.1673 |
Johann Hartmann von Rosenbach | 1673-19.04.1675 |
Peter Philipp von Dernbach | 1675-22.04.1683 |
Konrad Wilhelm von Wertnau | 1683-05.09.1684 |
Johann Georg von Guttenberg | 1684-14.12.1698 |
Johann Philipp II. von Greiffenklau-Vollraths | 1698-03.08.1719 |
Johann Philipp Franz von Schönborn | 1718-18.08.1724 |
Christoph Franz von Hutten | 1724-25.03.1729 |
Friedrich Karl von Schönborn | 1729-25.07.1746 |
Anselm Franz von Ingelheim | 1746-09.02.1749 |
Karl Philipp von Geriffenklau-Vollraths | 1749-25.11.1754 |
Adam Friedrich von Sensheim | 1755-18.02.1779 |
Franz Ludwig von Erthal | 1779-14.02.1795 |
Georg Karl von Fechenbach | 1795-1808 |
Sedisvakanz | 1808-1818 |
Friedrich von Groß zu Trockau | 1818-1840 |
Georg Anton Stahl | 1840-1870 |
Johann Valentin Reißmann | 1870-1875 |
Sedisvakanz | 1875-1878 |
Franz Joseph Stein | 1878-1897 |
Ferdinand Schloer | 1898-1920 |
Administration durch Bamberger Erzbischof | 1920-1924 |
Matthias Ehrenfried | 1924-1948 |
Julius Döpfner | 1948-1957 |
Josef Stangl | 1957-1979 |
Paul-Werner Scheele | 1979- |