Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 1409
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Verden
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Bistum und Stadt
Der Ort, an einem Allerübergang gelegen, hatte in
karolingischer Zeit überregionale Bedeutung, wofür
auch der Aufenthalt KARLS DES GROSSEN
im Jahr 810 anlässlich eines "placitum" spricht. Wahrscheinlich gehen
in etwa auf die damalige Zeit die Anfänge des Bistums zurück.
Die ersten Bischöfe, Missionsbischöfe, waren Äbte der königsnahen
Klöster Amorbach und Neustadt am Main, von denen allein der Name Haruds
(+ 829) einen datierbaren Anhaltspunkt bietet. Er ist auf einer Mainzer
Provinzialsynode nachzuweisen, was zugleich die frühe Einbeziehung
des Bistums in den Mainzer Metropolitanverband belegt. (Die Annahme, dass
der Bischofssitz der Diözese zunächst in Bardowick gelegen habe,
eine Annahme, die sich nur auf eine kuriale Überlieferung des 12.
Jh. stützen kann, dürfte inzwischen als widerlegt gelten). Als
König
Ludwig der Deutsche 849 der Verdener Kirche
Königsschutz und Immunität gewährte, erscheint das
Bistum konsolidiert; diese Königsurkunde kann aber auch ein Ausgleich
dafür sein, daß die zwischen den Bistümern
Verden und Bremen umstrittenen Diözesangebiete nördlich
der Elbe dem Erzbistum übertragen worden waren. Obwohl 985 der Verdener
Kirche
Zoll-, Münz- und Marktrecht sowie die Grafenrechte im Sturmigau übertragen
wurden, blieb die materielle Ausstattung des Bistums vergleichsweise gering.
Auch deswegen wurde es nur indirekt in den Verband der ottonischen
Reichskirche einbezogen; es erscheint unter den billungischen Bischöfen
Amalung (933-962) und Brun (962-976) fast als ein Hausbistum
dieser Familie. Die Nähe zu den BILLUNGERN wird auch in der Folgezeit
immer wieder sichtbar und tritt noch unter dem Erbe billungischer Macht,
unter Kaiser LOTHAR III., deutlich
in dem Episkopat Thietmars II. (1116-1148) in Erscheinung. Um so
auffallender ist es, dass unter Heinrich dem Löwen die Verdener
Bischöfe eng an den staufischen
Hof gebunden waren, im Reichsdienst ihre wichtigste Aufgabe sahen. Bei
Bischof Hermann (1148-1167), der aus der welfischen Vasallität
stammte, kann dieses noch auf das Einvernehmen zwischen
FRIEDRICH I. und Heinrich dem Löwen hinweisen, bei seinem
Nachfolger Hugo (1168-1180), der am kaiserlichen Hof eingesetzt
wurde, zeigt sich hingegen bereits der massive kaiserliche Einfluss im
Elbe-Weser-Raum. Hugos Nachfolger Tammo (1180-1188) scheint
sich den Machtrivalitäten entzogen zu haben, aber er fand Bischof
Rudolf (1188/89-1205) einen Nachfolger, der dezidiert auf staufischer
Seite stand. Bischof Iso (1205-1231), aus dem Hause der Grafen von
Wölpe, verfolgte eine Politik der Verselbständigung des Bistums
gegenüber den WELFEN. Dieses Bemühen
um Eigenständigkeit war bereits mit der Wahlkapitulation von 1205
durch die Domherren vorgezeichnet worden und drückte sich auch in
der erfolgreichen Sicherung der materiellen Ausstattung des Bistums, sichtbar
zum Beispiel in der ersten Stadtummauerung Verdens, aus. Bischof Isos
Bemühen lassen zwar Konturen des Hochstifts erkennen, zeigen aber
auch, dass Verden stets ein armes Bistum bleiben
sollte. Selbst die kleine Bischofsstadt Verden konnte gegenüber dem
Stadtherrn große Freiheitsrechte gewinnen (Stadtrecht 1259 mit Beschränkung
bischöflicher Vogteirechte; 1330 erstmals bezeugte Ratsverfassung),
so dass schließlich seit der 2. Hälfte des 14. Jh. Rotenburg
an der Wümme als Residenz der Verdener Bischöfe
dienen musste. Schon mit dem Episkopat des päpstlichen
Leibarztes Johann (Hake) von Göttingen (1331-1341) wurde
Verden in die avignonische Provisionspolitik einbezogen mit
der Folge, dass nur ausnahmsweise die Bischöfe überhaupt in der
Diözese residierten. Wenn in der Zeit des Großen Abendländischen
Schismas Namen bedeutender Gelehrter als Verdener
Bischöfe erscheinen - Konrad von Soltau (1399-1400 bzw.
1402-1407) und Ulrich von Albeck (1407-1417) -, so lag das an
der besonderen Provisionspraxis, die es dem Königtum gestattete, Vertrauenspersonen
mit dem als Pfründe aufgefassten Bistum zu versorgen. Mit den päpstlichen
Provisionen waren innere Wirren verknüpft gewesen, in deren Folge
der Hochstiftsbesitz völlig zerrüttet worden ist. In einem langen
Episkopat gelang es zwar Johann von Assel (1426-1470), viele Pfandschaften
wieder auszulösen, aber das Hochstift blieb schwach und geriet im
16. Jh. in Abhängigkeit der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Verden, das nördlichste
und ärmste Mainzer Suffraganbistum, umfaßte zwischen Allermündung
und der unterhalb von Hamburg in die Elbe mündenden Lühe im Westen,
dem Belsemgau im Osten linkselbische Heidelandschaften an der Reichsgrenze.
Seine Versuche, Slawenmission zu treiben, scheiterten am Einspruch Hamburg-Bremens.
Politische Handlungsfreiheit verwehrten ihm als Vögte die BILLUNGER.
In deren Auftrage verwahrte und erzog die Kirche verfielest wendische Fürstensöhne.
In Verden verfügte das Bistum über Markt, Münze und Zoll,
vornehmlich im Sturmigau über Grundbesitz und Jagdrechte. Herzog Hermann
und sein bischöflicher Bruder Amelung (933-962) stifteten das
Lüneburger Michaeliskloster, das mit Münze, Markt- und Salzzoll
ausgestattet wurde. Ihr Neffe Bruno (962-976) siedelte Nonnen in
Oldenstadt bei Ülzen an. Erst um 1000 begann man, den hölzernen
Dom durch einen steinernen Neubau zu ersetzen.
| Schwibrecht | 775- 785 |
| Patto | 785-30.03.788 |
| Tanko | 788-16.12.808 |
| Haruth | 809-15.06.830 |
| Haligad | 830-21.01.841 |
| Walter (Waltgar) | 841-07.09.865 |
| Herluf | 865-10.05.874 |
| Wigbert | 874-08.09. 908 |
| Bernhard I. | 908-20.10.913 |
| Adalward | 913-27.10.933 |
| Amelung | 933-05.05.962 |
| Brun I. | 962-07.03.976 |
| Erp | 976-19.02.993 |
| Bernhard II. | 993-25.07.1013 |
| Wigger | 1013-16.08.1031 |
| Dietmar I. | 1031-26.06.1034 |
| Brun II. von Walbeck | 1034-20.08.1049 |
| Siegbert | 1049-09.10.1060 |
| Richbert | 1060-29.11.1084 |
| Hartwig | 1085-14.10.1097 |
| Mazo | 1097-25.10.1116 |
| Dietmar II. | 1116-23.09.1148 |
| Hermann | 1149-11.08.1167 |
| Hugo | 1167-01.03.1180 |
| Tammo | 1180-07.12.1188 |
| Rudolf I. | 1189-29.05.1205 |
| Iso von Wölpe | 1205-05.08.1231 |
| Lothar von Berg | 1231-28.06.1251 |
| Gerhard I. von Hoya | 1251-04.05.1269 |
| Konrad I. von Braunschweig-Lüneburg | 1269-15.09.1300 |
| Friedrich I. Man von Honstädt | 1300-09.01.1312 |
| Nikolaus von Kettelhodt | 1312-11.02.1332 |
| Johann I. Gryse von Zesterfleth | 1332-1340 |
| Sedisvakanz | 1340-1342 |
| Daniel von Wichtrich | 1342-10.09.1363 |
| Gerhard II. von Berg | 1363-1365 |
| Rudolf II. Rühle | 1365-03.07.1367 |
| Heinrich II. von Langeln | 1367-23.01.1381 |
| Johann II. Gryse von Zesterfleth | 1381-11.12.1388 |
| Otto von Braunschweig-Lüneburg | 1388-29.05.1395 |
| Dietrich von Riem | 1395-1398 |
| Konrad II. von Vechta + 1408 | 1398-1399 |
| Konrad III. von Soltow | 1400-11.01.1407 |
| Ulrich von Albeck | 1407 |
| Heinrich II. von Hoya + 1441 | 1407-14.08.1426 |
| Johann II. von Asel | 1426-1470 |
| Berthold von Landsberg | 1470-04.06.1502 |
| Christoph von Braunschweig-Lüneburg | 1502-22.01.1558 |
| Georg von Braunschweig-Lüneburg | 1558-04.12.1566 |
| Eberhard von Holle | 1566-05.07.1586 |
| Philipp Sigismund von Braunschweig-Lüneburg | 1586-19.03.1623 |
| Friedrich II. von Dänemark | 1623-22.05.1629 |
| Franz Wilhelm von Wartenberg + 1661 | 1630-1631 |
| Johann Friedrich von Holstein-Gottorp | 1641-03.09.1634 |
| Friedrich II. von Dänemark | 1634-1644 |