Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 544
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Merseburg
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III. BISTUM
In der mit der Mission verbundenen Ostpolitik König
OTTOS I. nahm der alte Grenzort Merseburg
mit seiner Pfalz einen wichtigen Platz ein. Das Gelübde vor
der Ungarnschlacht 955, im Falle des Sieges dem Tagesheiligen Laurentius
in Merseburg
ein Bistum zu errichten, lässt
OTTOS
Pläne erstmals deutlich werden. 962 stimmte eine päpstliche Bulle
dieser Absicht zu, sie wurde jedoch erst im Zusammenhang mit der Gründung
des Erzbistums Magdeburg verwirklicht, als dessen Suffraganbistum Merseburg
auf der Synode von Ravenna 968 ins Leben trat. Der aus St. Emmeram
stammende Mönch Boso wurde zum 1. Bischof bestimmt. Gleichzeitig
wurden auch in Zeitz und Meißen Bischöfe eingesetzt. So beschränkte
sich die Diözese Merseburg
neben einem kleinen, dem Bistum Halberstadt entnommenen westsaalischen
Gebiet im wesentlichen auf den sorbischen Gau Chutizi zwischen Saale und
Mulde zuzüglich eines schmalen Streifens östlich der Mulde. Von
den drei damals errichteten sorbenländischen Bistümern war es
das kleinste, es besaß keine Ausdehnungsmöglichkeit. Die Ausstattung
des Bistums beruhte auf königlichen Schenkungen, die schon seit 955
vorausschauend dem Johannis-Laurentius-Stift gemacht worden waren. Es folgten
weitere Zuwendungen an Ortschaften und ganzen Burgwarden und die Verleihung
der Immunität. Besonders Kaiser OTTO II.
bedachte das Bistum, zu dessen zweiter Bischof Giselher er
in engen Beziehungen stand, mit reichen Schenkungen. Als einer der bevorzugten
Berater des Kaisers in politischen Fragen setzte Giselher alle seine
diplomatischen Fähigkeiten ein, um den 981 vakant gewordenen Magdeburger
Erzstuhl zu erlangen. Dies führte zur zeitweisen Aufhebung des Bistums
Merseburg, das zwischen den Diözesen von Halberstadt, Magdeburg, Meißen
und Zeitz aufgeteilt wurde.
Im Zusammenhang mit der Gestaltung
der Kirchenorganisation in den östlichen Nachbarländern des Reiches
am Ende des 10. Jh. wurde seit der Synode von Pavia 997 die Frage der Wiederherstellung
des Bistums Merseburg erörtert. Der Tod des von Kaiser und
Papst scharf gerügten Giselher
1004 machte den Weg dafür
frei. 1009-1018 war Thietmar aus dem Hause der Grafen von Walbeck
der Merseburger Oberhirte. Er machte sich
die Rückerwerbung des alten Merseburger
Besitzes
zur Aufgabe, die ihm allerdings nicht vollständig gelang; 1017 wurde
die Mulde zur O-Grenze des Bistums bestimmt. Thietmar hat 1015 den Grundstein
zum Bau einer repräsentativen Kathedralkirche gelegt. Im Investitustreit
stand das Bistum Merseburg unter Bischof
Werner (1063-1093) auf der Seite der Gregorianischen Reform, am Sachsenaufstand
gegen König HEINRICH IV.
nahm
der Bischof teil. Sein Nachfolger hielt sich mehr an die königliche
Seite. Im Rahmen der deutschen Ostkolonisation vermehrte sich die Zahl
der Dörfer und Pfarrkirchen der Merseburger
Diözese beträchtlich; 1186 ist erstmals eine Gliederung in fünf
Archidiakonate bezeugt. Flächenmäßig blieb
Merseburg eines
der kleinsten deutschen Bistümer, wies aber dank dichter Besiedlung
am Ende des Mittelalters 310 Pfarr- und Filialkirchen auf.
Im Bestreben, eine eigene Landesherrschaft
aufzubauen, suchten die Bischöfe von Merseburg am Anfang des
13. Jh. ohne nachhaltigen Erfolg, Besitzansprüche an dem inzwischen
weitgehend aufgeteilten Wald zwischen Saale und Mulde durchzusetzen. Mit
dem Markgrafen von Meißen kam es 1221 zum Konflikt, wobei der Bischof
Exkommunikation und Interdikt einsetzte, ohne einen wirklichen Territorialgewinn
zu erzielen. Die Herrschaft über die Stadt Leipzig konnten sich die
Bischöfe trotz der Wirren im Hause der WETTINER nach 1288 nicht sichern.
Ihr Territorium blieb auf den Raum um Lützen und Markranstädt
beschränkt, wozu im späteren 13. Jh. noch Schkeuditz und im 14.
Jh. Lauchstädt traten. Sie besaßen damit ein geschlossenes,
aus 4 Amtsbezirken bestehendes Hochstiftsgebiet; Lützen diente als
Nebenresidenz. Gegen Ende des Mittelalters waren die Bischöfe dem
politischen Druck der WETTINER ausgesetzt, die sie unter Missachtung der
Reichsunmittelbarkeit in die kursächsiche Landschaft einzuordnen suchten.
Bei der Leipziger Teilung 1485 wurde das Hochstift
Merseburg dem Albertinischen Herzogtum Sachsen zugewiesen.
Von den allzu kleinräumig geplanten Bistümern
besaß
Merseburg
als Rückhalt am Altlande ehemals Halberstädter Gebiet
links der Saale. Ferner umfasste die Diözese die Gaue Chutizi und
Siusili an der unteren Elster und Pleiße über die Mulde hinweg
bis zur Elbfurt Strehla. Schon 981 wurde sie wegen ihrer Kleinheit wieder
aufgelöst, ihr Gebiet auf Magdeburg, Zeitz und Meißen verteilt.
Seit 983 allerdings verlagerten sich die deutschen Interessen politisch
und wirtschaftlich von Magdeburg an die weniger gefährdete Saale.
Deshalb stellte HEINRICH II. 1004 den
Merseburger Sprengel mit Immunität, Forstbann
und Münzrecht, aber im verkleinerten Umfange, wieder her und übertrug
ihn dem vermögenden königlichen Kapellan Wigbert (1004-1009).
Der musste seine Kirche, ebenso wie der Chronist Thietmar von Merseburg
(1009-1018), mit Gütern aus eigenem Allodialvermögen ausstatten.
Politisch spielte das Bistum trotzdem nur eine bescheidene Rolle. Bischof
Brun (1018-1036) verkehrte kaum mehr bei Hofe.
Boso | 968-01.11.970 |
Giseler + 25.1.1004 | 971-10.09.981 |
Wigbert | 1004-24.03.1009 |
Thietmar von Walbeck | 1009-01.12.1018 |
Bruno | 1019-13.08.1036 |
Hunold | 1036-05.02.1050 |
Alberich | 1050-02.04.1051? |
Azelin | 1053?-26.10.1057 |
Woffo (Uffo) | 1055-15.04.1058 |
Winither | 1058-1059 |
Günther | 1059-24.03.1063 |
Werner von Wolkenburg | 1063-12.01.1093 |
Eberhard Gegen-Bischof | 1075 |
Sedisvakanz | 1093-1097 |
Albin | 1097-23.10.1112 |
Gerhard | 1112-01.05.1120 |
Arnold | 1120-12.06.1126 |
Megingoz | 1126-1140 |
Heinrich I. | 1140 |
Ezzelin II. | 1140-07.11.1143 |
Reinhard von Querfurt | 1143-06.05.1151 |
Johann I. | 1151-09.10.1170 |
Eberhard von Seeburg | 1151-05.01.1201 |
Dietrich von Meißen | 1201-14.10.1215 |
Eckhard | 1215-01.05.1240 |
Rudolf von Webau | 1240-07.04.1244 |
Heinrich II. von Waren | 1244-14.05.1265 |
Albrecht I. Truchseß von Borna | 1265 |
Friedrich I. von Torgau | 1265-11.08.1283 |
Heinrich III. von Ammendorf | 1283-16.08.1300 |
Heinrich IV. Kindt | 1300-21.12.1319 |
Gebhard von Schrapelau | 1320-1340 |
Heinrich V. von Stolberg | 1341-29.01.1357 |
Friedrich II. von Hoym | 1357-23.02.1382 |
Burkhard von Querfurt | 1382-08.06.1384 |
Andreas von Duba Gegenbischof | 1382-1385 |
Heinrich VI. von Stolberg | 1384-04.04.1393 |
Heinrich VII. | 1393-16.03.1403 |
Otto von Hohnstein | 1403-06.12.1406 |
Heinrich von Stolberg Gegen-Bischof | 1406 |
Walter von Köckeritz | 1407-03.08.1411 |
Nikolaus von Lübeke | 1411-03.04.1431 |
Johann II. Bose von Ammendorf und Ermitz | 1431-03.10.1463 |
Johann III. von Werder | 1464-24.06.1466 |
Thilo von Trotha | 1466-05.03.1514 |
Johann Fischer von Bodenhofen Coadjutor | 1494-1507 |
Adolf von Anhalt Coadjutor | 1507-1514/1514-1526 |
Vincenz von Schleinitz-Eulau | 1526-21.03.1535 |
Sigismund von Lindenau | 1535-01.01.1544 |
August von Sachsen Verweser | 1544-02.10.1548 |
Georg von Anhalt Coadjutor | 1545-1550 |
Michael Sidonius Helding | 1548-1561 |
Alexander von Sachsen Verweser | 1561-08.10.1565 |