Jüngerer Sohn des Grafen Thomas I. von Savoyen und der Beatrix von Genf, Tochter von Graf Wilhelm I.
Thiele Andreas: Tafel 222
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte"
Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs-
und Grafenhäuser I
Wilhelm
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Wurde Dekan von Vienne, 1224/25 Bischof von
Valence, obwohl auch weltlich-martialisch, 1235 Elekt von Lyon,
aber päpstlich nicht bestätigt. Er ging 1237-1238 nach England
und hoffte auf das Bistum Winchester. Durch die Vermittlung seines Bruders,
Thomas II. von Flandern, wurde er 1238 als päpstlicher Kandidat Bischof
von Lüttich. Wilhelm geriet
in heftige Stiftswirren und wurde vergiftet.
Der dritte im Bunde war Wilhelm,
erst Dekan von Vienne, dann seit 1225 Erwählter von Valence
(an der Mündung der Isere in die Rhone), der allerdings selbst keine
Forderungen erhob, jedoch mehrfach an Aimos und Peters Seite auftritt;
für den ersteren vermittelte er 1233 den Frieden mit Landerich von
Sitten und war in Peters Ehevertrag und der damit zusammenhängenden
Erbfolgebestimmung seines Schwiegervaters neben Aimo zum Schiedsrichter
in verschiedenen wichtigen Punkten ausersehen. Es ist sogar nicht ausgeschlossen,
daß Peters Verbindung mit Aimo von Faucigny durch Wilhelms Vermittlung
zu Stande kam, da diesen mit Aimo ein gemeinsamer Gegensatz zu dem alten
Feinde des Bistums Valence, dem Grafen Aimar von Valentinois verknüpfte.
Wir wissen nur, dass Wilhelm
von Valence die Braut, seine Nichte Margarete
von Provence, nach Sens begleitete, wo am 27. Mai 1234 die Hochzeit
mit Ludwig dem Heiligen stattfand.
Seine damalige Stellung zu seinem ältesten Bruder läßt
immerhin wenigstens der Vermutung Raum, dass er auf eigene Faust und vielleicht
sogar in einem gewissen Gegensatz zu Amadeus IV. handelte.
Heinrich III. von England
bat am 22. Juni 1235 Amadeus und Wilhelm von Valence
in gleichlautenden Schreiben, welche auf die traditionelle Freundschaft
der Häuser PLANTAGENET und SAVOYEN
hinzuweisen nicht verfehlten, ihren Einfluß bei ihrem Schwager Raimund
Berengar IV. von Provence dahin geltend zu machen, dass Eleonore
einstweilen nicht anderweitig verheiratet würde. Die Verhandlungen
zogen sich dann noch den ganzen Sommer hin, bis am 10. Oktober
Heinrich an Raimund Berengar, dessen Gemahlin und ihre beiden
Brüder die Nachricht gelangen lassen konnte, dass er zur Heirat entschlossen
sei. Die Braut begab sich dann in Begleitung Wilhelms,
der abermals die Rolle des einflußreichen Oheims übernahm, nach
England, wo im Januar 1236 die Hochzeit und Krönung stattfand, eine
Verbindung, die für das savoyische Haus von der höchsten
Bedeutung werden sollte, da der schwache König bald seinen Schwägern
ungebührlichen Einfluß auf seine Person und die Geschäfte
des Reiches einräumte.
Wilhelm erschien
1235 im kaiserlichen Hoflager. Wenige Jahre vorher hatte FRIEDRICH
II. den erbitterten Gegner seines Stiftes, den Grafen von Valentinois,
zur Bezahlung einer Entschädigungssumme von 8.000 Mark an das Bistum
verurteilt. Jetzt vermochte Wilhelm
nicht einmal die Erteilung der Ritterwürde an seinen Bruder Amadeus
durchzusetzen, der durch ihn beim Kaiser nachsuchen ließ.
Wilhelm hatte es
sich mittlerweile angelegen sein lassen, aus seinen verwandtschaftlichen
Beziehungen zum englischen und französischen Hof Nutzen zu ziehen.
Im Jahre 1237 erschien er zum großen Mißvergnügen der
Engländer bei Heinrich III., der
ihn zu seinem ersten Ratgeber machte und ihn mit Schätzen überhäufte;
er und seine Günstlinge, von denen besonders Peter von Aigueblanche,
der 1240 Bischof von Hereford wurden, eine Rolle spielte, und später
in noch höherem Maße sein Bruder Thomas, erregten durch ihre
Skrupellosigkeit, mit welcher sie das königliche Vertrauen für
sich ausnützen, den Haß der ohnehin durch die Bevorzugung Fremder
in ihrem Nationalstolz gekränkten Engländer. Der Aufenthalt Wilhelms
in England war nur durch einen Besuch bei seiner Nichte in Frankreich unterbrochen,
der, wenn man der boshaften Versicherung des Matthaeus von Paris Glauben
schenken darf, durch Ludwig den Heiligen eine
Abkürzung erfuhr, worauf Wilhelm,
nachdem er in der Heimat seine von Heinrich III.
erbettelten
Schätze in Sicherheit gebracht hatte, abermals nach England zurückkehrte.
Versuche des Königs, ihm das Bistum Winchester zu verschaffen,
scheiterten einstweilen am Widerstand der dortigen Klostergeistlichkeit.
Ersatz schien sich ihm nunmehr in Lüttich zu bieten. Wilhelm
war bei der Kurie zweifelsohne gut angeschrieben; schon im Jahre 1236 hatte
ihm Gregor IX. für sein von schwerer Schuldenlast gedrücktes
Stift, die ihn übrigens nicht abgehalten hatte, Amadeus IV. ein Darlehen
von 1.100 Pfund zu gewähren, eine in den Erzbistümern Lyon und
Vienne und dem Legationsbezirk des Bischofs von Tournai zu erhebende Beisteuer
von 10.000 Pfund bewilligt. Allein trotz der empfehlenden Briefe des Kardinaldiakon
Otto von S. Nikolaus, scheint Wilhelm
bei der am 25. Juni vorgenommenen Bischofswahl in Lüttich nur
auf eine Minorität gebracht zu haben. Wilhelm
ist zunächst mit einer von König HEINRICH
FRIEDRICH II.
zur Verfügung gestellten englischen Hilfsschar
zum kaiserlichen Heere abgegangen, in dessen Reihen er sich vor Brescia
so tapfer hervortat.
FRIEDRICH entschied
sich in Brescia für den ebenfalls eingetroffenen und gewählten
Propst Otto von Aachen und verlieh ihm die Regalien. Indessen war Wilhelm
mit dem Kaiser nach der Aufhebung der Belagerung von Brescia nach Cremona
gegangen, wo ihm dieser, um ihn für den Verlust von Lüttich zu
entschädigen, ein Privileg FRIEDRICHS I.
für sein Bistum Valence bestätigte und erweiterte. Allein Wilhelm
ließ sich damit nicht abfinden, verließ das Hoflager und begab
sich nach Rom, um dort persönlich seine Sache zu betreiben. In dieser
Zeit bedeutete dieser Schritt einen Bruch mit dem Kaiser. Am 29. Mai zeigte
Gregor IX. dem Kapitel von Lüttich an, daß er Wilhelm
bestätigt habe. Nach einer Angabe des Matthaeus von Paris hätte
der Papst ihm auch das Bistum Winchester übertragen und überhaupt
daran gedacht, ihn in dem gegen den Kaiser bevorstehenden Kriege zu seinem
Feldobersten zu machen, wozu ihn persönliche Anlagen und verwandtschaftliche
Verbindungen hervorragend befähigt hätten. Allein dieser Plan,
wenn er überhaupt bestand, kam nicht zur Ausführung; auf er Rückreise
von Rom, die er in Begleitung des Erzbischofs Konrad von Köln angetreten
hatte, starb Wilhelm
am 1. November 1239 plötzlich in Viterbo, wie anfänglich
vermutet wurde, an Gift, bis der englische Magister Laurentius,
auf den der Verdacht gefallen war, seine Unschuld bewies.