Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 16
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Hildesheim, Bistum
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I. BISTUM
1. Gründung und Aufbau
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Im Zuge der kirchlichen Eingliederung Sachsens in das
Frankenreich entstand seit dem frühen 9. Jh. unter LUDWIG DEM FROMMEN
das
Bistum
Hildesheim als Teil der Kirchenprovinz Mainz. Ausgehend von der
Missionsstation in Elze, wo ursprünglich die Gründung eines ostfälischen
Bistums beabsichtigt war, wurde der endgültige Bischofssitz in Hildesheimeingerichtet.
Die Konstituierung fand im Sommer 815 auf der Reichsversammlung in Paderborn
statt, als der aus Reims stammende Kanoniker Gunthar zum 1.
Bischof von Hildesheim (815-ca. 834) eingesetzt wurde und ein
Schutz- und Immunitätsdiplom
LUDWIGS DES
FROMMEN erhielt. Möglicherweise bestanden in der Gründungs-
und Aufbauphase patenschaftliche Beziehung zum austrasischen Bistum Reims,
worauf die Übernahme des Marien-Patroziniums für Bistum und Dom
sowie der Name des Bischofssitzes, der in der Form
'Hilduinesheim'
wahrscheinlich auf den Abt Hilduin von St-Denis zurückgeht, hinzuweisen
scheinen.
Die Ansätze zum Aufbau sowohl des Diözesangebietes
als auch des Bischofssitzes reichen bis in die Gründungszeit zurück,
als auf dem späteren Domhügel über der Innerste die ersten
kirchlichen Bauten der Bischofssiedlung entstanden. Gegenüber diesen
älteren Bauten bildete sich im Umkreis des Bischofssitzes eine eigene,
von der Fläche her jedoch die kleinste sächsische Diözese.
Sie umfasste schließlich den Bereich zwischen den Flussläufen
der Leine im Westen und der Oker im Osten, der Aller im Norden sowie dem
Harz im Süden. Besonders an der Grenze zum Bistum Mainz ist es seit
Ausgang des 10. Jh. mit dem Erzbischof von Mainz zu langjährigen Auseinandersetzungen
um den kirchlichen Besitz des Reichsstifts Gandersheim (sogenannter Gandersheimer
Streit) gekommen, die vor König und Papst ausgetragen und erst auf
dem Merseburger Hoftag 1030 zugunsten von Hildesheim
wegen
seiner dort seit alters genutzten kirchlichen Rechte entscheiden wurden.
Zumindest bis zum 13. Jh. blieben die Grenzen desHildesheimer
Bistums nahezu unbestritten, während sich im Bereich der Diözese
eine planvolle Kirchenorganisation entwickelte. Seit dem 11. Jh. quellenmäßig
bezeugt, beruhte die Parochialverfassung auf den alten Tauf- und Urkirchen
und deren Tochterkirchen. Ihre Anzahl vergrößerte sich seit
dem 12. Jh. vornehmlich im Zusammenhang mit dem allgemeinen Landes- und
Siedlungsausbau erheblich (Ende des 15. Jh.: 334 Kirchen in der Diözese).
Entsprechend hatte auch die Zahl der auf das Domkapitel ausgerichteten
Sendsprengel zugenommen (um 1500: 34 Archidiakonate).
Die Bischöfe waren schon früh um den Ausbau
eines Landesherrschaft bemüht. Dafür bildete der engere Bereich
um den Bischofssitz den Kern eines Territoriums, in dem die Bischöfe
dank ihrer politischen Umsicht und mit königlicher Unterstützung
die weltliche Gewalt weitgehend in ihren Besitz bringen und eine herzogsähnliche
Stellung einnehmen konnten. Schon um 1100 waren die meisten Grafen zwischen
mittlerer Leine und Oker zu Lehnsleuten der Hildesheimer
Bischöfe geworden, und außerdem hatten die Bischöfe
die gräflichen Burgen, die sich im engen Ring um den Bischofssitz
gruppierten und einen Kranz schützender Burgbezirke bildeten, mit
abhängigen Ministerialen besetzt ("Hildesheimer
Burgenvieleck"); die Bischöfe konnten neue Burgen erwerben oder ausbauen
und einige Städte (Dassel, Peine) in ihren Besitz bringen. So erreichte
das Hochstift um 1300 seine flächenmäßig größte
Ausdehnung und wurde im Laufe des 14. Jh. nur noch durch den Erwerb einiger
kleinerer Bezirke abgerundet. Damals ging der Einfluss der Bischöfe
in der Stadt Hildesheim bereits deutlich zurück, weshalb sie sich
in ihre zwischen 1310 und 1350 errichteten neuen Wasserburgen Steuerwald
und Marienburg im Norden und Süden der Stadt zurückzogen.
Territorial blieb das Hochstift
Hildesheim im wesentlichen auf den Kernraum der Diözese zwischen
Leine und Oker beschränkt. Allerdings war es nahezu allseitig von
den welfischen Stammlanden umgeben, was zu wiederholten
Auseinandersetzungen mit den Herzögen von Braunschweig führte
und die politische Geschichte des Bistums Hildesheim im späten Mittelalter
nachhaltig beeinflusste. Die Schlacht von Dinklar (1367) mit dem Sieg des
Hildesheimer Bischofs über den Herzog von Braunschweig sowie die Hildesheimer
Stiftsfehde (1519-1523), die den Verlust eines großen Teils des Hochstifts
zur Folge hatte, sind dafür kennzeichnende Beispiele.
2. Bischöfe
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Über den allgemeinen politischen Rahmen hinaus haben
die Hildesheimer Bischöfevor allem als
Kirchen- und Klostergründer, als Organisatoren geistlicher Funktionen
und weltlicher Herrschaftsrechte des Bistums, aber auch als Förderer
von Kunst und Wissenschaft eine herausragende Rolle gespielt. Die Domschule
wurde bereits von Bischof Altfrid (851-874)
gegründet. Die
unter Bischof Walbert (903-919) vollzogene Trennung des umfangreichen
Kirchengutes zwischen Bischof und Domkapitel gab beiden eine gewisse Unabhängigkeit
in materieller Hinsicht und sicherte ihnen einen ständig wachsenden
Einfluss, wobei das 10. und 11. Jh. unter den großen Bischöfen
Bernward (993-1022), Gründer des Benediktinerklosters St. Michael
und bedeutender Kunstförderer (Bernward-Türen, Bernward-Kreuz,
Bernward-Säule), Godehard (1022-1038) und Hezilo (1054-1079)
zugleich den künstlerischen Höhepunkt brachte. Damals trat auch
die Hildesheimer Annalistik hervor: mit den um 1030 im Michaelskloster
entstandenen "Annales Hildesheimenses", die mit Unterbrechungen bis 1137
fortgesetzt wurden; mit dem bald nach dem Tode von Bischof Hezilo begonnenen
und bis ins 15. Jh. ergänzten "Chronicon episcoporum Hildesheimense"
sowie mit der um 1080 entstandenen "Fundatio ecclesiae Hildesheimensis",
die die sagenhaften Anfänge des Bistums beschreiben.
Dieser Aufstieg beruhte nicht zuletzt auf der Einbeziehung
des Bistums in die Reichspolitik. Unter den LIUDOLFINGERN
bestand
eine enge Verbindung zwischen Domkapitel und Hofkapelle,
Hildesheim
galt als Heimatdiözese der OTTONEN.
Nach
Bernward waren auch die Bischöfe Dithmar (1038-1044), Azelin (1044-1054)
und Hezilo Mitglieder der Hofkapelle und Kanzler. Unter den SALIERN
standen die Hildesheimer Bischöfe aufgrund
ihrer Zuständigkeit für den Nordharzraum und en zum Diözesansprengel
gehörenden Goslarer Pfalzbezirk ebenfalls im Dienste des Reiches,
in den wechselvollen Auseinandersetzungen zwischen
STAUFERN
und WELFEN nahm die
Hildesheimer
Kirche abermals für das Reich Partei. besondere Bedeutung erlangte
der Hildesheimer Dompropst und spätere Kanzler FRIEDRICHS
BARBAROSSAS, Rainald von Dassel. Mit nur geringen Einbußen
konnten die Hildesheimer Bischöfe ihre
unabhängige und reichsunmittelbare Stellung bis zum Untergang des
STAUFER-Reiches
behaupten.
Von den Suffraganen des mittelrheinischen Metropoliten
galt für das Reich Hildesheim [Zu den
Burgen zählen: Domburg, Hildesheim, Mundberg bei Müden/Aller,
Warenholz an der Ise.] als besonders wertvoll. Es umfasste den Raum vom
mittleren Leinetale bis zur Oker, vom Nordrande des Harzes über die
Aller hinweg bis an die Quelle der Ise, also das Kerngebiet der LIUDOLFINGER
samt dem Pfalzbezirk Werla-Goslar. Auf Schenkungen des ostfälischen
Hochadels beruhte der Reichtum des Hochstifts und seiner vielen, aus Familienstiftungen
hervorgegangenen Klöster.
Günther | 815-05.07. 834 |
Rembert | 834-12.02. 835 |
Ebbo + 851 | 835- 847 |
Altfrid | 847-15.08. 874 |
Ludolf | 874 |
Marquard | 874-02.02. 880 |
Wigbert | 880-01.11. 908 |
Waldbert | 908-03.11. 919 |
Sehard (Sieghard) | 919-10.10. 928 |
Diethard | 928-13.09. 954 |
Otwin | 954-01.12. 984 |
Osdag | 985-08.11. 989 |
Gerdag | 990-07.12. 992 |
Bernward I. | 993-20.11.1022 |
Gotthard | 1022-05.05.1038 |
Dietmar | 1038-14.11.1044 |
Azelin (Anselm) | 1044-08.03.1054 |
Hezelo | 1054-05.08.1079 |
Udo von Gleichen-Reinhausen | 1079-19.10.1114 |
Bruning | 1115-1119 |
Berthold I. von Alvensleben | 1119-14.03.1130 |
Bernhard II. von Rothenburg | 1130-1153 |
Bruno | 1153-18.10.1161 |
Hermann von Wennerde | 1162-10.07.1170 |
Adalog von Dorstadt | 1171-20.09.1190 |
Berno | 1190-28.10.1194 |
Konrad I. von Querfurt | 1194-25.07.1198 |
Heribert von Dahlem | 1199-1216 |
Siegfried I. + 1227 | 1216-26.01.1221 |
Konrad II. von Riesenberg | 1221-1246 |
Heinrich I. von Wernigerode | 1247-25.05.1257 |
Johann von Brakel | 1257-15.09.1260 |
Otto I. von Braunschweig-Lüneburg | 1260-04.071279 |
Siegfried II. von Querfurt | 1279-27.04.1310 |
Heinrich II. von Woldenberg | 1310-21.09.1318 |
Otto II. von Woldenberg | 1318-03.08.1331 |
Heinrich III. von Br.-Lüneburg | 1331-06.02.1363 |
Erich I. von Schauenburg | 1332-1349 |
Johann II. Schadland | 1363-1365 |
Gerhard von Berg | 1365-15.11.1398 |
Johann III. von Hoya | 1398-12.05.1424 |
Magnus von Sachsen-Lauenburg | 1424-21.09.1452 |
Bernhard III. von Br..-Lüneburg | 1452-28.07.1458 |
Ernst I. von Schauenburg | 1458-23.07.1471 |
Henning von Haus | 1471-14.04.1481 |
Berthold II. von Landsberg | 1481-04.051502 |
Erich II. von Sachsen-Lauenburg | 1503-1504 |
Johann IV. von S.-Lauenburg | 1504-1527 |
Balthasar Merklin | 1527-1531 |
Otto III. von Schauenburg + 1576 | 1531-1537 |
Valentin von Teutleben | 1537-19.04.1551 |
Friedrich von Dänemark | 1551-27.09.1556 |
Burkhard von Oberg | 1557-23.02.1573 |
Ernst II. von Bayern | 1573-17.02.1612 |
Ferdinand von Bayern | 1612-13.09.1650 |
Maximilian Heinrich von Bayern | 1650-03.06.1688 |
Jost Edmund von Brabeck | 1688-13.08.1702 |
Joseph Clemens von Bayern | 1702-12.11.1723 |
Clemens August von Bayern | 1723-06.02.1761 |
Sedisvakanz | 1761-1763 |
Friedrich Wilhelm von Westphalen | 1763-06.01.1789 |
Franz Egon von Fürstenberg | 1789-1802/1802-1825 |
Karl von Gruben Verweser | 1825-1829 |
Gotthard Joseph Osthaus | 1829-1835 |
Franz Ferdinand Friedrich Fritz | 1836-1840 |
Jakob Joseph Wandt | 1842-1849 |
Eduard Jakob Wedekin | 1850-1870 |
Wilhelm Sommerwerk gen. Jakobi | 1871-1905 |